Mittwoch, 11. Februar 2015

Schnuddelpost

Ich sitze auf dem Bett, neben mir eine Tasse Tee, auf dem Schoß den Rechner. Kalle ist in der Kita. Michel ist vor zwei Minuten eingeschlafen. Und jetzt schreibe ich verdammt noch mal einen Post. Zwanzig himmlische Minuten lang sitze ich hier und habe nichts anderes zu tun. Und wenn der Kleine aufwacht, was dann? Dann, liebe Damen, wird ihn L. auf den Arm nehmen und hoffentlich trösten können. Und wenn die zwanzig Minuten um sind, dann ziehe ich meine letzte noch frische Hose an, laufe zur Bahn, fahre in die Stadt und nehme wahr und wahrhaftig einen Termin nur für mich in Anspruch: ich lasse mir den kaputten Rücken massieren, eine halbe Stunde lang.

Das miese an diesen seltenen Posts ist, dass es dann immer gleich so viel zu erzählen gibt, dass ich nicht weiß, wo ich anfangen soll. Am besten vielleicht mit Michel:

Michels Gebrüll
Es gab inzwischen zwei-drei Nächte, die waren ehrlich ok. Nächte, in denen er drei, vier mal wach wurde und ich innerhalb von Sekunden natürlich dann auch, dann habe ich ihn gestillt, und wir sind beide wieder eingeschlafen. Das war himmlisch. Es gab auch eine Menge Nächte der alten, üblen Sorte, und tagsüber war es immer noch so gut wie unmöglich, ihn anders aufzubewahren als a) auf dem Arm oder b) stillend und eingekuschelt. Den ersten Termin bei der Osteopathin musste ich leider sausen lassen, denn ich hatte Magen-Darm-Grippe Nr.4 (gezählt ab Mitte Januar, glaube ich). Allein Kalles letzte Woche in der alten Kita hat uns zwei davon beschert. Der Erkältung, die dann noch zwischenrein kam, samt Schüttelfrost und Halsentzündung, sind Osteopathie-Termin Nr.2 und drei Beckenboden-Physio-Termine zum Opfer gefallen. Aber gestern, gestern war ich virenfrei, und so haben Michel und ich uns auf den Weg gemacht , um endlich herauszufinden, weshalb so ein kleiner Kerl so einen Riesenkrach machen muss. Die Osteopathin ist für mich allein schon deshalb immer eine gute Idee, weil der Weg zu ihr durch eins meiner Lieblingsviertel führt, in das ich seit Kalle so gut wie nie mehr komme, und weil sie diese unfassbar warme, gesunde, vernünftige und heilsame Ausstrahlung hat. Schon der Geruch in ihrem Behandlungszimmer, und ich fühle mich besser. (Ich hab sie mal nach ihrem Raumduft gefragt, und sie hat nur gelächelt und gesagt "Duft? Nöö, das ist einfach nur irgend ein Putzmittel, keine Ahnung, ich nehme immer wieder andere"). Sie hat Michel eine halbe Stunde mit und ohne Schiene auf dem Arm gehabt, durchgeknetet, ihm etwas vorgesungen und so allerhand anderes, und am Ende lautete das Urteil: Dieses Kind hat unfassbar viel Kraft und Energie für ein drei Monate altes Baby. Es weiß nur leider nicht so recht, wohin damit. Auch - aber nicht nur - wegen der Schiene. Wir können ihm helfen, indem wir ihn kräftig anpacken und ruhig mehrmals am Tag mit sanftem, aber nicht zimperlichem Druck seine Arme, Beine, Füße und den kleinen Körper kneten und drücken. Dagegen kann er dann andrücken und so einen Teil seiner Kraft loswerden. Und singen hilft, denn die Vibrationen, die dabei durch unseren Körper laufen, die mag er auch. Drücken und singen, das kriegen wir hin. Außerdem soll ich mir einen ärztlichen Osteopathen suchen, denn den übernimmt die Kasse zumindest teilweise, und er kann uns weiter führende Krankengymnastik für den Kleinen verschreiben. Das mache ich jetzt, ich habe schon einen auf Rückruf. Und einen Termin für meinen Matschrücken habe ich auch gleich gemacht.

(Manchmal habe ich ja das dumpfe Gefühl, unabhängig davon, ob solche Dinge wie Osteopathie helfen - auf den Termin zu warten und zu hoffen, dass es damit besser wird, ist eine wunderbare Methode, die Schreizeit zu überwinden. Tadaa, wieder sind zwei Wochen um und damit sind wir zwei Wochen näher an den magischen Tag gerückt, ab dem sowieso alles wie von alleine gut und einfach wird. Und leiser. Viel leiser.)

