Freitag, 31. Dezember 2010

Preview auf Silvester mit 70

Dieses Silvester wird anders als alle anderen, das steht jetzt schon fest. Erstens ist es das erste Silvester in der eigenen Hütte. Zweitens ist es das erste Silvester mit Lili. Drittens - und das ist fast das Wildeste daran - ist es das erste Silvester, das nur L. und ich zusammen feiern (na gut, und Lili). Außerdem steht jetzt schon fest, dass morgen der erste erste Januar seit ca. 20 Jahren sein wird, an dem ich vollkommen unverkatert und frisch wie ein Apfel aufwachen werde (bei mir fängt der Kater schon nach zwei Gläsern Wein an und steigert sich mit jedem weiteren Schluck zu sensationellen Rekordwerten) - abgesehen von der dicken Erkältung, mit der ich mich jetzt seit zwei Tagen durchs Bett wälze und die ein guter Grund ist, heute Abend außer einem zeremoniellen Gläschen alles stehen zu lassen, das kein Kräutertee ist. (Spätestens jetzt rächt es sich, dass ich mich noch nie für warme Getränke mit Alkohol begeistern konnte.) Das wird vermutlich dazu führen, dass meine Vorsätze dieses Jahr weder etwas mit Alkohol noch mit Zigaretten zu tun haben, ein ordentlicher Kater hat mich da oft zu etwas drastischen Beschlüssen verleitet.
Dieses Silvester wird so dermaßen ruhig sein, dass ich nicht dafür garantieren kann, um Mitternacht überhaupt noch wach zu sein. Und ich kann mir nicht helfen, ich find's gut. In den letzten Jahren habe ich so oft den ersten Januar damit verbracht, die Partyreste vom Vortag zusammenzukehren und mit acht Fuhren Altglas zum überquellenden Container zu schleppen, nur um hinterher festzustellen, dass doch viel weniger Chili übrig geblieben war als gehofft. Die Partys waren immer schön, und niemand hat mich mit Peitschen und glühenden Zangen gezwungen, sie zu veranstalten. Aber dieses Jahr bin ich so froh, dass ich mich nicht mit Wick Daymed in einen Zustand drogen muss, in dem ich imstande bin, die Handwerker-geschädigte Wohnung in Schuss zu bringen, noch viermal zu Edeka zu flitzen, Chili zu kochen und heute Abend acht Stunden lang in High Heels Getränkenachschub zu organisieren. Ich darf erkältet sein, mir auf dem Rechner Videos angucken, Krimis lesen, Tee trinken und mich mit einer Wolke aus benutzten Taschentüchern umgeben. Und nächstes Jahr dann wieder so wie immer.

Was gibt es sonst noch? Wir können wieder duschen. Das heißt nicht, dass das Bad fertig ist, oh nein! Das heißt nur, dass die Fliesen an den Wänden und auf dem Boden sind und die Dusche montiert ist. Im Moment haben wir davon abgesehen nur eins von zwei Waschbecken (das andere hat Lili kaputt gemacht, das süße kleine Fellbündelchen), und die gekauften Waschbeckenarmaturen sind Schrott und konnten so nicht angeschraubt werden. Und Spiegel, Handtuchhalter, Haken, Seifenschalen und Klorollenhalter sind auch noch nicht montiert, und ich trau mich nicht, an die nagelneuen Prachtfliesen die Bohrmaschine anzusetzen aus Angst, dass dann alles in sich zusammenfällt. Jetzt müssen also nächste Woche, wenn die Ersatzteile da sind, noch mal die Handwerker hier rein, aber mit Glück bin ich dann auf der Arbeit, und davon abgesehen will ich gar nicht meckern, denn es ist so ein großartiges Gefühl, in seinem eigenen Haus und umgeben von seinen eigenen Shampoos und Spülungen nackt unter warmem Wasser zu stehen und keine Angst zu haben, dass jede Sekunde ein fröhlicher Fliesenleger hereinkommt. Fast genau so schön ist das Gefühl, dass das nächste funktionierende Klo nur wenige Schritte vom Schlafzimmer entfernt ist und man dort bei über 5° seine Geschäfte erledigen kann. Allein schon dafür müssten wir eigentlich eine Wunderkerze anzünden, und genau das werden wir heute Abend wohl auch tun.

Freitag, 24. Dezember 2010

Dreißig Haselnusskekse für Hormonbrödel

Als ich gestern in der Bahn zu meinen Eltern saß, war ich umgeben von Menschen, die wild entschlossen waren, auf dieser Fahrt etwas zu erleben. Gut, am Ende hatten wir nach fünf Stunden Fahrt eine Stunde Verspätung, weil wir in jedem einzelnen Bahnhof mehrere ICEs durchlassen mussten. Aber davon abgesehen war die Fahrt so normal, wie man sich das nur vorstellen kann. Alle hatten Sitzplätze. Niemand wurde angebrüllt oder verletzt. Der Strom fiel nicht aus. Die Gleise waren nicht blockiert, die Oberleitungen nicht beschädigt, die Selbstmörder hatten sich entschlossen, noch einen Tag zu warten. Wir saßen warm, trocken und mit ausreichend Verpflegung und Lektüre in einem Zug, in dem jedes einzelne Klo für den Publikumsverkehr offen stand. Trotzdem wurde gekeift nach Leibeskräften. Neben mir saß eine Frau, die jedes Mal, wenn ich das Buch sinken ließ, sagte "Aaaaain Glück hab ich reserviert, das muss man sich mal vorstellen!" und sich vielsagend in dem Waggon, in dem es noch mindestens drei freie Plätze gab, umguckte. Auf der anderen Seite des Ganges saß ein Mädchen mit seinen Büchern und seinem Rechner, auf dem sie sich Filme ansah, und telefonierte. Sie telefonierte mit sieben verschiedenen Menschen, und jedem davon sagte sie, das hier wäre "echt ne Höllenfahrt". So ist das wohl, wenn man erwartet, dass es jetzt so richtig fies wird, dann empfindet man das, was kommt, auch als fies. Womit wir wieder mal beim Thema IVF wären.

