Donnerstag, 25. November 2010

Wobei mir gerade einfällt:

aus Rücksicht auf die gestressten Damen, hormonell bedingte Narkolepsie und den lange, dunklen Winterabend, der ja inzwischen schon kurz nach dem Aufstehen beginnt, können wir uns diesmal auch schon um sieben treffen. Wie wäre das?

Wie kam ich eigentlich auf 100.000?

Da hatte ich mich wohl verguckt. Also gut, dann eben Stammtisch zum 80.000 Klick. Bei der Einladung bleibt es aber, und wir treffen uns der Einfachheit halber auch gerne wieder im Gloria, es sei denn, jemand ist extrem dagegen.

Also schön:
Donnerstag, 2.12., 20:00, Gloria, Hamburg.

Drei Zusagen hab ich schon, ich rechne fest mit euch, ihr Damen! Und ich freue mich über jede Nase, die außerdem auftaucht! Tisch reserviere ich gerne auf Flora.

Mittwoch, 24. November 2010

Manchmal, aber nur manchmal

Ich war immer dafür, dass jede Frau selbst entscheiden kann, ob sie abtreiben will oder nicht, und finde, dass ihre Gründe niemanden etwas angehen. Ich glaube einfach nicht, dass sich irgend jemand diese Entscheidung wirklich so leicht macht, wie Abtreibungsgegner das gerne darstellen. An meiner Einstellung hat sich nichts geändert, weder als ich gehört habe, dass das bei mir mit den Kindern nicht so einfach wird, noch nach der Fehlgeburt. Aber gerade habe ich auf Schoko NLs Blog folgenden Link angeklickt. Der führt zu einem amerikanischen Blog, in dem ein Paar will, dass die Leser darüber abstimmen, ob die Frau - jetzt in der 15. Woche schwanger mit einem (so weit sie weiß) gesunden Kind - abtreiben lassen soll oder nicht. Sie selbst wissen es nicht, also los, sagt ihr doch mal.
Plötzlich fühle ich mich furchtbar. Und ich kann noch nicht mal genau sagen, wieso.

Jedenfalls, bis die Hormone gewinnen

und ich an meinem Schreibtisch sitze, wo ich eigentlich gerade Headlines für die Wurschtegal GmbH schreiben sollte. Was ich auch tue, schon seit Stunden und mit Feuereifer! Bis ich plötzlich merke, dass ich gerade ohne darüber nachzudenken ungefähr acht nette Vornamen auf einen Schmierzettel geschrieben habe. Peinlich ist so was. Ach, verflixt.

Dienstag, 23. November 2010

Schwer auseinanderzuhalten: Deadlines und Hormone.

Ich hasse Deadlines, ich fühle mich von ihnen unfair behandelt und reingelegt. Andere Leute können sich entspannen und ihre Arbeit einfach in letzter Minute erledigen. Die haben dann 48 miese Stunden ohne Schlaf, Kontakt zu anderen Menschen oder 30-Minuten-Haarkuren, aber vorher sind sie imstande, seelenruhig ins Kino zu gehen, herumzuliegen oder mit dem Hund durch den Wald zu spazieren. Wieder andere erledigen die Arbeit einfach, sobald sie ihnen vor die Flinte kommt, und bemerken die Deadline noch nicht mal wirklich, weil sie längst fertig sind, bevor sie auch nur am Horizont auftaucht. Ich kann weder das eine noch das andere richtig, ich schiebe alles auf und habe es trotzdem die ganze Zeit, jede Minute, im Kopf und in den Knochen. Ich schlafe abends mit dem Gefühl ein, die Haustür würde noch aufstehen, und wenn ich wirklich ins Kino gehe, dann bin ich so entspannt, als würde zuhause das Bügeleisen noch an sein, während der Hund am Kabel nagt. So läuft es zumindest, wenn ich mitten in einer ansonsten ruhigen, netten, unaufgeregten Zeit mit einer Deadline zu tun bekomme: selbst dann lässt mein Umgang mit ihr so ziemlich alles zu wünschen übrig.
Im Moment ist es schlimmer. Denn gerade kann kaum noch von einer Deadline die Rede sein, sondern vielmehr von einem Dead-Karomuster. Wohin man guckt, ständig tauchen neue Deadlines auf, und kaum hat man eine davon abgehakt, kommt sie entweder zurück von dem Ort, wohin abgehakte Deadlinezombies für immer verschwinden sollten, oder sie bringt sogar noch drei neue Kollegen mit. Ich lebe in einem Zustand ständiger... Gezerrtheit. Als würden acht quengelnde, verwöhnte kleine dumme Mädchen den ganzen Tag an mir ziehen, egal, wohin ich gehe. Es hört einfach nicht auf. Seit Monaten gab es keinen Tag mehr, an dem ich abends eingeschlafen bin und wusste: puh, geschafft. Alles, was du zu tun hattest, hast du jetzt getan. Genieß diesen Moment, wenn das Telefon jetzt klingelt, dann kann keiner dran sein, der dir was will.
Langsam fange ich selber an, mir zu wünschen, ich könnte jemanden anquengeln und zerren. Und nicht zum ersten Mal in den letzten Wochen denke ich: das sind nicht die Hormone, die dich so müde und traurig und lustlos machen. Das sind die Deadlines. Die sind viel schlimmer, von denen bekommt man am Ende noch nicht mal Babies.

