Sonntag, 29. April 2012

Neues von Klaas

Noch schläft L., der Ärmste, es war ein langer bunter Abend auf dem Kiez. Seit einer halben Stunde versuche ich jetzt, ihn wachzustarren, denn dann kann ich ihn dazu bringen, seinen alten Freund Klaas anzurufen. Klaas rief gestern hier an, während L. noch auf seiner Jungs-Sause war, und erzählte, seine Freundin hätte ihn rausgeschmissen, so dass er jetzt wieder bei seinem Vater auf dem Dörpen wohnen muss, mit dem er nicht besonders gut klarkommt (weder mit dem Vater noch mit dem Dörpen). Was bei anderen Freunden Mitleid, Besorgnis und Anteilnahme auslösen würde, löst bei Klaas reine, unverfälschte Neugier und Häme aus. Was auch immer da vorgefallen sein könnte, ist mit Sicherheit eine Bombengeschichte, so viel steht fest, und ich kann es kaum abwarten, sie zu hören.

Zur Erklärung muss eine alte Klaas-Geschichte herhalten: Klaas, immer schon ein Vogel, wenn es um Freundinnen geht, stand eines Tages vollkommen verzweifelt bei uns im Haus. Seine Berliner Freundin, die erste, die einzige, mit der es jemals was Echtes und Ernstes gewesen war, hatte Schluss gemacht und wollte noch nicht mal mehr mit ihm reden. In seiner großen Not hatte er ihr einen seitenlangen Brief geschrieben, und ich sollte den Brief lesen und falls nötig verbessern. Klaas will sein Leben in den Griff kriegen? Mit einer richtigen Freundin? Und einer richtigen Beziehung? Da hilft man doch gerne! Also habe ich kurz den Fluch unterdrückt darüber, dass gerade mein Sonntag flöten ging (der erste freie Tag seit Ewigkeiten, großartiges Wetter, und Abends konnte man sich auf einen Kieler Tatort freuen) und mich mit Klaas im Wintergarten an den Tisch gesetzt, um an die Arbeit zu gehen. Der Brief sollte eigentlich eine Entschuldigung sein, allerdings war auf drei dichtgetippten Seiten keine Entschuldigung zu sehen, sondern höchstens Rechtfertigungen und Gegenanschuldigungen. Scheinbar hatte es ein Pärchenwochenende gegeben, das vollkommen in die Hose gegangen war, und sie hatte eine Bemerkung in den falschen Hals gekriegt und theatralisch ("hysterisch" war glaube ich sein Ausdruck) überreagiert. Dabei war doch alles ganz anders gewesen! Nachdem er mir erzählt hatte, inwiefern anders, haben wir den Brief zusammen neu geschrieben und sind zum Tatort-Vorspann gerade so fertig geworden. Immer noch zerknirscht und ein Schatten seiner selbst ging Klaas dann nach Hause, den Rettungsbrief in der Tasche und von unseren besten Wünschen begleitet.
Zwei Wochen später traf L. sich mit Klaas zum Billard, und da hat ihm Klaas dann erzählt, dass diese miese Kuh sich auch auf den Brief nicht gemeldet hätte, aber naja, vielleicht müsste man das auch verstehen, nachdem er sie erst mit ihrer besten Freundin betrogen und dann scherzeshalber mit dem Gürtel ihres Mantels gewürgt hatte. Ich war ehrlich baff. Nicht nur darüber, dass mir jemand, der so etwas getan hatte, einfach sinnlos meinen Sonntag klaut, sondern auch über die Fähigkeit, so überzeugend in Selbstmitleid und gekränkter Unschuld zu versinken, wenn die Frau nicht nur Grund hat, ihn ein für allemal abzuschießen, sondern eigentlich auch ruhig die Polizei hätte rufen können.

