Mittwoch, 19. November 2014

Michel, sein Bruder und die Viren.

So ungefähr vorletzte Woche habe ich die unverzeihliche Dummheit begangen, zu Kalles Kindergartentante zu sagen: "Das ist ja wirklich toll, noch vor ein paar Monaten kamen auf einen Tag Kita zwei Tage krank, und jetzt geht Kalle schon seit bestimmt sechs Wochen jeden Tag und ist kerngesund! Ich glaube, wir sind virenmäßig übern Berg."

Mütter kleiner Kinder werden sich an den Kopf fassen. Ich tue es ja auch. Why oh why? Letzte Woche Montag und Dienstag war Kalle wieder in der Kita, fröhlich ging er hin, fröhlich kam er zurück, und wenn das Telefon während des Vormittags klingelte, dann hatte uns der Anrufer immer nur Dinge ohne jeden Dünnschissbezug zu sagen. Wir hatten schon das Zusammenzucken verlernt, das andere Kitaeltern mit jedem Telefonklingeln verbinden. Ha!

In der Nacht zum Mittwoch hat Kalle sich so gegen zwei Uhr im großen Strahl ins elterliche Bett übergeben und brach in Tränen aus. Seitdem ist unser Leben irgendwie so ganz anders, als man sich das Idyll mit zwei kleinen Kindern in der tiefsten Kinderwunschzeit vorgestellt hat. Erst hat Kalle zwei Tage lang gekotzt. Dann kam der Dünnschiss dazu. Alle 60 Minuten war ein komplett neues Outfit fällig, samt neuem Wickelkommodenbezug und am besten noch neuem Nervenkostüm für uns. Dann fing L. an, über Kopf- und Gliederschmerzen und Magenkrämpfe zu klagen, und zog sich ins Bett zurück. Zum Glück war meine Mutter noch da, die seit der Geburt unser rettender Engel war. Dann wachte ich morgens auf mit Durchfall und Erbrechen. Dann hat es auch meine Mutter erwischt, am unverdientesten von uns allen. Es war nicht schön. Es war so unschön, dass ich noch nicht mal drüber schreiben wollte, denn das hätte es irgendwie noch schlimmer gemacht. Meine Mutter schlug sich weiter tapfer durch und sagte, sie würde noch so lange bleiben, bis Kalle wieder in die Kita könnte. Heute morgen war es so weit, gestern Nachmittag ist sie begleitet von unseren Segenswünschen abgefahren. Um viertel nach acht hat L. mit dem seit Samstag Durchfallfreien Kalle im Kinderwagen das Haus in Richtung Kita verlassen. Um viertel nach neun klingelte das Telefon: Kalle hat Durchfall und muss abgeholt werden. Und laut Kitaregeln darf er damit den Rest der Woche auch nicht hin. Wir gehen am Stock. Michel ist zwar als einziger gesund geblieben, aber im Stillen ist jetzt der Wurm. Obwohl es ganz gut lief, hat mein Magen-Darm-Virus eine kleine Krise verursacht, denn wo oben nichts reinkommt, kann vorne auch nichts rauskommen, und wir mussten zufüttern. Jetzt saugt er nicht mehr richtig und ist auch mit den Hütchen nicht so richtig glücklich. Ich weiß schon, was ich zu tun hätte, aber ich bin zu müde. Ich träume von einer Nacht, einer einzigen Nacht, in der ich acht Stunden schlafen kann, ungestört, in einem sauberen, großen, bis auf mich leeren Bett, frisch bezogen, mit einer Flasche Mineralwasser auf dem Nachttisch und meinem Kindle in Griffweite, das Fenster auf Kipp und die Decke bis an die Nasenspitze. Dieser Traum wird sich so schnell nicht erfüllen. Nicht, so lange hier täglich zwei Maschinen randvoll mit vollgeschissener Kinderwäsche laufen. Nicht, so lange wir Kalle alle Nahrungsmittel abschlagen müssen, die er gerne mag. Nicht, so lange er deshalb die Nächte durchjault, weil er nicht versteht, dass seine gewohnte nächtliche Premilch gerade nicht geht. Nicht, wenn wir uns selbst vermutlich gerade die zweite Runde Virenspaß einfangen. Nicht, so lange L. eigentlich mit Hochdruck auf eine anstehende Prüfung lernen müsste. Nicht, so lange die beiden Knirpse nicht gelernt haben, sich nachts selbst ein Brot zu schmieren, wenn sie Hunger haben, oder eben einfach noch ein paar Seiten Harry Potter zu lesen, wenn sie nicht schlafen können. Dann vielleicht. Dann irgendwann.