Die Sehnsucht nach dem nächsten Wochenende wächst ins Unermessliche, dann werde ich nämlich am Freitag Nachmittag mit zwei anderen Damen in ein Auto steigen und in die Heide fahren. Mein Handy werde ich in diesem Moment ausschalten und erst am Sonntag Abend nach dem Tatort wieder aktivieren.

Freitag, 19. November 2010

Der Stammtisch zum Hunderttausendsten Klick

wird übrigens komplett von mir bezahlt. Wenn das kein Anreiz für im Hamburger Umland wohnende Abkürzungsdamen ist, dann weiß ich es auch nicht.

Ich schlage einen Termin übernächste Woche vor. Wie wäre Donnerstag?

Überraschende Erkenntnis

Ist eigentlich schon mal jemandem aufgefallen, wie viel Energie dieses Blogs dafür aufgewendet wird, sich bloß nicht unterkriegen zu lassen, nicht zu viel an den Kinderwunsch zu denken und überhaupt das Babythema komplett auszublenden?
Scheinbar jedem außer mir. Und ich merke gerade, wie die guten Nachrichten der letzten Woche sich langsam Bahn brechen - auf jeden Fall versuchen sie gerade, die Mauer aus Selbstschutz durch Spässken, Nichtzufrühfreuen und Glück-durch-Nur-nicht-zu-viel-hoffen zu durchbrechen. Ich denke an den Ultraschall und die vielen Follikel, die eigentlich gar nicht da sein dürften. Ich denke daran, dass meine Ärztin jetzt schon ca. fünfmal gesagt hat, ich hätte wirklich gute Chancen, und das, obwohl sie mich offensichtlich nicht melken will, sonst hätte sie mir noch eine IVF angedient. Ich denke an unseren Dachboden, den man zu allem möglichen umbauen kann (Denke: Bibliothek oder Sauna. Denke bloß nicht: Zimmer für die Zwillinge.) Und ich denke, wie verrückt wäre das, wenn es tatsächlich klappen würde? Ich hätte irgendwann in einem Jahr ein knisterndes Bündel im Arm, das nach Puuup riecht und seine klebrigen Seestern-Hände in mein Gesicht patscht?

Das könnte wirklich passieren, wenn wir nicht aufpassen.

Donnerstag, 18. November 2010

Und nein, ich bin kein Trekkie.

Nerd ja, Trekkie nein. Ich habe keine Handytasche am Gürtel (einen Gürtel hab ich auch nicht), ich habe auch kein Headset, ich lebe nicht von Tiefkühlpizza, ich habe keinen World-of-Warcraft-Avatar und mein Hund heißt nicht "Frau Sowieso" oder "Herr irgendwas".

Wenn ich in hundert Jahren wieder aufwache

aus meinem ewigen Enantoneschlaf, hat sich das Enantone-Thema vermutlich erledigt. Kennt jemand den Enterprise-Film, in dem sie in unserer Zeit landen und Scottie einer alten Frau auf dem Krankenhausflur, die auf ihre Dialyse wartet, mit entnervtem Augenrollen eine Pille zuwirft und kopfschüttelnd über unsere Steinzeitmethoden weiterläuft, und eine Minute später ruft die Frau "Mir ist eine neue Niere gewachsen! Mir ist eine neue Niere gewachsen!" So in etwa wird es laufen, wenn ich in hundert Jahren aus meinem Enantone-Schlaf erwache und meine Klinik anrufe, um zu erfahren, wann es weitergeht mit dem Hormonspaß.