Das Pipiproblem
Ich gebe zu, ich hätte mehr machen können. Aber es ist nicht so, dass ich nichts mache. Bestimmt eine halbe Stunde am Tag übe ich dieses Fahrstuhlding, spanne an und versuche, mir einzubilden, ich würde Grashalme pflücken. (Wer das kennt, weiß, wovon ich spreche, der Rest kann es sich sowieso nicht vorstellen. Das kann ich selbst ja kaum, und ich beschäftige mich jetzt wirklich, wirklich schon eine Weile damit.) Aber es ist so frustrierend und es tut sich so wenig, dass ich jetzt eigenmächtig beschlossen habe, zweigleisig zu fahren und mir parallel bei Amazon das Elanee-Beckenboden-Trainingsset Phase 1 zu kaufen. Das sind vier mit buntem Kunststoff überzogene, tamponförmige Gewichte, die man zweimal täglich für zehn Minuten tragen soll, und zwar im Stehen und Gehen. Schafft man das, ohne dass das Gewicht herausfällt, und das an drei Tagen (also sechs mal) hintereinander, dann darf man zum nächst schwereren übergehen. Ich bin gerade durch mit Gelb und jetzt bei Blau. Blau ist schwerer als erwartet, bisher schaffe ich nicht mehr als zwei Minuten, aber ich bleibe dran, und ich kann damit viel mehr anfangen als mit diesem ewigen Pflücken und Konzentrieren. Ich bin eben eher der grobschlächtige Typ, und ein Training, bei dem ich mich von zwei zu zweihundert Klappmessern hocharbeiten muss, ist mir tausendmal lieber als ein Training, bei dem ich immer "mehr denken als tun" soll, sich überhaupt nichts bewegt und auch niemand so genau sagen kann, wie viel genug ist. Beim Stillen (der Tipp der Physiotante) funktioniert es jedenfalls nicht, kaum fange ich an, mich zu konzentrieren und Sachen zu pflücken, hört Michel auf zu trinken und guckt mich mit großen Augen an.
Und was soll ich sagen? Seit ich die Gewichte dazu genommen habe, werfe ich jeden Abend eine so gut wie unbenutzte Pipibinde in den Müll.

Der ganze Rest
bekommt jetzt einen Schlampi-Absatz mit allem wild durcheinander, denn in fünf Minuten muss ich mein Schreiblager schon wieder verlassen und los. Die Rückkehr in den Job wird gerade zur ziemlich komplizierten Aussicht, davon schreibe ich aber mal, wenn alles spruchreif ist. Im Moment ist das alles aber sowohl in Wirklichkeit als auch in meinem Fusselhirn so weit weg, dass mich die Unsicherheit und das In-der-Luft-Hängen für mich ganz untypisch wenig kratzt.
Kalle ist jetzt seit fast zwei Wochen in der neuen Kita, und wie erwartet nehmen sie dort vieles, eigentlich alles sehr viel genauer als in der alten. Eben auch die Eingewöhnung, die soll dort eigentlich vier Wochen dauern. Mit viel gutem Zureden und schafsbockartiger Beharrlichkeit kriegen wir sie gerade dahin, das Ganze vielleicht bei Kalle auf drei Wochen runter zu schrauben. Er findet es ganz toll da, wir haben jetzt beide schon dabei gesessen und finden es auch ganz toll, und wenn ich auf der Straße Mütter aus der alten Kitagruppe treffe, die von Durchfall-Epidemien und Chaos erzählen, dann vollführe ich innerlich ein kleines Tänzchen.

Mist Mist Mist, Mutti muss jetzt wirklich los! Bis bald, liebe Damen, hoffentlich bis ganz bald.

5 Kommentare:

  1. Oh Mann, Flora! Ich bin so froh, dass du dich endlich wieder meldest! Hab mir echt Sorgen gemacht!

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  2. Schön, mal wieder was von dir zu lesen.
    Den Tipp von deiner Physiotante finde ich sehr seltsam, denn meine Hebamme hat mir immer gesagt, dass Beckenbodenübungen auf keinen Fall während des Stillens passieren dürfen, da man sich sonst zu sehr verschließt und die Milch nicht so gut fließen kann. Vielleicht schaut Jakob dich deshalb so verblüfft an.
    Alles Liebe Claudia

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  3. Liebe Flora, wie schön wieder von dir zu lesen. ��

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  4. Liebe Flora, freut mich auch sehr, Dich wieder zu lesen und das es scheinbar "besser" läuft.
    Ich habe von meiner Rückbildungsleiterin (auch Hebamme) auch gesagt bekommen, dass ich die Übungen nicht beim Stillen machen soll.

    Lieber Gruß

    Nauka

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  5. nee, bloß nicht beim stillen. das schließt sich wohl scheinbar irgendwie aus.

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