Dienstag, 18. November 2014

Michel und sein Bruder.

Vor dreizehn Tagen ist Kalles Mutter mitten in der Nacht aus dem Bett gestiegen und hat angefangen, in regelmäßigen Abständen zu stöhnen und herumzubrüllen. Dann musste Kalle auch aus dem warmen Bett, sich anziehen, mit seinen Eltern ins Auto steigen und in ein riesiges Gebäude fahren, in dem sie durch endlos lange Gänge gelaufen sind. Immer noch mit der brüllenden und fauchenden Mama. Dann ist Mama in ein Zimmer verschwunden, und Kalle durfte nicht mit. Und als er eine Weile später doch rein durfte, war Mama (die in letzter Zeit ganz schön zugelegt hatte, wenn wir mal ehrlich sind) plötzlich weniger dick, dafür ziemlich kaputt, und auf ihrem Bauch lag ein schrumpeliges kleines Wesen, das aus vollem Hals brüllte. Das Schrumpelwesen ist seitdem nicht wieder weggegangen, und Mama hat jetzt viel weniger Zeit. Ist sie mal im gleichen Zimmer, hat sie meistens Schrumpi auf dem Arm und lächelt ihn sonnig an. Schrumpi benutzt aber nicht nur die gleiche Mama wie Kalle, sondern auch die gleiche Wickelkommode, das gleiche Bett, den gleichen Papa, die gleiche Oma und manchmal das gleiche Fläschchen (auch, wenn das jetzt angeblich aufhören soll).

Da kann man schon mal etwas schmallippig werden, finde ich.

Zum Glück sieht Kalle das wohl anders. Kommt Michel in Sicht, dann robbt er strahlend auf ihn zu, streicht ihm zart über den Kopf und sagt "Ei". Grinse ich ihn daraufhin wohlwollend an, macht er das noch ein paar mal, und erst nach einer halben Minute (oder so) zieht er ihn mal vorsichtig am Ohr oder am Strampler. Das darf er nicht, ich sage "Nein", und dann lässt er es. Davon abgesehen scheint er bemerkenswert wenig Fusselhirn geerbt zu haben. Er kriegt jetzt einen kleinen Bruder, das ist doch toll! Jemanden zum gernhaben, der später mal mit ihm spielen kann! Das scheint ihm wirklich ziemlich klar zu sein. Doll. Und ich dachte... aber was ich denke und was passiert, sind ja schon seit langem zwei Paar nicht kompatible Schuhe.

Bleibt das jetzt so? Vermutlich nicht. Aber so lange es so bleibt, genießen wir es wie einen unverhofften gleichzeitigen Mittagsschlaf oder zwei Stunden ungestörte Nachtruhe.

Donnerstag, 13. November 2014

Michel und das Stillen.

Gerade komme ich aus dem Schlafzimmer. Zum vierten Mal heute habe ich Michel gestillt, er hat gut getrunken, zehn Minuten links, sechs Minuten rechts, jetzt schläft er zufrieden, uns geht's gut.

Der Unterschied zwischen Stillkrampf und Stillglück wiegt in meinem Fall ungefähr 5 Gramm und kostet keine neun Euro: Stillhütchen.

Wir erinnern uns: mit Kalle, der Muttermilch und mir war es nicht immer leicht. Und es wurde auch nicht leichter durch das Eingreifen meiner Hebamme. Ich wollte stillen, auch wenn sie mir das immer wieder mal unter- mal ziemlich oberschwellig abgesprochen hat. Nach ihrer Auffassung können 99% aller Frauen problemlos stillen, alles andere sind vorgeschobene Probleme, die nur verschleiern sollen, dass man es im Grunde nicht ernst meint.