Und schwupps, auch schon wieder davon weg.

Dieses Jahr feiere ich Heiligabend zum ersten Mal seit drei Jahren ohne L.
Schuld ist der Schnee. Es wäre bei diesen Wettervorhersagen einfach nur bescheuert gewesen, wenn wir uns mit Hund ins Auto oder in die Bahn gezwängt hätten (mit gezwängt meine ich gezwängt, wir fahren Zweisitzer, und der Hund wird zwischen meinen Füßen zu einem Fellwürfel gepresst), um uns auf die 650 km lange Fahrt zu meinen Eltern zu machen. Weil wir aber nun mal den Deal haben, Weihnachten abwechselnd bei L.s Familie und bei ihnen zu verbringen und dieses Jahr auch sonst alles ein bisschen anders ist, hätten wir nicht beide wegbleiben können. Also bin ich allein in die Bahn gestiegen, in der sicheren Gewissheit, dass L. das genau so meint, wenn er sagt, dass wir eben dieses Jahr Heiligabend am 25. feiern. Das ist eine seiner zahllosen guten Eigenschaften. Und so machen wir das jetzt. Heute sitze ich hier, hoffe, nicht den Moralischen zu kriegen, starre nach draußen in den Schnee und pule mir Haselnussstückchen aus den Zähnen. Den Baum haben wir auch schon geschmückt, meine Geschenke sind eingepackt, und mit Glück sind sogar die Kinderkostüme (Hai, Kroko und Tiger) für die Kinder meiner Cousinen angekommen.

Womit wir wieder bei IVF wären (nein, nicht meine Cousinen!). Und auch gleich wieder weg. Weihnachten ist meiner Meinung nach irgendwie nicht der Tag dafür.

Liebe Abkürzungsdamen, ich wünsche allen ein fabelhaftes Fest ohne zu viele kalte Stellen und blöde Fragen. Und wisst ihr, was das Tolle an diesem Hormonschlamassel ist, in das wir da geraten sind? Wir haben eine großartige Ausrede für jedes Speckröllchen. Die anderen sind einfach nur dick, aber wir haben ein Schicksal!

Genau. So sehe ich das ab sofort.

Dienstag, 21. Dezember 2010

Wenn Enantone auch nur fünf Minuten Ruhe gibt, kommt Frau von der Leyen und trampelt meinen Advent kaputt

Ich gebe ja zu, diese Adventszeit entspricht nicht ganz dem, was ich und Walt Disney uns vorgestellt haben. Es fängt mit dem allmorgendlichen Kneippgang in der Küche an, dem Haarewaschen unter dem Wasserhahn der Spüle, bei dem ich immer an das Lied der Tödlichen Doris „7 Unfälle im Haushalt“ denken muss, in dem eine Frau sich den Schädel spaltet und Blut und Gehirnmasse durch die Küche spritzen, weil sie jemand beim Haarewaschen erschreckt. Während mein Atem so kalt ist, dass er eine Sprechblase vor meiner Nase bildet, träume ich von so einfachen Dingen wie Duschen oder einer geröllfreien Küche. Es geht weiter mit der Arbeit, der anderen Arbeit und der zusätzlichen Arbeit, die an und für sich gar nicht sooo schlimm wären, wenn ich nicht dank Enantone... aber dazu später. Dann ist da noch der Staub und die Unordnung, die überall im Haus so dermaßen die Macht an sich gerissen haben, dass ich mich kaum traue, irgendwo mit dem Aufräumen und Saubermachen auch nur anzufangen, und das mit Recht, denn selbst, wenn ich alles blitzeblank kriegen würde, wäre es ein paar Stunden später wieder wie in Beirut, weil dann die Handwerker wieder dagewesen wären. Ich hatte mal irgendwann im November Plätzchen gebacken, als Teil des großen Plans, den Dezember mit hochgelegten Füßen und nudeldick auf der Couch zu verbringen und die Finger höchstens zu rühren, um den Pizzaservice zu rufen oder mal Holz nachzulegen; aber diese Plätzchen haben den Dezember nie erlebt, und jetzt kann ich keine neuen mehr backen. Dann ist auch noch mein verdammtes Telefon weg und bleibt scheinbar auch weg, und ich muss sehen, wie ich es trotzdem schaffe, meine Gemeinschaftsgeschenke und Weihnachtsgrüße usw. loszuwerden.
Und das alles dann noch durch die dunkellila Brille betrachtet, die Enantone mir aufsetzt. Tagsüber geht es, aber morgens ist es schlimm. Genauer gesagt, ab morgens um vier. Dann wache ich nämlich auf und hadere mit allem. Nach drei Stunden Gehader müsste ich eigentlich die Füße aus dem Bett schwingen, aber so leid es mir tut, ich kann nicht. Schon gar nicht, um in meiner eigenen Küche zu kneippen.
Aber ich will mich ja nicht hängen lassen. Und deshalb habe ich gestern, als ich aus der Agentur kam und die Küche so dermaßen verschmuddelt und unordentlich war, dass ich gar nicht wusste, wo ich anfangen sollte, einfach trotzdem angefangen. Eine Stunde später saß ich müde mit meinem Schnittchen vor dem Fernseher und war ein bisschen stolz (und gleichzeitig ein bisschen deprimiert, dass ich nun schon stolz darauf bin, die Küche wieder lebensmitteltauglich gemacht zu haben). Ich hab sogar die Kerzen und den Kamin angemacht, und als L. den Cremant aufhatte und mir langsam warm wurde, fühlte es sich fast ein bisschen nach Advent an. Bis zu dem Moment, an dem ich in den Nachrichten sehen musste, dass Frau von der Leyen einen ganzen Sitzungssaal voller wichtiger Menschen mit selbstgebackenen – von IHR selbst gebackenen – Keksen bewirtet hat. Diese Frau mit der zweistelligen Kinderschar und dem zweifellos stressigen Job findet nicht nur täglich offensichtlich Zeit, sich die Haare zu waschen und zu föhnen, sie scheint auch noch zum Sport zu kommen, und dann stellt sie sich in ihre bestimmt geröllfreie Küche, in der alles blitzt und blinkt, und backt Plätzchen für einen Haufen Macher, nur damit auch die das Gefühl haben, langsam wird es zwischen all den Beschlüssen und Sitzungen und Presseerklärungen doch Weihnachten. Nett von ihr, aber mir hat sie damit dieses kleine schüchterne Gefühlchen sofort und gründlich ausgetrieben. So luschig, trantütig und rundum 4- habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt wie nach dieser Nachricht.

