Sonntag, 31. Juli 2011

Ein Traum rückt mir auf die Pelle

Ich hab schon lange nicht mehr an einem Wochenende so viel gearbeitet wie an diesem. Und dabei war das komische, dass das, was mir eigentlich leicht fällt - irgendwelchen dahingeplapperten Blödsinn aufzuschreiben - viel mehr Zeit in Anspruch genommen hat als die schwierige Aufgabe, mir irgendwelche Scherze zum Thema Fußball (weiß Gott nicht mein Thema) aus den Rippen zu leiern. Ich darf nämlich wieder mal für die Cosmo schreiben. Morgen ist Abgabe, und weil ich morgen in die Agentur muss, ist heute Abgabe. Das Thema will ich noch nicht verraten, aber es liegt mir eigentlich nahe. Nur: auf einmal bin ich zu bammelig, um es einfach laufen zu lassen. Dazu kommt noch, dass "es laufen lassen" und "bitte nicht mehr als 2.500 Zeichen" zwei Anweisungen sind, die schwer unter einen Hut zu kriegen sind, zumindest unter meinen. Ich habe den Text nicht nur geschrieben, ich habe ihn acht mal geschrieben, bis ich zufrieden war. Und als ich meinen fertigen Text gerade zum dritten Mal durchlas, kam ich auf die sinnvolle Idee, doch mal die Zeichen zu zählen. Es waren fünftausend, und keins davon kam mir überflüssig vor. Jetzt habe ich vier Stunden lang gekürzt und bin fertig. Wieso ist das plötzlich so schwer? So etwas mache ich doch fast jeden Tag, und nie habe ich irgendwelche Skrupel, erst etwas hinzuschreiben und dann die Hälfte wieder wegzuwerfen, ohne noch einen Gedanken daran zu verwenden.
Vielleicht ja deshalb, weil mir gerade klar wird, dass das wichtig werden könnte und dass ich gerne mehr Geld mit Schreiben und weniger Geld mit Texten verdienen würde. Glaubt mir, das ist ein Unterschied. Und auf einmal bin ich so locker wie damals vor zehn Jahren in meinem ersten Vorstellungsgespräch, zu dem ich vollkommen overdressed und mit Muffen bis Meppen erschien. Jetzt könnte es ernst werden.

Bis morgen ist trotzdem noch eine Menge zu tun. Was aber gut ist, denn es lenkt mich davon ab, mir Sorgen zu machen, denn morgen ist nicht nur Agentur, sondern auch Ultraschall in der Klinik, und die dicke Endometriose muss die Hosen runterlassen. Um zehn nach eins bin ich dran, und am liebsten wäre es mir, wenn mir das erst um zehn vor eins einfällt, so dass ich es gerade noch per S-Bahn schaffe, pünktlich zu sein.

Und dann muss ich noch berichten, dass L. und ich zum ersten Mal, seit dieser Hormonzirkus in die Stadt gekommen ist, über Leihmütter sprechen. Wir sprechen nur, längst nicht jeden Tag, und ich ändere alle fünf Minuten meine Meinung. Ich weiß auch nicht. Ich will nicht die Armut einer anderen Frau ausnutzen. Ich will selbst schwanger sein. Aber ich will auch ein Kind. Und manchmal weiß ich nicht, wie lange ich das hier noch hinkriege. Zwei Jahre? Vier Jahre? Dann bin ich 42. Ich weiß, dass das ein extrem kniffeliges Thema ist. Und ich kann euch jetzt schon sagen, ich werde alle Kommentare zu dem Thema lesen, aber die Entscheidung - falls es eine Entscheidung geben wird - wird nicht zur Abstimmung ausgeschrieben werden.

