Dienstag, 25. März 2014

Piep. Piep. Piep. Piep.

Eine Fruchtblase. Mit Inhalt. Und Herzschlag.

Um es lang zu sagen

Sollte einer meiner Auftraggeber diesen Post lesen und sich sagen, Fräuleinchen, nicht während der bezahlten Arbeitszeit, dann habe ich zu meiner Verteidigung zu sagen: 1. bin ich heute so durch den Wind, dass es sowieso unverantwortlich wäre, in dieser Stimmung generierte Ideen auf Kunden loszulassen, 2. habe ich gerade die Runde durch alle Beraterbüros gedreht und gefragt, ob es irgendwas für mich zu tun gibt, und die Antwort lautete Nein Danke, und 3. bin ich Schnelltipper und brauche auch für diesen Wortschwall nicht länger als zwanzig Minuten. So.

Eine Woche habe ich mich nicht gemuckst, es tut mir ehrlich leid. Ungefähr sechsmal hatte ich angesetzt, aber dann immer auf halber Strecke den Nerv verloren. Schwangeren sagt man ja ständig "Dein Körper braucht das jetzt", egal, ob es um Schlaf, Familienpackungen Chips oder Wutausbrüche aus dem Nichts geht. (Ich hasse das übrigens, wenn andere Menschen zu mir Dinge sagen, in denen die beiden Worte "Dein Körper" vorkommen. Das fühlt sich an wie ein zu warmer und schwitziger Händedruck. Aber mach was... in der Schwangerschaft kriegt man jede Menge davon zu hören.) Ich ziehe also zur Entschuldigung ausnahmsweise mal die Mein-Körper-Karte und behaupte frech, mein Körper brauchte eine Woche Blogferien. Echt!

(Habe ich schon mal erzählt, wie ich zum letzten Termin vor der Geburt bei meiner Frauenärztin war und hinterher mit dem Auto in eine irre enge Straße geraten bin, die blockiert war durch ein paar Straßenbauer mit irgendeinem Monsterbagger, ohne dass das vorher per Schild oder irgendwas angekündigt war? Und wie ich nicht zurück konnte, weil hinter mir inzwischen jemand stand, der es nicht gerafft hat und telefonierte? Und wie ich dann dachte "Ok, einmal darfst du das" und mir den Bauch haltend aus dem Auto gestolpert bin und die armen Bauarbeiter angeschwindelt habe, hier ginge es gerade sowas von los und sie sollten jetzt sofort die Straße freimachen? Und dann kichernd weiterfahren konnte, nachdem die mir alle noch viel Glück gewünscht hatten? Das war natürlich mies. Und dass man in den Wehen nicht Autofahren darf, wussten die scheinbar zum Glück nicht oder wollten sich jetzt nicht auf Diskussionen einlassen.)

Heute Mittag ist der große Termin, und ich habe keine Ahnung, was ich vorahnen und denken soll. Einerseits fühle ich mich diesmal schwangerer als letztes Mal um diese Zeit. Sogar Morgen- Mittag- und Abendübelkeit habe ich, und als ich gestern Abend Mann und Schwiegermutter zum Essen ausgeführt habe und ein extrem gut abgehangenes Stück Rind serviert wurde, war der Geruch für mich kaum auszuhalten widerlich. Das sind doch eigentlich gute Zeichen. Auch müde bin ich, und zwar schwangermüde mit Babymüde obendrauf. Spiffi schläft nicht mehr ganz so mustergültig wie noch vor kurzem, und ich kann nur dankbar sein, dass ich tatsächlich den Großteil meiner nächtlichen Aktivitäten am nächsten Morgen vergessen habe und die Fläschchen zählen muss, wenn ich wissen will, wie oft. Dann ist mir noch wieder eingefallen, dass ich diesmal tatsächlich so etwas wie eine Einnistungsblutung hatte - nur ein paar Tröpfchen, nicht weiter wild - und die waren so spät, dass ich schon dachte, das kann aber nicht sein: sieben Tage nach der Rückübertragung. Jetzt habe ich aber gelesen, dass das Zellhäufchen sich bis zu elf Tage nach der Befruchtung einnisten kann. Elf Tage kommen mir jetzt reichlich unwahrscheinlich vor, aber andererseits ist es auch ziemlich unwahrscheinlich, gleichzeitig HPV, verschlossene Eileiter, Myome und Endometriose zu haben, und siehe da, alle paar Monate sitze ich um einen Stammtisch mit einem Haufen Damen, die das alle trotzdem haben. Das würde jedenfalls mehr als erklären, wieso letztes Mal noch nur eine Fruchthülle ohne spannenden Inhalt zu sehen war (das und der Nebel auf dem Ultraschallschirm). Also gut. Pro: Ich fühle mich schwanger, und es wäre so nett, wenn ich es wirklich wäre. Contra: das wäre zu schönes Idiotenglück, der nicht so dolle Ultraschall vom letzten Mal, ich bin 41 und eine Menge kann in jeder Minute seit dem positiven Test schiefgegangen sein.