(Einziger Trost: besonders lecker sahen die Plätzchen nicht aus. Eher so wie diese mit getrocknetem Eigelb bestrichenen Dinger, die die Frauenunion vorm Einkaufszentrum verkauft.)

Samstag, 18. Dezember 2010

Und schwupps ins Minitief.

Eins Vorweg: der Kackwurst, die jetzt mein Telefon hat und es nicht ins Fundbüro bringt, wünsche ich die myombekränzte Krätze an den Hals. Im Grunde genommen muss ich noch eine Weile tüfteln, bis ich einen Fluch finde, der dem gleichkommt, ein paar Tage vor Weihnachten plötzlich keine einzige Telefonnummer mehr zur Hand zu haben und sich auch noch Sorgen machen, dass jede Sekunde irgendwelcher Scheiß mit meinem Bankkonto passieren könnte oder jemand wüste Beschimpfungen oder, schlimmer noch, schwülstige Liebeserklärungen an alle schickt, von denen ich jemals Emails bekommen habe. Es ist der Hass. Und ja, gesperrt habe ich alles schon, Enantone macht zwar müde, aber nicht blöd. Das Schlimme ist, ich bin mir vollkommen darüber im Klaren, wo ich es verloren habe: im Taxi nach Hause von der Weihnachtsfeier. Denn beim Abschied hatte ich es in meine Tasche gepackt, und zuhause war es weg. Ich habe auf dem Weg zum Taxi keinen Menschen getroffen, auf dem Weg aus dem Taxi auch nicht, es muss rausgeflutscht sein, als ich im Dunkeln mein Portemonnaie gesucht habe. Der Taxifahrer sagt, er hat nichts gefunden. Das Fundbüro sagt auch, es hat nichts gefunden. Und das mir. Ich hab im Leben schon so einiges in Taxen gefunden, unter anderem mehrere Portemonnaies, von denen eins so voller Geld war, dass der Scheinestapel ungefähr die Dicke eines schmalen Taschenbuchs hatte. Und alles, was ich da jemals gefunden habe, habe ich immer abgegeben. Einmal, als der Taxifahrer zwielichtig aussah, hab ich das Portemonnaie sogar mitgenommen und so lange herumgegoogelt, bis ich die Telefonnummer des Besitzers raushatte. Es sollte fairer zugehen in der Welt. Ich sollte nicht an einem Samstagmorgen vor Weihnachten in die Stadt müssen, um mir bei der Telekom ein paar neunmalkluge Ratschläge und ein fettiges Leihhandy abzuholen.

Ich sollte außerdem nicht jeden Morgen nackt meinem Fliesenleger gegenüberstehen, aber genau so kommt es, ich kann mich anstellen, wie ich will. Unser Bad wird gemacht. Seit Wochen. Bzw. hat L. vor Wochen damit angefangen, die Fliesen abzuschlagen, damit die Handwerkerrechnung hinterher wenigstens nur drei- statt vierseitig wird. Dann waren plötzlich die Fliesen nicht geliefert worden. Dann doch. Dann kam der Klempner nicht. Jetzt läuft es zwar, aber viel langsamer als gedacht. Wir sitzen jetzt also im klirrekalten Dezember in unserem Haus zwischen Eisblumen, und jeder Tag beginnt damit, dass ich mich bei Dunkelheit im Enantone-Tran aus dem Bett schäle und fast heulend vor Müdigkeit in die Küche schwanke, wo ich mich an der Spüle mit einem Waschlappen wasche. Seit neuestem ist auch noch das Wasser kalt. Und immer, wenn ich gerade denke, es kann jetzt wirklich nicht schlimmer kommen, dann geht die Tür auf, und der Fliesenleger will nur mal rasch nach dem Rechten sehen.