Donnerstag, 28. Juli 2011

Und das mitten in der schönsten Vinho Verde-Zeit

Meine Tage beginnen mit grünem Tee und enden mit Wasser. Und es ist nicht zu fassen, aber mir geht's gut! Ich schlafe meistens wie ein Steinchen, bin jeden Tag ein bisschen weniger verquollen und fertig, und im Moment weiß ich noch nicht mal auswendig, wann genau diese vier Wochen enden und ich es wieder krachen lassen darf. Das ist neu. Selbst in guten Fastenzeiten, wenn alles so dermaßen vor Harmonie aus allen Nähten platzte und im Fluss war, hatte ich doch die Minute, in der der Spuk vorbei sein würde, immer in riesigen Zahlen auf die Hirnrinde tätowiert. Auch die Sache mit dem Weizenmehl funktioniert, bei Budni gibt's Dinkel-Grünkern-Vollkornbrot und Dinkelknäcke mit Kürbiskernen, dagegen kann kein Mensch was sagen. Neulich, als wir alle für einen Job zwei Tage lang der Gastfreundschaft einer anderen Agentur ausgesetzt waren (bei der es mich gewundert hat, dass deren Mitarbeiter nicht alle längst so breit wie hoch sind), habe ich den ganzen Plan kurz vergessen und hatte ohne nachzudenken schon ein dreiviertel Stück lauwarme, frisch gebackene Apfeltorte gegessen, als er mir wieder einfiel. Zehn Minuten später war ich im sechsten Monat. Das passiert nicht jedes Mal, Pasta z.B. geht, aber gerade finde ich, ohne Weißbrot, Kuchen und Kekse bin ich besser dran. (Dieser Zustand ist eine völlig neue Erfahrung und war noch nie da. Bekommt keine Angst, dass ich hier demnächst das Loblied veganer Ernährung singe oder euch die besten Adressen für Reiki empfehle, aber so lange der Zustand anhält, bin ich fest entschlossen, das Beste draus zu machen und ihn auszunutzen.) Ich sitze hier im Grünen, gucke aus dem Fenster, beobachte wohlgefällig den Rasen und die Kräuter beim Wachsen, gehe mit dem Hund, lese Bücher, arbeite, bügele meine Kleider zu Lieblings-DVDs, grüße die Nachbarn, wenn ich sie treffe, wasche ab und streue Kichererbsen in meinen Salat. Sobald der Wunderzustand endet, wird mich das alles langweilen bis zum Kieferkrampf. Aber im Moment ist es ziemlich in Ordnung.

Und ein bisschen abgenommen habe ich auch schon. Nur die Lauferei muss erst mal warten, denn als ich gestern morgen um sieben (so ergeht es Damen, die keinen Alkohol trinken, man lernt ganz neue Tageszeiten kennen) laufen war, habe ich mir die linke Wade gezerrt. (So ist das bei mir immer, wäre es nicht die Wade gewesen, hätte ich mir eine Erkältung eingefangen oder mir einen Zeh gebrochen. Mein Körper sabotiert mich. Das ist alles nichts neu und ein ziemlich alter Witz, aber was soll ich machen? Er erzählt ihn immer wieder.)

Montag habe ich einen Termin in der Klinik. Und falls bei der Gelegenheit nicht rauskommt, dass ich tatsächlich schon wieder völlig zugewuchert bin und mich auf die nächste (ich glaube, das wäre dann die sechste?) Bauchspiegelung freuen kann, haben wir einen vollkommen wilden Plan: Ende August fahren wir nach New York, und ich würde die Pille dann, glaube ich, so absetzen, dass wir es dort, hüstel, mal probieren können. Das war seit drei Jahren nicht da. Und ich bin ein bisschen aufgeregt.

