Mittwoch, 27. Februar 2013

Mein Goldfisch mit Geweih

Habe ich geschrieben, Igittigitt, ein Junge, den stecken wir am besten in einen Sack und ertränken ihn in der Regentonne? Oder verkaufen ihn an einen durchreisenden Rummel? Kann ich mich nicht dran erinnern, aber ich habe auch nicht das dollste Gedächtnis dieser Tage. Habe ich geschrieben, jede, die hier jemals mitgelesen hat, hat ein Zwangsabo von der schlimmsten Jamba-Sorte bis an ihr Lebensende abgeschlossen und muss jetzt immer weitermachen, komme, was wolle, egal, wie doof ich inzwischen geworden bin? Kann ich mich auch nicht dran erinnern. Aber mach was, Würmchen schlägt mir nun mal auf die Konzentration, ist also alles möglich.

Wir genießen noch für ein-zwei Stunden die Ruhe bei meinen Eltern, bevor wir uns auf den Heimweg machen. Sie freuen sich so auf ihr Enkelkind, dass es ihnen schon zu den Haarwurzeln herausquillt. Und ich werde umsorgt wie eine schwangere Bienenkönigin, kriege ein Sofa samt Decke und Kissen ganz für mich, während der Rest der Familie um mich herumkauert, muss hier keinen Finger rühren, noch nicht mal das Tier spazierenführen, und finde, das könnte ruhig noch ein paar Tage so weitergehen. Tut es aber nicht, heute Abend ist wieder alles beim Alten. Und das alte ist: der Bauch wächst weiter, Würmchen tritt und boxt immer mal ein bisschen - immer noch nicht schlimm (es hieß immer, das fühlt sich an wie ein Goldfisch, der wild im Bauch herumschwimmt. Nur, dass meinem Goldfisch gerade ein kleines Geweih gewachsen ist.), sondern jedes Mal ein Grund zu Staunen und Freude. Und trotz all dem - trotz der seltsamen Lebensmittelvorschriften, obwohl ich die einzige bin, die kein Glas Cognac vor sich stehen hat, obwohl ich eine deutlich gekennzeichnete Schwangerschaftshose trage und obwohl ich offiziell im sechsten Monat bin, gibt es immer noch große Strecken des Tages, an denen das nicht wirklich real sein kann. Fünf Monate seit dem Test putzen eben vier Jahre Spritzen nicht einfach so weg. Vier Jahre, in denen ich mir immer größte Mühe gegeben habe, ehrlich im Blog zu sein und einfach zu schreiben, nicht wie sich diese ganze Kinderwunschsache nach allem, was man so liest und hört, so anfühlen sollte, sondern wie ich sie erlebe. Und wenn ich nach einem Jungsultraschall jetzt ein paar Tage brauche, um mich von meinem vier Jahre lang gehegten und gepflegten kunterbunten Mädchentraum zu trennen und den Jungstraum genau so farbenprächtig auszuschmücken, dann liegt das vielleicht auch daran, dass mich nicht ein Konferenzraum voller Disney-Kreativer und Nonnen ausgedacht hat. Versteht mich nicht falsch: ich kann sofort nachvollziehen, dass das manche Abkürzungsdame erzürnt und enttäuscht. Es erzürnt und enttäuscht diese Abkürzungsdame hier ja selbst. Aber ich verspreche euch, das würde hier nach kurzer Zeit sehr, sehr langweilig werden - nicht zuletzt für mich - wenn ich ab jetzt ausschließlich und jeden Tag schreiben würde, wie wunderbar herrlich alles in jeder Hinsicht ist und dass wir dem Schicksal täglich auf Knien danken. Vor vielen, vielen Jahren habe ich mal in mein Tagebuch geschrieben, wenn doch nur K. wieder mit mir zusammen sein wollte, dann hätte ich in meinem ganzen Leben nie wieder etwas zu meckern oder irgend einen Wunsch. Ein paar Monate später wollte K. mit mir zusammen sein, woraufhin ich nicht nur entgegen meinem Versprechen nicht aufgehört habe, zu meckern und zu wünschen, sondern sieben Jahre später sogar eigenhändig mit ihm Schluss gemacht habe. So viel zum Thema: Träume werden wahr, und von diesem Moment an gilt: Mundwinkel streng nach oben. Ich habe damals auch schwer mit mir und meiner mangelnden Glücksausdauer gehadert, aber es war eben nun mal so, wie es war. Ist euch das noch nie passiert?

Im übrigen möchte ich jetzt noch mal ausdrücklich - zwischen den Zeilen scheint nicht zu reichen - schreiben, dass ich hier über einen Gefühlszustand spreche, der inzwischen in der Vergangenheit liegt und noch nicht mal ganze drei Tage angehalten hat. Ich freue mich inzwischen und minütlich immer noch mehr auf meinen kleinen Knirps. Ich freue mich wie wild auf ihn! Ich habe vor lauter Vorfreude kaum noch Platz für ein anderes Gefühl gerade, abgesehen vielleicht von der allgemeinen großen Verwirrung und ab und zu der Sehnsucht nach einem Salamibrot.


Montag, 25. Februar 2013

Meine Sensationserfolge mit der Friss-das-Doppelte-Diät

Jeden Montag Morgen steige ich auf die Waage und hoffe, so um die 500 Gramm zugenommen zu haben - das wäre perfekt. Heute habe ich 900 Gramm abgenommen. Und ehrlich, ich bin perplex. Sorgen muss ich mir wohl keine machen, dazu war der Ultraschall vom Donnerstag viel zu gut, außerdem vergeht seitdem kein Tag, an dem ich ihn nicht mehrmals (ihn. Habt ihr gesehen? Wie selbstverständlich schreibe ich "ihn". Ha!) treten oder boxen spüre. Aber ich frage mich, wieso? Letzte Woche haben wir zwei Romantiker unseren vierten Hochzeitstag mit je einer Schlachteplatte beim Griechen gefeiert. Nach dem Ultraschall waren wir nach alter Tradition bei Burger King, und zwar nicht wegen der neuen Apfelstäbchen. Am Samstag habe ich Pizza gebacken, und zum Nachtisch hatte ich eine komplette Packung (gut, nicht die Familienpackung, aber trotzdem) Schokoladeneis - wie kann das angehen? In den ersten Wochen nach dem Test habe ich mich wirklich mehr am Riemen gerissen und konnte zugucken, wie mein Bauch langsam aus der Hose quillt. War das alles Luft? Hormonfasching? Eine Laune der Natur? Die Vorweihnachtszeit? 72,9. Damit habe ich jetzt, im sechsten Monat, noch nicht mal ganz fünf Kilo zugenommen. Natürlich hofft man, so lange man lebt, und ich hatte sicher gehofft, ich würde eine dieser knackigen Schwangeren mit einem niedlichen, genau abgegrenzten Kugelbäuchlein am ansonsten drahtigen Körper, aber ich hatte noch viel mehr befürchtet, dass es bei mir in der Schwangerschaft kein Halten mehr geben würde, egal, wie viele schlaue Texte ich zu dem Thema lese. Ich esse unter normalen Umständen schon für zwei, jetzt also für drei. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Und es geht mir gut, ich habe weder Dünnpfiff noch leide ich an Appetitlosigkeit oder anderen besorgniserregenden Dingen.

Außerdem habe ich drei Hebammenpraxen angeschrieben. Ich fürchte, mit einer Geburt zur Ferienzeit habe ich mir die Aussicht auf das vertraute Gesicht einer Beleghebamme versemmelt, aber da rechne ich sowieso mit einem Ausnahmezustand, und ob ich die alle zum ersten Mal sehe, ist dann auch schon fast wurscht (zumindest in meinem Kopf). Für die Vorsorge brauche ich sie auch nicht, ich gehe gerne weiter zu meiner Ärztin. Aber für die Nachsorge und die ersten Wochen hätte ich gerne eine. Und es zeigt sich, dass unsere Idylle hier im Vorort andere Leute nicht so zu begeistern scheint wie uns. Noch keine der Praxen hat geantwortet, und meine Mails waren vom Donnerstag Vormittag. Ehrlich, wie rufbereit genau kann eine Hebamme sein, die es in vier Tagen nicht schafft, eine kurze Mail zu beantworten? Also werde ich mich heute vom Auto aus ans Telefon hängen und denen hinterhertelefonieren. Es wird wohl Zeit.

Und dann habe ich noch zu melden, dass ich uns einen Tisch im Gloria für Sonntag, 11 Uhr reserviert habe, für sieben Damen, mich eingeschlossen. Liebe Fanny, deine Mail hab ich gesehen und freu mich schon auf Dich und die anderen.

Sonntag, 24. Februar 2013

Da erwarte ich von mir aber entschieden mehr.