Dienstag, 16. November 2010

Pieks Pieks Pieks, wir ham uns alle lieks

Wenn ein Film im Weltraum spielt, gucke ich ihn mir an. Ich habe nun mal eine Schwäche für das All. (Ein Filmgenre, das mir dagegen gar nichts zu geben hat, ist der Western. Und das, obwohl ich Indianer, Pferde und Baked Beans mag.) Vielleicht ist das der Grund dafür, warum die Enantone-Spritze heute wieder mal gar nicht schlimm war. Sie zündet nämlich in zwei Stufen, und während ich sie mir in die Bauchrolle (ganz eigenes Thema, dazu hier mehr) gedrückt habe, habe ich mit dem Mund Fauch- und Zisch-Geräusche gemacht wie Fünfjährige beim Weltraumspielen. Die Spritze hat mehrere Kammern, die nacheinander zünden. Erste Phase: Spritze wird aufrecht gehalten (wie eine Rakete! Ha!) bis zur blauen Markierung gedrückt. Dann wird die Spritze (ganz anders als eine Rakete) geschüttelt und dabei trotzdem aufrecht gehalten. Auf diese Art vermischen sich der Inhalt von Tank 1 und Tank 2, der gerade in Tank 1 gedrückt wurde. Zweite Phase: erst wird die Luft aus der Spritze gedrückt, bis ein kleines Tröpfchen aus der Nadel quillt, dann wird der jetzt trüb-milchige Spritzeninhalt in den Bauch gedrückt.

Das klingt nicht schön, war aber nicht schlimm. Und zwar, weil...
- die Nadel wirklich fein ist wie ein Mückenrüssel
- heute wesentlich weniger Flüssigkeit in der Spritze war als vor einem Monat, als das alles mit Ampullen usw. rangiert werden musste und gar nicht, aber auch GAR NICHT an den Weltraum erinnert hat, sondern nur an Spritzen oder vielleicht Güterzüge
- ich Raketengeräusche dazu machen konnte
- mich schon ungefähr 20 Gonal-Injektionen und zwei mal Ovitrelle darauf vorbereitet haben und ich gerade zwei mal einen Zugang in der Hand hatte, der ungefähr so dick war wie ein McDonald's-Strohhalm

Und jetzt habe ich wieder eine Beule am Bauch, wenn auch diesmal eine kleine, zarte. Die letzte Beule war so, als hätte ich einen Eishockey-Unfall gehabt. Die hier sieht eher nach Streit mit meinem kleinen Bruder aus.

Montag, 15. November 2010

Stunden später bin ich immer noch begeistert.

Jetzt noch mal in Ruhe. Heute war der Termin, an dem Ultraschall und zweite Enantone-Spritze fällig waren. Wobei die Enantone-Spritze, wir erinnern uns, im Rahmen des langen Protokolls eigentlich alle Aktivitäten meines Unterleibs (Follikelreifung, Bilden von jeder Menge Gebärmutterschleimhaut und Endometriose, Myomproduktion im ganz großen Stil) komplett unterdrücken sollte. Durch diese Spritze hätte da unten alles ratzekahl sein sollen: weder Schleimhaut, noch Myome, noch Endometriose, noch Zysten, noch Follikel. Aber auch heute hatte meine Quatschbauch eine Überraschung für mich, diesmal allerdings eine nette. Keine Myome, keine Zysten, keine Endometriose und auch sonst kein Mist. Stattdessen eine schöne, dicke Schleimhaut und sieben mit Macht reifende Follikel in einem Eierstock. Und darüber war die Ärztin während des ganzen, 15 Minuten dauernden Termins anhaltend begeistert. Denn diese Follikel sagen uns: mein Körper wäre gerne schwanger. Er legt sich ins Zeug, und wenn auch der komplette Hormonstoffwechsel dagegen ist. Mein Körper führt sich gerade in einer Weise auf, dass ich fast doch an Tropis glauben könnte, Kinder trotz Pille. (Wenn mir jemand so etwas erzählt, dann denke ich immer: jaja, mindestens dreimal Pille vergessen oder wieder ausgespuckt und es nur nicht zugeben wollen. Aber diese Spritze habe ich mir nicht selbst gegeben, das war eine Fachkraft, und die dicke Beule an meinem Bauch war der unübersehbare Beweis, dass in dieser Spritze etwas Spannendes war und nicht irgend eine vergessene Spüllösung. Hätte ich mir die Spritze gesetzt, dann würde ich mir jetzt einbilden, ich hätte das nur geträumt oder eine geteilte Persönlichkeit entwickelt, deren eine Hälfte die Spritze kichernd ins Moor geworfen hat, während die andere Hälfte Stein und Bein schwören würde, sie sich ehrlich echt und genau wie angewiesen in den Bauch gerammt zu haben.)

