Man wird nicht 48, ohne wenigstens ein paar winzige Erkenntnisse über sich zu gewinnen. Hier sind zwei von mir über mich: ich liebe Vorsätze. Aber ich halte sie fast nie ein.
Das mit dem Alkohol ist eine Ausnahme, die mich bis heute erstaunt. Davon abgesehen ist fast alles, was ich mir noch so ernsthaft vornehme, normalerweise doomed. Mein Leben ist voller liegengebliebener Ideen für Filme und Bücher, und meine Kochbücher sind voller Eselsohren und Post-Its an Rezepten, die ich bestimmt jetzt bald unbedingt ganz dringend kochen will. Auf meinem Telefon wimmelt es von Apps, die genau auf solche Susies wie mich zugeschnitten sind - Appgewordene gute Vorsätze. Daily Yoga! Genau. Einmal, vor vielen Jahren (pre-App-Ära) hatte ich mir sogar mal ein Haushaltsbuch gekauft. Eine krassere Fehleinschätzung meiner eigenen Persönlichkeit lässt sich kaum denken. (Und genau deshalb, dachte ich damals, bestrafe ich mich jetzt für meine fusselige Geldausgeberei mit dieser Hausaufgabe aus der Hölle.) Dann war da die Zeit, als ich einen selbstgemalten Plan am Kühlschrank kleben hatte: Montags Wäsche. Dienstags: Bad putzen. Mittwochs: Betten frisch beziehen. Donnerstags usw. usf., hat nicht funktioniert.
Meine Fehler machen mich nervös, ich bin nun mal so ein Schuld-Typ. Und Vorsätze verschaffen mir für den Moment Frieden. Das klingt jetzt grauenvoll und negativ, aber es funktioniert auch im Positiven, in finsteren Momenten wärme ich mich an meinen Vorsätzen schön auf: ich male mir ein Leben aus, in dem ich Montags schon weiß, was ich Donnerstags koche, und nur einmal in der Woche einkaufen gehen muss, und auf einmal ist das ganze Gerenne und Gekaufe und Gemache, um Mahlzeiten auf den Tisch zu bringen, auf die niemand Lust hat, nicht mehr ganz so schlimm. Ich kaufe mir ein Yogapolster aus der Lebenshilfe-Werkstatt und fühl mich gut, und wenn das nächste Mal der Rücken weh tut, dann stelle ich mir vor, wie geschmeidig ich sehr bald sein werde.
Warum können nicht alle meine Vorsätze so gut fluppen wie Alkohol? Wo ist der Unterschied? (Nein, keine Angst, ein paar Erinnerungen aus der Abkürzungszeit sind nicht abzuschütteln, und von daher werde ich niemals - weder zu anderen noch zu mir selbst - sagen, etwas würde darum schief gehen, weil man es eben “nicht genug will”, dummschlauen Gesichtsausdruck kann man sich dazudenken.)
Ich steige nicht dahinter. Aber ich hab mir etwas überlegt, ehrlich gesagt gerade eben: vielleicht versuche ich es ja in den nächsten Wochen mal damit, mich nicht wirkungslos an meinen Fehlern aufzureiben, sondern mich ein bisschen mehr auf meine Stärken zu werfen. Und in einer tristen, kurmeligen, ziemlich verfahrenen Mist-Zeit in meinem Leben nicht aus irgendwelchen Gründen anzufangen, doch noch das Stricken zu versuchen (konnte ich noch nie, werde ich nie können, lass gut sein, und ja, das klingt bekloppt - aber genau so bekloppt könnte ich tatsächlich sein, zuzutrauen wäre es mir), sondern etwas zu machen, das ich wirklich machen will und machen kann und das dann eben ein bisschen besser. Meine Vorsätze sind oft reiner Eskapismus. Den kann ich gerade nicht brauchen. Das ist also mein Vorsatz dieses Jahr: nur noch Vorsätze vor meinen Karren spannen, die mich an Orte bringen, an denen ich sein will. Wo es schön ist und warm und ein frisches Lüftchen weht.
Und uns allen - ich schreibe uns allen in der Hoffnung, dass hier überhaupt noch eine mitliest, bei der Frequenz meiner Posts muss ich sagen: Hut ab vor so viel Ausdauer und Beharrlichkeit, davon hätte ich gerne etwas ab - wünsche ich, dass wir in diesem Jahr lernen, zu merken, welche Vorsätze das tun und welche nicht. Habt es gut, bleibt gesund und bis hoffentlich bald.