Da hilft wohl wieder mal nur einatmen und ausatmen und warten.

Diese irre Menge von Ultraschalls für Kinderwunschpatientinnen macht das Leben jedenfalls nicht einfacher, inzwischen habe ich nach einer guten Untersuchung ungefähr fünf Stunden Gnadenfrist, bis ich mich wieder vor der nächsten grusele.

Inzwischen habe ich von Spiffi zu erzählen, dass es mit dem Essen schwierig ist, aber wir uns trotzdem keine Sorgen machen müssen. So lange die Leute ständig Sachen sagen wie "der wird aber mal größer als L. (1,96)" oder auch "Na, du wirst aber mal Holzfäller, nüing, min Dschong?" scheint es wohl nicht komplett schief zu laufen. Aber immer noch sind Fläschchen das, was er am liebsten mag. Gläschen sind bis auf wenige Glücksmomente meistens bäh, und die Hunde hatten selten so ein glänzendes Fell wie jetzt, wo sie täglich den Löwenanteil von zwei 1a Bio-Gemüsegläschen bekommen, die Spiffi nach dem ersten Löffel mit purem Abscheu von sich schiebt. Ich habe es auch schon mit einer Freestyle-Variante von Baby-led-weaning probiert, aber von weaning ist nicht viel zu merken, Spiffi zermatscht nur alles in seinen kleinen starken Holzfällerhänden und schmiert es mir ins Haar. Was er aber liebt und was immer geht, ist Mineralwasser, und zwar unbedingt mit Kohlensäure. Sobald in Sichtweite jemand eine Flasche Mineralwasser öffnet, robbt er blitzschnell auf denjeningen zu und sperrt hechelnd vor Gier den Schnabel auf. Gestern hat er zum ersten Mal erst selbst ein paar Schlucke genommen und dann mir die Flasche in den Mund geschoben, er war erst zufrieden, nachdem ich mindestens sieben Schlucke genommen hatte. Fast jeden Tag erzähle ich ihm von seinem vielleicht-wenn-alles-gut-geht Geschwisterchen, aber ich glaube, unter Geschwisterchen kann er sich noch nicht so viel vorstellen. Was vielleicht auch besser ist, wenn man bedenkt...

So. Zwanzig Minuten sind um. Mehr kann ich nicht verantworten. Das wäre ja wohl mal wirklich doof: Baby futsch und Job futsch an einem Tag.

Ich verspreche, ich sage kurz piep nach dem Ultraschall heute mittag.

Montag, 17. März 2014

Ich mach ja schon ich mach ja schon

Eine Stunde im Wartezimmer, dann der Ultraschall und dann im Schweinsgalopp und trotzdem jenseits von viel zu spät zurück an den Schreibtisch, dabei im Laufen schnell-schnell Anruf zuhause und SMS an Eltern, Schwester und Freundinnen, nachdem L. schon zweimal vergeblich auf die Mailbox gequatscht hatte (ich bin nämlich eine dieser Patientinnen, die im Wartezimmer tatsächlich ihr Handy ausmachen). SMSen im Rennen in der Innenstadt kann ich nicht empfehlen.

Egal: zu sehen gab es nicht so viel, eine Fruchthöhle (alles etwas neblig heute, warum auch immer) noch nicht mit gut erkennbarem Inhalt, entsprechend auch noch kein Herzschlag, aber laut Frau Doktor alles so, wie es soll, und sehr gut positioniert für den Rest des Weges. Nächsten Dienstag sehen wir hoffentlich mehr.