Und daraus hat sie den Schluss gezogen, mit der nächsten Spritze noch zu warten, bis sie meine Blutwerte von heute gedeutet hat. Und, dass wir aller Wahrscheinlichkeit nach den nächsten Zyklus zu Fuß probieren - mit minimaler Stimulation, und jedenfalls ohne IVF. Als sie mir das gesagt hat, hatte sie selbst vor Begeisterung so kleine Kiekser in der Stimme und hüpfte im Sitzen auf ihrem Stuhl auf und ab. Und ich freue mich. L. allerdings kann ich dazu noch nicht überreden. Der wittert hinter der nächsten Ecke eine neue Falle. Damit hat er bestimmt auf seine Art irgendwie Recht. Aber ich auf meine Art auch.

Damit zur Bilanz nach einem Monat Enantone. Diesmal gab es Nebenwirkungen. Und zwar in unsortierter Reihenfolge:
1. Stimmungsschwankungen, und wie. An einem Tag bin ich morgens so zerknirscht und hoffnungslos aufgewacht, dass L. Sorge hatte, mich zur Arbeit zu lassen, aus Angst, ich würde mich vor die Ubahn werfen. Ich bin dann trotzdem gegangen und habe mich nicht geworfen, aber ich hätte volles Verständnis für jeden meiner Mitwartenden auf dem Bahnsteig gehabt, der es getan hätte. Bäh, war das fürchterlich. Und aufschlussreich: seit diesen 48 Stunden sehe ich Depressionen mit anderen Augen, und die Tom Cruise dieser Welt, die meinen, sowas müsste auch ohne Medikamente gehen unter erwachsenen und psychisch optimierten Menschen, die haben tatsächlich keine Ahnung und sollten es mal mit Enantone probieren.

2. Haarausfall. Zwar habe ich eine Menge Haare, immer noch, aber es waren mal mehr. Jetzt muss ich wirklich jeden Abend meine Haarbürste grundreinigen, und mein Pferdeschwanzgummi muss ich so oft wie nie um den Pferdeschwanz wickeln. Die Ärztin hat mir Hormonhaarwasser aus der Apotheke empfohlen, und vielleicht probiere ich das, nur, um euch berichten zu können, wie das dann wieder ist.

3. Müdigkeit. Jeden Abend um acht gehen bei mir innerlich die Lichter aus. Ab dann arbeitet mein Gehirn bei Kerzenschein, und ich halte mich mühsam noch zwei-drei Stunden wach, bis auch Leute jenseits des Kindergartenalters in ihr Pölterchen schlüpfen und ins Bett kriechen können.

4. Ansonsten bisher für alle Klischee-Wechseljahresbeschwerden, mit denen ich fest gerechnet hatte, Fehlanzeige. Ich bin nicht dicker oder dünner, als ich nach Nahrungsaufnahme und Bewegung sein sollte, ich hab keine Hitzewallungen, und ich überlege nicht, mir eine Katze zu kaufen.

5. Dafür eine schöne, dicke Schleimhaut und sieben Follikel.

Irgendwann morgen klingelt mein Handy, und die Dame aus der Praxis sagt mir, wann ich mir meine Enantone-Spritze setzen soll, die hier vor mir auf dem Tisch liegt. Ich bin ein bisschen aufgeregt: endlich wieder eine Spritze. Und so wie es aussieht, für eine Weile vermutlich die letzte.