Jetzt fragt ihr euch, was kennt denn L. um Himmels willen für Assis? Aber im Alltag und wenn man nicht gerade eine Liebesbeziehung mit ihm hat, ist Klaas ein netter, fröhlicher kleiner Kerl. Jemand, der auch nachts um vier noch was Lustiges zu erzählen hat. Immer adrett mit Pulli und Krägelchen und im Job bestimmt eine glatte 1. Umso baffer war ich und bin es immer noch. L. verteidigt ihn noch und sagt, Klaas wäre zwar echt jenseits von Gut und Böse, aber so etwas wie das mit dem Würgen wäre mit Sicherheit nicht ernst gemeint gewesen. Dazu kann ich nur sagen, ironisches Würgen ist ungefähr so lustig wie ein Faustschlag ins Gesicht, weil heute der erste April ist. Wäre ich die Berliner Dame gewesen, ich hätte ihn angezeigt, Freund hin, lustiger Vogel her.
Und jetzt hat ihn eine Hamburger Freundin, mit der schon drei mal Schluss war, ein für allemal und für immer vor die Tür gesetzt.

Ob ich L. wohl mal kurz in die Rippen piekse? Oder huste?

Mittwoch, 25. April 2012

Blau ist das neue rosa

Irgendwann vor zwei Wochen ist L. der Faden gerissen, er hat sich einen Kuli genommen und den Fragebogen zur Adoption ausgefüllt. Und als ich abends von der Arbeit kam und mich durch die ca. acht Seiten Umweltpapier geblättert habe, habe ich überrascht gesehen, dass er angekreuzt hatte: Mädchen oder Junge. Gerne auch Geschwister. Gerne auch Zwillinge. Ich war begeistert. Bis vor ein paar Monaten hat L. immer gesagt, er hätte lieber ein Mädchen. Ich hätte im Zweifel - angenommen ich hätte es selbst zur Welt gebracht - auch einen leichten Ausschlag in Richtung Mädchen gespürt. Aber auch über einen Jungen hätte ich mich dämlich gefreut. Ein Grund dafür ist der, dass ich mir sicher bin, Jungs - und Männer - haben es immer noch um Längen leichter in der Welt. Mag ja sein, dass sie mit Spinnenphobie nicht durchkommen und wie selbstverständlich für flüchtige weibliche Bekannte dauernd Waschmaschinen in den vierten Stock buckeln sollen, aber das wiegt längst nicht so schwer wie ein Leben, in dem man bis 30 so gut wie ausschließlich Fehler machen kann und danach sowieso alles falsch macht. Ich weiß, es gibt auch Männer, die voller Selbstzweifel sind, die sich ständig fragen, ob sie nicht zu dick sind, die ihr Selbstwertgefühl ausschließlich daran festmachen, ob Frauen sie attraktiv finden oder die im Zweifel grundsätzlich für alles bei sich selbst die Schuld suchen. Ich habe bisher noch nicht viele davon getroffen. Ich sage nicht, dass ich jetzt, heute, schwuppdiwupp lieber ein Mann wäre, ich habe auch nicht das Gefühl, im falschen Körper zur Welt gekommen zu sein. Um nichts in der Welt wollte ich das Leben aufgeben, das ich gerade führe. Aber trotzdem bin ich sicher: wer als Mann geboren wird, ist besser dran, und das längst nicht nur wegen dieses fürchterlich ungerechten Grundes, dass ich notfalls auch mit 60 noch ein Kind bekommen könnte und wegen mehr Geld für die gleiche Arbeit. Ich kenne einen Mann, der ist das schlimmste Beispiel für das, was ich meine. Dieser Mann ist über 60, hat ein Froschgesicht und wiegt schätzungsweise 190 Kilo. Wo er geht, bebt das Parkett. Egal, um welches Thema es geht, er ist der Experte, und wenn er den Mund einmal geöffnet hat, macht er ihn so schnell nicht wieder zu. In dem Schneckentempo, das nur extrem selbstbewusste Redner durchhalten können, salbadert er und palavert und hält zehnminütige Monologe über seine Sicht der Dinge, die so langweilig, so fehlinformiert, so humorlos und so unnötig sind, dass mich jedes mal die nackte Verzweiflung packt. Denn niemand unterbricht ihn. Jemals! Seit 40 Jahren ist er erfolgreich im Beruf (wobei die eigentliche Arbeit ein Rudel korrekter, fähiger und verhuschter Sekretärinnen macht) und weiß alles besser. Verzweifelt bin ich darüber deshalb, weil ich ihn nicht sehen und hören kann, ohne denken zu müssen: lass das mal einer Frau passieren. Eine Frau, die so aussieht und die solchen Unfug redet, die würde keinen Fuß auf den Boden kriegen. Niemals. Ich weiß auch nicht, in wie vielen Jobmeetings ich schon das gleiche dachte. Wer gibt denen eigentlich das Recht, ständig jedem ins Wort zu fallen? Wer sagt denen dauernd, dass sie grundsätzlich alles können, was sie wollen? Ihre Mütter? Ihre Freundinnen? Sie sich selbst? Männer können so intrigant, faul, doof, geschwätzig, illoyal, einfallslos und peinlich selbstverliebt sein wie sie wollen. Die dürfen das. Wir dürfen das nicht. Und dann sitzt da heute morgen dieser Typ in der Ubahn, Glatze, Schnapsnase, Wampe, und erzählt seinem Freund, er wäre ja der Meinung, bei GNTM wären diesmal aber echt ein paar dabei, die wären zu fett, wenn sie ihn fragen. Und dann ist mir kotzübel geworden, und bevor ich es ins Klo spucke, spucke ich es lieber in den Blog. Kleine Nelly, ich freu mir einen Ast, wenn wir dich erst auf dem Arm halten. Alles halb so schlimm. Mutti hat einfach nur einen dieser Tage. Irgendwann zeigen wir's ihnen, Du und ich. Und dein kleiner Bruder.