Die Vorher-und-Nachher-hoffentlich-immer-noch-Show

Ich kann nicht gut mit Entscheidungen zu einem festen Zeitpunkt in der Zukunft. Ich hasse das, wenn Showmaster blöd minutenlang herummoderieren, bevor sie endlich sagen, wer nach Hause muss und wer nicht. Dass die Entscheidung über das neue Glücksprojekt an einem Mittwoch Anfang Mai fallen wird und ich bis dahin nicht die geringste Chance habe, irgend etwas herauszufinden, macht mich schier irre. Ich lese bei Krimis oft das Ende zuerst (allerdings nicht unbedingt aus dem gleichen Grund wie Harry aus "When Harry met Sally"), und bevor ich mir einen wirklich spannenden Film ansehen gehe, lese ich auch da gerne nach, wie er ausgeht. Spannung ist für mich nichts Schönes.

Um zwanzig nach eins habe ich einen Termin zum Ultraschall, und es macht mich völlig verrückt, dass zwar jetzt schon fest steht, wie genau es um diese neue Schwangerschaft bestellt ist, dass ich aber hier stillsitzen (und mir Anzeigen für eine Fresszeitschrift ausdenken) muss und kein Weg daran vorbei führt, mich noch etwas zu gedulden. Könnte ich wenigstens rauchen! Andererseits sind das vielleicht die letzten zwei Stunden und zehn Minuten, in denen ich noch schwanger sein darf, und gleich ist der Spuk schon wieder vorbei. Und jetzt?

Jetzt würde ich wirklich, wirklich gerne vorblättern.

Samstag, 15. März 2014

Da ist sie wieder, die Vorfreude-Vorangst-Schizophrenie.

L. ist bockig. Vermutlich überfällt einen dieses Gefühl als gesunden Großstadtmann, wenn man Freitag Abends aus dem Fenster guckt und weiß, dass auch heute Abend wieder Zehntausende durch die Bars wandern, auf ihrem Weg seltsame und teilweise gleich wieder vergessene Abenteuer erleben und nicht nach Hause kommen, bevor der Morgen graut, während man selbst hier vergessen in der Vorstadt sitzt mit zwei Hunden, einem Baby und einer Frau, die grundsätzlich gerne um zehn in ihren Schlafanzug steigt und sich nach einem Gutenachtküsschen zu ihrem Krimi trollt und die neuerdings dazu übergegangen ist, das auch gerne schon um acht zu tun. Das ist doch kein Leben! Keiner versteht das besser als ich. "Ich will Champagner" sagt L. und starrt finster aus dem Fenster. Nicht, dass ihr euch übertrieben glamouröse Vorstellungen von unserem Lebensstil macht, aber tatsächlich liegt im Keller eine schöne Flasche, die seine Cousine hier mal vergessen und uns dann übereignet hat. "Mach doch" sage ich. Wenn es hilft? "Wobei -" sage ich, "Du könntest ihn auch für eine Gelegenheit aufheben, bei der er irgendwie mehr knallt. Zum Beispiel, wenn Frau B. - (die biestige alte Nachbarin mit der Mülltonnenfehde) - mal wieder im Garten ist, dann wirfst Du Dir den karierten Morgenrock über und gehst auf den Balkon und reißt die Flasche auf. Hm?"
"Jaja. Wenn ich schlau bin, mache ich alles genau wie Du. Ganz genau wie Du, mein Schnutzibutzi." knurrt L. und macht sich jetzt doch ein Bier auf.
Und ich steige mit meinem gemütlichsten Schlafanzug ins Bett, ziehe mir die Decke bis unter die Nase, greife nach meinem Kindle und weiß plötzlich genau, dass meine Idee nichts damit zu tun hat, Frau B. zu ärgern, sondern dass ich heimlich denke: Warte doch noch ein paar Tage, dann bin ich vermutlich schon wieder nicht mehr schwanger, und wir trinken ihn zusammen.

