Samstag, 29. Januar 2022

Tada.

Und einfach so...

Auf meiner Hochzeit lief ein von Freunden zusammengeschnittenes Video mit Bildern meines Lebens zur Musik von Sex and the City. Ich kann alle Folgen mitsprechen und will sie trotzdem immer wieder sehen. Ich habe alle Staffeln in Form der Video-Äquivalente von Schellackplatte, LP, Cassette, Minidisc und CD. Ich habe mich in den letzten Jahren ich weiß nicht wie oft in die Bresche geworfen, wenn wieder irgendein Schlaumeier Sex and the City-Bashing für sich entdeckt hatte. Ich brabbele und fauche manchmal laut vor mich hin, wenn ich mit Podcast im Ohr durch die Stadt laufe, aber noch nie so laut und fauchig wie damals, als Ijoma Mangold und Lars Weisbrod Sex and the City diskutiert haben wie zwei alte Kenner und dabei vor allem Ijoma Mangold so viel uninformierten, nicht durchdachten Mist geredet hat - (ein Beispiel: die Vier daten nur Männer mit Geld. Was ist mit Steve? Was ist mit Smith? Was ist mit Aidan? Was ist mit Burger? Was ist mit… ach komm.) Wer mich damals auf der Straße getroffen hat, muss gedacht haben, so klingt Irrsinn. Aber nein, so klingt Begeisterung und Treue für eine Serie, die auch ein ziemlich merkwürdiger zweiter Film nicht töten konnte. Ich bin ein Fan! (Das schreiben Kommentatoren gerne, bevor sie einen echten Tiefschlag landen, um damit anzumoderieren, dass hier gleich friendly fire kommt. Schon fire, aber eben friendly.)

Und darum wird mich niemand dabei erwischen, And Just Like That richtig mies zu finden. Ich habe bisher noch in jeder Folge schöne Momente gehabt. Und ich habe immer noch Hoffnung. Und ich werde natürlich weiterhin jeden Donnerstag meinen Tag so planen, dass ich auf jeden Fall die neue Folge gucken kann, sobald es sie bei Sky Ticket gibt. Man könnte sogar absofuckinglutely sagen, ohne And Just Like That (und Succession, ok) hätte ich kein Sky Ticket. Aber ich habe Anmerkungen. Achtung, ab hier wird

gespoilert!!!!!


Warum lässt die Serie neuerdings Miranda so im Stich? (Frage ich als jemand, der immer zu mindestens 50% eine Miranda war und jetzt am liebsten 0% Miranda wäre). Wieso ist sie neuerdings so ein unsicheres, sich um Kopf und Kragen plapperndes, nervöses Hascherl? Wann war noch mal der Muslim Ban? Der war für sie ja der Anlass, sich neu als Menschenrechts-Anwältin zu erfinden. Das ist doch Jahre her, vorher war sie Partner in einer tollen Kanzlei, wieso stolpert sie jetzt noch so handgebatikt in neue Vorlesungen und ist nicht längst voll in Fahrt? Wieso soll sie plötzlich keine Ahnung mehr von Technik haben oder wie man sich benimmt? Und was ist das mit diesem Zaunpfahl-Alkoholproblem? Wenn das ein Thema ist, wieso nicht ordentlich? Ich kann mich an keine einzige Szene aus sieben Staffeln SatC oder den Filmen erinnern, in der sie richtig blau oder schrecklich verkatert war oder irgend etwas Alarmierendes (außer ein Buch über’s Aufhören zu bestellen) getan hätte, das mit Alkohol zu tun hatte. Frage ich mich als jemand, der inzwischen seit mehr als anderthalb Jahren nicht mehr trinkt und bestimmt ein Herz für das Thema hat. Und wieso darf Charlotte plötzlich fast nur noch dusselig sein? Die Süße, sie hatte immer ihre Augenroll-Momente, aber dazwischen durfte sie immer wieder zeigen, was sie wirklich drauf hat. Und welche Sorte Stand-Up-Comedy soll das denn gewesen sein? Und das in New York vor einer tobenden Menge! Was daran hat eigentlich Miranda so aufgepeitscht? Was war neu und inspirierend? Hat sie nicht nur keinen Kindle, sondern auch kein Instagram und keinen Zugang zu einer Zeitung? Genau so wenig wie die anderen Fans im Publikum? Und wieso quält sich Carrie mit diesem Podcast, der einfach nicht ihr Ding zu sein scheint, und macht nicht einen eigenen, viel besseren auf? Wieso kuscht sie so und lässt sich so reinquatschen von Che? Ihre alte Kolumne war nie das Highlight der Folgen, aber immer noch um Meilen besser als alles, was ich bisher von den anderen beiden Podcast-Superstars gehört habe. Ich will sehen, wie die verbliebenen Drei rausgehen und es der Welt zeigen und nicht immer so defensiv herumwurschteln wie schüchterne Anfänger, die gerade erst in der Stadt angekommen sind. Kommt das bitte noch? (War nun gar nicht so schlimm mit Spoilern.)