Donnerstag, 19. April 2012

Feng Shui, mein Arsch.

Erst wird der Bloguntertitel umbenannt von "Von IVF nach Schwangerschaft und zurück" in "Vom Kinderwunsch zum Kind" und nichts mehr mit zurück. Und dann daddelt L. eines Abends vor ein paar Tagen auf seinem ipad rum und hält mir in schneller Folge die Bilder irgendwelcher Autos unter die Nase, die ihm so gar nicht ähnlich sehen. Und gestern setzt er sich morgens in die Bahn, fährt durch die halbe Republik und kommt abends mit einem Renault Espace von ca. 1990 zurück. Für alle, die nicht zur Zerstreuung ständig in der auto motor sport blättern: das ist ein Auto, das aussieht wie aus den 70ern, das riesengroß ist und Platz für bis zu sieben Personen bietet. Sieben! Das wäre ja eine Familie von Mutterkreuzdimensionen! Oder eben L.s Tischtennismannschaft auf dem Weg zu einem Auswärtsspiel, meinetwegen. Oder ich und sämtliche Mädchen, die meinem Autokharma trauen (sie hätten allen Grund, das nicht zu tun. Ich kann inzwischen kaum noch aufzählen, wie oft ich in grauenvolle Unfälle verwickelt war, für die ich absolut nichts konnte.) (mein Unfallkharma scheint dagegen 1a zu sein: ich habe bei keinem davon eine Schramme davongetragen, und auch keiner meiner Fahrgäste kam zu Schaden, und das, obwohl z.B. damals in der Silvesternacht bei dem Zusammenprall meiner Ente mit dem feindlichen Fiat einer total besoffenen Bekloppten zwei meiner Fahrgäste noch nicht mal angeschnallt waren. Mit 70 Sachen sind wir auf der Landstraße ineinandergedonnert, weil sie meine Spur mit ihrer verwechselt hat bzw. die Straße mit ihrem Partykeller, und alle sind auf zwei Beinen und ohne Blutverlust ausgestiegen.) (Ich würde trotzdem nicht mit mir fahren. Obwohl ich gern fahre! Trotz allem!). Wo war ich? Ach so, bei Feng Shui. (Feng Shui und Kharma in einem Post. Wird das jetzt hier einer dieser Blogs? Nein, wird es nicht.) Jedenfalls, die Adoptionsunterlagen sind abgeschickt, der Bloguntertitel ist geändert, und L. hat schon mal den Wagen vorgefahren, in dem wir demnächst mit unseren Äthiopischen Fünflingen ins Spaßbad fahren.