Es tut mir so leid, ich kann nicht anders. Ich tue schon alles, um die Hirnhälfte anzufeuern, die feste hofft und glaubt. Ich habe z.B. nach dem Vorbild von Holly von "Nothing but bonfires" einen klappernden Haufen großer MDF-Zahlen gekauft und (mit angehaltener Luft und im Freien, klar) türkis angesprüht, damit mache ich jetzt jede Woche ein Foto für mein Schwangerschafts-Tagebuch. Auch eine Null ist dabei und zwei Dreien, so dass ich scheinbar zumindest theoretisch davon ausgehe, dass ich irgendwann im zweistelligen Wochenbereich und sogar in die Dreißiger komme. Ich habe auch jetzt schon Schwangerschaftsvitamine bis Woche 13 und genug Wunderöl, um einen Drillingsbauch streifenfrei bis ins Ziel zu bringen. Aber obwohl ich schon einmal erlebt habe, dass unwahrscheinlicherweise tatsächlich auch aus meinem Fusselbauch ein Baby kommen kann, gewinnt meistens die andere Hälfte. Montag ist der Ultraschall, und ich gehe mit extrem gemischten Gefühlen da hin. Ich wollte, ich wäre anders, aber das ist wohl das, was eine Fehlgeburt mit einem macht. Immer noch nicht schwangere Abkürzungsdamen müssen auch nicht wütend werden, ich hänge nicht müffelnd und schniefend auf dem Sofa herum, ich freue mich schon und freue mich noch viel mehr, wenn wir irgendwann in sichereres Fahrwasser kommen, ich weiß auch, was ich vier Jahren Kinderwunschbehandlung schuldig bin und dass ein Positiv und Woche 5 plus irgendwas jetzt schon ein Traum ist, aber irgend etwas bringt mich eben auch dazu, L. dazu zu bringen, die Flasche noch ein paar Wochen zu zu lassen.
Bier schmeckt ihm außerdem fast genau so gut. Und einsamer Champagner ist fast noch trister als Kräutertee am Freitag Abend.

Montag, 10. März 2014

Ein Reproduktionsmediziner ist heimlich in mein Schlafzimmer geschlichen und hat mir eine Einnistungsspritze ins Hirn gejagt.

Wie konnte das so schnell gehen? Und so ohne Handbremse? Wo ich das doch kenne und weiß, was passieren kann und gar nicht mal so unwahrscheinlich ist? Noch am Tag des Tests habe ich zwar hochleistungsgehofft, aber hatte auch immer noch die Zügel fest in der Hand. Ich dachte wirklich, wenn es nicht klappt, dann sind wir traurig, aber es wäre doch auch fast schon albern gewesen, gleich beim ersten Versuch nach Willie schon wieder schwanger zu werden. Ich dachte außerdem an meinen großen Sommerurlaub, der schon jetzt alle Dimensionen sprengen muss, um meinen drei urlaubsfreie Jahre lang gepflegten Phantasien gerecht zu werden. Und an das nächste Projekt, das vielleicht gar nichts wird, vielleicht aber auch doch, und das zwar auch schwanger zu machen ist, aber dann eben mit deutlich mehr Ächzen und Schwitzen. (Nein, ich habe mich nicht für den New York Marathon im November angemeldet. Witzbolde.) Ich dachte, wenn nicht, dann nicht, und wir gehen hocherhobenen Hauptes, wenn auch vielleicht mit einem blauen Auge und leicht hinkend aus der Nummer hervor. Und jetzt? Donnerstag war der Test. Freitag, Samstag, Sonntag, Montag. Irgendwann in dieser Zeit muss das mit der Einnistungsspritze passiert sein. Denn jetzt sitzt das kleine Biest schon bombenfest. Das heißt, ich hoffe, er sitzt tatsächlich bombenfest in meiner Gebärmutterschleimhaut und wächst, in meinem Hirn hat er sich nämlich schon eingegraben, eine funktionierende Nabelschnur entwickelt und die ersten kleinen Tritte spüren lassen. Wie kann das diesmal so schnell gehen? Habe ich letztes Mal auch in Woche vier mit dem Zellhäufchen gesprochen? Und wie komme ich dazu, mich schon jetzt mit stinketeuren Schwangerschaftsvitaminen bis Woche 12 einzudecken? Lerne ich es denn nie? Und was macht diese Familienpackung Nuxe-Wunderöl für den Bauch auf meinem Badezimmerschrank, wo ich noch eine angebrochene Flasche habe, mit der ich locker die nächsten drei Wochen überstehen kann?

