Samstag, 26. Februar 2022

Jenseits von Lililand.

Vorweg: Ja, ich sehe die Nachrichten. Ich sehe nicht nur die Nachrichten so gebannt wie zuletzt rund um die Biden-Wahl, sondern ich schrecke nachts um elf, um zwei, um vier hoch und gucke, was der Tagesspiegel und meine anderen Nachrichten-Apps zu berichten haben. Ich bin vor Sorge und Mitleid und Wut und Beklemmung fast krank. Und jetzt schreibe ich einen Post über ein völlig anderes Thema. Also, los geht's.

Habe ich schon mal erwähnt, dass ich als Kind vollkommen wild, von der ersten Sekunde an hooked war, wann immer es um Videospiele aller Art ging? Ich meine, viel war ja erst mal nicht. Aber das, was es da gab bei anderen Kindern und deren großen Geschwistern, war für mich damals unfassbar toll. Nicht zu glauben, dass es Kinder gab, die jeden Tag Zugang zu so etwas hatten, so viel sie wollten! Die Eltern meiner Freundin Manu hatten irgendwann an ihre dicke Glotze das Spiel "Pong" angeschlossen. Das war, so weit ich weiß, das erste Videospiel überhaupt. Zwei Spieler steuerten zwei Balken mit jeweils einer Fernbedienung, die so groß war wie ein Stück Butter. Damit spielten sie eine krude Simulation von Tischtennis, daher "Pong". Hätte man mich in dem Haus allein gelassen und vergessen, hätte ich vermutlich drei Tage lang Pong gespielt und dazu die üppigen Kellog's-Smacks-Vorräte aufgegessen und mir jedenfalls keinen Kopf gemacht. Manus große Schwester hatte dann irgendwann sogar einen eigenen Computer in ihrem Zimmer. Auf dem liefen Spiele, die auf Cassetten gespielt waren und dann auch tatsächlich in eine Art Cassettenrekorder gesteckt wurden. Nicole war nett, aber schon 15, und sie war nur manchmal in der Stimmung, zwei zwölfjährige Nervensägen in ihr Zimmer zu lassen. Aber wenn - oh Gott. Pacman war tatsächlich mehr als die Entschädigung für viele kleine Nickligkeiten und Schäbigkeiten, die ich mir schafartig von Manu gefallen ließ, seit sie nicht mehr auf die gleiche Schule ging wie ich und neue, bitchigere Freundinnen hatte. Ich kann mich auch noch an einen Skiurlaub erinnern, bei dem im Keller ein Arcade-Automat mit Donkey Kong stand. Ich habe mein ganzes Taschengeld da reingesteckt, und während der zehn Tage habe ich es tatsächlich dreimal auf Level 3 (das, bei dem die T-Träger wie Aufzüge funktionieren) geschafft. Meine Hingabe ging also nicht Hand in Hand mit irgend einer Art von Talent. Noch mal zwei Jahre später hatte meine Freundin Sabine auf der Skifreizeit mit dem Sportclub ein Handheld-Spiel dabei, bei dem man eine Kellnerin war, die ein Café voller ungeduldiger Gäste sehr zackig bedienen musste. In diesem Urlaub ging mein Taschengeld für neue Batterien für das Ding drauf. Wäre nicht das lästige Skifahren dazwischen gekommen, hätte ich den ganzen Tag in einem muffigen Etagenbett gelegen und gedaddelt, gedaddelt, gedaddelt. Nein, ganz so war es auch nicht, ich hatte Spaß am Skifahren, aber weg vom elterlichen strengen Auge so ein Ding in der Hand zu halten - kaum zu toppen.