So geht's nicht. Drei Tage Flappe ziehen sind genug. Was sollen die Leute denn von mir denken? Mich eingeschlossen? Anfangs haben die vielen, vielen reizenden Kommentare à la "In dem Moment, in dem wir es erfahren haben, war es plötzlich genau richtig" mir nur noch deutlicher gezeigt, wie falsch das alles in meinem Kopf läuft: denn bei mir hielt das Gefühl "ein Junge wieso denn bloß ein Junge ich will keinen Jungen ist denn das zu viel verlangt?" ehrlich gesagt bis heute Nacht an. Und ich wusste, wie bescheuert das ist: ich wusste, wie dankbar wir sein können - dafür war ich schließlich vier Jahre lang auf der anderen Seite, die habe ich nicht hormonbedingt vergessen. Aber zu schmollen und zu wissen, dass Schmollen gerade das Allerallerletzte ist, hat die emotionale Gesamtlage auch nicht besser gemacht. Auch nicht geholfen hat gestern die Diskussion zwischen L. und seiner Mutter, dass in seiner Familie erblich bedingter Haarausfall angeblich immer eine Generation überspringt. L.s Großvater: beerdigt mit voller Frisur. L.s Vater: extrem frühe Halbglatze. L.: bis heute Lockenkopf ohne sichtbaren Lücken. Würmchen: naja. Im Juli gebäre ich einen einundzwanzigjährigen, teigigen Nerd mit Pferdeschwanz und Halbglatze, der sich nie die Nägel schneidet, na bravo. Das dachte ich wirklich! In meinem Fusselhirn! Bis gestern Abend. Jetzt habe ich beschlossen, es muss ein Ende haben, und zwar sofort, das geht so nicht. Jetzt wird gegengesteuert, sonst trifft mich ein Blitz und der vollkommen berechtigte Zorn alles Abkürzungsdamen. Ein erster Schritt ist ein neues Pinterest-Bord. Haltet mich nicht für shopping-süchtig, denn das Gegenteil ist der Fall, ich bin eher shopping-phobisch. Aber es hilft tatsächlich, mir auszumalen, wie sein erstes Zimmer aussehen wird, was er anziehen wird und welche Bilder wir an seine Wand hängen werden. Zufällig ist jetzt die Zeit, in der ich mir tatsächlich überlegen muss, was wir noch brauchen, zumindest, wenn ein Teil der Sachen nette Ebay-Funde, von uns aufpoliert und verschönert, sein sollen. Ein alter Schaukelstuhl z.B., um ihn nachts in den Schlaf zu schaukeln. Und ein alter Ohrensessel zum Stillen, am besten aus ganz ollem, medizinballdickem Leder, damit man die ganze ausgerülpste Milch einfach wieder abwischen kann. Vielleicht finden wir sogar solche Schätze wie eine riesige Steiff-Ausstellungsgiraffe oder viele kleine alte Segelbootchen, aus denen ich ein Mobile basteln kann. Morgen fahren wir für noch nicht mal 48 Stunden zu meinen Eltern, da liegen laut meiner Mutter noch Tonnen von Kinder- und Babykram, Bücher von mir außerdem - die alten Märchenbücher z.B. mit den schrägen Illustrationen von Ruth Koser-Michaels, vielleicht können wir ja einen kleinen Teil schon mal mitnehmen? Ich brauche jetzt Dinge, die ich anfassen und an denen sich meine Phantasie austoben kann, sonst baut sie nur wieder Mist wie die Vorstellung, mein Kind würde der Comicladenbesitzer aus den Simpsons. Und schon jetzt habe ich das Gefühl, all das Geplane und Gepinne hilft. Es wird höchste Zeit, sonst verpasse ich das Beste.

Übrigens bin ich gar nicht so sicher, ob ich jetzt, in der 21. Woche, tatsächlich noch im fünften Monat bin? Laut "What to expect" schon, aber laut deutscher Zählung bin ich im sechsten. Also gut, dann eben beide Labels.

Freitag, 22. Februar 2013

B-b-b-b-b-b-b-blogpost

Als Kind war ich im Besitz der depressivsten Kinderplatte aller Zeiten, Lok 1414. Lok1414 war eine sprechende, alte Dampflok, immer noch im Dienst, die grundsätzlich eher nicht so gut drauf war. So hörte sich ein normaler Tag im Leben der Lok 1414 an: "Ich kann nicht mehr ich kann nicht mehr seht ihr denn nicht ich kann nicht mehr von Altstadt nach Neustadt von Neustadt nach Altstadt und nicht einmal ne Ruhepause keine einz'ge Ruhepause einundsechzig lange Jahre ein-und-sech-zig-lang-e-Jah-re." Es gibt Tage, da kann ich sie verstehen. Jeden Morgen gucke ich aus dem Fenster, und es hat schon wieder geschneit. Nie viel, meistens nur eine etwas zu großzügige Puderzuckerschicht, aber geschneit hat es. Und es ist saukalt. Zumindest hier drinnen, draußen geht es. L. ist ein großer Energiesparer, wenn es ums Heizen geht. Erstens friert er nicht so wie ich, zweitens zahlt er die Heizrechnung (und ich die Miete, die sich nicht ändert, egal, wie wüst wir draufloswohnen) und drittens hat er so seine Ansichten, die sich allerdings nicht auf Situationen erstrecken wie z.B. seine Angewohnheit, den Kühlschrank offen zu lassen, während er sich ein Käsebrot macht oder auch den Fernseher laufen zu lassen, während er eine Stunde lang in einem anderen Raum zu tun hat. Als Heizenergiesparer macht er die meisten Heizungen aus, sobald er den Raum verlässt. Kein Heizkörper sollte höher stehen als auf drei. Steht er auf fünf, "nützt das nichts" in seiner Welt. Ich gehe ein. Der letzte Tag, an dem ich nicht zu irgend einem Zeitpunkt diese dicke, juckende graue Strickjacke anhatte, war vermutlich im September. Ich fühle mich schon ganz blass und steif und müde und wütend, und all das kulminiert in dem Moment, wenn ich aus dem Fenster gucke und immer noch nicht Scheißfrühling ist. So kenne ich mich nicht. Sonst konnte ich dem Winter immer etwas abgewinnen, z.B. den Spaß am Gulasch. Oder den Spaß an eingelegten marktfrischen Heringen. Oder den Spaß an anderen essbaren Dingen. Ich mochte den Winter. Aber jetzt haben wir einen Hund. Jetzt haben wir einen Hund und wohnen in einem Altbau, wo man nicht quasi kostenlos mit Fernwärme heizt. Jetzt haben wir einen Hund, leben in einem arschkalten Altbau und ich bin schwanger. Vielleicht frieren schwangere Frauen mehr? Ich kann nicht mehr ich kann nicht mehr seht ihr denn nicht ich kann nicht mehr. Jetzt habe ich mich ins Bett verkrochen und denke darüber nach, was das wohl für einer wird, der mich da unten gerade so in den Darm tritt. L.s Kopf hat er schon mal geerbt, das wissen wir seit gestern: ein langer, schmaler Kopf im Gegensatz zu meinem stahlharten Riesenrundschädel. Dazu lange Beine, was bedeutet, er wird ein Riese: L. ist fast zwei Meter groß, besteht aber nur aus Rücken mit zwei relativ kurzen Beinen dran. Verlängert man die, dann können wir ganz froh sein, dass unser eiskaltes Häuschen so hohe Decken hat. Ob er meine roten Haare bekommt? Und ob rothaarige Männer bis dahin wohl in Mode sind? Als ich klein war, war es schon mies genug, als rothaariges Mädchen zur Schule zu gehen. Andererseits: wer will sich mit dem 2,20-Riesen anlegen? Sieht man die Haarfarbe überhaupt von da unten? So liege ich hier und denke mir das alles zurecht. Und allmählich wird es etwas wärmer hier unter der Decke.

Donnerstag, 21. Februar 2013

Geoutet.

Was haltet ihr von Mathilda? Phoebe? Fritzi? Nelly? Fanny? Findet ihr gut? Dann würde ich sagen, bedient euch. Denn wie es scheint, haben wir vorerst keine Verwendung für einen Mädchennamen.

Wundert das hier irgendwen? Also, mich nicht.

Eine ungeordnete und bestimmt sehr oberflächlich wirkende Mischung einiger Gedanken, die mir seit dem Ultraschall vor zwei Stunden durch den Kopf geschossen sind:

Immerhin wird er nicht meine Endometriose und meine Myome erben.
Gesund. Nicht zu fassen. Dass mein komischer Gurkenbauch tatsächlich etwas hervorbringen kann, das gesund ist. Und zwar nicht gesund, aber..., sondern gesund. Mit größter Wahrscheinlichkeit gesund.
Verdammte Axt, jetzt muss ich noch mal ran. Ohne Mädchen werde ich dieses Spielfeld nicht verlassen.
Da geht er hin, der größte Teil meines Kinder-Pinterest-Bords.
Ein Glück habe ich meine Schwiegermutter vom Kauf von acht Tonnen Mädchenkleidung bei jacadi abgehalten.
Lili ist ein Jungshund. Das passt.
Immerhin werde ich mir nicht mit einem Mädchen Schreiduelle vor Hollister liefern. Und ich werde niemals gezwungen sein, mir im Stau vor dem Elbtunnel die Jonas Brothers oder Justin Bieber anzuhören.

Ach ja.