Vielleicht ist es eine Eileiterschwangerschaft. Vielleicht ist es auch schon gar keine Schwangerschaft mehr. Oder es ist eine, die gerade lang genug hält, um mir ernsthaften Schaden zuzufügen, wenn sie geht. Vielleicht ist etwas sehr, sehr Wichtiges verkehrt mit diesem kleinen Zellhäufchen. Vielleicht... und hier sitze ich und diskutiere mit mir über Namen. Und darüber, ob wir das gleiche Ikea-Bett dann wohl nochmal kaufen würden oder lieber das andere. Ich schiele auf dem Hundespaziergang neugierig nach Zwillingskinderwagen und überlege, ob sich da so ein Rollbrettchen für Willi anbringen lassen würde. Ehrlich, ich hab sie doch nicht mehr alle. Und L., der ewige Bremser bei Willi, ist diesmal auch keine große Hilfe. "Was hältst du von Pauline?" Ach, jetzt schon viel zu viel.

Sonntag, 9. März 2014

Wir können nicht alle Sophia Loren sein.

Aber nicht nur in meinem Bauch wächst jemand, nein, Nigel ist ja auch noch da! Viele Mütter werden die Stirne darüber runzeln, dass Nigel immer noch Brei aus Gläschen bekommt. Ich war irgendwann zu der Ansicht gekommen, dass ich mich absolut nicht dazu aufraffen kann, babygerechte Nahrung zuzubereiten, die doch eigentlich nur aus zwei pürierten Gemüsen und sonst nix besteht. Trotzdem hielt sich hartnäckig die miese Stinkwanze im Kopf, die von Zeit zu Zeit giftig zischte: "Aber eine GUTE Mutter würde es trotzdem tun. Sie würde auf den Kilometer entfernten Biomarkt fahren und liebevoll das schönste Gemüse der Saison auswählen, dann ein Stückchen Biopute einwickeln lassen und zuhause ans Werk gehen, und wenn der kleine Nigel das dann nicht isst, dann würde sie es milde lächelnd den Hunden geben. 'Da, ihr Racker, lasst es euch schmecken!'. Und am nächsten Tag wieder von vorne. Aber tja, so eine gute Mutter bist du dann wohl scheinbar nicht..."

Allerdings tja... ich jedenfalls habe in den letzten Wochen so ziemlich jedes Biogläschen von Alnatura durchprobiert, das zu Nigels Alter passt, die süßen und die sal... nach gar nichts schmeckenden. Ich habe sogar ein kleines, leinengebundenes Büchlein, das eigentlich mal für andere Zwecke gedacht war, der Aufgabe gewidmet, zu protokollieren, was ihm schmeckt und was nicht. Es zeigte sich, dass ich natürlich protokollieren kann, so viel ich will, dass sich aber trotzdem keine Regel erkennen lässt. Was er vor drei Tagen noch bis auf den letzten Friemel verschlungen hat, spuckt er heute im hohen Bogen wieder aus. Kartoffeln, Pastinaken und Rindfleisch z.B. steigen und fallen in der Gunst im 24-Stunden-Takt.

Gestern habe ich zum ersten Mal seit ziemlich langer Zeit mal wieder in den Blog von Wednesday Chef Luisa geguckt. Sie hat dort eine Rubrik, in der sie für ihren kleinen Sohn Hugo kocht. Und da fiel mir wieder ein, dass es mal etwas gab, was Pastina hieß: ein Italienischer Babyklassiker. Kleine, weiche Nudeln, in einem Schlupp vom eigenen Kochwasser, dazu ein bisschen Olivenöl und Parmesan. So einfach! Und Babys lieben das! Dann noch die Sonne draußen und die Schwangerschaft, ich war vor Glück und Tatendrang wie auf Droge. Um halb zehn hatte ich den gefütterten und gewickelten Nigel im Wagen sitzen und schob los Richtung Markt (nicht Bio, leider, so fein haben wir's hier nicht) und Supermarkt. Ich dachte, jetzt ist Schluss mit Gläschen, ab jetzt koche ich meinem kleinen Muckel zumindest an vier Tagen in der Woche eine einfache, köstliche kleine Mahlzeit! Mit Pastina fangen wir an, und bald röste ich Aprikosen im Ofen und gebe ihm die, oder ein bisschen Gemüse mit Olivenöl, das wird herrlich! Das ist der Beginne einer wunderbaren Reise, die uns demnächst dorthin führt, wo wir nebeneinander in der Küche stehen, er auf einem kindersicheren Tritt, und Seite an Seite Fleischbällchen für unsere Susi-und-Strolch-Pasta rollen.