Ja, nun bin ich der Großvater oder so ähnlich. Und seit Weihnachten haben wir zuhause eine Nintendo Switch. Glaubt es oder nicht, es war L.s Vorschlag. Ich wäre nie damit angekommen, denn ich wäre mir sicher gewesen, er erklärt mich für bekloppt. Unsere Kinder haben das Pech, in einen dieser Bildschirmzeit-lässt-sich-kaum-vermeiden-aber-wird-strengstens-kontrolliert-Ausnahmen-bestätigen-die-Regel-Haushalte geraten zu sein. Ich weiß, was ich ihnen schuldig bin, auch wenn ich tief drinnen immer noch vollstes Verständnis habe, wäre ich doch selbst gern mal ein paar Stunden mit dem Ding allein. (Donkey Kong kann man sich im e-shop laden. Hab ich das gemacht? Na ratet mal.) Zu Anfang hatten wir Mario Kart. Mario Kart ist toll: in einer liebevollen, witzigen Nintendo-Welt fährt man in Gestalt von Princess Peach oder Tanuki-Mario Rennen auf selbst zusammengestellten Autos und Motorrädern. Die Rennen führen durch Sahnetortenschlösser, Inka-Ruinen oder durch das wie irre blinkende Discodrom. (Sollte ich als vielleicht-Epileptikerin da mitmachen? Hm. Also erstens bin ich zuhause auf dem Sofa und stehe nicht in einem felsigen Berghang, während ich fahre. Und zweitens: ja, wenn ich nur zugucke - vier Controller für fünf Familienmitglieder - dann spüre ich so etwas wie einen Sog und gehe schnell nach nebenan. Aber wenn ich selbst fahre, kein Problem. Und wenn ich was mitzureden habe, dann dirigiere ich den Rennkurs eher weg vom Discodrom.) Ein Grand Prix besteht aus vier Rennen und dauert mit Auto-Auswahl ungefähr 15 Minuten. Wenn wir also wollen, können wir uns alle auf dem Sofa versammeln, fahren zwei davon - einen mit L., einen mit mir - und haben eine halbe Stunde lang richtig Spaß. Die Kinder machen das unfassbar gut, niemand quengelt, dass er noch einen dritten Grand Prix will, alles ist vollkommen im Ordnung.

Dann kam Animal Crossing. Animal Crossing New Horizons genauer gesagt. Das hatte L. gleich zusammen mit der Switch bestellt. Am ersten Feiertag haben wir es mal ausprobiert, sind aus irgend einem Grund nicht richtig reingekommen, und dann haben wir es beiseite gelegt. Dann habe ich von 18 Seiten gehört, wie toll und kindgerecht und niedlich das ist, und habe mich noch mal reingefuchst. Und dann, tja, dann waren wir drin.

Animal Crossing New Horizons ist ein Spiel, bei dem man zu Anfang einen putzigen, menschlichen Avatar für sich baut. Dann fliegt man auf eine kleine Insel, die von nun an das eigene Reich ist. Unsere hat viele Klippen und Flüsse, ist mit Kirschbäumen bewachsen und heißt Lililand. Dort hat man noch ein paar Mit-Robinsons und ein Team aus drei Waschbären, die den Flug begleiten. Und dann geht's los. Erst mal wohnt man in Zelten, dann gibt es den Upgrade zu kleinen Häusern. Man wandert herum und beguckt sich die Landschaft, man sammelt Stöcke und Früchte und Rohstoffe, man baut Sachen und fängt Insekten und Fische und verkauft Dinge, für die man dann Sternies bekommt. Man bekommt auch Meilen für erreichte Meilensteine wie z.B. den fünfzigsten gefangenen Fisch oder viele freundliche Gespräche mit Nachbarn. Mit der Zeit hat man den Bogen raus, und die Insel kann sich weiter entwickeln. Neue Bewohner ziehen ein, Händler kommen zu Besuch, man kann auch auf andere Inseln fliegen und gucken, was man dort so sammeln kann. Das alles fühlt sich in den ersten paar Stunden an wie die niedlichen kleinen Zwischen-Missionen, die es in den alten Zelda-Spielen gab, und ich hab den leisen Verdacht, dass dieses schöne Gefühl - mal keine Monster bekämpfen oder Rätsel knacken, sondern dem netten Wicht aus dem niedlichen Dorf dabei helfen, seine zehn Hasen wieder einzufangen - die Inspiration dazu gewesen sein könnte, daraus doch ein ganz eigenes Spiel zu machen. Es ist schön in Animal Crossing. Ruhig, entspannt, bis vor kurzem lag noch Schnee, da knirschte es so schön beim Laufen, und es ist immer irgendwas Kleines zu tun. Die Kinder waren auch sofort wie eingesaugt. Ein paar Tage haben wir es laufen lassen. Dann war es ziemlich schnell so weit, dass die Jungs mich beim Abholen aus der Schule als Erstes fragten "Mama. Dürfen wir Animal Crossing? Büttööö!". L. und ich runzelten die Stirn und reglementierten, ich richtete eine Kindersicherung für die Switch ein, mit der man höchstens 30 Minuten am Tag spielen kann, ohne einen Code einzugeben und mein Telefon mir alles petzt, was auf der Switch passiert. Das Ergebnis war, dass L. eines Nachts auf dem Weg aufs Klo ein Geräusch aus dem Zimmer des Großen hörte und ihn dann dort um 2:30 fand, wie er unterwegs in Lililand war. Ein Kind, das jeden Morgen nur unter größtem Protest aus dem Bett zu holen ist und angetrieben werden muss wie ein Muli, um dann um halb acht angezogen und mit gepacktem Ranzen in die Schule zu gehen. In dieser Nacht hat L. einfach die Switch entstöpselt und weggeräumt. Und hier stehen wir nun.