Nächstes mal nimmt die Freakshow Eintritt

Gerade auf dem Stuhl: nach einem Monat Enantone habe ich in einem Eierstock sieben Follikel. Meine Ärzrin war ganz aufgeregt, aber
ich gucke eigentlich inzwischen kaum noch hin. Was ist es diesmal? Eine Gebärmutter in Hello Kitty-Form? Sprechende Zysten? Die mit meinen Eileitern Seil springen?

Sieben. Hihihi.

Samstag, 13. November 2010

Kastrationsangst by Proxy

Der Hund hat seine Tage. Nur leider weiß sie das nicht. Wenn sie das wüsste, dann könnte sie sich vielleicht irgendwie erklären, warum ständig dieses Zeug aus ihr raustropft, wieso sie Bauchschmerzen hat und warum sie momentan die meiste Zeit des Tages mies drauf ist. Wenn sie nicht gerade frisst, einem Ball hinterherrennt oder fremde Hunde an ihrem Hintern herumschnuppern.

Wenn die Hitze vorbei ist, rufen wir bei der Tierärztin an und lassen sie kastrieren.

Es ist schrecklich. Und es geht mir durch und durch, das nur hinzuschreiben. Ich dachte schon, ich stünde allein damit da, bis mir neulich eine Frau auf der Wiese erzählt hat, sie hätte es nicht fertig gebracht, ihren Hund kastrieren zu lassen, so lange sie selbst schwanger war. Also mussten sie noch zwei Hitzen abwarten - medizinisch völlig unvernünftig, denn einer der Hauptgründe, eine Hündin kastrieren zu lassen - Krebsvorsorge - funktioniert nur dann, wenn man es nach der ersten Hitze tut. Aber sie konnte einfach nicht. Und ich weiß noch nicht, wie ich die Unordnung in meinem Kopf beseitigen soll, die dadurch entsteht, dass meinem Hund die Eierstöcke entfernt werden, während ich Himmel und Hormone in Bewegung setze, um selbst ein Kind zu bekommen.
Ich weiß ja, das ist Quatsch. Eigentlich weiß ich das sogar genau. Wir sind keine Züchter, der Hund hat keine Papiere, und wenn sie jemals Junge bekommen sollte, dann würden wir da stehen mit acht kleinen Hündchen (oder elf oder dreizehn), die vermutlich niemand haben wollte und die wir nicht alle behalten könnten. Dann käme der Tag nach vielen, vielen Telefonaten und Emails mit Interessenten, die am Ende niemals auftauchen und schon gar nicht einen der Hunde wirklich mitnehmen würden, an dem wir sie ins Tierheim bringen müssten. Und das wäre vermutlich sogar dann so, wenn Lili zufällig mit einem anderen Airedale ins Gebüsch verschwinden würde, denn sie hat ja - wie erwähnt - keine Papiere, und wir sind - wie erwähnt - keine Züchter, und komischerweise scheinen viele angehende Hundefreunde auf so was Wert zu legen. Wollten wir das verhindern, dann würde das bedeuten, dass Lili mindestens zwei mal im Jahr für drei Wochen nicht von der Leine darf und keine Minute unbeaufsichtigt spielen kann. Wenn sie älter werden würde, würden die Hitzen vermutlich häufiger kommen und länger bleiben. Und irgendwann würde sie dann mit ziemlicher Sicherheit irgend eine Art von Hundekrebs bekommen, das bekommen sie leider fast alle, wenn sie keine Jungen bekommen und nicht kastriert sind. (Böse Gedanken. Böse Gedanken. Schert euch weg und vermurkst mir nicht meinen Samstagmorgen.)
Es könnte außerdem passieren, dass sie durch die Kastration ein bisschen ruhiger würde - kein Schaden, überhaupt kein Schaden in meinen Augen. Der Hund hat so viel Energie, dass es für acht Hunde reichen würde. Ich müsste in Zukunft nicht mehr beim Betreten des Parks wildfremde Hundebesitzer aus zweihundert Metern Entfernung anbrüllen "Rüüüdeee? Kastriiiiert?" und nicht mehr mit ansehen müssen, wie die angeblich kastrierten Rüden unter den wohlwollenden Blicken ihrer Herrchen versuchen, von allen Seiten meinen Hund zu besteigen.

Alles wäre besser, wenn sie kastriert ist. Und ich werde es ja auch machen lassen, komisches Gefühl hin oder her.