Gleichzeitig, anderswo

Gestern Abend auf der Couch sind zwei Dinge gleichzeitig passiert, die so dermaßen nichts miteinander zu tun haben, dass es nur so kracht. Auf dem Bildschirm lief das Bachelor-Finale, und obwohl ich jede einzelne Folge gesehen habe, war das so dermaßen egal, dass ich zehn Minuten vor Schluss aufs ZDF umgeschaltet habe, da lief nämlich das Spiel Galatasaray vs. Schalke. Mann, war das hohl. Und während ich da so lag und mich gefragt habe, ob ich jetzt der Lebenszeit nachheulen soll, die ich in diese Staffel gesteckt habe, oder ob ich mich nicht so anstellen soll, ist schließlich ausgewiesenes Trash-TV und damit genau so geplant, und während ich mir mit den Mädchen geschrieben habe, dass wir an weiteren Mittwochen ab sofort jetzt aber bitte nicht das Nachfolge-Format sehen werden, in dem irgendwelche Paare jeden Tag Sex haben müssen, ging es plötzlich rund. In meinem Bauch war die Hölle los. Unten links, oben rechts - ich konnte sogar die Hand auf den Bauch legen und von außen etwas spüren, wobei "spüren" jetzt suggeriert, dass ich dazu ganz still sein und mich konzentrieren musste. So war das nicht, das waren richtig kräftige Schläge. Die taten nicht weh, die waren nur... so was war noch nie!

Wobei: vor ca. zehn Jahren bin ich in eine runtergerockte Altbauwohnung in Eimsbüttel gezogen. Die Anfangszeit war nicht ganz leicht, ich hatte frisch gestrichen, und die Farbe schlug mir irgendwie aufs Hirn. Tagelang war ich zu nichts zu gebrauchen, hockte in der Ecke und dachte, das (was auch immer) hat doch alles keinen Sinn mehr. Dann verflogen die Dämpfe, und dann spukte es noch so ungefähr ein halbes Jahr. Es kam z.B. vor, dass ich auf dem Boden hockte mit einem Kehrblech und etwas auffegte. Und auf einmal bekam ich einen Schubser in den Rücken und fiel einfach um. Oder ich stand unter der Dusche, etwas schubste mich und auf einmal stand ich mit einem Fuß neben der Dusche. Das gestern fühlte sich ungefähr genau so an, nur von Innen. Es spukt in meinem Bauch. Ich wäre fast vom Sofa gerollt. Und L. war nicht da, um das alles mitzukriegen. Seitdem ist immer wieder mal ein paar Stunden Ruhe. Aber heute Nacht so um drei war es wieder da. Und heute morgen um sieben. Ich kann kaum erwarten, das L. zu zeigen. Und den Mädchen. Einen der Schläge konnte man sogar sehen. Es spukt!

Wobei dies vielleicht der letzte Post ist, in dem es um "es" geht. Liebe Abkürzungsdamen, heute nachmittag habe ich meinen Zweittrimesterscan in der Klinik mit dem Super-Ultra-Mega-Schall, und wenn der nicht herausfindet, ob wir einen Jungen oder ein Mädchen bekommen, dann weiß ich es auch nicht. (Ein Mädchen. Ich denke ganz fest, ein Mädchen. Tut ihr bitte das Gleiche, ja?)

Und eine erste Zählung hat ergeben, dass wir nächste Woche Sonntag zu sechst sein werden beim Frühstücksstammtisch im Gloria um elf. Ich würde diesen Samstag Abend noch mal zählen. Wenn es dann dabei bleibt, reserviere ich einen Tisch für sechs. Es wird mit Sicherheit proppenvoll, also bitte: gebt euch einen Ruck und entscheidet euch! Ich freue mich schon sehr. (p.s. Danke für den Tipp mit dem Season, aber da bin ich mittags schon so oft.)

Montag, 18. Februar 2013

Stammtisch in Hamburg und anderswo

Erst monatelang nichts, und jetzt hopplahopp. Tut mir leid, geht nicht anders. L. hat in seinen Kalender geguckt und zu meiner Freude festgestellt, dass er am 3. März (einem Sonntag) noch rein gar nichts vorhat. So dass er an diesem Tag den Hundesitter machen kann und wir uns zum Brunch-Stammtisch im Gloria treffen könnten. Ich würde vorschlagen, so um elf? Über Zusagen freue ich mich und bitte sogar darum, denn dann kann ich rechtzeitig einen Tisch reservieren, an den wir alle passen. Ich muss allerdings zugeben, dass ich in den letzten fünf Jahren ca. dreimal zum Frühstücken verabredet war und meine innere Landkarte, wo man das in Hamburg gut kann, ein bisschen angegilbt ist. Wenn also eine der Damen ein neues Juwel am Frühstückshimmel entdeckt hat, nur raus damit! Nur weil wir immer im Gloria sind, müssen wir es diesmal ja nicht auch so machen.

Außerdem bin ich zwar schwer gerührt, dass ein paar von euch, die nicht in Hamburg wohnen, sich immer noch über den Kommentarteil des Uralt-Posts "Starthilfe für Stammtische" verabreden, aber ich dachte, für all das Gescrolle hat doch kein Mensch Zeit, deshalb hier eine neue Starthilfe.

Sonntag, 17. Februar 2013

Kleine Föten, kleine Sorgen, große Föten, große Sorgen

Es scheint fast so, als ob Sorgenmachen zu meiner zweiten Natur geworden ist (oder vielleicht auch immer schon war). Denn sobald die Sorge, dass das Kind in meinem Bauch einfach stirbt und mich hier hängenlässt mit meinen Hoffnungen und Plänen wie das letzte Mal, auch nur ein kleines Stückchen beiseite rutscht, sind sofort andere Sorgen zur Stelle. Was wird aus L. und mir, wenn das Kind da ist? Werden wir es irgendwie schaffen, unserem von Windeln und Bäuerchen geprägten Alltag ein bisschen Romantik abzutrotzen? Werde ich es schaffen, L., grundsätzlich hilfsbereit wie kein Zweiter, aber praktisch doch eher der Typ, der Schwierigkeiten damit hat, seine Tasse in die Spülmaschine zu räumen - werde ich den dazu kriegen, freiwillig und unaufgefordert das Kind zu wickeln, zu trösten und spazieren zu fahren? Ohne, dass ich erst Pläne aufstellen, Tränen vergießen und mit Auszug drohen muss? Werde ich meine Schwiegermutter davon abhalten können, uns mit tonnenweise Kram zuzuschütten? Werden wir zwölf Monate lang von Miracoli leben (für eine Woche keine schlechte Aussicht, aber dann...)? Werden wir jemals wieder New York sehen? Oder Sizilien? Oder ein richtiges Restaurant für Erwachsene von Innen? Und wird das tatsächlich klappen, irgendwann - z.B. im Sommer nächstes Jahr - das Kind für zwei Wochen zu meinen Eltern zu geben und mit den Mädchen in einen herrlichen Damenurlaub zu verschwinden? Werde ich jemals wieder arbeiten? Und daran Spaß haben? Und nicht mit irgendwelchen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen abgespeist werden? Werden die sechste Staffel 30Rock, die vierte Staffel Downton Abbey, die dritte Staffel Game of Thrones und die dritte Staffel Girls warten müssen bis 2015? Werde ich jetzt mit Kommentaren indignierter Damen überschüttet, die mir mit hochgehaltenem Zeigefinger erklären, dass ich auf diese Art von Pipifaxsorgen jetzt kein Recht mehr habe? Dass ich überhaupt gar kein Recht mehr habe, mich jemals wieder über irgendwas zu beschweren, so lange es sich nicht um ein lebensbedrohliches Problem meines Kindes handelt? Das wüsste ich wohl gerne.

Den Hunden habe ich außerdem zu verdanken, berichten zu können, dass es Frühling wird. Im Gegensatz zu den vielen Menschen da draußen, die sich z.B. wegen ihrer Couch oder wegen ihrer Hobbies oder wegen ihres Vermieters oder wegen mehr Selbsterkenntnis, als ich jemals aufbringen könnte, gegen einen Hund entschieden haben, bin ich gezwungen, auch an so einem ekligen grauen Stinketag vor die Tür zu gehen und mich in der Natur zu bewegen, sogar ziemlich lange und ziemlich weit. Und ich kann sagen, da draußen tut sich was. Man sieht es nicht auf den ersten Blick, aber auf den zweiten bis zwanzigsten auf jeden Fall. Es ist nicht mehr weit bis Frühling. Und wenn es erst mal Frühling ist, dann ist ruckzuck Flipflopzeit, und wenn erst die Eisdielen wieder aufhaben und es Sonntags nach Grill riecht, ist es schon so gut wie Sommer, und im Sommer kommt das Kind. Ist das zu fassen? Ich finde nicht.