Ich bin der Meinung: nicht die Switch ist das Problem, sondern Animal Crossing. Ein Spiel mit so wenig Struktur und Grenze ist nichts für Kinder. Mit 20 Minuten kommt man auf Lililand nicht weit, allein bis es fertig geladen ist und man tatsächlich loslaufen und Dinge tun kann, dauert es. Zwar kann man zu mehreren gleichzeitig auf der Insel sein, aber immer nur einer kann bestimmen, was gemacht wird, die anderen dürfen nur hinterher rennen. Und es gibt nie einen guten Punkt, um aufzuhören. Selbst wenn man drei Stunden spielen würde, wären da immer noch Schneeflocken oder Fische zu fangen, Schneemänner zu bauen, Löcher zu graben, Fossilien zu bestimmen oder ein Gartenstuhl zu bauen. Man geht immer mit dem Gefühl, die Arbeit liegengelassen zu haben, und das gleich dreimal, wenn man sich nicht selbst losreißt, sondern Mama sagt, jetzt ist Schluss. Meine Kinder, deren Kinderzimmer regelmäßig in einen Zustand der Unbewohnbarkeit abgleiten, wenn ich nicht wider meine Überzeugungen ab und zu Heinzelmännchen spielen würde - dass die so einen Spaß an einem Spiel haben, bei dem es im Grunde um Haushaltsführung und Aufräumen geht, das hat seine ganz eigene Ironie. Also: Schluss mit Animal Crossing, bitte wieder her mit Mario Kart. Die bunte Gang fehlt mir. Ich setze die Kindersicherung hoch auf null Minuten, dann geht ohne elterlichen Code gar nichts mehr, und dann gucken wir mal.

L. dagegen sieht es so, dass hier ein harter Schnitt her muss. Jetzt wieder Rennen zu fahren, ist in seinen Augen ungefähr so, wie einem Alkoholiker zu empfehlen, in Zukunft nur noch Bier zu trinken. Noch ist nicht ausgefochten, wie wir es machen. Demnächst kommen mehrere Upgrades mit neuen Rennstrecken, und dann wird es irgendwann auch Bewegungsspiele geben wie damals für Wii sports. Die würde ich zu und zu gerne erleben. Wie macht ihr das bei euch zuhause? Ich würde mich über ehrliche Antworten freuen (nachdem ich in letzter Zeit häufiger den Verdacht hatte, die anderen Mütter erzählen mir eh nur das, wovon sie annehmen, dass es sie streng und konsequent und damit gut dastehen lässt.)

Also: wie sieht es bei euch aus mit dem ganzen Bildschirmthema? Wie regelt ihr das? Und funktioniert diese Regelung, oder gibt es dauernd Stunk? Und die noch aktiven Abkürzungsdamen: an dem Thema kommt man auch ohne Kinder kaum vorbei, mir jedenfalls ging es damals so. Wie würdet ihr es machen? Ich hatte damals einen Plan, auch wenn sich im Nachhinein herausstellt, der war für die Tonne.