Wir wären so weit.

Dienstag, 17. April 2012

Tschüß Klapperstorch, Hallo Zahnfee

Kaum sind die Adoptionsunterlagen komplett, schon merke ich, dass tatsächlich ein Ruck durch mein ganzes Dasein geht: ich habe Gesundheitsnews, und sie haben nichts mit Kinderwünschen, Zysten, Ilsen, Myomen und ähnlichem Gelerch zu tun. Ich zahne! Gestern habe ich mir nach dem Mittagessen die Zunge an etwas gestoßen, das da nicht zu sein hatte. Und inzwischen ist klar, mit fast 40 bekomme ich noch mal Zähne. Ach was, Zähne, gewaltige Hauer! Habe ich erst meine äthiopischen Zwillinge und spaziere mit ihnen durch den Wald, dann kann ich Spaziergängern, die uns zu nahe kommen, damit die Beine samt Schlagadern aufschlitzen, wie das Bachen für ihre Frischlinge tun. Wenn ich sie nicht bis dahin entfernen lasse. Wovor ich mich gerne drücken würde, denn meine Weisheitszahn-OP links war das nackte Grauen. Vor allem der untere Zahn muckte, brach in zig Stücke, und während der schon etwas ältere Kieferchirurg fürchterlich fluchend und pustend über mir hing und ich das Knirschen meiner eigenen Zähne im ganzen Kopf hörte, tropfte mir sein Schweiß ins Gesicht und mein Blut spritzte an seine Brille. Das Ganze dauerte fast zwei Stunden. Danach war der Ärger aber längst nicht vorbei, noch heute drücke ich ständig von außen auf dieser Wange herum, weil ich immer das Gefühl habe, da klemmt was. Irgendwas! Ein Hohlraum, eine kleine Höhle, gefüllt mit zum Teil Wochenalten Nahrungsmitteln! Zwei Zahnärzte haben das geröntgt und mir versichert, da wäre nichts. Es fühlt sich aber so an. Phantomnahrungsreste! Außerdem war damals ein Jahr lang meine Lippe einseitig taub, Rotweintrinken in der Öffentlichkeit war nicht möglich und privat mit gewaltigen Reinigungskosten verbunden. Und jedes Mal, wenn sich das Wetter ändert, jammere ich herum wie ein Weltkriegsveteran, weil dieses dumpfe Brummen in der Wange sich vom Ohr bis zur Schulter zieht. Und das jetzt beidseitig? Ich denke nein. Ehrlich gesagt, Zysten-News wären mir lieber. Herzlich willkommen in einem neuen Lebensabschnitt.

Mittwoch, 11. April 2012

Kein Pony für dieses Mädchen

Viele, viele Jahre und viele, viele Friseurtermine über spielte sich die folgende Szene wieder und wieder ab:

ich: "Ähm, ich hatte mir überlegt, wie wär's mal mit einem Pony?"
Friseur: "Würde ich von abraten."
ich: "ich dachte auch nicht so einen doofen oder geometrischen oder kurzen, sondern einen dicken, weichen?"
Friseur: "mit Nachdruck."
ich: "ich hab hier mal ein Foto..."
Friseur: "Seh ich nicht."
ich: "So ähnlich? Ich meine, das will ich schon so lange mal, sollte ich das nicht einfach mal ausprobieren?"
Friseur: "Non. Njet. Not."