Hm. Und dann hatte ich endlich die empfohlene De Cecco Babypasta gefunden, nach Hause gebuckelt und zubereitet, und die Reaktion war die gleiche wie auf Kartoffeln, Pastinaken und Rindfleisch an den ganz, ganz schlechten Tagen. Ein Blick, sorgfältig zusammengestellt aus reinem Vorwurf, Verständnislosigkeit, Enttäuschung, Wut, Ekel, Was-hab-ich-nur-verbrochen und Verachtung. Die Hunde saßen schon erwartungsvoll neben dem Hochstuhl, und sie mussten nicht umsonst warten. Dann gab es Hirse-Banane-Apfel aus dem Glas, und die Welt war wieder in Ordnung.

Wieder mal hat meine Küchengöttin Nigella Recht, Recht, Recht: wer Lust hat, für sein Baby zu kochen, soll das unbedingt machen. Wer ab und zu Lust hat, soll es ab und zu tun. Aber niemand sollte das machen, wenn es das Stresslevel von Normaler Wahnsinn mit Baby noch steigert. Denn es besteht eine ziemlich realistische Chance, dass das Baby keine Lust auf das liebevoll gekochte Gemansche hat, und dann sitzt man da, und das sonnige italienische Mama-Lächeln gefriert einem im Gesicht. Und nachdem ich jetzt schon so oft gelesen habe, was Babys schon alles spüren und mitkriegen, kann ich mir nicht vorstellen, dass das gut für eine gesunde Beziehung zum Essen ist: "Owei, wenn ich meine Pastina nicht esse, ist Mama ganz, ganz traurig, will aber nicht, dass ich das merke."

Also, weiter Gläschen, und wenn es mich packt, wieder ein Kochversuch. Wer weiß? Vielleicht ist heute der Tag für Pastina?

Samstag, 8. März 2014

Wie die Karnickel.

Hab ich euch schon mal erzählt, dass ich als Schulkind mal drauf und dran war, pfeifend vor einen heranrasenden Krankenwagen zu spazieren, der aus unerfindlichen Gründen mit Tempo 80 über die rote Ampel unterwegs war und keine Sirene anhatte, und ein fremder Mann, an dessen Gesicht ich mich noch nicht mal mehr erinnern kann, mich hinten am Griff meines Scout-Ranzens packte und zurückzog?
Oder, wie oft ich schon fast mit dem Auge in einen spitzen Ast gerannt bin? Oder, wie oft ich schon aus großer Höhe und kopfüber gefallen bin und mir dabei nie mehr geholt habe als Nasenbluten und ein paar Sternchen vor den Augen? Oder die unzähligen Sprünge nachts in unbekannte Gewässer, die nicht mit Querschnittslähmung endeten, sondern mit... einfach gar nichts? Oder, wie ich einmal allein im Wald spazieren war und ein fremder Mann mir nachlief, und wie ich dem einfach weggerannt bin und er es nicht geschafft hat, mich einzuholen? Eine Viertelstunde lang? Bis ich an ein Dorf kam und in Sicherheit war? Oder wie oft ich schon nachts allein in meiner Nuckelpinne unterwegs war und dank meiner endlässigen und längst ausgestiegenen Freunde einen fremden Tramper mit an Bord hatte, der mir nichts getan hat, sondern einfach friedlich ausgestiegen ist und sich bedankt hat? A propos Nuckelpinne: von den zahlreichen Unfällen, die ich ohne einen Kratzer überstanden habe? Von den... ach, von den hunderten anderer Gelegenheiten, bei denen ich unfassbares Glück hatte?