Und dann noch viel Arbeit, morgen auch. Und dann noch nur die Hälfte der Geschenke. Und dann noch der neue Stargast in meinem Bauch. Und dann sieht es auch noch bei uns aus wie Sau, von den Handwerkerarbeiten ist alles mit einer drei Milimeter dicken Staubschicht bedeckt. Alle Kekse, die ich im November gebacken hatte, sind längst aufgegessen.

Zwei Lichtblicke gibt es: L. hat gestern heimlich einen Baum gekauft. Unseren ersten in dieser Hütte. Und die liebe Schoko ist schwanger. Das Cadeautje zum Nikolaus hat sich ordentlich festgebissen und lässt ganz bestimmt so schnell nicht wieder los. Kein Wunder, wo sollte sich ein Nikolauskind wohler fühlen als bei einer Schokomutter?

Dienstag, 14. Dezember 2010

Schon wieder vorbei, das Minihoch.

Vor vier Wochen bin ich nach langer Zeit mal wieder im Geiste pfeifend aus einer Kinderwunschklinik spaziert. Meine Gebärmutter sah "glatt" aus (was auch immer das heißen mag, der Gesichtsausdruck meiner Ärztin zu dieser Nachricht war verheißungsvoll), zumindest ein Eierstock produzierte trotz ausdrücklichem Hormonverbot, was ebenfalls ein gutes Zeichen zu sein schien, und meine Ärztin war bester Dinge. Heute zeigte sich ein funkelnagelniegelneues Myom in meiner Gebärmutterwand, das da vor vier Wochen noch nicht war, die Gebärmutter war verschoben (hätte die Osteopathin danebengestanden, hätte sie gesagt "siehste, siehste"), und die Ärztin war schon nicht mehr ganz so euphorisch, sondern erklärte mir, genau solche Späße wären der Grund, warum sie gerne im Januar noch mal eine Bauchspiegelung mit mir machen lassen würde. Ja gut. Dann gab es noch ein neues Enantone-Rezept, und ich musste schnell-schnell zurück in die Agentur, in der ich heute gebucht war, denn für die übliche Nach-Klinik-Belohnungs-Mittagspause beim kleinen Italiener war leider keine Zeit. Statt Pasta und einem Achtel Rotwein gab es ein Bounty vom Kiosk. Aber damit war der Ärger noch nicht vorbei: in der Hormone-Speziale-Apotheke war Enantone aus, und in der anderen Apotheke gegenüber der Agentur händigte man mir kurz vor Schließung ein Päckchen aus, das dem vom letzten Mal so gar nicht ähnlich sah. Diesmal gab es keine patente Einmalspritze, sondern Spritze, zwei Nadeln und ein Fläschchen mit Pulver. Ich dachte natürlich, das kriege ich hin. Letzten Endes hab ich das auch hingekriegt, eben gerade, vor einer halben Stunde. Aber ich bin heilfroh, dass das nicht meine erste selbstverpasste Spritze war, denn dann würde ich jetzt mit den Zähnen klappernd in der einen Zimmerecke kauern, während die noch unerledigte Spritze in der anderen liegen und die Nadel bösartig im Tranfunzellicht funkeln würde. Die Krux war nicht die Tatsache, dass es wieder mal darum ging, sich eine Nadel in die eigene liebe Haut zu rammen, sondern die Gebrauchsanweisung, in der mindestens die Hälfte fehlte. Es war z.B. keine Rede davon, dass man sowohl von Pulvergefäß als auch von der Spritze noch einiges zu entfernen hatte, bevor es losgehen konnte, und die Zeichnungen sahen überhaupt nicht so aus wie die Bauteile des Hormonbastelsets. Dann war da noch in gefetteter Schrift die Rede davon, man sollte die Nadel unbedingt IM Uhrzeigersinn aufschrauben. Nach ein paar vergeblichen Versuchen war klar, gemeint war gegen den Uhrzeigersinn. Nachdem ich die Flüssigkeit aus der Spritze wie angewiesen in den Pulverflakon gespritzt und das ganze gut durchgeschüttelt hatte, war der Flakon voller Schaum und entsprechend schwierig zurück in die Spritze zu saugen. Fast genau so schwierig war es dementsprechend, die Luft aus der Spritze zu drücken (wovon in der Anweisung keine Rede war, genau so wenig wie davon, die Hautstelle mit Alkohol zu desinfizieren). Und dann die Nadeln: die eine war dazu da, die Flüssigkeit in das Pulver zu drücken und das Gemisch zurück in die Spritze zu saugen, dann sollte sie weg, und die andere sollte zum Injizieren aufgesetzt werden. Meine Intuition (sprich: meine alte Feindin Spritzenangst) sagte mir, dass zum Injizieren in jedem Fall die Kleinere genommen werden sollte. Falsch: laut Anweisung und Folie auf dem Rücken der Spritzenverpackungen war es die größere, obwohl die nun deutlich größer aussah als die Nadeln, die wir Hormondamen sonst von Selbermach-Spritzen gewohnt sind.
Das war alles nicht schön. Wäre es gerade um ein IKEA-Regal gegangen, hätte ich herzlich gelacht und das ganze in meiner Anekdoten-Sammlung für wirklich, wirklich langweilige Parties abgelegt. Aber das war kein IKEA-Regal, das war das Hantieren mit Kanülen, Hormonen, Luft, Haut und Ängsten.
Na gut. Die Spritze ist jetzt eine halbe Stunde her, hat zwar dank langer, langer Nadel mehr Überwindung gekostet als sonst, aber dafür nicht mehr gepiekst, ich habe bisher keinen Schlaganfall erlitten und werde morgen bestimmt munter (und mit frischer Bauchbeule) aufwachen. Aber, liebe Hersteller der Pulvervariante von Enantone: ich kenn da eine, die schreibt ausgezeichnete Texte zum Thema Medizin und Pharmazie, und die wäre bestimmt bereit, für einen vernünftigen Preis eine neue, fabelhafte Gebrauchsanweisung für euer vernünftiges, fabelhaftes Medikament zu schreiben.