Aber irgendwie... versteht mich hier irgendwer?

Donnerstag, 11. November 2010

Ich will ja nicht meckern.

Ich bin mit Hamburg wirklich, wirklich glücklich. Die Stadt kann gerne genau so bleiben, wie sie ist. Bis auf zwei klitzekleine Dinge, die gerade angesichts der ansonsten perfekten Stadt hervorstechen wie zwei Warzen mit Haaren dran in einem wunderschönen Gesicht: Das eine ist der Kartoffelsalat. Das andere sind die Martinsumzüge. Gibt es das irgendwo sonst? Ein SPIELMANNSZUG zum Martinsumzug? Was soll das sein, eine Parade? Oder Karneval?
Wo ich herkomme, gibt es zum Martinsumzug ein Pferd mit einem dicken Mitglied des Reitvereins auf dem Rücken, das den Martin spielt. Es gibt einen Bettler, der stundenlang frierend im Gebüsch sitzt und auf seinen Auftritt wartet. Es gibt echte Kerzen in den Laternen, so dass alle paar Meter ein Kind anfängt zu heulen, weil seine Laterne Feuer gefangen hat. Am Ende, wenn alle so richtig durchgefroren sind, gibt es ein riesiges Feuer, Glühwein für die Eltern, Kinderpunsch für die Kinder, und einen Stutenkerl mit einer Tonpfeife im Mund. Aber vor allem gibt es einen Bläserchor. Keine Pfeifchen, Flötchen oder Glockenspielchen, sondern ernste Bläser, die auch keine Märsche spielen, sondern Martinslieder. Und jeder, der das einmal erlebt hat, weiß: so und nicht anders muss es sein.

Mittwoch, 10. November 2010

Weiß jemand, ob man durch Stromstoß sterben kann, wenn einem die Nase beim Schreiben eines Posts auf die Tastatur tropft?

Immerhin hätte dann diese Erkältung endlich ein Ende. Andererseits hat sie auch ihr Gutes: ich präge mir jetzt jede Sekunde davon gut ein. Und wenn ich das nächste Mal ein Nebenwirkungsstresschen wegen Hormönchen habe, dann gehe ich in mich und krame nach dieser Erkältungserinnerung, und dann lache ich das Stresschen aus. Hat mich jemals ein Hormon SO aussehen lassen? Hab ich jemals wegen einem Hormon die ganze Nacht nicht geschlafen (Äh, ja... da war so was...)? War ich jemals wegen eines Hormons kaum imstande, zur Arbeit zu gehen? (Denk an letzte Woche, Dummerchen.)

Ach je. Jede Malaisse ist immer gerade die schlimmste aller Zeiten. Jetzt eben diese. Und mit diesem infernalischen Lutschtablettengeschmack im Mund hab ich noch nicht mal Lust auf ein tröstendes Glas Rotwein.

Und morgen muss ich wirklich, wirklich zu Gravis und dieses Desinfektions-Zeug für den Rechner kaufen.