Und jetzt bin ich schwanger. Schon wieder. Vielleicht bleibe ich es sogar, wer weiß? Vielleicht bekommt mein IVF-Wunderkind noch eine Wunderschwester oder einen Wunderbruder. Wenn ich kein Glückskind bin, dann weiß ich es nicht.

Liebe Abkürzungsdamen, 2014 ist ein gutes Jahr für Abkürzungsbabys. Ganz bestimmt! Vielen Dank für all die reizenden Kommentare. Wenn ihr nur einen Bruchteil so viel Glück habt wie ich, dann klappt das doch jetzt hoffentlich?

Ich kann es immer noch nicht fassen. Es fühlt sich die ganze Zeit so an, wie vermeintlich an einem Montag aufzuwachen, und dann plötzlich zu merken, dass Sonntag ist. Und zwar der erste Sonntag der langen, langen Sommerferien. Irgend etwas Besonderes muss ich doch jetzt tun? Sieben Blumensträuße über das Haus verteilen? Kuchen für die Nachbarn backen, auch für die garstigen, mit denen wir immer diesen bescheuerten Ärger um die Mülltonnen haben? Vorerst feiere ich den Tag mit einer Tasse Tee und damit, Rasmus dabei zu beobachten, wie er sonnigster Laune mit seinem Holzdackel spielt und dazu pffff-brwwww macht. Und sich auf Gesellschaft freut.

Freitag, 7. März 2014

Nicht schlecht für Unfruchtbar.

Positiv.

Ist das zu fassen? Ich finde nicht.

Ausnahmsweise verschlägt es mir mal die Sprache. Morgen sicher mehr. Vielen Dank für's Mitfiebern, Hoffen und Glückwünschen!

Donnerstag, 6. März 2014

Tiiiiiief durchatmen.

Liebe Abkürzungsdamen, tausend Dank für's Daumen drücken, aber ich fürchte, wir müssen uns bis morgen gedulden. Zwar war ich heute beim Test, aber weil ich zusammen mit meiner bei uns zauberhafter- und aushilfsweise babysittenden Mutter das Haus verlassen habe, war ich zu spät dran für ein Ergebnis noch heute. Letztes Mal kam der Anruf auch erst (wenn ich mich richtig erinnere) nach 17:00, also reicht es bequem aus, wenn wir morgen nachmittag wieder anfangen, zu hyperventilieren. Sage ich mir jetzt jedenfalls gebetsmühlenartig.

Genau so gebetsmühlenartig wie dass es nichts zu bedeuten haben muss, dass ich noch nicht meine Tage habe. Die eigentlich Dienstag spätestens fällig gewesen wären.

Einatmen, ausatmen.
Die 24 Stunden Warteschleife packen wir jetzt auch noch, oder?


Montag, 3. März 2014

Einerseits, andererseits.

Einerseits ist mir immer mal wieder für zwei Minuten schlecht. Manche Lebensmittel schmecken mir gerade nicht so, wie sie sollten. Und morgens unter der Dusche greife ich gerade lieber zum Honigduschgel, das eigentlich für's Gesicht gedacht ist, als zu meinem sonst heißgeliebten Pfefferminzduschgel.
Andererseits rumort es seit gestern mittag dumpf in meinem Bauch, und was das zu bedeuten hat, weiß ich eigentlich schon ganz gut. Es wäre einfach nur Idiotenglück, wenn es jetzt beim ersten Schuss klappt. Es ist gegen jede Statistik. Und ich werde das Gefühl nicht los, es wäre ungerecht - jetzt sind erst mal andere dran. Auch wenn, das müsst ihr mir gar nicht erst erzählen, Kinderkriegen weiß Gott nichts mit dran sein zu tun hat, sonst könnten die meisten von Euch wohl längst aufhören mit der Spritzerei.

Ich werde mich wohl gedulden müssen bis Donnerstag, es sei denn, mein Knallbauch sendet mir vorher ein eindeutiges Signal.

Und ich hätte das nicht gedacht, obowhl ihr mich gewarnt hattet, aber ich bin inzwischen haargenau so aufgeregt wie früher.
Und dass ich die nächste und nähere Zukunft nur so vollgerümpelt habe mit lauter Dingen, die unschwanger irgendwie unkomplizierter sind, ändert überhaupt nichts daran.