Montag, 13. Dezember 2010

Mischpost, in dem es unter anderem um Katzen, Wien, Hormone und Mäuse geht

Es tut mir so leid. Ich würde gerne mehr schreiben, wirklich. Und auf Kommentare antworten. Und die im Buch versprochene Download-Abteilung ist auch noch in Abrahams Wurstkessel. Der Blog kümmert gerade vor sich hin. Meine einzige Entschuldigung - zum Glück eine ziemlich gute, finde ich - ist Zeit. Die Flaute hier herrscht nicht mangels Bock, das müsst ihr mir glauben. Wenn ich könnte, dann würde ich jeden Tag eine Stunde am Rechner sitzen, Löcher in die Luft starren, am heißen Tee oder am kalten Wein nippen und mich gemütlich über die Seite treiben lassen. Das wäre schön. Ich kann noch nicht mal behaupten, dass ich gar keine Zeit mehr hätte. Aber die Zeit, die früher Schreibezeit war, ist komplett aus meinem Leben gestrichen: das war die Zeit nach dem Aufwachen, als ich noch nicht hoch musste, sondern so lange ich wollte im Schlafanzug allein mit meinem Rechner im Bett herumlungern konnte (L. hält nach dem Aufwachen meistens nicht viel im Bett, so dass ich mir dazu auch noch seine Kissen ins Kreuz klemmen konnte) - diese Zeit hat jetzt an drei Tagen in der Woche die Agentur gefressen, an den anderen der Hund, der nur darauf lauert, dass ich blinzele, um in Fahrt zu kommen und mir vorzusingen, wie gerne er jetzt nach drauhauhaußen will. Und falls Agentur und Hund ein Häppchen Morgenschluffi übersehen sollten, kommen Handwerker dazwischen, die grundsätzlich alles um halb acht beginnen müssen (nur, um dann komischerweise um elf wieder damit aufzuhören, und zwar bis zum nächsten Morgen). Futschi also, meine Morgenzeit. Die andere Post-Zeit war der Abend. Der geht jetzt drauf für Arbeit, Erledigungen (die mich immer noch achtmal mehr stressen als Arbeit - darunter fallen z.B. Überweisungen, Emails, Dinge, an die man Haken machen muss, damit man keinen Ärger bekommt usw.), aufräumen, spülen, kochen und schlafen, denn Enantone haut mich spätestens um zehn ins Bett.
Morgen übrigens wieder, dann gibt es die nächste Spritze. Alles für euch, ihr lieben Kleinen! Im Austausch will ich von euch nicht viel. Nur ein klitzekleines Bisschen! Ich erwarte von euch lediglich, dass ihr Mutti später niemals, niemals mit irgend etwas behelligt, so lange sie einen Schlafanzug trägt und einen Rechner auf dem Schoß hat. Das kriegt ihr hin, oder? ("Sie spricht wieder mit Eizellen. Bitte kauf doch jemand der Frau eine Katze und sag ihr, sie soll das mal lassen mit den Hormonen und dieser ganzen Kinderwunschsache." Lustig, dass Sie das sagen, imaginärer Leser, denn der Hund hätte gerne eine Katze. Sie war gerade sechs Tage im Hundehotel auf dem Land, und zwar waren da viele andere Hunde, mit denen sie viel Spaß hatte, aber am liebsten mochte sie die Katzen. Beim ersten Zusammentreffen hat sie sich noch knurrend und mit gesträubtem Fell an sie rangerobbt, aber die Katzen waren das gewohnt und blieben lässig, und am Ende fiel der Abschied schwer. Jetzt ist die kleine Lili zwar wieder bei uns, aber schmollt, findet es langweilig hier und uns beide sowieso doof. Ich bin zwar kein Katzenfreund, aber für den Hund täte ich alles, nur bin ich gegen Katzen allergisch. Es hilft also nichts, wenn Lili Gesellschaft bekommen soll, muss ich welche gebären. Ende der Katzengeschichte. Und wenn jetzt irgend ein Kommentargenie schreibt, was mir denn einfällt, Kinder wären doch nicht dazu da, Hunden die Zeit zu vertreiben, dann kann ich ihm auch nicht helfen.)