Damit noch mal kurz zum Stammtisch. So gerne ich uns auch noch im Februar zu einem Sonntagsbrunch ins Gloria zusammengepfiffen hätte, es ging einfach nicht, denn an allen Sonntagen im Februar hatte L. ganztägig außer Haus zu tun, und ich kann unsere kleine Epileptikerin immer noch nicht alleine lassen. Aber im März könnte es besser werden. Weil er gerade immer noch unterwegs ist, kann ich leider nicht seinen Turnierplan mit ihm abgleichen, aber ich bin mir sicher, irgend ein Sonntag im März wird sich finden. Nur nicht der 24., da hab ich was vor. Das einzige Mal, dass ich jemals beim Gloria-Brunch war, war übrigens der halbe HSV dort versammelt. Für die Jungs am Tisch ein unerwarteter Bonus, für mich eher lästig, weil mit den Jungs keine Unterhaltung mehr möglich war und ich mich außerdem bei freier Auswahl ernähre wie ein Leistungssportler mit einem Kalorienverbrauch von ca. 8000 täglich, also z.B. von Speck und Eiern, an die aber mit so viel Konkurrenz kaum zu kommen war. Diesmal wird das bestimmt ganz anders. Sagt doch mal, liebe Stammtischinteressierte Abkürzungs- und Ex-Abkürzungsdamen, wer an welchem Sonntag könnte und wollte? Ich verspreche auch, dafür zu sorgen, dass das nicht in eine Runde für Stilltipps ausartet.

Samstag, 16. Februar 2013

Wir haben schließlich gesellschaftliche Verpflichtungen

Ich hatte mir nie vorgenommen, dass sich mit der Schwangerschaft (und dem Kind) gar nichts ändern soll. Das wäre so kreuzdämlich, dass ich das glaube ich gar nicht erst erklären muss. Aber fest vorgenommen hatte ich mir, dass ich nicht versauern will. Ich will nicht schon in der Schwangerschaft jeden Abend auf der Couch liegen und um halb zehn ins Bett gehen. Das heißt, ein großer Teil von mir will genau das, dieser Teil würde am liebsten den ganzen Tag im Schlafanzug verbringen, die Hunde in die Obhut eines professionellen Gassigehers geben, auf den Job pfeifen und sich von Risotto, Pfannekuchen, Pasta und anderem Wohlfühlessen ernähren, am liebsten aus riesigen Schüsseln im Bett oder vor dem Fernseher gegessen. Und jedes Mal, wenn ich etwas vorhabe, das von dieser paradiesischen Aussicht abweicht, muss ich heftig gegen diesen Teil ankämpfen. Gestern Abend war so ein Abend. Wir hatten das bestimmt schon vor drei Wochen ausgemacht, dass wir uns treffen, und ich hab mich seit Tagen drauf gefreut. Um neun waren wir verabredet. Und ab halb sieben schrie mein ganzer kugeliger Körper nach meinem Schlafanzug, der neuen Superwundermatratze (die die Lage mit meinem inneren Schwangerhund ehrlich gesagt auch nicht gerade verbessert hat), irgendeinem Schlonzfraß gefolgt von Schokoladeneis und jedenfalls frühem, frühem Schlaf. "Dann bleib zuhause" sagte der kluge L. "Oder geh hin. Aber hör jedenfalls auf zu maulen". Ich muss sagen, ich bin immer wieder froh und dankbar, dass L. nicht mit mir schwanger ist, wie so viele Männer das zu sein scheinen. Ein verständnisvolles "armer Schatz" und ein paar Streichler über den Rücken hätten in dieser Sekunde gereicht, um mich für den Abend ans Sofa zu ketten. Also habe ich mich für ein kurzes Discorätzchen entschieden (bei mir läuft das leider immer darauf hinaus, dass ich eine Stunde im Bett liege, an die Decke starre und danach müder denn je wieder hoch muss, aber versuchen kann man's ja mal) und fand mich kurze Zeit darauf mit getuschten Wimpern, pinkfarbenem Lippenstift, einem Spritzer Parfum und meiner Ausgehplaylist auf Endlosschleife auf dem Weg in die Stadt. Und natürlich war das genau richtig. Kaum habe ich die Mädchen gesehen, wusste ich das auch, aber vom Sofa aus ist das alles so unendlich weit weg. In meiner müdesten Minute hatte ich mir vorgenommen, bis elf durchzuhalten, geblieben bin ich bis zwanzig vor eins und bin schwer gespannt, was der Rest der Bande gestern noch erlebt hat.
Was ich gestern noch erlebt habe, war fast noch nie: die zweite Alkoholkontrolle meines ganzen langen Lebens. Ein Leben, in dem ich tausende Male spät abends oder nachts am Wochenende im Auto unterwegs war, gerne auch in Ausgehstadtteilen und deshalb mit Garantie umgeben von lauter Leuten, die der Meinung sind, mit vier Gläsern Wein noch problemlos fahren zu können. Hat das die Polizei jemals interessiert? Kein bisschen. Auch diese Kontrolle gestern lief besorgniserregend lässig. Die Herren waren schon ca. einen Kilometer mal hinter, mal neben mir. An irgend einer Ampel signalisierte der eine mir, ich sollte doch mal das Fenster runterkurbeln. "Haben Sie Alkohol getrunken?" rief er mir vom Auto aus zu. "Nee." "Wie viel?" "GAR KEINEN!!!" "Haben Sie ihren Führerschein dabei?" "JAHA!" "So mögen wir das. Schönen Abend noch." Und ich hätte so gerne gepustet! Den Rest der Fahrt habe ich mich allerdings gefragt: warum ich? Liegt es an meiner tiefergelegten kleinen Prollschüssel? Oder am HSV-Kennzeichen, ein Herzenswunsch von L., den ich zähneknirschend erfüllt habe? Oder liegt es daran, dass ich offensichtlich ohne Spiegel weniger gut blind Lippenstift auftragen kann, als ich dachte, wie ich zuhause beim Abschminken festgestellt habe, als ich mir das Clowns-schnütchen aus dem Gesicht gerubbelt habe? Oder war ich einfach nach 22 Jahren Führerschein mal wieder dran?

Gut. Damit zum Ratgeberteil des heutigen Posts. (Ungerecht, ich weiß: ich darf Ratschläge verteilen, ihr nicht.)
1. Nachdem mir Weleda Schwangerschaftsöl zu langsam einzog und die Wäsche gelb machte und Penaten sich anfühlt und wirkt wie ein Industrieabfallprodukt, bin ich jetzt zur Luxusvariante übergegangen: Nuxe huile prodigieuse. Das Fläschchen enthält nur 50 Mililiter und kostet 17 Euro, aber man braucht für jede Bauchrunde nur ein paar Tropfen. Es duftet wie der Himmel, zieht sofort ein und fühlt sich jedes Mal an, als würde ich meinem Bauch ein besonders leckeres kleines Pralinchen spendieren. Ich nehme das direkt nach dem Duschen auf nasser Haut, und vor dem Einschlafen sprühe ich einen dicken Strahl Thermalwasser auf den Bauch und benutze es danach. Ich werde berichten, ob Streifen kommen oder nicht. Die Kugel ist jetzt schon beachtlich und wird bestimmt demnächst die Sonne verdunkeln, wenn ich dann keine Streifen kriege, dann wird dieses Öl auch nach der Schwangerschaft in meinen ewigen Waschbeutel aufgenommen.

2. Ich trinke wirklich gerne alkoholfreies Bier, aber es macht leider einen fürchterlichen Blähbauch. Gestern hatte ich zum zweiten Mal Ipanema, das ist Caipirinha ohne Alkohol: Ginger Ale, Limette, brauner Zucker, Eis. Ziemlich lecker, und man fühlt sich nicht mehr wie das einzige kleine Apfelschörlchen am Tisch, auch wenn mehr Limette und weniger Zucker noch besser gewesen wären. Aber das trinke ich ab sofort auch zuhause.

3. Meinen Yogakurs habe ich jetzt abgesagt und auf meine Email noch keine Antwort bekommen. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es nicht mehr besser wird und dass tanzen mit geschlossenen Augen jedenfalls in meinem Fall der Entspannung nicht förderlich ist. Außerdem bleibt es dabei, dass wir gerade Momo nicht allein lassen können bzw. wollen und L. Donnerstags nicht da ist. Jetzt turne ich mindestens jeden zweiten Tag 45 Minuten zu meiner "Fit mit Babybauch"-DVD, außerdem jeden Tag mindestens 60 Minuten strammer Spaziergang mit den Hunden plus 30 Minuten herumbummeln in der Mittagspause plus zehn Minuten zur Ubahn und zehn Minuten zurück, das sollte an Bewegung reichen. Und wo ist da jetzt der Ratschlag? Ach ja: wenn sich eine von euch für einen Yogakurs in der Schwangerschaft interessiert, keine Expertin in diesem Fach ist und aber jetzt schon weiß, dass auch sie sich beim Mantra-Chanten nicht in die erste Reihe drängen wird, dann rate ich, einen Bogen um Kundalini Yoga zu machen.

Und dann habe ich noch eine kleine Sensation zu vermelden. Gestern Nacht, als ich irgendwann so gegen viertel nach eins zum schlafenden L. ins Bett gekrochen bin und ihm noch eine Viertelstunde lang ungefragt ein Kurzreferat über den Abend gehalten habe, da war es plötzlich da: ein Klopfen. Und dann noch eins. Und noch eins. Unten links. Und dann war ich doch lieber fein still.

Freitag, 15. Februar 2013

Gibt es eigentlich einen offiziellen Rekord für die längste Zeit, die jemand in einem Bademantel verbracht hat?