Sonntag, 24. Juli 2011

Für ein bisschen weniger Flora auf dieser Welt

Also, das mit Weight Watchers. Das war so eine Sache. Ungefähr 48 Stunden lang hatte ich auf eine merkwürdige, mir sonst unbekannte Art sogar Spaß daran, jeden winzigen Happen, den ich zu mir nehme, einschließlich das Schüsschen Milch im Tee morgens, in ein Computerprogramm einzutragen. (Ich glaube ehrlich gesagt, dahinter steckt die ziemlich listige Idee, dass man schnell mit einem Kekschen hier und einem Nüsschen da aufhört, wenn man nach zwei Sekunden Essen jedes Mal zwei Minuten Bürokratie zu bewältigen hat.) Aber der geheimnisvolle Effekt, das Weight Watchers Wunder vom letzten Mal (essen was ich will und trotzdem abnehmen, schließlich bezahle ich dafür monatlich 15 Euro) ist diesmal ausgeblieben. Ich kam aus meinem duften Urlaub zurück, inwändig ausgekleidet mit Chips, Hühnchen, Bratkartoffeln, Croissants (nur HAUCHDÜNN belegt mit Schinken, Käse und Mayo) und Zitroneneis, alles geschmeidig gemacht mit fässerweise rosarotem Cava, bestieg die Waage und wog 69 Kilo. 69. Das sind fast 70, und 70 waren noch nie. Die wii ist da nicht so präzise, aber ich habe das dumpfe Gefühl, sobald es 70 sind, findet Nintendo mich zu dick, und mein mii wird von normal pummelig in kugelrund umgestaltet. (Alle, die nicht solche Nerds sind wie ich, können sich den letzten Satz einfach wegdenken.) Im Urlaub schwante mir schon so was, als ich jedes einzelne Mädchenfoto gehasst habe, auf dem ich und meine rote, uffjedunsene Visage zu sehen waren. Allerdings habe ich es da noch auf den Sommer geschoben, der mir ja nicht steht. Stellt euch meinen Zorn vor! Natürlich habe ich sofort Weight Watchers gekündigt.
Jetzt gibt es einen neuen Plan. Und bisher funktioniert er gut, ich bin zufrieden, fresse mich voll und nehme trotzdem ab. Folgendermaßen lautet der Plan: einen Monat keinen Alkohol außer in Fällen, in denen es grob unhöflich wäre, ihn abzulehnen oder die Gerüchteküche hochkocht, ich wäre wohl schwanger. Was ich bekanntermaßen und nachweislich nicht bin und auch so schnell nicht sein werde, wir erinnern uns. Weizenmehl auch erst mal so wenig wie möglich. Denn im Anschluss an den fabelhaften Urlaub musste ich noch für einen Job für zwei Tage nach Barcelona, und während dieses Jobs zeigte sich die spanische Küche von ihrer fürchterlichsten Seite, es wurden ständig Platten mit in Öl frittierten weißen Sandwiches mit Plastikkäse und Plastikschinken herumgereicht und als kleiner Snack zwischendurch frittierte Schweineschwarten. Ich übertreibe kein bisschen! Zum vernünftigen Essen blieb keine Zeit. Ich hätte nie gedacht, dass das mal passiert, aber ich kann kein Weißbrot mehr sehen und habe eine große, unstillbare Sehnsucht nach Salat und frischem Obst. Wo war ich?
Ach so, der Plan. Er klingt nach Gehirnwäsche, und das ist es auch, denn L. bearbeitet mich jetzt seit einem halben Jahr jeden Abend, wenn ich in der Küche stehe und versonnen im Risotto rühre, dass wir unseren Speiseplan nach Tageszeiten abstimmen sollen und Abends keine Kohlehydrate essen. Ich habe ihn immer hochmütig ausgelacht und gesagt, "Schätzelein, Liebes, es ist LÄNGST erwiesen, dass es vollkommen wumpe ist, um welche Tageszeit man seine Kalorien zu sich nimmt, was zählt, sind die Kalorien" und noch ein Stück Butter in den Topf geworfen. Aber jetzt haben L. und die 69 Kilo mich so weit.