Bevor mir die Hormone gleich die Augen zuklappen, noch schnell ein paar Erkenntnisse aus dem Wien-Urlaub: die Wienerin (wenigstens die Wienerin im ersten Bezirk) hat wirklich nicht das allerallerallerklitzekleinste Problem damit, einen Pelz zu tragen, und zwar einen richtigen Old-School-Pelz, nichts aus Kaninchen und auch sonst keinen Mantel aus den Fellen von Tieren, die man sowieso umbringt, um sie zu essen. Richtige, fast bodenlange Nerze, Zobel und was weiß ich was für Dinger. Man könnte ja jetzt denken, die sind an sich alles echte Tierschützer, haben aber den Mantel von ihrer Mutter geerbt, und wegwerfen muss man ihn ja wohl nicht. Das würde ich auch gerne denken, wären da nicht die perfekt darauf abgestimmten Betonfrisuren und das Make-up, das so geschickt hingeschminkt ist, dass es aussieht wie Permanent Make-up, ohne Permanent Make-up zu sein. Aber was soll's, wenn im Ausland alles genau so wäre wie hier, müsste man ja nicht hinfahren - also ruhig, ganz ruhig, auch wenn ich mit fünf Damen an der Fußgängerampel stehe, von denen fünf einen Pelzmantel tragen. Ich hab mein Plastikdaunending jedenfalls so stolz wie möglich getragen und mir gedacht, dass das sicher trotzdem nette, reizende Damen sind.

Dann ist mir noch aufgefallen, dass im Urlaub getrunkener Kaffee irgendwie nicht zählt. Das merke ich nicht zum ersten Mal. Wenn ich zuhause entweder mehr als eine Tasse trinke oder eine beliebige Menge nach zwölf Uhr mittags, kann ich die ganze Nacht nicht schlafen. In Wien war das wieder mal wumpe, wir haben den ganzen Tag lang abwechselnd Grünen Veltliner und Melange in uns reingeschüttet, und nichts davon hat irgend eine negative Wirkung gehabt. Schön, so ein Urlaub.

Und ich will ein Kaffeehaus. Es muss gar nicht so wahnsinnig traditionell sein. Aber darin muss rauchen erlaubt sein, die Bedienungen müssen Berufsbedienungen sein (bloß keine Studenten, bitte bitte nein), es muss einen normalen Kaffeehausnamen haben wie z.B. den Namen des Besitzers oder meinetwegen auch "zum grünen Zebra" oder so, nur nicht so einen blöden Berlin-Namen wie "Sowohl als auch" oder einen blöden Hamburger Namen wie "Drei Tageszeiten" oder irgendwas ironisches mit "Schmidt". Es muss Zeitungen geben und eine Speisekarte, auf der nur gute Sachen stehen und möglichst wenig mit Mozzarella. Ach, ich glaube, das erst zu beschreiben oder zu erfinden wäre zu umständlich, der Einfachheit halber wünsche ich mir, dass folgende Wiener Gastwirtschaften mit Mann und Maus nach Hamburg verpflanzt werden: Zum schwarzen Kameel, Café Prückel und das Café Engländer. (Das Café Landtmann dagegen kann bleiben, wo es ist, genau wie dieses sagenumwobene Hawelka.) Falls das aus irgend einem Grund nicht möglich sein sollte, muss ich eben so bald wie möglich mit Mann und Maus wieder dort hin. (Seit unserem Umzug bin ich weitere Reisen gewöhnt, um an einem Tisch zu sitzen und mir gegen Geld Essen und Getränke servieren zu lassen.)

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Postkarte aus Wien

Wir sitzen im Hotelzimmer und gucken uns eine italienische Schreishow an. Nur wird hier nicht geschrieen, sondern man macht sich seine Vorwürfe so gesittet wie möglich. Auch im Publikum sitzen nicht solche Knallköppe wie bei uns, sondern Herrschaften mit Krägelchen überm Pullover und Damen, die extra beim Friseur waren. Außerdem präsidiert ein Richter im Hintergrund, den die Moderatorin im Zweifel um Rat zu fragen hat, aber sobald er anfängt zu reden, strahlt ihr die Langeweile aus jeder Pore des überschminkten Gesichts. Der Richter trägt nicht nur eine Robe, sondern hat vor sich auch ein dickes Gesetzesbuch liegen und einen Holzhammer zur Hand. Außerdem hat er nicht nur eine Brille auf der Nase, sondern sicherheitshalber eine zweite in der Hand. Allein dafür hat sich diese Reise schon auf jeden Fall gelohnt!


Zwischen all den Schnitzeln, Wienern und anderen Herzigkeiten ist mir gestern im Café Hawelka aufgegangen, dass diese Reise noch mehr von den letzten New York-Urlauben unterscheidet als der Mangel an Wolkenkratzern und Schaufensterdeko, die nicht singen kann. Diesmal ist es einfach nur ein Urlaub. Kein Trost, keine Entschädigung und auch nicht das Positive, an das man schließlich auch denken muss: ich denke diesmal nicht, dass es doch ein echter Vorteil unserer Kinderlosigkeit ist, dass wir hier einfach so zu zweit durch eine fremde Großstadt bummeln können, ohne Kinderwagen und Geplärre und Zwischenstops bei McDonald's. So weit weg ist der letzte Versuch nämlich schon: das war letzten Winter, wenn ich mich richtig erinnere. Obwohl es gerade doch eigentlich wieder losgeht mit all dem Hormonzirkus, sind wir gerade nicht L. und F., die leider noch kein Kind haben, sondern L. und F. Punkt.
(Sollte ich euch übrigens irgendwann in den nächsten Wochen hier erzählen, diese Teufelshormone hätten mir fünf Kilo auf die Hüften gepackt, dann glaubt mir kein Wort. Das waren nicht die Hormone, das waren Wien und Weihnachten, also mit anderen Worten, ich und meine Verfressenheit ganz allein.)