Der Tag heute hat eine Menge zu tun: die zwanzigste Woche beginnt, L. ist unterwegs in die Heide, um dort unsere neue Familienkutsche abzuholen, und heute Abend treffe ich mich mit einer Mädchenrunde, die mich nur unschwanger und daher mit einem riesigen Glas Rosé auf Eis in der einen und einer Fluppe, die nicht mit Schokolade gefüllt ist, in der anderen Hand kennt. Während L. vollen Einsatz für die Familie zeigt, liege ich hier im Bademantel herum, pflege meine eigentlich gerade nicht besonders pflegebedürftigen Haare mit einer schönen Ölpackung, habe eine trocknende Schicht Dr.Hauschka-Schlamm im Gesicht, wasche ein bisschen Wäsche, um wenigstens nicht ganz untätig zu sein, gucke mir zum achthundertsten Mal Downton Abbey an und mache zwischendurch als Alibi das Viertelstunden-Workout von meiner Schwangerschaftsgymnastik-DVD. Die Hunde gucken mir hingerissen zu. Im Wintergarten steht der große Topf mit dem eingelegten Sauerbraten, was nach Super-50er-Jahre-Hausfrau-Overkill-als-nächstes-klöppelt-sie-ein-Spitzendeckchen klingt, aber bisher ca. drei Minuten Arbeit erfordert hat (Weinflasche entkorken, Wein in Topf, halbe Flasche Essig in Topf, ein paar Pfefferkörner, Pimentkörner, Wacholderbeeren und Lorbeerblätter dazu, gehacktes tiefgefrorenes Suppengrün dazu, drei Zwiebeln halbiert und dazu, Fleisch rein, Deckel drauf, fertig), an den mach ich mich morgen, heute feiern wir die Ankunft des neuen Autos mit Steak Béarnaise und Spinat, und wieder mal bin ich dankbar für meinen positiven Toxoplasmose-Test. Ich bin überhaupt für vieles dankbar gerade. Ich bin euch dankbar für die vielen vielen Geburtsberichte, denn glaubt mir: ich wollte das wirklich wissen. Ich bin dankbar, dass heute die letzte Woche der ersten Hälfte dieser Schwangerschaft beginnt und ich immer noch schwanger bin, zumindest, soweit ich das beurteilen kann. Ich bin dankbar, dass Momo seit Donnerstag keinen epileptischen Anfall mehr hatte. Ich bin dankbar, dass ich mich endlich zu Klartext durchgerungen habe und jetzt nicht mehr in den Yogakurs gehe. Ich bin dankbar, dass ich diesen Schlumpf-Vormittag für mich habe und meine müden schwangeren Knochen ein bisschen pampern kann. Ich bin dankbar, dass meine Mädchen mich jetzt nicht aufgegeben haben, nachdem ich in den letzten Wochen so oft entweder gar nicht erst aufgetaucht bin oder aber gegen zehn nach dem Taxistand geschielt habe, sondern dass ich heute Abend mitten in einem schnatternden, glitzernden und mit Lipgloss verzierten Haufen sitzen werde. Und ich bin dankbar, dass ich meinen Frieden mit den Sorgen gemacht habe. Auch dabei haben mir die Geburtsberichte geholfen, so komisch das vielleicht auch klingt. Ich habe mir noch mal den dreiteiligen Geburtsbericht des zweiten Kindes von dooce (die ihr in meiner Blogroll findet) angesehen. Irgendwie hatte sie sich diesmal in den Kopf gesetzt, es ohne Schmerzmittel zu versuchen, und hat sich während der Wehen und der Geburt vorgestellt, sie wäre eins dieser hässlichen Gartendinger: eine Kugel, über die Wasser fließt. Sie ist die Kugel, die Schmerzen sind das Wasser. Man kann das Wasser nicht ignorieren, aber es fließt eben einfach über die Kugel und kann ihr nichts anhaben. Und so ähnlich mache ich das gerade mit den Sorgen und Ängsten, das Kind wäre längst in meinem Bauch gestorben, und wenn noch nicht jetzt, dann spätestens übernächste Woche. Die Angst ist da, und kein gutes Zureden und keine Beispiele von anderen Damen, bei denen doch schließlich auch alles gut gegangen ist, können sie vertreiben. Aber ich habe meinen Frieden damit gemacht, und ich lasse sie mal machen, so lange sie mich machen lässt. Das geht ganz gut mit uns beiden seitdem.

Dienstag, 12. Februar 2013

Opa will nicht vom Krieg erzählen

In meiner Umgebung wimmelt es nicht unbedingt von Menschen mit kleinen Kindern. Wir streichen das "kleinen", mit Kindern. Und die, die davon erzählen könnten, wie das ist, so eine Geburt - die hüllen sich meist in diskretes Schweigen. Wollen sie mir keine Angst machen? Jetzt ist es eh zu spät, jetzt muss ich da durch. Können sie sich nicht erinnern? Das wäre schön. Denken sie, das wird zu unappetitlich und sind zu feinfühlig? Vielleicht. Das Problem ist nur, ich wüsste so gerne, wie das ist. Ich z.B. hatte schon zig Vollnarkosen, und wenn jemand seiner ersten Narkose entgegensieht und gerne wüsste, was auf ihn zukommt, stehe ich bereit wie ein Kastenteufel und kann aus dem Stegreif fünf Minuten lang erzählen. Oder Spritzen: ich weiß nicht, wie viele Din A 4-Seiten ich allein in diesem Blog schon mit meinen Erfahrungen rund um Spritzen vollgequasselt habe. Aber Geburten? Meine Lieblingsbloggerin dooce ist eine löbliche Ausnahme, bei anderen könnte man manchmal fast den Eindruck bekommen, die Babys hat DHL gebracht. Mit Glück erfährt man noch solche dürren Eckdaten wie "sieben Stunden" oder "4.250 Gramm", aber das war es dann auch schon. Und jetzt? Zurück ins Forum? Nur über meine Leiche. Das müsste doch mal eine echte Knallererfahrung in unserem an Aufregung eher armen Leben sein, man müsste doch noch die nächsten fünf Jahre alle Partygäste in Atem halten! Oder reden die darüber nur, wenn sie unter sich sind? Wenn sich nach dem Dinner die kinderlosen Damen mit ihren Cognacs und Zigarren ins Billardzimmer verziehen? Muss ich das etwa alles erst selbst erleben, um zu wissen, wie das ist?

Vor ca. 25 Jahren saß ich mal mit offenem Mund in einer Biostunde. Unsere Biolehrerin hatte diesen Zeitpunkt gewählt - ihrer Meinung nach vor dem Start sexueller Aktivitäten - um uns nachhaltig zu warnen: das kommt davon. Wir kriegten ein vor allem beige- und orangefarben gefilmtes Video aus den frühen 70ern über die Geburt zu sehen. Ich kann mich an jede Menge Haare, Blut, Scheiße, Schlaghosen und Schnurrbärte erinnern. Und daran, dass man vor allem den Dammschnitt in Großaufnahme zu sehen bekam und ich fragte "Aber tut das nicht weh?" "Nicht so weh wie der Rest" antwortete die listige Frau N. mit sardonischem Lächeln. Es hat gewirkt: mich hat es 25 Jahre lang von jedem Kreißsaal ferngehalten. Aber neugierig bin ich immer noch. (In England, hab ich mal gelesen, bekommen Teenies, bei denen Lehrer die akute Gefahr sehen, dass sie sich eines schönen Freitags volllaufen lassen und dann von irgend einem pickligen 15jährigen Schwanger werden, ein künstliches Baby als Preview mit nach Hause. Das Baby schreit, muss soundsoviele Stunden am Tag am Körper gehalten werden, damit der Lärm aufhört, man muss die Windeln wechseln und es füttern. Es nervt den lieben langen Tag herum, und wenn man es daraufhin entnervt in die Ecke legt, wird es erst richtig lustig. Angeblich bringt das auch den bräsigsten Teenie ins Grübeln. Ich finde, das ist eine Bombenidee, weiß jemand, ob es funktioniert hat?)

Aber vielleicht ist ja hier eine Dame, die das schon kennt und bereit wäre, zu berichten. Oder auf einen wirklich anschaulichen Erfahrungsbericht verweisen kann. Drückt es eher? Zieht es? Zwickt es? Eher so wie Endometriose, wie geplatzte Zyste oder wie Blinddarm? Oder wie alles zusammen? Wie war das mit der PDA? War der Mann dabei, und hat sich das als gute Idee oder Scheißidee erwiesen? Ich bin dankbar für jedes Fitzelchen Information!