Morgens gibt es Birchermüesli, das esse ich an Agenturtagen sowieso zum Frühstück, denn nach dem Aufwachen muss ich erst meine L-Thyroxin schlucken und darf danach 30-60 Minuten lang nichts mit Milch zu mir nehmen, so dass ich nur die Wahl habe, entweder um sechs mein Pillchen zu schlucken und um sieben zu frühstücken, oder bis halb acht zu schlafen, mein Pillchen zu schlucken, ein gut verschließbares Pöttchen mit Milch eingeweichtes Müesli mit in die Agentur zu nehmen, da mit Joghurt und Obst aufzumotzen und am Schreibtisch zu frühstücken. (Die Brötchen, die es in den Bäckereien an meinem Weg zur Arbeit zu kaufen gibt, spotten jeder Beschreibung.) Diese Prozedur ziehe ich jetzt von Montag bis Freitag durch. Samstags und Sonntags gibt es Dinkelvollkornbrot mit Sachen drauf, sonst verliere ich nicht nur den Spaß am Birchermüesli, sondern auch am Aufwachen. Mittags gibt es im Moment noch Salat, weil ich den Hals nicht voll kriege, ansonsten aber, was ich will, also auch gerne Pasta. Und Abends gibt es nur noch Eiweiß und Gemüse. Also z.B. Hähnchenflügel mit Zitrone und Pfeffer aus dem Ofen, dazu gebratene Paprika. Oder grünen Salat und Bratwürstchen. Oder auch nur Salat. Oder ein Stück Fisch mit Broccoli und Sojasauce. Oder was weiß ich. Nach sechs Tagen bin ich jetzt bei 75,5, und das auch nur, weil uns gestern unsere netten Nachbarinnen eingeladen und sabotiert haben, indem sie vor uns ca. zwölf verschiedene Schälchen mit Käsegebäck, Chips und Kräuterbaguette aufgebaut hatten und uns ständig mit Oberflächenspannung Wein nachgeschenkt haben. Das heißt, die jüngere schenkte nach, während ihre 93jährige Mutter bei jedem Glas ein Freudentränchen im Auge hatte und sagte "Das ist so schön, das ist so schön!" und da will man nicht barsch auf Diäten verweisen. (Das ist sowieso etwas, was ich gelernt habe: wenn man schon in der miesen Lage ist, eine Diät zu machen, sollte man bloß niemandem davon erzählen. Die einen finden dann plötzlich auch, dass man zu dick ist, die anderen versuchen es einem auszureden und erzählen einem, wie fabelhaft und genau richtig man aussieht, und nach zwei Gläsern Rotwein glaube ich das natürlich und schiebe mir noch eine Minipizza in den Hals.)
Und dann habe ich noch eine neue App entdeckt, die mir bisher nur Freude gemacht hat: die Nike+ GPS App. Man lädt sie sich für 1,59 aufs iphone, steckt den Kopfhörer rein, zieht die schnellen Schuhe an, geht eine Runde laufen, und während man Musik hört, misst das schlaue Telefon, wo man lang läuft, wie lange schon, wie weit, wie schnell, sagt einem alle fünf Minuten, wie man sich so schlägt, muntert ein bisschen auf, wenn es nötig ist, und ist der Lauf zu Ende, kann man damit auf facebook angeben und sich loben lassen (ich bin ja leider so ein schwaches Tierchen, das immer gelobt werden will, damit es sich überhaupt in Bewegung setzt), und Lance Armstrong persönlich gratuliert einem zu einem neuen persönlichen Rekord.
Ich sage Bescheid, wenn ich bei 65 bin.

Und weil das hier kein Abnehmblog, sondern ein Unterleibsblog ist, habe ich an dieser Front auch etwas zu melden: ich fürchte, die aus dem Hals stinkende, räudige, pickelige alte Petze Endometriose ist zurück. Es ist nur so ein Gefühl. Kein gutes Gefühl, ich bin genervt. Nächste Woche versuche ich, einen Termin in der Klinik zu kriegen. Ich will nicht schon wieder operiert werden. Ich will nicht schon wieder vier Wochen lang keinen Sport treiben können, wo ich gerade in Schwung komme. Ich will nicht schon wieder hören, dass das jetzt aber vermutlich die letzte OP zu dem Thema ist. Ich habe keine Lust mehr, dass Ärzte mir erzählen, sie hätten auch keine Ahnung, warum ich trotz Enantone und Pille immer wieder zu zuwuchere. Denn ehrlich, wenn es das jetzt wieder ist - dann kann ich doch die Hormone auch weglassen und zur Abwechslung vielleicht sogar eine Chance haben, auch zu einem dieser Wundertiere zu werden, die plötzlich einfach so schwanger werden. Vorausgesetzt, die miese Endowurst hat mir nicht schon wieder den einen guten Eileiter abgeschnürt. Drückt mal die Daumen, liebe Damen, ja?