Freitag, 3. Dezember 2010

Die seltsamste Stunde, die ich je in einem Behandlungszimmer verbracht habe

Bis gestern war ich noch nie in meinem Leben zur Osteopathie gewesen. Vielleicht liegt es daran, dass bisher alle Leute, die mir das empfohlen hatten, im gleichen Satz irgend so etwas mitgeschoben hatten wie "die Schulmedizin macht dich ja im Zweifel nur kränker", und das ist der Moment, in dem ich grundsätzlich dicht mache. (Wenn mir also jemand z.B. ein gegrilltes Rippchen oder ein Glas Rotwein hinhalten und dazu sagen würde "nimm, die Schulmedizin macht dich im Zweifel ja nur kränker", dann würde ich dankend ablehnen.) Aber in den letzten Monaten sind wunderliche Dinge geschehen. Genauer kann ich das gar nicht beschreiben. Und so kam das, dass ich gestern meinen ersten Osteopathie-Termin im ganzen Leben hatte. Meine Klinik-Ärztin hatte mir beim vorletzten Mal vier Karteikärtchen von Osteopathen mitgegeben und gesagt, ich sollte da mal hingehen. Das könnte zwar vermutlich weder meine Endometriose "wegmachen" noch die Myome verhindern, aber es würde zumindest dafür sorgen, dass sich mein Bauch nach den vielen Operationen wieder ein bisschen beruhigt und "mein Beckenboden sich besser fühlt". Von den vier Karten habe ich die Praxis ausgesucht, die am nächsten an meiner U-Bahn-Linie liegt, denn wenn ich erst umsteigen muss, kriege ich schlechte Laune und gehe da doch nicht hin. Und als ich gestern mittag vor dem Haus stand, einem dieser weißen Hamburger Häuser, die aussehen wie aus Biskuitporzellan, dachte ich, ach schön, nun habe ich endlich einen Vorwand, mir eins dieser Häuser mal von Innen anzusehen, ohne dass die aufmerksamen Nachbarn den Notfallknopf drücken und der private Sicherheitsdienst anrückt. So ein feines Haus war das nämlich! Das Behandlungszimmer der Osteopathin ist so riesig, dass man darin die komplette Praxis meiner Stamm-Frauenärztin bequem unterbringen könnte. Unter der turmhohen Decke klebt makelloser Stuck, der scheinbar wöchentlich von einer auf der Leiter stehenden Fachkraft mit einer Straußenfeder gereinigt wird. Zwei Flügeltüren führen in andere, bestimmt noch größere Räume. Ich hatte befürchtet, dass Osteopathie teuer wäre. Und jetzt das: die Frau hat sich eine Stunde lang eingehend mit mir beschäftigt, und das Ganze kostet mich nun 75 Euro! Dabei war schon der Raum so prächtig, dass allein ein einstündiger Aufenthalt darin 75 Euro kosten könnte! Ich war begeistert. Lasst euch mal eine Stunde in stinkigsten, engsten und schmuddeligsten Taxi der Stadt durch trostlose Vororte fahren: auch das kostet mit Sicherheit 75 Euro, und für den Beckenboden tut es rein gar nichts!
Nach ein paar einleitenden Fragen ging es ziemlich flott los: ich lag ohne Hose und Schuhe auf einer Liege, wurde fürsorglich mit Wärme bestrahlt und mit einer Wolldecke eingemummelt, und die Osteopathin legte ihre Hände auf verschiedene Stellen meines Bauches. Dort ließ sie sie meistens eine ganze Weile liegen. Und liegen. Und liegen. Komischerweise wurde es unter ihren Fingern ziemlich schnell ziemlich warm. Ab und zu knetete sie auch mal hier und drückte da, aber nichts davon war in irgend einer Weise unangenehm, obwohl sie mich gewarnt hatte, es könnte ein bisschen weh tun - denn wie sie meinte, ist entweder meine Blase oder meine Gebärmutter zu weit links und sollte durch die Prozedur wieder mehr mittig landen. Ich lag also so da, und weil so extrem wenig vor sich ging, kamen wir ins Plaudern. Und es stellte sich heraus, dass auch die nette Osteopathin eine jahrelange Kinderwunschbehandlung hinter sich hatte. Langsam frage ich mich, wer eigentlich nicht (außer vielleicht Magda Goebbels und Boris Becker)? Während wir so plauschten, drückte und schob sie weiter sanft an mir herum, kugelte auch mal mit meinen Beinen nach hier und da und knetete meine Beckenknochen, und dann, als ich so dermaßen entspannt war, dass ich fast schon eingeschlafen wäre, war die Stunde vorbei, ich stieg wieder in meine Hose und fand mich ziemlich verblüfft zurück auf der Straße. Was war das denn?