Meine neue Hebamme ist da so ganz, ganz anders. So anders, dass ich sie küssen könnte, und die Chancen stehen nicht schlecht, dass ich das auch noch tue, wenn mich demnächst mal meine Gefühle übermannen, was ja bei uns jungen Müttern angeblich schnell passiert. Kann ich dann auch nichts zu.
Seit dem fünften Tag habe ich ordentlich Milch, der Kleine hat auch Hunger, wenn er nicht gerade schläft (was er fast den ganzen Tag lang tut), bisher ist nichts entzündet oder gestaut oder sonstwie blöd - nur Andocken klappte auch diesmal wieder gar nicht. Zehn Minuten soll ich pro Seite höchstens stillen. Um auf diese zehn Minuten zu kommen, musste ich bis vorgestern nur leider zum Teil 45 Minuten lang andocken. Ich habe alles beherzigt, was mir gesagt wurde. Ich habe es mit dem Kind in der Armbeuge versucht und mit dem Kind im gegenüberliegenden Arm (worunter sich jetzt kein Mensch was vorstellen kann, aber sei's drum). Ich habe es im Liegen versucht. Ich habe gestopft und angelockt. Ich habe gezwirbelt und nicht gezwirbelt. Ich habe seinen Kopf in den Nacken gedrückt und ihn suchen lassen. Ich habe... ach was, ist ja auch egal, ich saß jedenfalls Tag und Nacht mehrere Stunden schwitzend und zusehends verzweifelt da und habe vergeblich versucht, unser beider Not zu lindern, indem er endlich, endlich richtig saugt - seinen Hunger und meinen wachsenden Überdruck. Hat es dann geklappt, hat er oft genug vor lauter Verblüffung zwei Schlucke getrunken, wieder losgelassen, und alles ging von vorne los. Zwar waren die Momente, wenn es dann wirklich klappte, wie mit einem Heiligenschein umkränzt - aber sie waren so scheußlich schwer zu erreichen. Wer behauptet, ich hätte einfach nicht gewollt, hätte mich mal sehen sollen. Nichts wäre einfacher gewesen, als ihn nachts um drei kurz beiseite zu legen, in die Küche zu gehen, ein sauberes Fläschchen Premilch fertig zu machen und uns beiden ein bisschen Ruhe zu verschaffen. Und fast nichts wäre einfacher gewesen, als abzupumpen und ihm das dann per Fläschchen zu geben. Oder per Spritze. Oder wie auch immer. Aber ich dachte immer, andere können das doch auch! Zerfix! 99% sogar! Ausnahmsweise könnte ich doch mal zu den 99% gehören und nicht zu dem 1%!

Ich habe meiner Hebamme gestern davon erzählt. "Das gucken wir uns jetzt mal an", sagte sie. Ich versuchte, ihn anzulegen, sie guckte. Dann sagte sie die erlösenden Worte: "Das ist alles ziemlich flach bei Dir, und dann die viele Milch, da kommt er nicht richtig ran, Jungs tun sich da sowieso schwerer als Mädchen. Das machen wir euch beiden jetzt ein bisschen leichter, du kaufst Dir Stillhütchen in Größe M von Medela, dann klappt das."

Eine Minute nach ihrem Abmarsch war ich auf dem Weg in die Apotheke, eine Viertelstunde danach zurück, und nach ihrer Anweisung läuft es jetzt folgendermaßen. Ich lege ihn an. Saugt er, ist alles gut. Saugt er nicht, dann fackele ich nicht lange, sondern lege das Hütchen auf. Die Hütchen sind zwei kleine Sombreros aus dünnem Silikon, wie Kontaktlinsen für Stielaugen ungefähr, hergestellt in der Schweiz und ausgeliefert in einem kleinen, gelben Plastikschatüllchen. Täglich streichele ich mehrfach liebevoll über diese Schatulle, in der sich meine neuen Lieblingsgegenstände in diesem Haushalt befinden. Zurück zum Thema: Mit dem Hütchen klappt das Saugen, und zwar sofort. Wirklich sofort. Hütchen drauf, zwei Sekunden später trinkt Michel in großen durstigen Schlucken. Das lasse ich dann so zwei Minuten laufen, dann ziehe ich ihm das Hütchen unter der Schnute weg, ungefähr so, wie ein Zauberkünstler ein Tischtuch unter dem Sonntagskaffeeservice wegziehen würde. Im besten Fall saugt er ohne Hütchen weiter. Links läuft das fast immer so. Rechts ist es noch etwas schwieriger, da muss das Hütchen oft noch mal ran, aber dann, zwei Minuten später, klappt es. Den Rest der zehn Minuten trinkt er dann ohne Hütchen. Ich kraule seine Hand, damit er nicht einschläft, und gucke entspannt nach draußen in die herbstlichen Bäume. Nach zwanzig Minuten sind wir mit beiden Seiten durch.

Aber... aber...

Hier wären einige Einwände von meiner alten Hebamme denkbar (und nicht nur denkbar, damals hatte ich das mit den Hütchen auch mehrfach vorgeschlagen, aber sie hat es immer mit einer Batterie von Argumenten streng verboten):

"Aber durch das Hütchen verliert das Kind doch den Kontakt zu deiner Haut und wird dir fremder!"
Nö, ehrlich gesagt, nö. Der Sombrero hat eine breite Aussparung in der Krempe, die soll dahin, wo Michels Nase ist. Mit der ist er also direkt auf meiner Haut. Und den Löwenanteil der Stillzeit hat er ja direkten Komplett-Hautkontakt.