Sonntag, 13. Februar 2022

602

Seit 602 Tagen habe ich keinen Alkohol getrunken. Nachdem mein letzter Kater zwei Tage dauerte, ist heute damit der Tag, an dem ich seit 600 Tagen katerfrei bin. Und das heute, wo L. gestern beim HSV war und sich mit seinen Freunden so die Kante gegeben hat, dass er sich auf der Rückfahrt ins eigene Hemd gekotzt hat. Wenn ich ehrlich bin, kann ich mir nicht mehr vorstellen, wie ich das alles in der Zeit vorher überhaupt gemacht habe. Wie ging das, mit Kopfweh und Übelkeit und nur vier Stunden Schlaf morgens aufzustehen und drei trödelnde, müde Kinder schul- und kitafertig zu machen? Oder Spieldates zu überstehen mit der Sorte Kinder, die alle zwei Minuten maulig neben einem auftauchen und irgendwas petzen? Wie hab ich gearbeitet? Und gar nicht mal so wenig und gar nicht mal so schlecht? Wie habe ich die Wäsche und den Abwasch und all das unter Kontrolle gehalten? Wie habe ich Streits mit L. überstanden? Ich weiß es nicht mehr, und ich will es auch nie mehr. Ich war ja nicht jeden Tag verkatert. Auch nicht jeden zweiten. Aber der Grundkater, über den ich vorher schon mal geschrieben habe, dieses allgemein beschissene Gefühl, das sich so tief eingenistet hat, dass man es gar nicht mehr so richtig bemerkt, wenn man nur oft genug Alkohol trinkt - der war immer da. Es ist, als sollte ich mir mein jetziges Leben vorstellen, nur eben immer mit einem vollen Kasten Wasser in der einen Hand. Oder immer in High Heels. Bei denen ein Absatz einen Zentimeter höher ist als der andere. Oder immer mit Celine Dion im Hintergrund. Oder in einer Atmosphäre, in der immer gerade jemand mörderisch gefurzt hat. Und immer, wenn ich das Gefühl habe, ich brauche eine kleine Aufmunterung, dann gucke ich auf meine App, die für mich mitzählt, wie lange das jetzt schon so geht, und dann bin ich ein bisschen stolz. Und das heißt nicht, dass ich komplett vergessen habe, wie lustig es oft war mit mir und der guten alten pinken Brause. Wie viel Spaß wir zusammen hatten. Gerade gestern habe ich wieder ein paar alte Tagebücher von ca. 2004 durchgeguckt, da war was los! Aber so, jetzt, hier, für mich und nur für mich, ist es eindeutig besser. Wird sich das noch mal ändern? Keine Ahnung. Bleiben Sie dran.

Freitag, 4. Februar 2022

Somewhere over the Taschentuchberg

An einem Sonntag Vormittag über einen Flohmarkt in der Nähe bummeln. Ganz in Ruhe, mit einer Tüte Pommes Mayo in der Hand. Eigentlich nichts suchen, aber dann nach einer Stunde mit einem Salatbesteck, verschiedenen niedlichen Gläsern, einer alten Rührschüssel, vier Kinderbüchern, ein bisschen Playmo und einem Paar Stiefel nach Hause kommen, und der Tag hat gerade erst angefangen.

Schnupfen und Husten, die einfach nur Schnupfen und Husten sind. Zum Beispiel bei anderen Leuten im Bus. Oder bei anderen Kindern in der Kita. Oder bei Leuten, die vor einem in der Supermarktschlange warten.

Nie wieder eine Kampagne ausdenken und umsetzen müssen, die den Leuten sagt, dass die XY AG gerade jetzt für sie da ist. Die das Thema sorgsam umschifft oder von Zusammenhalt spricht. Die mit Plan B und C durchgerechnet wird. Die irgendwie Freundschaft und Party und Familie zeigt, aber halt, falls ihr versteht, was wir meinen, ohne Freunde und Party und Familie. Euch fällt da bestimmt was ein.

Die Kinder laufen lassen und spielen lassen und sich treffen lassen und Lutscher tauschen lassen. (Wenn es so weit ist: Mann, werden das alte Hasen sein! Veteranen.)

(Und ja, obwohl das alles weit hinter mir liegt, denke ich in den letzten Tagen öfter an die Abkürzungsdamen und -Herren da draußen. Mir hat es meinen schicken Klinikaufenthalt verhagelt, der wäre wichtig gewesen. Aber ich will mir gar nicht vorstellen, wie es sein muss, in diesen Zeiten eine so wichtige, stressige und sauteure medizinische Prozedur zu planen wie einen vollen IVF-Zyklus, bei dem man so dermaßen darauf angewiesen ist, schon an Tag A zu wissen, dass an Tag B alle beteiligten negativ sein werden. Dicken digitalen Drücker an euch alle da draußen.)