Und das war es dann jedes Mal. Egal ob Duzfriseur oder Siezfriseur, Vollbartfriseur oder Nagelstudionägelfriseuse, alle haben den Kopf geschüttelt und mir erklärt, dass ein Pony mit meinen Haaren (lockig, störrisch und komplett unberechenbar), meiner Kopfform (groß. rund.) und meinem Stylingverhalten (nicht vorhanden, das letzte Mal, das ich gezielt ein Stylingprodukt eingesetzt habe, war zum Kinderfasching 1983 in der Dorfgemeinschaftshalle, als ich als kleiner Vampir ging; geföhnt wird mit Fahrtwind) eine absolute Kackidee ist und ich es bitter bereuen würde, wenn ich es trotzdem täte.

Dann zog ich zu L. und damit in Laufentfernung des Salons "Gute Köpfe". Dort demonstrieren ca. zwanzig Friseurinnen täglich, was an anderen Friseuren sie grundsätzlich erst mal scheiße finden: Termine. Dauerwellen. Nagelstudionägel. Siezen. Und weil ich erstens das Gefühl von Nagelstudionägeln auf meiner Kopfhaut hasse, zweitens in unmittelbarer Vergangenheit wegen eines aus dem Ruder gelaufenen Jobs drei Friseurtermine platzen lassen und trotzdem bezahlen musste und drittens dachte, wieso denn nicht, und wenn die jetzt für 18 Euro Quatsch schneiden, dann gehst du nächste Woche in der Mittagspause zu Peter Polzer oder lässt es rauswachsenm saß ich schwups wieder vor einem Spiegel, gehüllt in einen Polyesterumhang.

ich: "Ähm, ich hatte mir überlegt, wie wär's mal mit einem Pony?"
Piercingmädchen: "Jo."
ich (fassungslos): "ich hab hier auch ein Foto... so?"
Piercingmädchen: "Yep."
ich (sicherheitshalber): "ich mein, das ist also überhaupt kein Problem? Mit meinen Haaren? Oder meiner Kopfform? Oder meinem nicht vorhandenen Stylingverhalten?"
Piercingmädchen: "Nö."

Ca. fünf Minuten später hatte ich einen Pony und war begeistert. So begeistert, dass ich zuhause sofort ca. fünfzig selbstverliebte Portraits mit dem Fotofix-Programm auf dem Rechner machte und ein paar davon an die Mädchen mailte, die ebenfalls begeistert waren. Dann habe ich mir die Haare gewaschen. Und seitdem gibt es eigentlich keinen Anlass mehr, mich zu fotografieren. Es sieht grauenvoll aus. Und seit mittlerweile fast zwei Jahren warte ich darauf, dass dieser Mist endlich rauswächst. Auch Peter Polzer kann da nichts machen, wie auch? Pony-Extensions? Das einzige, was hilft, ist, eine Mütze aufzusetzen. In meiner Not habe ich sogar schon versucht, es doch mal mit einem Stylingprodukt zu probieren. Davon habe ich inzwischen sieben, eins immer nutzloser als das andere. Mein Pony fällt nicht weich bis zu meinen Augen und verschleiert geheimnisvoll meinen Blick. Teile von ihm zeigen nach oben, andere pieksen mir in die Augen oder verschleiern mir den Blick auf rote Ampeln. Am schlimmsten ist es immer am zweiten Tag, dem Tag vor der Haarwäsche, dem Tag mit dem Pferdeschwanz. Dann habe ich das Gefussel nämlich vorne und hinten im Genick. (Lockenbesitzerinnen wissen, wovon ich rede.) Es ist, als wäre mein ganzer Kopf unscharf. Ich weiß, dass ich ein Fusselhirn bin, aber das soll man doch nicht sehen!
Was habe ich daraus gelernt (falls überhaupt)?
Manchmal soll man auf die Experten hören.
Und: vielleicht sind Ponys wirklich nicht für jedes Mädchen eine gute Idee. Zum Beispiel für dieses hier.