Abgesehen davon, dass es wirklich, wirklich angenehm war und sich tatsächlich eindeutig so anfühlte, als würde gerade auf geheimnisvollen Wegen etwas Positives in meinem Bauch bewirkt - musste ich heute morgen zum ersten Mal seit Ewigkeiten nicht unmittelbar nach dem Aufstehen aufs Klo (obwohl ich über Nacht gute anderthalb Liter Wasser getrunken hatte), mein Bauch fühlt sich seltsam ruhig und entspannt an, und das, obwohl ich heute einen Muskelkater habe, als hätte ich gestern drei Stunden Bauch-Beine-Po hintereinander gemacht.

Da gehe ich wieder hin, das steht fest. Und zwar vermutlich im Januar, kurz vor meiner nächsten Bauchspiegelung.

So. Und dann ging es nach Hause, ich hatte noch zu tun (hatte ich schon mal erwähnt, dass aus meinen zwei freien Arbeitstagen bis jetzt kein einziges Mal etwas geworden ist?), der Hund wollte raus, und dann musste ich auch schon wieder in die Stadt zum Stammtisch. Zwar waren wir nur zu dritt, aber das war trotzdem ganz fabelhaft. Gute Damen, guter Wein, gute Pizza, guter Abend. Das nächste Mal vermutlich im Februar, und zwar diesmal wohl wirklich bei mir. Das wird die Organisation erheblich verkomplizieren, aber ich bin ganz sicher, wir kriegen das hin!

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Was bisher geschah: der Adventszeitraffer

Wer hätte gedacht, dass auch dieses Jahr die Adventszeit den ewigen, unerschütterlichen Gesetzen für Advente folgt? Dass ich auch dieses Jahr plötzlich feststelle, dass ab jetzt bis zum 24. nur noch gemusst und so gut wie gar nicht mehr gedurft wird, dass das alles viel zu wenig Zeit ist und dass allen jetzt noch irgend eine Möglichkeit einfällt, mich zu stressen bis an den Rand eines Zustandes, in dem wirklich gar nichts mehr geht, egal ob gemusst oder gedurft.

Keine Angst, den Stammtisch morgen schaffe ich trotzdem, und Wuzal, ich bitte tausendfach um Entschuldigung, aber inzwischen ist diese, äh, Sache unterwegs und hoffentlich morgen schon da. („Schon“. Der blanke Hohn.)

Und Posten geht schon gar nicht mehr. Dabei hätte ich so viel zu erzählen. Zum Beispiel, dass die Enantone-Spritze zwar jede Menge Nebenwirkungen mit sich bringt, aber sich das alles trotzdem nicht wie Hormonstress anfühlt, sondern wie normaler Stress. Dadurch, dass man diese Spritze einmal im Monat bekommt und sie dann 30 Tage lang still und heimlich und nur als kleiner Knubbel am Bauch fühlbar ihre Arbeit tut, geht eine Hormonnebenwirkung schon mal als Stress-Nebenwirkung durch. Gerade hatte ich z.B. tagelang Kopfweh und hab erst an Tag fünf überhaupt an Enantone gedacht. Auch die Massen von Wolle, die jeden Tag in meiner Haarbürste hängenbleiben, habe ich zwar allmorgendlich rausgepflückt und ins Klo geworfen, aber erst in der letzten Klinik-Sprechstunde fiel mir überhaupt ein, das gegenüber meiner Ärztin mal zu erwähnen. Jetzt bekomme ich ein Hormonhaarwasser, das in einer Flasche ist, die mich irgendwie an altägyptischen Kopfschmuck erinnert und an das ich bisher nur zwei mal überhaupt gedacht habe. Auf meinem Waschbeckenrand wird es vermutlich wenig für mich ausrichten können, aber wir wissen ja, wie viel der Glaube und die Einstellung bei allem bedeutet, was wir hier treiben... nein? Auch Migräne hatte ich mal wieder und musste deshalb einen schönen Abend mit Damenbesuch und leckerem Essen absagen, aber mach was. Und müde bin ich auch, aber wer ist das gerade nicht?
Außerdem habe ich morgen meinen ersten Termin bei der Osteopathin (inzwischen habe ich schon drei mal aus Versehen „Soziopathin“ gesagt, aber so lange sich das nicht auch schriftlich einschleicht, ist alles gut), und auch der nächste TCM-Termin für Anfang Februar ist schon mit Glitzerstift in meinen neuen Kalender eingetragen. (Nein, nicht ernsthaft mit Glitzerstift, so was hab ich leider gar nicht, aber wenn ich einen hätte, hätte ich ihn dafür benutzt. Stifte waren mir immer wichtig, ich hab vor ein paar Jahren mal ein altes Tagebuch aus der Zeit um die 13 rausgeholt, in dem stand: „Liebes Tagebuch. Viel ist passiert. Ich schreibe jetzt türkis.“). Und dann ist morgen auch noch Stammtisch. Muss ich noch schreiben, dass ich mich auf euch alle freue? Auf die, die ich schon kenne und vielleicht auch auf die eine oder andere Nase, die noch nicht? Hamburg, Gloriabar, 19:00. Ich bin die, die da sitzt, vielsagend guckt und im Sitzen auf und ab hüpft.