Damit zurück nach Hamburg. Ich sitze hier mit der fettesten Erkältung seit Monaten. Hoffe ich, gleich habe ich meinen Mut zusammen genommen, einen Test zu machen, der hoffentlich negativ ist. Heute um zehn steigt meine Mutter in einen Zug, der um halb drei in Hamburg ankommt, und dann fährt sie morgen mit meiner Tochter wieder ab. Und übermorgen soll ich endlich in die Klinik einrücken. Die reagieren aus irgendwelchen Gründen nicht auf Emails, und Gott weiß, ich hab einige davon geschrieben in den letzten Monaten, telefonisch kann man sie nämlich auch nicht erreichen. Hoffentlich existiert die Klinik tatsächlich und ist keine Briefkastenklinik, Haha. Aber ich gehe mal davon aus, dass Corona-Positive Patienten draußen bleiben müssen. Wenn das passiert, weiß ich nicht, was ich tue, denn ich lebe jetzt seit Mai in einem inneren Adventskalender auf diesen Tag hin. Einem Adventskalender mit echt wenig Schokolade. Diese Metapher hinkt, aber mir fällt gerade keine bessere ein. Und jetzt hilft es wohl nichts mehr, ich muss den Test machen. Bleibt ihr dran? (Mann, ist das lange her, dass es in diesem Blog um einen Test ging.)

Samstag, 1. Januar 2022

Sowas wie ein Vorvorsatz.

Man wird nicht 48, ohne wenigstens ein paar winzige Erkenntnisse über sich zu gewinnen. Hier sind zwei von mir über mich: ich liebe Vorsätze. Aber ich halte sie fast nie ein.

Das mit dem Alkohol ist eine Ausnahme, die mich bis heute erstaunt. Davon abgesehen ist fast alles, was ich mir noch so ernsthaft vornehme, normalerweise doomed. Mein Leben ist voller liegengebliebener Ideen für Filme und Bücher, und meine Kochbücher sind voller Eselsohren und Post-Its an Rezepten, die ich bestimmt jetzt bald unbedingt ganz dringend kochen will. Auf meinem Telefon wimmelt es von Apps, die genau auf solche Susies wie mich zugeschnitten sind - Appgewordene gute Vorsätze. Daily Yoga! Genau. Einmal, vor vielen Jahren (pre-App-Ära) hatte ich mir sogar mal ein Haushaltsbuch gekauft. Eine krassere Fehleinschätzung meiner eigenen Persönlichkeit lässt sich kaum denken. (Und genau deshalb, dachte ich damals, bestrafe ich mich jetzt für meine fusselige Geldausgeberei mit dieser Hausaufgabe aus der Hölle.) Dann war da die Zeit, als ich einen selbstgemalten Plan am Kühlschrank kleben hatte: Montags Wäsche. Dienstags: Bad putzen. Mittwochs: Betten frisch beziehen. Donnerstags usw. usf., hat nicht funktioniert.

Meine Fehler machen mich nervös, ich bin nun mal so ein Schuld-Typ. Und Vorsätze verschaffen mir für den Moment Frieden. Das klingt jetzt grauenvoll und negativ, aber es funktioniert auch im Positiven, in finsteren Momenten wärme ich mich an meinen Vorsätzen schön auf: ich male mir ein Leben aus, in dem ich Montags schon weiß, was ich Donnerstags koche, und nur einmal in der Woche einkaufen gehen muss, und auf einmal ist das ganze Gerenne und Gekaufe und Gemache, um Mahlzeiten auf den Tisch zu bringen, auf die niemand Lust hat, nicht mehr ganz so schlimm. Ich kaufe mir ein Yogapolster aus der Lebenshilfe-Werkstatt und fühl mich gut, und wenn das nächste Mal der Rücken weh tut, dann stelle ich mir vor, wie geschmeidig ich sehr bald sein werde.

Warum können nicht alle meine Vorsätze so gut fluppen wie Alkohol? Wo ist der Unterschied? (Nein, keine Angst, ein paar Erinnerungen aus der Abkürzungszeit sind nicht abzuschütteln, und von daher werde ich niemals - weder zu anderen noch zu mir selbst - sagen, etwas würde darum schief gehen, weil man es eben “nicht genug will”, dummschlauen Gesichtsausdruck kann man sich dazudenken.)

Ich steige nicht dahinter. Aber ich hab mir etwas überlegt, ehrlich gesagt gerade eben: vielleicht versuche ich es ja in den nächsten Wochen mal damit, mich nicht wirkungslos an meinen Fehlern aufzureiben, sondern mich ein bisschen mehr auf meine Stärken zu werfen. Und in einer tristen, kurmeligen, ziemlich verfahrenen Mist-Zeit in meinem Leben nicht aus irgendwelchen Gründen anzufangen, doch noch das Stricken zu versuchen (konnte ich noch nie, werde ich nie können, lass gut sein, und ja, das klingt bekloppt - aber genau so bekloppt könnte ich tatsächlich sein, zuzutrauen wäre es mir), sondern etwas zu machen, das ich wirklich machen will und machen kann und das dann eben ein bisschen besser. Meine Vorsätze sind oft reiner Eskapismus. Den kann ich gerade nicht brauchen. Das ist also mein Vorsatz dieses Jahr: nur noch Vorsätze vor meinen Karren spannen, die mich an Orte bringen, an denen ich sein will. Wo es schön ist und warm und ein frisches Lüftchen weht.

Und uns allen - ich schreibe uns allen in der Hoffnung, dass hier überhaupt noch eine mitliest, bei der Frequenz meiner Posts muss ich sagen: Hut ab vor so viel Ausdauer und Beharrlichkeit, davon hätte ich gerne etwas ab - wünsche ich, dass wir in diesem Jahr lernen, zu merken, welche Vorsätze das tun und welche nicht. Habt es gut, bleibt gesund und bis hoffentlich bald.