"Er verlernt so doch mit Sicherheit das Saugen!"
Auch nicht. Ich finde sogar, in der Saugezeit ohne Hütchen saugt er jetzt besser als jemals vorher. Wir sind beide weniger auf 180 und weniger frustriert, daran könnte es auch liegen.

"Aber wenn das Stillen so Zack-Zack geht, verliert ihr wertvolle Kuschelzeit!"
Im Gegenteil. Wir sparen jetzt die Zeit, die ich vorher mit entnervtem Rumstoppeln und Gewürge bis zum Andocken verbracht habe. Die Zeit können wir schön hinten an die Stillzeit dranhängen und kuscheln, bis wir blau sind, wenn wir das wollen - ganz entspannt und satt und zufrieden.

"Stillen ist doch die natürlichste Sache der Welt, ich verstehe nicht, wieso dazu ein Stück Plastik nötig sein soll. Er kann das ohne, du auch, du musst nur wollen!"
Gewollt habe ich das jetzt lange genug, hat aber trotzdem nicht funktioniert. Und ganz ehrlich, alte Hebamme: unter deiner Regie hatte ich am Ende zum Stillen eine Batterie aus Milchpumpe, Milchpumpen-Ersatzfläschchen, Spritzen, Medela-Fläschchen mit Vakuum-Saugern und fast auch noch ein Brusternährungsset angehäuft, die alle viel Platz weggenommen haben, viel Geld gekostet haben, mit viel Aufwand gespült und dampfsterilisiert werden mussten und heute noch eine ganze Kiste im Kinderzimmerregal füllen, auch wenn ich inzwischen nicht mehr weiß, wozu. Da sind zwei so kleine Hütchen in ihrer gelben Schatulle, die ich laut neuer Hebamme auch mal einfach nur mit heißem Wasser abspülen darf, ja wohl ein Scherz.

Und in zwei-drei Wochen spätestens, wenn Michel und ich noch ein bisschen fitter sind mit dieser supernatürlichen Ernährungsform, dann können wir die Hütchen vermutlich auch ganz weglassen.

Dreimal Hurra für die neue Hebamme!

Wir spielen "Ich packe meinen Koffer" mit Schlafentzug.

Ich habe gerade im Krankenhaus ein Kind bekommen.

Ich habe gerade im Krankenhaus ein Kind bekommen, mitten in der Nacht, nach drei Stunden Schlaf.

Ich habe gerade im Krankenhaus ein Kind bekommen, mitten in der Nacht, nach drei Stunden Schlaf, bis ich im Bett war und schlafen durfte, war es sieben.

Ich habe gerade im Krankenhaus ein Kind bekommen, mitten in der Nacht, nach drei Stunden Schlaf, bis ich im Bett war und schlafen durfte, war es sieben, und ab halb acht ging der Betrieb hier wieder los.

Ich habe gerade im Krankenhaus ein Kind bekommen, mitten in der Nacht, nach drei Stunden Schlaf, bis ich im Bett war und schlafen durfte, war es sieben, ab halb acht ging der Betrieb hier wieder los, und jetzt kommt alle 30 Minuten jemand rein.

Ich habe gerade im Krankenhaus ein Kind bekommen, mitten in der Nacht, nach drei Stunden Schlaf, bis ich im Bett war und schlafen durfte, war es sieben, ab halb acht ging der Betrieb hier wieder los, jetzt kommt alle 30 Minuten jemand rein, bisher waren heute da: zwei Ärzte, der Chefarzt, die Oberärztin, bei der ich mich angemeldet habe, eine Baby-Fotografin, eine Putzfrau, zwei Damen, die mir etwas zu Essen gebracht haben, zwei Damen, die das Geschirr abgeräumt haben, eine Hebamme, zwei Schwestern zum Blutabnehmen und Fiebermessen und Bauch abtasten, zweimal Besuch für mich, die Stillberaterin, eine Kinderärztin, die das Baby kurz mitnehmen wollte, und ein Arzt, der sich in der Tür geirrt hatte.