Samstag, 6. November 2010

Beneidenswertes Beschwerverhalten

Ich bin nicht gut darin, mich zu beschweren. Gar nicht gut. Noch nie gewesen. Dabei ist es nicht so, dass ich meine Beschwerden einfach runterschlucke und restlos verdaue, also vergesse. Ich kann mich noch Tage, sogar Wochen oder Jahre später über Dinge aufregen, die irgend jemand falsch gemacht hat, ohne dass diese Person jemals davon erfährt, mir überhaupt irgendwie quergekommen zu sein. Ich weiß, dass das nicht richtig ist, manchmal erinnere ich mich sogar an die Ziege im Märchen, die sich hinterher beklagt "wovon sollte ich satt sein? Ich sprang nur über Gräbelein usw.". Dabei bin ich vermutlich sogar zu streng mit mir, ganz so ist es nicht, jedenfalls nicht viel schlimmer als bei vielen anderen auch. Ich würde niemandem erzählen, dass sein Benehmen, sein Aussehen oder sein Körpergeruch hervorragend und 1a seien und im nächsten Moment über Benehmen, Aussehen oder Körpergeruch einen Tobsuchtsanfall bekommen/einen wütenden Leserbrief schreiben/mein Tagebuch vollquengeln. Aber im Beschweren bin ich nicht gut. Es muss wirklich viel passieren, damit ich auch nur ein Widerwort gebe oder jemanden bitte, irgend etwas zu lassen. Das kann dem Rest der Welt egal sein, aber für mich ist das schrecklich. Ich kann vor jedem Flug nur hoffen, dass ich nicht neben jemandem sitze, der sich breit macht. Macht sich jemand breit, dann schmolle ich und ärgere mich, aber sage ich deshalb "nehmen sie bitte ihren Ellenbogen aus meinem Magen"? Nein. Ich gucke wütend. Ich raschele aggressiv mit meiner Zeitung. Ich nutze die erste Gelegenheit, bei der er seinen blöden, ätzenden Arm ein Stück zur Seite nimmt, und mache mich so breit, dass er mich boxen müsste, um wieder in meinem Magen zu landen. Ich finde mich schrecklich, aber bisher habe ich es nur selten geschafft, dieses feige, wieselhafte und charakterlose Verhalten zu durchbrechen. (Wenn doch, bin ich tagelang stolz und beschließe, dass es ab sofort immer so laufen wird.) Man könnte sagen, ich bin ein Mollusk. Man könnte auch sagen, ich bin schüchtern.

Neulich, als ich mit heißem Hund und Mutter durch Hamburg lief, bekamen wir irgendwo beim Klosterstern Gesellschaft. Auf einmal war da ein kleines, schwarz-weißes Köterchen, das aufgeregt um Lili herumsprang. Wir guckten uns um, weit und breit war niemand zu sehen, zu dem Köterchen hätte gehören können. Also gingen wir weiter. Nach ein paar Metern machten wir zaghafte Versuche, Köterchen zu verscheuchen, und guckten uns wieder um. Immer noch war niemand in Sicht, der einen langen Hals machte, eine köterlose Hundeleine in der Hand hatte oder laut einen Namen rief. Also gingen wir noch ein Stückchen weiter, und ich erklärte meiner Mutter, dass das hier ja immerhin einer dieser Hunde sein könnte, die alleine spazieren gehen. An der nächsten Kreuzung blieben wir stehen und warteten, dass grün wird. Auf einmal tauchte neben uns ein dicker Herr in blauem Mantel und schwarzen Hosen auf und blaffte mich an: "Meine Dame! Es wäre nett gewesen, wenn sie mich rechtzeitig darauf aufmerksam gemacht hätten, dass ihre Hündin läufig ist. So ist es allgemein üblich!" Ich war baff, aber antwortete "aber sie waren nirgendwo zu sehen. Bei welcher Gelegenheit hätte ich ihnen das sagen...." "Einerlei, das macht man nicht. Mein Hund hört ta-del-los, aber das ist die Natur, da kann man nicht gegen an. Jetzt musste ich wegen ihrer Unachtsamkeit den ganzen Weg zurücklaufen. UND ich muss bis 13.00 bei der Deutschen Bank sein." Ich war noch baffer. Und ich war ziemlich neidisch. Das muss man erst mal bringen: in hässlicher Klamotte, mit roter, großporiger Säufernase und einem räudigen Köterchen, das nicht gehorcht, so eine Welle machen in einer Situation, in der Recht und Unrecht alles andere als klar sind. Das ist wirklich die hohe Beschwerschule! Davon hätte ich gerne ein bisschen was abbekommen.

Mittwoch, 3. November 2010

Der Enantoneflunsch

Und dann hat es mich doch noch erwischt. Gerade, als ich dachte, ich komme mit allem davon. Mit Synarela, Gonal, Estrifam, einfach mit allem, ohne die klitzekleinste Nebenwirkung – und wenn doch, dann nur Nebenwirkungen, die irgendwie drollig sind; Sachen wie dicke rote Beulen oder kleine lila Punkte, mit denen man auch noch herumprotzen kann.