Und zu dem Emotions-Thema kann ich nichts sagen, ich hab nämlich immer noch kein Belegexemplar. Aber ich bin gespannt. "Vernünftig" klinge ich, sagt ihr? Das wäre mal was Neues.

Dienstag, 19. Juli 2011

Meine schönsten Ferienerlebnisse auf Beteigeuze

Am ersten Abend habe ich die Küchenschublade durchgewühlt, keine Schere gefunden, daraufhin mit einem scharfen Messer die Salzpackung aufgeschnitten und mir dabei eine ungefähr zwei Milimeter dicke Scheibe vom linken Zeigefinger abgesäbelt. Daraufhin konnte ich drei Tage nur mit erhobener Hand in den Pool, was so aussah, als würde sich ein extrem fleißiger Schüler jetzt seit Stunden melden und einfach nicht drankommen, vor allem, wenn ich versucht habe, trotzdem zu schwimmen oder Wassergymnastik zu machen. Irgendwann habe ich das Pflaster dann weggelassen, damit die Wunde trocknen kann, aber jedes Mal, wenn ich zufällig meinen Zeigefinger vor Augen bekam (was, wie jeder gerne ausprobieren kann, ständig passiert) wurde mir kurz flau im Magen, so fies sah das aus.

Am zweiten Tag wachte ich auf und war erkältet. Schuld ist mein zugegebenermaßen wunderschöner neuer Badeanzug, den ich im Internet gekauft habe und der wider Erwarten alle Hoffnungen mehr als erfüllt hat. Er sitzt, er ist in keinster Weise schäbig, er wird mit mir hoffentlich noch die nächsten fünf Jahre schwimmen gehen. Aber er ist so extrem solide und alte-Schule-mäßig gebaut, dass er nass ungefähr drei Kilo wiegt und selbst bei 30° einen halben Tag braucht, um zu trocknen. Also war ich erkältet und konnte mich zwei Tage lang nur mit Paracetamol davon abhalten, die anderen pausenlos vollzuquengeln, dass mein Hals weh tut, meine Nase läuft, meine Zähne ziehen und mein Kopf dröhnt.

Ich habe fürchterlich geschlafen und bin im heißen Zimmer immer viel zu früh aufgewacht, gehüllt in ein Laken, das sich über Nacht in ein klebriges Futteral verwandelt hatte, in dem man eingewickelt war wie eine Mumie.

Ich habe gestern Abend sieben Mückenstiche gezählt, von denen jeder einzelne so aussieht, als würden aus den Stichen irgendwann kleine Mückenkinder schlüpfen. Trotz Schutzfaktor 50-Avene-Supersonnencreme aus der Apotheke ist mein Gesicht rot wie das einer routinierten Säuferin. Mein gerade neu gekaufter weißer Alternativbikini ist im Pool ganz widerlich grün geworden, und meine Haare kann ich eigentlich jetzt wegschmeißen. Ich muss leider einsehen: der Sommer steht mir nicht, hat er noch nie. Ich sehe nie hässlicher aus als im Sommer, mit roter Birne, fettglänzendem Teint, strohigen Haaren, und ich kann auch diese netten leichten Sommerkleidchen nicht so fröhlich tragen wie andere, denn nicht nur haben meine Oberarme diese komischen roten Pünktchen, sondern, glaubt es oder nicht, blass sieht man immer gleich doppelt so nackt aus wie braun. (Meinetwegen können andere das elegant finden, ich fühle mich immer erwischt und zupfe an mir rum.) Und wo könnte mehr Sommer sein als im Juli auf Mallorca?