Ich habe gerade im Krankenhaus ein Kind bekommen, mitten in der Nacht, nach drei Stunden Schlaf, bis ich im Bett war und schlafen durfte, war es sieben, ab halb acht ging der Betrieb hier wieder los, jetzt kommt alle 30 Minuten jemand rein, bisher waren heute da: zwei Ärzte, der Chefarzt, die Oberärztin, bei der ich mich angemeldet habe, eine Baby-Fotografin, eine Putzfrau, zwei Damen, die mir etwas zu Essen gebracht haben, zwei Damen, die das Geschirr abgeräumt haben, eine Hebamme, zwei Schwestern zum Blutabnehmen und Fiebermessen und Bauch abtasten, zweimal Besuch für mich, die Stillberaterin, eine Kinderärztin, die das Baby kurz mitnehmen wollte, und ein Arzt, der sich in der Tür geirrt hatte. Inzwischen bin ich zu zweit im Zimmer, und meine Zimmernachbarin hat den gleichen Auflauf noch mal.

Ich habe gerade im Krankenhaus ein Kind bekommen, mitten in der Nacht, nach drei Stunden Schlaf, bis ich im Bett war und schlafen durfte, war es sieben, ab halb acht ging der Betrieb hier wieder los, jetzt kommt alle 30 Minuten jemand rein, bisher waren heute da: zwei Ärzte, der Chefarzt, die Oberärztin, bei der ich mich angemeldet habe, eine Baby-Fotografin, eine Putzfrau, zwei Damen, die mir etwas zu Essen gebracht haben, zwei Damen, die das Geschirr abgeräumt haben, eine Hebamme, zwei Schwestern zum Blutabnehmen und Fiebermessen und Bauch abtasten, zweimal Besuch für mich, die Stillberaterin, eine Kinderärztin, die das Baby kurz mitnehmen wollte, und ein Arzt, der sich in der Tür geirrt hatte. Inzwischen bin ich zu zweit im Zimmer, und meine Zimmernachbarin hat den gleichen Auflauf noch mal. Jetzt kommt das Stillen dazu. Nach den Krankenhausregeln soll ich alle zwei Stunden stillen.

Ich habe gerade im Krankenhaus ein Kind bekommen, mitten in der Nacht, nach drei Stunden Schlaf, bis ich im Bett war und schlafen durfte, war es sieben, ab halb acht ging der Betrieb hier wieder los, jetzt kommt alle 30 Minuten jemand rein, bisher waren heute da: zwei Ärzte, der Chefarzt, die Oberärztin, bei der ich mich angemeldet habe, eine Baby-Fotografin, eine Putzfrau, zwei Damen, die mir etwas zu Essen gebracht haben, zwei Damen, die das Geschirr abgeräumt haben, eine Hebamme, zwei Schwestern zum Blutabnehmen und Fiebermessen und Bauch abtasten, zweimal Besuch für mich, die Stillberaterin, eine Kinderärztin, die das Baby kurz mitnehmen wollte, und ein Arzt, der sich in der Tür geirrt hatte. Inzwischen bin ich zu zweit im Zimmer, und meine Zimmernachbarin hat den gleichen Auflauf noch mal. Jetzt kommt das Stillen dazu. Nach den Krankenhausregeln soll ich alle zwei Stunden stillen, und einmal Stillen beinhaltet folgende Programmpunkte: Baby ausziehen, wickeln. Mich obenrum freimachen. Mit bis auf die Windel nacktem Baby zurück ins Bett, anlegen auf möglichst beiden Seiten, jeweils zehn Minuten saugen lassen (Andockzeit nicht mitgerechnet), dann Baby auf den nackten Bauch legen und kuscheln. Baby wieder anziehen, dabei falls nötig nochmal wickeln. Baby schlafen legen. Hups, zwei Stunden sind um, wieder von vorne.

Ich habe gerade im Krankenhaus ein Kind bekommen, mitten in der Nacht, nach drei Stunden Schlaf, bis ich im Bett war und schlafen durfte, war es sieben, ab halb acht ging der Betrieb hier wieder los, jetzt kommt alle 30 Minuten jemand rein, bisher waren heute da: zwei Ärzte, der Chefarzt, die Oberärztin, bei der ich mich angemeldet habe, eine Baby-Fotografin, eine Putzfrau, zwei Damen, die mir etwas zu Essen gebracht haben, zwei Damen, die das Geschirr abgeräumt haben, eine Hebamme, zwei Schwestern zum Blutabnehmen und Fiebermessen und Bauch abtasten, zweimal Besuch für mich, die Stillberaterin, eine Kinderärztin, die das Baby kurz mitnehmen wollte, und ein Arzt, der sich in der Tür geirrt hatte. Inzwischen bin ich zu zweit im Zimmer, und meine Zimmernachbarin hat den gleichen Auflauf noch mal. Jetzt kommt das Stillen dazu. Nach den Krankenhausregeln soll ich alle zwei Stunden stillen, und einmal Stillen beinhaltet folgende Programmpunkte: Baby ausziehen, wickeln. Mich obenrum freimachen. Mit bis auf die Windel nacktem Baby zurück ins Bett, anlegen auf möglichst beiden Seiten, jeweils zehn Minuten saugen lassen (Andockzeit nicht mitgerechnet), dann Baby auf den nackten Bauch legen und kuscheln. Baby wieder anziehen, dabei falls nötig nochmal wickeln. Baby schlafen legen. Hups, zwei Stunden sind um, wieder von vorne. Und das Tag und Nacht.