Zum Glück sieht das mit einem Baby anders aus. Mein Adoptionstext ist fertig. Und die härteste Tür der Stadt für meine Texte (findet er grundsätzlich zu geschwätzig, zu lang, zu mädchenhaft, zu... naja), L., findet ihn gut.
Uff. Das war hart. Eine schwere Geburt, sozusagen.

Sonntag, 8. April 2012

Ilse vs. Nelly: 0:12

Ich kann es nicht auf die Minute genau sagen. Aber seit schätzungsweise drei Tagen ist sie in meinem Kopf und macht keine Anstalten, wieder zu gehen: Nelly. Die kleine Nelly aus Äthiopien. Wir sind uns zwar noch nie begegnet, und vermutlich ist sie im Moment noch nur ein leichtes Rumoren im Unterbauch einer ziemlich verzweifelten Frau, aber ich gehe fest davon aus, dass es sie gibt und wir uns irgendwann mal näher kennen lernen werden. Inzwischen habe ich sogar schon zwei mal von ihr geträumt. Das war ein bisschen wirr und eigentlich auch bei bestem Willen kaum wiederzugeben. Wenn ich wach bin, träume ich davon, ihr zu zeigen, was Eichhörnchen sind, mache sie mit Pippi, Mathilda, Michel, Kalle, Harry und Jim Knopf bekannt, lasse sie auf Lili reiten, backe mit ihr Weihnachtsplätzchen und wische ihr die Rotznase ab. Ich kann es wirklich kaum abwarten, bis es endlich so weit ist.

Donnerstag, 5. April 2012

Besondere Kennzeichen

Beim Anziehen eines Pullovers schlüpfe ich zuerst in die Ärmel, dann in den Rest. Beim Ausziehen mache ich es dagegen wie die anderen Jungs: erst im Nacken packen, dann über den Kopf ziehen, dann auch aus den Ärmeln schlüpfen. (Meinen Ex-Chinamann würde das nicht überraschen.) Ich halte es im Kopp nicht aus, wenn in meiner Nähe jemand einen Apfel oder eine Banane isst. Das Geräusch - genau wie das Schaben von künstlichen Fingernägeln über egal welche Oberfläche - macht mich fertig und bringt mich dazu, an der nächsten Ubahn-Station den Waggon zu wechseln. Fängt jemand im Flugzeug neben mir damit an, bin ich doomed. Obwohl ich extrem konkrete Vorstellungen dazu habe, wie welches Gericht gekocht werden sollte, und inzwischen fast drei Meter Kochbücher besitze, muss ich zugeben, dass ich Miracoli mit Miracoli-"Parmesan" genau so gerne esse wie eine ausgefuchste, mit Liebe gekochte Napoli-Sauce. Ich gucke englische Filme und Serien lieber im Original, versuche aber, das nicht zu oft zu sagen, weil ich das bei anderen als sicheren Wichtigtuer-Indikator vermerken würde. Mit meinem ältesten Freund bin ich erst seit dem Studium befreundet. Ich habe kein räumliches Sehen. Meine zweiten Zehen sind deutlich länger als die dicken Onkel daneben. Trotz meiner krummen Füße (geerbt von Mutter und Oma) habe ich keinerlei Schwierigkeiten, 12 Stunden am Stück auf High Heels unterwegs zu sein (nicht von Mutter und Oma geerbt). Ich würde gerne mal zu Fuß von Hamburg nach Rom laufen, ohne den geringsten religiösen Hintergrund (und nicht auf High Heels). Ich würde auch gerne mal auf einem Islandpferd um Island herumreiten. Wie Harry in "Harry und Sally" lese ich immer den Schluss des Buchs zuerst, und zwar aus dem gleichen Grund: was, wenn ich morgen vom Bus überfahren werde und nie erfahre, wie es ausgeht? Obwohl mein Hund gerade mal erst zwei Jahre alt ist, habe ich jetzt schon Angst davor, was passiert, wenn er stirbt. In jedem Urlaub kaufe ich mir einen Lippenstift. Mein einziges Parfum ist Quelques Fleurs, das ich mir von einer Freundin abgeguckt habe, die die erstaunliche Großzügigkeit beweist, mir das nicht übel zu nehmen. Als kleines Mädchen hatte ich eine Bande imaginärer Freunde namens großer Werlus, kleiner Werlus, Kätzchen Mischkasch, Peter und Anke. Zum Glück haben meine Eltern mich machen lassen.