Montag, 11. Februar 2013

Liebes Würmchen,

Deine Mutter wiegt jetzt 73,5 Kilo und findet erstaunlicherweise, das ist zu wenig. Bei allem Gesorge und Gegrübele hat sie in den letzten drei Wochen vergessen, jeden Montag Morgen ihr Gewicht zu protokollieren, trist von ihr! Sie erinnert sich nur noch dunkel daran, dass es beim letzten Arztbesuch bei 74,2 war und sie der Sprechstundenhilfe gesagt hatte, das wären aber zwei Kilo mehr als gestern früh zuhause, sie hätte auch schon gefrühstückt samt einem Liter Tee und jetzt die dicken Stiefel und eine Wolljacke an, und die Sprechstundenhilfe sie nur ansah, als würde sie gleich mit russischem Akzent mitleidig "Kindchen" zu ihr sagen. Und dann hat sie nichts mehr gesagt und die Sprechstundenhilfe hat 74,2 in den Mutterpass eingetragen. So dass sie davon ausgehen kann, dass das Montagmorgengewicht auf der heimischen Waage bei ca. 72,2 war. Und das ist jetzt zwei Wochen her. Also: Klappe halten, bitte keine Sorgen machen, es gibt absolut nichts zu sorgen hier, bitte gehen sie weiter. Dazu kommt noch, dass Deine Mutter, der Du diesen einzigen Ausflug in dieses verbotene Konversationsgebiet zwischen Eltern und Kindern verzeihen wirst, damals unter einer wirklich Guinessbuch-würdigen Verstopfung litt und erst später nach mehreren Litern lauwarmem Zitronenwasser ein völlig neuer und vor allem leichterer Mensch war. Und jetzt wird Mama für immer schweigen von den Geschehnissen in ihrem Darm, jedenfalls Dir gegenüber, ansonsten kann ich da nichts versprechen.
Der fünfte Monat mit Dir ist an den meisten Tagen so, wie die Leute sagen: ich bin mal müde, mal nicht, aber ansonsten fühle ich mich gut. Nicht mehr ganz so schwerfällig wie im vierten, die Horrorhaare haben sich auch beruhigt (erst nach der Schwangerschaft werde ich wissen, ob das am guten Phytokeratin-Shampoo liegt oder an Dir), ich schiebe einen hübschen runden Fußballbauch vor mir her und finde eigentlich, ansonsten bin ich noch nicht so uffjedunsen, wie ich mich noch vor ein paar Wochen gefühlt habe. Der Blutdruck plätschert mitten im grünen Bereich dahin, ich nehme jeden Tag meine zwei femibion-Kapseln, und mit Nahrungsmitteln fühle ich mich fast schon als alter Hase: routiniert mache ich Montags morgens den Schwenk in unserem Mini-Edeka an der Ubahn und decke mich mit allem ein, was ich für eine Arbeitswoche unbedenkliches Stullenglück brauche, und ob die in der Bäckerei ihre Brötchen mit Mayo, Uran oder Brennpaste bestreichen, kann mir egal sein. Wenn ich Abends nach Hause komme, falle ich immer noch lieber aufs Sofa, als umfangreiche Aktivitäten zu entwickeln, aber ich fühle mich der Müdigkeit nicht mehr so ausgeliefert, und dass ich nachts immer noch mehrere Stunden schlaflos hin- und herwälze, ist eben so - sobald ich aufhöre, mir noch zusätzlich den Kopf zu zerbrechen, wie mies dadurch der Tag morgen wird, ist es nur noch halb so schlimm.
Donnerstag nächste Woche sehen wir uns zum zweiten großen Ultraschall-Scan in der Klinik, in der damals Würmchen 1 gegangen ist, ich meine Konisation hatte und wo Du eine Tür weiter in meinen Bauch gepustet wurdest. Und dann erfahren wir nicht nur, wie es Dir geht, ob immer noch alles so fabelhaft in Ordnung ist wie beim letzten Scan und ob alles so wächst, wie es soll, sondern auch, ob Du ein Mädchen oder ein Junge wirst. Deine Oma würde sich vielleicht beschweren über diesen bisher einzigen Anflug von schlechtem Timing, denn ihre EC-Karte juckt schon gewaltig, Dich mit Babysachen einzudecken, und bis dahin ist der Sale in den großen Babyläden beendet. Mir ist das so herzlich wumpe, wie es nur sein kann, ich freue mich schon zu sehr darauf, in den sechs Wochen Mutterschutz vor der Geburt ächzend und watschelnd im Schneckentempo durch die Läden zu schnaufen und selbst auszusuchen, was wir brauchen. Dann hängen wir Bilder auf, ich setze vielleicht meinen Plan in die Tat um, bei einem Ikea-Babybettchen ein paar einzelne Stäbe vor dem Einbauen bunt anzumalen, und wir wienern noch mal alles gründlich durch, damit wir bereit sind für die Monate im Halbschlaf und Glücksvollrausch, die dann hoffentlich kommen. Schade, dass wir nicht mit den Hunden einfach jetzt schon auf Vorrat spazieren gehen können: vier-fünf Stunden am Wochenende, wenn das Wetter schön ist, damit sie dann, wenn Du kommst, mit einem kurzen Bummel durch den Garten zufrieden sind.
Für Dich gab es bisher noch nichts zum Anziehen, aber Mama hat sich gestern dazu durchgerungen, ihre Garderobe etwas aufzustocken: mit einer Latzhose, einer Wolljacke, einem Kleid und einer Strumpfhose von Asos Maternity. Dass Du den ersten Sale Deines Lebens verpasst, muss ja nicht heißen, dass ich das gleiche tun will. Und wenn ich möchte, dass Dein Vater, der das Fototalent in unserer Familie komplett gepachtet hat, mal ein paar hübsche Schwangerschaftsfotos von mir macht und ich nicht mehr selbst mit dem Telefon vor dem Spiegel stehen muss, dann sollte ich mich besser in Schale werfen. So jedenfalls wird das nichts:


Ich wünsch Dir das allerbeste, mein Würmchen!
Deine Mutter.


Sonntag, 10. Februar 2013

Frau Doktor, Frau Doktor

Ich dachte immer, die haben einen ganzen Stab von Ärzten als Berater, damit sie sich nicht blamieren mit ihrer Serie. Ich dachte, das wäre klar! Und jetzt ist sie im dritten Monat, man sieht noch nicht mal einen Bauch, und sie als Vollprofi ist plötzlich sehr aufgeregt, was dieses Flattern zu bedeuten hat, bestimmt eine Fehlgeburt, oder? Und die Kollegin legt ihr die Hand auf den Bauch und verdreht die Augen: Das ist das Baby, das tritt, Dummerchen! Ach soooo!

Tritte in der elften Woche. Die man von außen mit der Hand spüren kann. Klar!

Psssst, Sonntag

Die Hunde waren spazieren, haben gefrühstückt und haben sich jetzt zu zwei behaglich schnarchenden Fellschnecken zusammengerollt. L. ist beim Tischtennis. Ich bin aus der Hundejeans wieder in meine Pyjamahose gestiegen, trinke Tee, esse mich durch den Kühlschrank und genieße den tiefen Frieden, das frisch bezogene und nach Ökozitronenwaschmittel duftende Bett und die verschneiten Bäume vor dem Fenster. Wäre das Würmchen in meinem Bauch nicht, käme ich an so einem blitzblanken Tag in Versuchung, mit einer neuen Fastenwoche zu liebäugeln. Stattdessen wärme ich mir nachher die Sauerkrautreste auf, bummele am frühen Nachmittag mit den Hunden am Flüsschen entlang, und dann mache ich mir vielleicht ein Feuerchen und esse Milchreis. Seit Donnerstag hatte Momo keinen Anfall mehr, und ich traue mich sogar schon wieder, unter die Dusche zu gehen, ohne sie mit ins Bad zu nehmen. Und bei all der weißen Stille spinne ich ein bisschen vor mich hin, wie das alles wohl sein wird? In sechs Monaten? Oder zwölf? Oder fünf Jahren? Weniger still, so viel steht mal fest. Wird an so einem Tag L. vielleicht mit dem Würmchen beim HSV sein? Gehen wir alle zusammen in ein Spaßbad? Zerren wir fluchend einen Schlitten durch den Wald? Liegen wir entkräftet auf unseren schokobeschmierten Sofas herum und schaffen es gerade noch so, zusammen eine Astrid Lindgren-DVD zu glotzen? Gibt es dann noch DVDs? Ohne, dass die Angst großartig nachgelassen hätte, träume ich doch trotzdem davon, wie das alles wird - aber das habe ich auch schon getan, bevor ich überhaupt schwanger war. Ich träume von Wochenenden, an denen alle Freunde willkommen sind, von lustigen, lauten Mahlzeiten, für die niemand nach Hause geschickt wird, von Zelten im Garten, von Essen auch mal unterm Tisch, oder davon, mein Kind auch mal ausnahmsweise nachts um zwei zu wecken, damit wir zusammen Schokocroissants backen und hinterher in einer Wolldeckenhöhle essen können. Machen wir an so einem Tag einen Ausflug? Spacken wir auf der wii herum? Oder spackt Würmchen lieber alleine und schämt sich tot für den Mitspackwunsch seiner doofen Mama? Was sagt es überhaupt zu mir, Mama, Mutti, hoffentlich ja wohl nicht Flora?