Ich finde, man kann erst abschätzen, was für große Stücke ich auf das UKE halte, wenn ich jetzt schreibe, dass ich mich da trotzdem unfassbar gut aufgehoben gefühlt habe. Und dass es mir auch diesmal wieder ein bisschen schwer gefallen ist, meinen Klinikkoffer wieder einzupacken, mein Baby in den Kindersitz zu packen und nach Hause zu fahren. Es war das erste Nest für uns, ein zwar nicht sehr ruhiges, aber dafür sicheres und geborgenes Nest, und das haben wir jetzt verlassen. Ein wirklich, wirklich toller Laden zum Kinderkriegen.

Montag, 10. November 2014

Und zwar kam das so.

Kennt ihr das, wenn man nachts aufwacht, irgend etwas stimmt nicht, und man ist so im Tran und möchte so unbedingt weiter schlafen, dass man ca. zwei Stunden braucht, bis man versteht, dass man aufs Klo muss?
So ungefähr war das am Dienstag. Wie jeden Abend seit zwei Wochen war ich mit dem Stoßgebet schlafen gegangen, bitte auch diese Nacht wieder nicht ins Krankenhaus fahren zu müssen, sondern in Ruhe schlafen zu dürfen, denn ich. bin. so. müde. So schrecklich müde, schon seit so vielen Wochen.
Irgendwann nachts, es muss so um eins gewesen sein, bin ich wach geworden. Irgendwas war komisch. Ein Ziehen im Bauch. Erst mal war ich auf Toilette, direkt danach musste ich mich an der Badezimmerwand festhalten, so zwiebelte das. Trotzdem fühlte es sich anders an als die Wehen letztes Mal, in unserer Familie kommt kein Kind zum Termin, schon gar nicht davor, DAS konnte es also nicht sein, und ich wollte den Traum vom Ausschlafen noch nicht so einfach aufgeben. Also habe ich als Vollnerd erst mal eine Wehen-App runtergeladen. (Haut ihr euch schon vor die Köpfe? Es kommt noch besser.) Jedes Mal, wenn es los ging oder aufhörte, musste ich auf eine Taste drücken. Die App sagte, die Wehen kämen alle acht Minuten. Ich dachte "WENN es Wehen wären, dann kämen sie alle acht Minuten, sind ja aber keine. Können ja keine sein." Die Minuten vergingen, ich fauchte und krümmte mich ein bisschen, Kalle schlief inzwischen nebenan bei Papa. Dann dachte ich, nun kann ich ja auch, wo ich schon mal wach bin, vielleicht noch ein paar Sachen zusammen packen. Für demnächst in zwei Wochen, wenn es los geht. Ist gerade so schön ruhig hier. Also packte ich ein bisschen und bediente weiter die App und kniete zwischendurch im Vierfüßlerstand und atmete expressiv, aber die Hirnregion, die sonst dafür zuständig ist, mich zwei Stunden mit voller Blase im Bett zu halten, war schwer aktiv. Die App sagte, die Wehen kommen alle vier Minuten. Also googelte ich vorsichtshalber mal, ab welchen Abständen man beim zweiten Kind ins Krankenhaus soll. Google sagte, bei fünfzehn Minuten. Die App piepte dazwischen, wir wären jetzt bei drei Minuten. Und da habe ich es dann eingesehen, L. geweckt, das Kind angezogen und einen Müllsack gesucht, auf den ich mich für die Fahrt setzen kann.