Die alten schönen Großstadtgeräuschkulissen wieder hören. Freibad an einem Sommertag, Fußball, Straßenfest. Nicht mehr nur die blöden Großstadtgeräuschkulissen wie Flugzeuge, UBahn, aufgemotzte Schleuder an der Ampel mit Fahrer, der Angst hat, dass wieder keiner guckt.

Geburtstag feiern, wenn jemand Geburtstag hat. Und nicht, wenn die Werte danach sind.

Barnüsschen. Naschi-Schalen in der Agentur. Selbstgebackener Kuchen, den die nette Art Direktorin mitgebracht hat für alle, einfach so. Sachen mit Zahnstochern drin auf dem Markt oder an der Käsetheke. Mal abbeißen und mal abbeißen lassen.

Essen kochen für andere Leute als meine unmittelbare Familie. Das heißt, für Leute, die nicht quengeln, wenn da Kapern drin sind oder Sardellen oder Zitronen oder Petersilie oder Salbei oder Koriander oder Gorgonzola oder Fisch oder Nudeln, die keine Hörnchennudeln sind.

Und, worauf freut ihr euch, wenn das hier vorbei ist? Frage ich mich in diesem kleinen Aufmunterungsversuch für mich selbst, nachdem an Tag 6 immer noch der Kopf schmerzt und voller Schleim ist, ich kaum die Arme heben kann und irgendwie alles Mist ist.

Donnerstag, 3. Februar 2022

Popeldipopeldipositiv. Positiv, nicht negativ.

Eigentlich hätte mir ungefähr ab heute auf der Epilepsie-Station die Routine in Fleisch und Blut übergehen sollen. Die ersten Mitpatienten hätte ich vielleicht schon am Gang erkannt oder am Räuspern. Ich hätte die Schwestern und Pfleger zumindest alle einmal gesehen und wüsste, ob man vom Kartoffelsalat lieber die Finger lässt und ob der Kaffee ein Grund ist, grundsätzlich auf Kräutertee umzusteigen. Vielleicht hätte es sogar schon erste Erkenntnisse dazu gegeben, was genau mir da widerfahren ist und warum und ob es noch mal passiert und wie wir damit umgehen können. Eigentlich sollte sich auch meine Tochter ungefähr jetzt richtig eingelebt haben bei Oma und Opa und auf dem besten Weg in die Heimwehfreie Zone sein, und die Jungs und L. hätten sich zu dritt vermutlich auch schon zurechtgeruckelt. Und jetzt hab ich halt Corona.

Der große Mist ist, ich habe es wirklich. Ich bin echt krank. Ich habe Fieber, Husten, Schnupfen, bzw. einen richtig bis in die Ecken zugeschleimten dumpfigen Kopf, ich fühle mich unendlich schlapp. Mit dem Epilepsiezentrum habe ich gesprochen, wenn ich Pech habe, dann muss ich jetzt wieder vier Monate warten, bis ich dort aufgenommen werde. Vielleicht können sie mich spontan dazwischen quetschen. Nur ist spontan schwer, wenn ich eine zwei-, vielleicht auch dreiwöchige Abwesenheit mit Job und drei Kindern vereinbaren muss und kein Trümmerfeld zurücklassen will, dass mich dann in so einer wichtigen Zeit um den Schlaf bringt. Wenn ich mich aufbauen will, dann denke ich drüber nach, wie es mir gehen würde, wenn ich nicht zweifach geimpft und geboostert wäre. Das hier ist die harmlose Variante. Hätte alles viel schlimmer kommen können! Ich gucke in den Spiegel und erkenne mich selbst kaum hinter diesen kleinen roten Augen, den ganzen Schatten und der plattgelegenen Frisur. Sollte es unter meinen Leserinnen tatsächlich Impfverweigerer geben - glaube ich irgendwie nicht - weiß ich schon auch, dass ihr jetzt nicht auf mich gewartet haben, um euch zu erzählen, dass ihr euch mal lieber schnell doch noch impfen lassen solltet, das haben schon ganz andere versucht. Aber - nein, ich lass es.