Und gerade schleppe ich mich durch ein paar Tage, an denen ich jederzeit bestätigen kann: wenn Enantone auf seinen Beipackzettel schreibt, Depressionen und Stimmungsschwankungen gehören zu den sehr, sehr häufigen Nebenwirkungen, dann ist das wohl so.
Ich wache morgens auf und könnte heulen. Einfach so. Oder fluchen. Egal, was von beidem, eins könnte ich jedenfalls nicht: aufstehen. Und es liegt nicht am Wetter, ich MAG Herbst. Ich liege da und wünsche mir, dass das alles zum Teufel geht: das Haus, der Job, alle. Ich denke mir: das war ein schwerer Fehler, diesen Job anzunehmen. Ein schwerer, schwerer Fehler. Du schaffst das nicht, das wächst dir alles über den Kopf, alle wollen immer was, und du hast seit Wochen und Monaten nicht mehr auch nur einen Tag gehabt, an dem du von morgens bis abends frei warst und machen konntest, was du wolltest. Du kannst ja noch nicht mal nach einer Operation, auf die du dich genau aus diesem Grund sogar gefreut hast, auch nur ein paar Tage unbehelligt zuhause bleiben und dich erholen. Noch nicht mal das. Und wenn ich damit durch bin, mit dem Job zu hadern, dann kommt das Haus dran. Schlimmer Fehler, das Haus. Ganz schlimmer Fehler. Unser Badezimmer ist ein Trümmerhaufen, an allen Ecken liegen Staub und Gesteinsbrocken, und es gibt nur ein paar Inseln, wo alles in Ordnung ist. Sobald man sich links und rechts von den Inseln bewegt, versinkt wieder alles in Unordnung und Chaos und Zerstörung. Ich wohne jetzt am Ende der Stadt, wo ich nie sein wollte, und wenn ich Glück habe, werde ich hier fünfmal im Jahr Besuch bekommen. Ich bin in diesem Stadtteil umgeben von Menschen, die in Hausschuhen und mit Bierflasche in der Hand einkaufen gehen, und so, wie ich mich jetzt fühle, werde ich es bald genau so machen. Ich zahle jetzt jeden Monat 1000 Euro Miete, ganz zu schweigen von all dem Geld, das noch auf uns zukommt für Lampen, Krempel, Handwerkerkrempel. Noch vor Kurzem war ich mitten in der Stadt, genau da, wo ich immer sein wollte, habe ÜBERHAUPT KEINE Miete gezahlt, weshalb es nicht schlimm war, wenn ich mal eine Weile nicht so viel gearbeitet und verdient habe, und irgendwie war fast jeder Tag ein Tag, an dem ich machen konnte, was ich wollte. Jedenfalls bilde ich mir das jetzt so ein, dass das damals alles toll war – jetzt, wo ich hier so liege und will, dass das alles aufhört, und zwar jetzt sofort und egal wie. Und mit egal wie meine ich egal wie. In diesem ganzen Saustall irgendwie unbehaglicher, ungewollter und negativer Gefühle ist die Oberwutz im Moment das Gefühl „Ich kann nicht mehr. Und ich will auch nicht mehr.“
Ich weiß, da draußen sind viele Tausend, Millionen oder sogar Milliarden Menschen, die haben dieses Gefühl jeden Tag. Ich weiß nicht, wie die damit fertig werden, aber sie haben meine tiefste Bewunderung dafür, dass sie trotzdem jeden Tag das Haus verlassen, in die Ubahn steigen und zur Arbeit fahren. Ich habe jetzt noch sechs Wochen davon vor mir, bis auch die zweite Enantone verpufft ist, und ich weiß noch nicht, wie ich es auch nur bis sagen wir mal nächsten Samstag schaffen soll, ohne meinen Mann zu vergrätzen, meine Kollegen anzubrüllen oder einfach spontan zu kündigen. Alles. Job, Auftrag, Behandlung, Handyvertrag, alles.

So sieht’s aus. Und morgen hoffentlich wieder besser.

Dienstag, 2. November 2010

Fragt einfach nicht.

Jeden Morgen rausche ich in die Stadt zur Arbeit, habe dort gute neun Stunden zu tun und rausche dann wieder zurück. Jetzt ist es gleich acht, und in diesem Moment beginnt mein zweiter Arbeitstag. Ich kann nicht mehr. Ich würde im Nachhinein sonstwas dafür geben, wenn das großartige Damenwochenende nicht ausgerechnet jetzt gewesen wäre, sondern ein andermal, wenn ich nicht eine ganze Lawine aus Arbeit vor mir herschieben muss. Aber so war es nun mal, und es war schön, und jetzt hab ich den Salat. Damit zurück in den Steinbruch.