Die Fahrt ins UKE dauerte achtzehn Minuten, in dieser Zeit hatte ich fünf Wehen, bei jeder fing Kalle an zu brüllen. L. wollte wissen, wo man hier vorfahren kann, wenn die Frau ein Kind kriegt, und ich hatte es immer noch nicht kapiert. "Ach was", sagte ich. "Fahr in die Tiefgarage." Und so sind wir dann durchs ganze große UKE gelaufen: L. mit Kalle in der Karre, ich, mein Koffer und meine Tasche. Alle paar Schritte habe ich die Wand umarmt. "Geht ohne mich weiter, dann könnt ihr es schaffen" ist der Satz, der einem dazu in den Sinn kommt, aber leider gerade hier so gar nicht passt. Irgendwann waren wir dann oben im fünften Stock vor dem Kreißsaal. Eine Hebamme nahm mich mit nach nebenan und guckte sich den Muttermund an. Bis zu diesem Zeitpunkt war meine größte Sorge immer noch, die könnten mich wieder nach Hause schicken. Hätte ich mir keine Gedanken machen müssen: der Muttermund war bei locker acht Zentimetern. "Wie toll, dann gehen wir direkt in den Kreißsaal!" sagte die Hebamme. "Und dann hätte ich gerne noch eine PDA" sagte ich. Die Hebamme sah mich mit diesem "Ach, Schätzelein"-Blick an, den nur Frauen in Medizinberufen richtig gut hinkriegen, nahm mich bei der Hand und ging schon mal los. "Weißt du was? Die schenken wir uns einfach" sagte sie in diesem Ton, bei dem ich sofort dachte, genau, ist sicher besser so. Wir haben den Kreißsaal um Viertel vor drei betreten. Ich habe noch schnell meinen Koffer aufgemacht und meinen Jogginganzug gegen ein heiß waschbares Nachthemd ausgetauscht, dann ging es richtig los. L. rief inzwischen meine Freundin und Geburtshelferin B. an, die sich im Affenzahn fertig machte und ins Taxi warf. Und inzwischen bekam ich ein bisschen Paracetamol und presste schon mal vor. L. und Kalle warteten auf dem Gang, ich war mit Hebamme und einem Arzt gut betreut und sowieso diesmal nicht so zum Plauschen aufgelegt. Vier mal war der Kopf schon halb draußen, vier mal flutschte er einfach wieder zurück, als die Wehe vorbei war. Und ich hatte das spukige Gefühl, unbedingt weg zu wollen aus diesem schmerzenden und gekrümmten Körper in diesem neonbeleuchteten Raum nachts um drei und nicht zu können. Was sollte das überhaupt alles, ich war doch noch gar nicht dran? Und eigentlich wollte ich doch schlafen? Um 3:56 betrat B. den Kreißsaal. Und um 3:58 war Michel da. Kind einer Mutter, die scheinbar gar nichts mitkriegt.

Und ja, das fühlte sich alles genau so hopplahopp und überrumpelig an, wie es jetzt da steht. Ich könnte es auch alles noch wilder beschreiben. Dass ich gerissen bin, und nicht zu knapp z.B. oder dass es sich ohne PDA genau so angefühlt hat wie letztes Mal mit zwei PDAs. Aber das alles ist sowieso ein einziger Nebel. Von dem Moment an um kurz nach eins, als ich zuhause aufgewacht bin, bis zu dem Moment, wo ich den Kleinen zum ersten Mal auf dem Bauch liegen hatte, ist alles verschwommen und seltsam und irgendwie anders als abgesprochen und erwartet. Vor allem aber ist es diesmal fast egal. Damit will ich nicht sagen, dass ich jetzt auch finde, Mütter würden die Schmerzen und die Angst einfach vergessen, wenn es vorbei wäre - bestimmt nicht, ich erinnere mich ganz gut. Es war nur, als würde die Zeit anders laufen. Oder als hätte ich das geträumt. Oder als wäre es jemand anderem passiert. Oder als hätte ich unter dem Einfluss einer exotischen und nicht besonders empfehlenswerten Droge gestanden. Bis Michel dann da war. Und da war alles gut. Denn natürlich hatte die Hebamme Unrecht und es geht ihm bis auf die krummen Füßchen so gut, wie es ihm nur gehen kann. Er ist ein federleichter, rosiger kleiner Junge mit langen Armen, einer Stupsnase, erstaunlich viel Frisur (mehr als Kalle heute hat) und blauen Augen, die ziemlich ernst gucken. Und jetzt muss ich auch schon wieder Schluss machen mit Posten, denn der federleichte haarige Junge hat Hunger. Aber dazu (zum Thema Stillen) hoffentlich sehr demnächst mehr. Dann auch mit Foto. Liebe Abkürzungsdamen, vielen, vielen Dank für die Glückwünsche! Genau so einen wünsche ich euch auch, und zwar allen.

Freitag, 7. November 2014

Michel ist da!