Ich bin im Endspurt für den Adoptionslebenslauf. Persönlich soll er sein. Sie wollen einen Eindruck bekommen, was ich für eine bin. Wer hätte gedacht, was für ein Knochenjob das ist?

Dienstag, 3. April 2012

Es wird besser und besser.

66,8. Ich hatte... ach, hat doch keinen Sinn, euch zu erzählen, dass ich gestern zum Frühstück ein fettarmes Bircher Müesli mit einer Spur Honig und Sojajoghurt hatte. Dass es federleichtes Mittagessen vom Vietnamesen gab, dass mein Nachmittagssnack eine Scheibe Vollkornknäcke mit Lätta fettarm war und mein Abendessen ein griechischer Salat mit einem Hauch Feta light. Somit kann ich glaube ich sagen, die 24 Stunden-Diät war zwar keine Qual und auch sonst nicht schwierig, aber 300 Gramm? Mal ehrlich. 300 Gramm? Das habe ich sonst schon mal als ganz normale Schwankung ohne weitere Anstrengungen, als das letzte Schweinerippchen auf dem Teller liegen zu lassen oder um kurz vor Mitternacht New York Super Fudge nicht mit dem Esslöffel, sondern nur mit dem Teelöffel einzufahren. Aber ich habe beschlossen, ich lasse mich nicht beirren, sondern mache weiter, vermeide die übelsten Exzesse (ich sage nur: Schweineschwarten bei Schlemmermayer) und treibe unbeirrbar und eisern mindestens jeden zweiten Tag Sport. Liebe Röllchen, wir werden mal sehen, wer hier zuerst blinzelt. (Freundin B. sagt z.B. schon ständig, ich würde "im Speckgürtel" leben. Harrr!)

Montag, 2. April 2012

L. findet, als nächstes soll ich mal die 24 Minuten-Diät probieren

66,4. Dank der 24-Stunden-Diät, bis auf die Nachkommastelle genau sklavisch befolgt (ich sage nur: 5 Gramm Butter), habe ich seit Samstagmorgen 700 Gramm abgenommen. Ihr findet, das ist ein bisschen wenig? Nach einem Abend mit nur 200 und einem Tag mit nur 800 Kalorien? Nach zweieinviertel Stunden Schwitzen auf dem Crosstrainer plus zwei Stunden strammen Spaziergängen mit dem Tier? Und vermutlich ist die Hälfte davon bis Mittwoch wieder drauf?

Das finde ich ehrlich gesagt auch. Eigentlich waren ein bis zwei Kilo abgemacht! Aber trotzdem ging das ganz gut, und 700 Gramm weniger sind besser als 500 Gramm mehr, die ich jetzt draufhätte, wenn ich diesen Sonntag so ganz nach meinem Geschmack gestaltet hätte.

Was die Überlegungen zu pro und contra "ich erzähl der Adoptionsbehörde von meinem Buch und bitte sie damit herzlich herein in meinen Blog samt Kopfkirmes und Hormonsause" angeht, bin ich immer noch nicht zu einem endgültigen Schluss gekommen. Verflixt noch eins. Als wär das alles nicht so schon spannend genug.

Sonntag, 1. April 2012

Falls hier der Eindruck entsteht: nein, der Stammtisch hat nicht bis Sonntag morgen gedauert.