Neuigkeiten vom Würmchen:
Eigentlich keine. Ich spüre ab und zu etwas, habe aber keine Ahnung, ob das nun Mutterbänderschmerzen oder Endometriosekrämpfe oder Tritte oder Wachstumsschmerzen oder Gasblasen oder Poltergeister sind. Aber ich habe beschlossen, dass das noch eindeutiger wird, dass es mich bis dahin zwar wahnsinnig machen wird, aber dass ich da eben durch muss und in ein paar Wochen vermutlich tiefe Sehnsucht haben werde nach der Zeit, als das Würmchen mich, meine Leber und meine Blase und meinen Magen noch in Ruhe gelassen hat. Gestern war ich mit meiner Schwiegermutter unterwegs, weil sie mir ein Schwangerschaftskleid kaufen wollte, was sich schwieriger gestaltet hat als gedacht, denn in dem ganzen riesigen Einkaufszentrum gab es keinen entsprechenden Laden. Und ich habe stolz zu berichten, dass wir bei jacadi trotz 50% Sale und aus Nähten platzender Kreditkarte meiner Schwiegermutter nichts gekauft haben. Nichts. Erstens weiß ich noch nicht, was es wird, und ich will ein männliches Würmchen nicht in noch so niedliche Schleifenbesetzte Strickponchos stecken. Und außerdem dachte ich, für den Dammbruch ist es noch zu früh, und einen Dammbruch würde das bedeuten: wenn wir jetzt diesen verdammten Poncho kaufen, dann vergeht in Zukunft kein Tag, an dem meine Schwiegermutter nicht mit einem neuen Babyteil hier anrückt, und ich will es genießen und selbst aussuchen und erst mal abwarten, welche Sorte Baby das wird und was zu ihm passt. Eher struppig, drall und rothaarig? Oder lang, fröhlich und ziemlich nördlich? Das kommt alles noch, aber nicht jetzt, 50% hin oder her.

Was den Frühstücks-Stammtisch betrifft, müssen wir mal sehen. Eigentlich wollte ich dem Wunsch einer zum Bersten schwangeren Abkürzungsdame entsprechend noch im Februar einen Termin finden. Jetzt haben wir aber das Problem, dass Momo zwar gerade anfallfrei ist, wir sie aber trotzdem nicht ganz alleine lassen können, und es steht noch nicht ganz fest, wann L. an den nächsten Wochenenden Spiele hat. Wissen wir das, schlage ich einen Termin vor, und dann sehen wir uns ja vielleicht wirklich noch in den nächsten drei Wochen? Bin übrigens ein bisschen aufgeregt wegen der gigantischen Schwangerschaftsquote innerhalb der Runde vom letzten Mal. Nicht zu fassen, das war noch nie! Ich hoffe aber trotzdem, dass nicht nur schwangere, sondern auch Abkürzungsdamen kommen.

Freitag, 8. Februar 2013

Der Hund ist krank, und sie redet vom Essen

Gestern noch zwei Schreckmomente: zweimal bin ich aus der hintersten Ecke des Hauses durch wilde Kratz- und Scharrgeräusche angelockt dazugekommen, als die arme Maus einen Anfall hatte. Wir waren noch mal beim Tierarzt, diesmal bei ihrer regulären Tierärztin, und es könnte sein, dass ein Herzproblem die Ursache ist. Außerdem habe ich festgestellt, wenn ich das Tier ganz fest im Arm halte und beruhigend auf sie einrede, verletzt sie sich nicht so leicht und der Anfall geht schneller vorbei. Wir zerfließen vor Mitleid für unsere arme, müffelnde, wollige alte Momo. Auch L., zurück aus Wien und sonst eher Lilis Herrchen, hält sie ständig im Arm und kann kaum die Finger von ihr lassen. Jetzt stehen Termine beim Spezialisten an, ich berichte dann mal.

Ansonsten habe ich zu berichten: ab heute bin ich in der neunzehnten Woche. Damit noch zwei Wochen entfernt von der zweiten Hälfte dieser Schwangerschaft, was zwar einerseits unfassbar, andererseits aber auch ein bisschen geschummelt ist, denn die ersten vier Wochen, die vor dem Test, kann man doch eigentlich kaum dazurechnen. Andererseits habe ich in den ersten Monaten so viel Nerven und Angst und Schlafverlust angehäuft, dass das vielleicht die fehlenden vier Wochen irgendwie ausgleicht. Ich spüre immer noch nichts bzw. ab und zu mal ein Zwicken hier und ein Blubbern da, aber was das zu bedeuten hat, weiß der Himmel. Yoga gestern habe ich übrigens doch wieder schwänzen müssen, gerade muss immer jemand bei Momo sein, und L. hatte Training, so dass ich vor dem Fernseher geturnt habe, bis mich ein weiterer Anfall da weggeholt hat. Als großen Verlust habe ich das aber nicht empfunden, nun um meine Singstunde gekommen zu sein.

Und meine Vorsätze laufen bisher gar nicht so schlecht: zwei mal war ich im Kino, und bisher habe ich neun neue Rezepte ausprobiert. Beim Kochen wollte ich eigentlich schon weiter sein, aber es ist nun mal tiefster Winter, und je kälter und grauer das Wetter, desto unermesslicher wird meine Sehnsucht nach Essen, das ich schon kenne. Nach Sauerbraten, Sauerkraut, Kartoffelsuppe... bei solchem Wetter habe ich einfach weniger Lust, mit Zitronengras und Grand Marnier und Koriander zu experimentieren. Außerdem kann ich gerade nur die Energie für ein warmes Essen am Tag aufbringen, das sollte sitzen. Sobald der Frühling kommt, wird das besser. Und was könnte an so einem asphaltfarbenen Wochenende schöner sein als zu wissen, dass in der Küche ein riesiger Topf Sauerkraut mit Bratwurst und Kartoffelbrei wartet? Mir fällt jedenfalls nichts ein. (Sauerkraut, hab ich mir sagen lassen, ist außerdem in der Stillzeit - von der ich noch nicht weiß, ob ich eine haben werde - verboten wegen Kinderpupsen und Rabäh. Also ran da.)

Donnerstag, 7. Februar 2013

Aber happy

Eins der düstersten Kapitel meiner ohnehin schon nur schummerig beleuchteten Teenie-Zeit spielte sich so ungefähr 1987 ab. Sowieso kein gutes Jahr, um Teenie zu sein: meine Schule war eine Popper-Diktatur, ich hatte eine Sportbrille und musste mich mit zwei Hosen - eine grüner Breitcord, die andere kariert mit Bundfalten - durch das Schuljahr retten, auf dem Rücken als eine der letzten aus meiner Klasse allen Ernstes einen Ranzen (man trug damals Aktenkoffer aus Blech mit sich rum, auf denen Frauen mit Glitzerlippen Coke tranken). Denkt euch einen Vollbart dazu, und ich wäre ein Hipster gewesen, so war ich nur ein ziemlich trauriges und hässliches armes Würstchen. In irgend einer Regenpause wurden vor dem Chemiesaal ein paar Jungs - nein, nennen wir sie ruhig kleine Soziopathen - aus der sechsten Klasse auf mich aufmerksam, und von der Sekunde an war mein Leben die Hölle. Sie lauerten mir täglich auf, nahmen mir die Mütze oder die Brille oder den Schirm ab und schubsten mich rum. Ich war so doof und wehrte mich, aber auch mit zwei Jahren Vorsprung kann ein stinkwütendes Mädchen wenig ausrichten gegen eine Bande aus sechs kleinen Scheusalen. Es gab auch Zuschauer, die das aber alles wohl ziemlich dufte fanden. Die kaltherzigen 80er! Ich war dabei und kann sagen, alles, was man über sie hört, stimmt. Es war kein Wunder, dass die Biester mit der Zeit immer mutiger und brutaler wurden. Irgendwann kam ich nach Hause und hatte dreckige und zerrissene Klamotten, und meine Mutter glaubte mir das mit den 12jährigen aus der Hölle nicht. Hätte es damals schon ipods gegeben, hätte ich gut daran getan, meinen hübsch zuhause zu lassen. Ich kann mich noch besonders gut an einen der Jungs erinnern, nicht nur, weil er der Anführer war, sondern auch, weil er mich Jahre später mal auf der Tanzfläche eines Clubs nach Leibeskräften anbaggerte, woraufhin ich wenigstens den Abglanz einer späten Rache bekam, und nicht zuletzt deshalb, weil er völlig sinnlos ständig zu mir sagte "Epilepi, aber happy! Epilepi, aber happy!" So war das.