Aber, liebe Abkürzungsdamen, würdet ihr mir glauben, dass das trotz all dieser fürchterlichen Katastrophen ein wirklich großartiger Urlaub war? Dass ich jetzt noch wochenlang melancholisch sein werde, weil er vorbei ist? Dass ich kaum erwarten kann, mich mit den anderen auf die Suche nach der Hütte auf Sardinien zu machen, in die wir nächstes Jahr fahren wollen, damit das alles bitte bitte schnell wiederkommt? Dass ich den ganzen Tag immer wieder zusammenzucke und nicht verstehe, wo denn die Mädchen sind? Und der türkisfarbene Pool mit der pinken Luftmatratze? Und die kleinen Echsen an der Wand? Und wieso kichert und quasselt hier niemand? Und dass ich immer so gegen fünf diesen Impuls habe, in die Küche zu gehen und Tomaten zu häuten für die Bruschetta um sieben? Ich fühle mich wie verwaist. Und das, obwohl ich nach zwölf Tagen Sehnsucht L. wiederhabe und Lili auch.

Was den Kinderwunsch betrifft, war nüschte los. Der hatte mal Pause, wie angekündigt. In den nächsten Tagen muss ich mir mit L. mal überlegen, wie wir uns das vorstellen: jetzt sofort den nächsten Versuch? Oder den Urlaub Ende August noch abwarten? Oder Schluss mit abwarten, durch da? Und wenn ja, spreche ich doch noch mal mit meiner Ärztin über einen Mittelweg – Stimulation ja, aber eben nur ein klitzekleines bisschen? Unter dem blauen Abendhimmel, mit Eiswürfeln im Getränk und meinen Lieblingsmädchen um mich herum war das alles so dermaßen weit weg, viel weiter als Hamburg-Mallorca, eher wie Hamburg-Beteigeuze.

Ich finde, ein Stammtischtermin wäre ein guter Start in die nächste Runde. Die Damen? Vorschläge, Bedenken, Blankozusagen?

Dienstag, 5. Juli 2011

Feeeeeeerien!

Und zwar Hormonf., aber auch sonst. Dementsprechend auf dem Höhepunkt ist die Stimmung. Ich habe gepackt, die Playlist ist längst auf dem sieben Jahre alten ipod, Sonnencreme, Ladegeräte, an alles ist gedacht. Und morgen früh um halb fünf (so ist das, wir sind KERNIGE Urlauber, und wer Gonal verträgt, wird hier nicht jammern) treffen wir uns am Flughafen und besteigen ein Flugzeug mit hoffentlich frisch aufgefüllter Kaffeeküche. Morgen um diese Zeit wird mein erstes Abendessen schon in vier Mädchenmägen verdaut werden, und ab Sonntag kommen noch zwei Mädchen dazu. Wir werden den ganzen Tag um den blauen, blauen Pool unserer schönen, schönen Finca herumlungern, lesen, kichern, über alles reden, was uns bewegt, bedrückt und beglückt, und keinen Finger rühren, außer wir wollen unbedingt. Ich bin zu beneiden. Vor allem bin ich zu beneiden von all den Muttis von drei kleinen Kindern da draußen, die von solcher Art Urlaub frühestens mit 50 wieder träumen dürfen. Denen sage ich, haltet durch! Auch für euch scheint eines Tages mal wieder die Sonne!

Außerdem habe ich noch einen Wunsch. Ich möchte bitte, dass all die Frauen, von denen ich immer wieder erzählt bekomme, die nach jahrelanger vergeblicher Kinderwunschbehandlung zu Homöopath X, Osteopath Y oder Chinamann Z gegangen sind (oder auch meinetwegen zu Feng Shui-Experte Q oder der Grotte der heiligen R) und nun mit Mitte 40 tatsächlich problemlos Mutter von gesunden Zwillingen geworden sind, sich auf einer Festwiese oder einem anderen übersichtlichen Platz versammeln, damit ich sie mal zählen kann. Es würde mich einfach wahnsinnig interessieren, wie viele... egal. Ich will nur zählen, dann dürfen sie wieder nach Hause gehen oder meinetwegen Ferien machen. Gerade jetzt, wo ich die achtstündige Playlist abgespeichert habe und schon das Gefühl habe, meine Zehen wären im Wasser, wünsche ich jedem solche Ferien, wie ich sie vor mir habe.
Vor allem allen Abkürzungsdamen. Macht es gut, liebe Damen, bis zum 19. Juli.