Abkürzungsdamen in gesetztem Alter beschließen schließlich nicht mehr nach einem bunten Abend im Gloria, jetzt noch kurz ein Ründchen über den Kiez zu flanieren, dann eine spontane Mitfahrgelegenheit nach Sylt zu nutzen, dort am Strand zu pennen, sich einen Tag lang mit Polohemden herumzutreiben, den Flieger nach Berlin zu nehmen, dort zum Prenzlauer Berg zu fahren und ein paar Stunden lang die unzähligen Muttis zu bepöbeln und herumzuschubsen und dann irgendwann einzusehen, dass es jetzt aber mal wieder gut ist, zurück nach Hamburg zu fahren und zur Stärkung noch einen im Silbersack zur Brust zu nehmen, bevor sie stunden später müde, aber glücklich und mit ungebrochenen Lebensgeistern & Knochen aus einem Taxi fallen. Mittwoch Abend um kurz nach Mitternacht lag ich leicht angeschickert, aber wohlbehalten und brav im Bett, von einer fabelhaften Abkürzungsdame nach Hause gefahren. Ohne Umwege über den Kiez.

Das war wie immer sehr schön! Ich danke allen Damen, die da waren, und kann allen anderen aus Hamburg nur raten, nächstes Mal doch auch zu kommen.

So. Heute ist ein aufregender Tag: L. ist auf einem Tischtennistrainerlehrgang, und der Hund und ich vertreiben uns die Zeit, indem ich endgültig letzte Hand an meinen Adoptionslebenslauf lege und mir auf einem strammen Spaziergang am Alsterlauf noch mal ernsthaft überlege, wie ich das mit dem Blog, dem Buch und der Behörde mache. Und parallel - zum Glück sitze ich hier sicher auf meinem Sofa, mit dem Tier als Beschützer direkt daneben, und ihr könnt mich nicht hauen - stecke ich mitten in meinem nächsten Versuch, mein Muffintop loszuwerden: der 24 Stunden-Diät. Es klingt wie eine lächerliche, armselige Pupstheorie für die ganz, ganz Doofen, aber bisher läuft es gut. Und weil nur 24 Stunden zu überstehen sind und nicht wie sonst "nur zwei Wochen, aber dauerhafter Erfolg ist nur mit einer Ernährungsumstellung für IMMER möglich", hat bisher weder meine Laune noch meine Entschlossenheit gelitten. Gestern war noch ein relativ normaler Tag, abgesehen davon, dass ich gegen 18:00 eine Stunde lang alles gegeben habe auf dem Crosstrainer und anschließend eine Gurkenkaltschale mit Nordseekrabben hatte und als Digestiv nur noch Kräutertee, und heute geht es Eiweißreich und Kohlenhydratefrei weiter, aber schon morgen fange ich den Tag wieder mit meinem Agenturmüesli an. Angeblich verliert man auf die Art ein bis zwei Kilo, und zwar für länger. Wenn das gut läuft... ach was, ich bin SICHER, das läuft! Dann mache ich so einen Tag jetzt zweimal pro Monat, und bis zum Juni bin ich bei meinen 62 Kilo.

(Merkt ihr was? So lange ich mich nicht endgültig entschieden habe, ob die Behörde von dem hier erfährt oder nicht, werdet ihr leider noch mehr zum Thema Diäten, Wetterprognosen, Abenteuer mit dem Hund und dergleichen hören müssen.)

Und dann ist da noch eine Kleinigkeit, die mir ein bisschen Kummer macht: gestern, während der Stunde Schwitzen auf dem Maschinchen, tat es weh. Unten links. Genau da, wo die Zyste neulich noch saß. Jetzt ist alles wieder gut, aber ich fürchte, nächste Woche geht es nicht ohne neuen Ultraschall ab. Hatten die Schmerzen zu bedeuten, dass Ilse sich aufmacht? Oder, dass sie meinen Eierstock so fest wie nie im Griff hat? War das ihre Art, mit dem Besen an die Decke zu klopfen, weil das Gehampel sie nervt?