Ok, um endlich zu Potte zu kommen: unser Pflegehund, die liebe alte fusselhirnige und fusselfellige Momo, ist Epileptikerin. Dass ich das ausgerechnet rausfinde, wenn L. für ein paar Tage in Wien ist, wundert mich irgendwie gar nicht, euch? Gestern Abend jedenfalls, als ich gerade in der Küche dabei war, Zwiebeln zu schnibbeln für das Risotto, das ich für die Mädchen machen wollte (wir wollten uns vorm Ofen zusammenrotten und den Bachelor angucken), scharrte sie plötzlich wie wild unter dem Küchenschrank. "Klar, ein Käfer, hoffentlich ist er schlau und versteckt sich", dachte ich noch, da fiel sie auch schon mit verdrehten Augen und nach Luft schnappend einfach um und ruderte wie wild mit allen vier Beinen. Ich habe ihr als erstes in den Hals gegriffen, um zu gucken, ob sie irgend etwas verschluckt hat, was ihr jetzt die Luft abschnürt, Vielfraß, die sie ist. Da war nichts, sie keuchte und ruderte weiter erbärmlich und hatte inzwischen auch eine Pfütze und ein Häufchen auf dem Küchenfußboden gemacht, was sonst nicht ihre Art ist. Dann riss sie sich los und warf sich erst kopfüber in mein Topf- und Pfannenregal, dass die Topfdeckel nur so flogen, dann raste sie ins Wohnzimmer und versuchte, die Zimmerecke hinter dem Barwagen hochzuklettern, woraufhin sie das Schuhregal im Flur umriss und L.s Ablage an seinem Schreibtisch verwüstete, und an diesem Punkt habe ich sie endlich eingefangen und von da an noch fünf Minuten fest im Arm gehalten, bis es vorbei war. Und die ganze Zeit dachte ich, das arme Tier hat Gift gefressen, nur wann und wo? Hamburg ist voller mieser, mieser Häufchen Dreck, die in Parkanlagen präparierte Würstchen und Fleischbällchen auslegen und denen ich allesamt das schlimmste Schicksal an den Hals wünsche, das denkbar ist. Aber ich hatte den Hund seit zwei Tagen eigentlich nur mit Leine ausgeführt, da hätte nichts passieren können. Trotzdem war ich mir sicher, das war es jetzt, und die kleine Maus geht drauf. Bis sie dann irgendwann wieder auf wackeligen Beinchen stand und ängstlich vor mir von einem Zimmer ins nächste geflohen ist. Da habe ich den Tierärztlichen Notdienst angerufen, eine Adresse und eine Telefonnummer in Uhlenhorst bekommen, das zitternde Tier ins Auto gepackt, den Mädchen abgesagt und bin da hingefahren. Und schon unterwegs dachte ich: wenn das mal kein epileptischer Anfall war. Und genau das scheint es gewesen zu sein. Wenn das jetzt nicht häufiger vorkommt, müssen wir gar nichts machen, außer sie gut beobachten und im Zweifelsfall aufpassen, dass sie sich nicht verletzt. Werden es mehr, muss sie Tabletten haben. Und auf dem Rückweg dachte ich: willkommen in der Welt, in der etwas Kleines und ziemlich Verletzliches komplett von Dir abhängig ist, in der von jetzt auf gleich Abendplanung für den Arsch ist, und in der auf einmal nichts anderes mehr wichtig ist, als dass es diesem anderen Wesen wieder gut geht, denn vorher wird es Dir auch nicht wieder gut gehen.

Heute morgen sind die Hunde wie zwei Disney-Rehe über die verschneite Wiese gehüpft, ihre Welt ist wieder in Ordnung. Meine zwar auch, aber auf irgend eine merkwürdige Weise ist sie trotzdem anders als gestern.

In meinem Bauch bewegt sich immer noch nichts, was eindeutig identifizierbar wäre. Aber seitdem ich beschlossen habe, nicht mehr entspannt sein zu müssen, kann ich damit umgehen. Es soll Damen geben, die vor Woche 22 nichts gespürt haben, habe ich mir sagen lassen. Und dieses ganze "also ich hab es schon in der zwölften Woche gespürt, ätschbätsch" ist vermutlich eine besonders frühe Form vom Mein-Kind-kann-das-längst-Battle. "Also, meine Eizelle hat sich innerhalb von drei Tagen 16mal geteilt! Ha!" Oder auch wahlweise eine Form von ausgeprägter Schwangerschaftsblähung. Nein, wir wollen nicht giftig werden: also, andere spüren was, ich spüre nichts.

Was war noch? Heute Abend gehe ich wieder zum Yoga. Ich überlege mir noch, ob das das letzte Mal wird. Und ich habe eine Produktempfehlung: Girls. Ich hatte lange nicht mehr so viel Ehrfurcht vor jemandem wie jetzt vor Lena Dunham, die die Serie mit 26 geschrieben, an HBO verkauft und dann gleich noch Regie geführt und die Hauptrolle gespielt hat. Und selbst, wenn sie 56 wäre und ein alter Hase, hätte ich trotzdem Ehrfurcht, denn das ist wirklich ganz, ganz toll. So toll, dass ich ab und zu sogar den Bildschirm anfasse, um einer der Figuren über den Kopf zu streicheln. (Den könnte ich auch mal wieder saubermachen, den Bildschirm.)

Montag, 4. Februar 2013

So ist das wohl mit guten Vorsätzen im Februar.

Wenn ich erst mal schwanger bin, dann wird das alles ganz anders. Ich werde mich nicht verrückt machen lassen, einen großen Bogen um die blöden Schwangerschaftsratgeber machen, und wenn ich jemals etwas essen will und vorher googele, ob irgendwer im großen weiten Internet findet, das sollten Schwangere lieber lassen, dann... bin ich selbst dran Schuld, wenn ich spätestens im fünften Monat durchdrehe. Ich werde entspannt sein, nicht jedem Pups hinterhergrübeln, mir nicht ständig Symptome und Krisen einbilden und ein echtes Vorbild an Lässigkeit, Unbeschwertheit und Ruhe sein.

Genau. Ein Teil von mir kann sich da immer noch dran erinnern, dass ich das mal fest so geplant hatte, und dieser Teil sorgt dann dafür, dass ich mir ab und zu innerlich eine klebe und mir sage "ja, mag sein, dass der Nicht-Rohmilchkäse gerade den Rohmilchkäse auf der Käseplatte berührt hat, aber Herzchen, jedes Jahr erkranken in Deutschland um die 60 schwangere Damen an Listeriose, das ist nicht gerade eine überwältigend große Zahl, und jetzt iss Dein Käsebrot, Calcium ist gut für Dich." Dieser Teil boxt das auch durch, dass ich mich nicht hängen lasse und im Zweifel lieber zwei Stündchen länger mit den anderen ratsche, als ein Nickerchen zu machen (wobei ich noch nie ein Talent für Nickerchen hatte, schwanger oder nicht: ich kann erst mal gar nicht einschlafen, dann lese ich noch ein bisschen, dann stelle ich entnervt fest, dass ich in 45 Minuten sowieso schon wieder hoch muss, dann schlafe ich doch ein und erwache kurz darauf mit festgeklebtem Sabber auf Wange und Kissen und fühle mich viel schlimmer als vor Beginn des ganzen Unternehmens). Er hält mich von zu vielen Fehlkäufen in der Buchhandlung oder im Fachhandel für die schwangere Dame ab. (Trotzdem erwäge ich den Kauf einer Schwangerschafts-Latzhose bei asos maternity, kennt sich da jemand aus mit den Größen?). Wenn dieser Teil Sendepause hat - und das hat er oft - dann ist allerdings alles ganz genau so, wie ich das nie wollte. Jemand erzählt mir von einem Kind mit Morbus Krabbe, und schwupps googele ich das. Ich googele überhaupt eine ganze Menge. Ich googele Nahrungsmittel, Symptome, ich mache alles, was bäh ist. Ich liege nachts da und versuche irgendwo in mir drin ein Zappeln zu erspüren, und wenn da nichts ist, dann rechne ich mit dem Schlimmsten, und wenn da was ist, dann sage ich mir, da ist nichts, und dann liege ich noch zwei Stunden so da und starre an die Decke, es ist ein Elend. Ich muss zugeben, ich bin meistens nicht das kleinste Bisschen lässig und entspannt, und ich könnte eigentlich mal damit aufhören, so zu tun, als wäre es anders. Und dann denke ich mir: vielleicht ist das eben einfach so, wenn man vier Jahre lang Abkürzungsdame war und eine Fehlgeburt hinter sich hatte, wenn man weiß, dass das nach vier Jahren Anlauf vermutlich die letzte und einzige Chance ist, wenn man auch sonst ein Fusselhirn ist, das sich im Zweifel nie zu wenig Gedanken macht und wenn man das alles zum ersten Mal erlebt. Vielleicht kann ich ja eine neue Lässigkeit daraus ziehen, mir wenigstens keine Gedanken mehr zu machen, weil ich mir Gedanken mache, und das einfach laufen lassen, falls Ihr versteht, was ich meine? Wenn das jemand versteht, dann vermutlich ihr.

Samstag, 2. Februar 2013

Statt Postkarte aus Berlin

Ich tippe diesen Post mit einer Pflasterkonstruktion um den linken Ringfinger, die ungefähr so groß ist wie ein Papierflieger. Wenn es deshalb jetzt Rechtschreibeprobleme gibt, gebt nicht mir die Schuld, sondern meinem kleinen rosa Damenrasierer, in den ich gestern gepackt habe, als ich eigentlich nach meiner Augencreme gewühlt habe. Aber egal: ich bin in Berlin, mitten in einem Mädchenwochenende, auf das ich mich jetzt seit Weihnachten freue. In der Wunderbutze einer reizenden Berliner Dame, von der ich schon so viel gehört hatte und die jetzt so schön ist, dass es alle Vorstellungen sprengt! Gestern habe ich meinen dicken Bauch bis kurz vor zwei hinter den großen Esstisch geklemmt, so lange wach war ich zuletzt... Moment... wartet mal... nein, fällt mir nicht ein. Und heute abend wieder! Liebe Damen, ich verspreche, ich berichte ausführlich, sobald ich wieder zuhause bin. Und das Pflaster ab ist.