Geboren am 5.11.2014 um 3:58. Es geht uns gut, wir sind völlig kaputt und sehr, sehr glücklich. Mehr von Zuhause aus!

Dienstag, 4. November 2014

Nei-en, verdammt noch mal.

Ich hatte schon immer ein Problem damit, Leuten etwas abzuschlagen. "Leute" können dabei selbst Personen sein, die mir eigentlich wurscht sind: Kollegen, Kunden, Taxifahrer, Passanten, was weiß ich. Egal, wie unbequem und blöd es gerade für mich ist oder wie sehr es meinen eigenen Interessen zuwieder läuft, wer irgend etwas von mir will, muss in den meisten Fällen eigentlich nur fragen. Ich bin Wachs in den Händen von fast jedem, der mich um irgend etwas bittet. Darauf bin ich nicht stolz, im Gegenteil, oft fühle ich mich dabei ziemlich wurstig.

Und jetzt das: mein Sohn, mein zauberhaftes Baby, will den ganzen Tag lang irgend etwas, und ich muss Nein sagen. Nein ist gerade mein meistgebrauchtes Wort. Mein Sohn möchte z.B. noch mehr Käse auf seine Nudeln, am liebsten die ganze Tüte! Nein. Er will nicht mit seinem Lego spielen, sondern mit meinem iphone. Nein. Er will die Fernbedienung, während ich gerade versuche, für L. sein Bundesligaspiel aufzunehmen. Nein. Er will in den Hundefutternapf greifen und sich ein Frolic angeln. Nein. Er will die Schere, er will meine Schilddrüsentabletten, er will L.s Weinglas, er will die hauchdünne geerbte Porzellantasse, er will das Küchenmesser, er will die Spülmaschinentabs. Nein, nein, nein, nein. Sage ich nein, fängt er an zu brüllen. Nicht lange, aber auch 20 Sekunden reichen schon, um mir durch und durch zu gehen. Es ist nicht nur, dass es mir sowieso so gegen die weiche Natur geht. Oder dass keine Mutter aufblüht, wenn ihr kleines Kind weint. Oder dass das Geräusch schon physisch so zermürbend ist. Oder dass ich gerade sowieso schon meine ganze klägliche Energie brauche, um irgendwie den Tag mit Baby und zum Platzen dickem Neunmonatsbauch zu überstehen und mein Nervenkostüm in Fetzen hängt. Es ist auch, dass ich mich manchmal frage, ob das wirklich alles so richtig ist - es geht ja nicht immer nur um seine Sicherheit, sondern oft auch darum, dass ich etwas einfach nicht will. Ich habe mein Baby schrecklich lieb, ich sehe es lieber glücklich strahlen als dicke Tränchen über sein Gesicht kullern. Ich bin mir sowieso so gut wie nie zu 100% sicher, und durchdringendes Babygebrüll hat eine Art, meine sowieso schon nicht auf Granit gebaute Entschlusskraft auszuhölen wie einen Schweizer Käse.

So, Mutti, und jetzt reiß Dich mal zusammen. Du bist hier der Boss. Sag Dir das immer wieder, wenn es sein muss, achtzig mal am Tag. Du tust der kleinen Wurst keinen Gefallen, wenn Du ihn damit durchkommen lässt. Er ist nicht nur besser dran ohne Küchenmesser und Schilddrüsentabletten, er ist auch besser dran, wenn er jetzt lernt, dass er nicht alles haben kann, was er will. Und glaub mir: nicht nur für Dich ist das hier gerade eine Kraftprobe, auch für ihn. Er sucht sich nicht umsonst gerade jeden Tag hundert Kriegsschauplätze, auf denen er seine Mäusekräfte gegen Dich erproben will. Das klingt vielleicht nicht nach weichgezeichneter Duzi-Duzi-Babywelt, aber so ist es. Du brichst ihm auch nicht das Herz, wenn Du gerade von der weichen, immer lieben Wunscherfüllungsmaschine zur eisernen Lady wirst - nach einer halben Minute sind die Tränen versiegt, und er strahlt schon wieder und findet etwas anderes, was ihn glücklich macht. Und um sein Glück geht es hier: in dieser Welt hat niemand eine Chance auf Glück, der nicht akzeptiert, dass andere auch einen Willen haben, dass dieser Wille dem eigenen manchmal entgegen läuft, und dass es manchmal ein bisschen dauert, bis wir bekommen, was wir wollen. Dass wir es manchmal auch gar nicht bekommen. Und dass nicht der Recht bekommen muss, der am lautesten brüllt.

Uff. Damit zurück in den Kampf.