Samstag, 13. November 2010

Kastrationsangst by Proxy

Der Hund hat seine Tage. Nur leider weiß sie das nicht. Wenn sie das wüsste, dann könnte sie sich vielleicht irgendwie erklären, warum ständig dieses Zeug aus ihr raustropft, wieso sie Bauchschmerzen hat und warum sie momentan die meiste Zeit des Tages mies drauf ist. Wenn sie nicht gerade frisst, einem Ball hinterherrennt oder fremde Hunde an ihrem Hintern herumschnuppern.

Wenn die Hitze vorbei ist, rufen wir bei der Tierärztin an und lassen sie kastrieren.

Es ist schrecklich. Und es geht mir durch und durch, das nur hinzuschreiben. Ich dachte schon, ich stünde allein damit da, bis mir neulich eine Frau auf der Wiese erzählt hat, sie hätte es nicht fertig gebracht, ihren Hund kastrieren zu lassen, so lange sie selbst schwanger war. Also mussten sie noch zwei Hitzen abwarten - medizinisch völlig unvernünftig, denn einer der Hauptgründe, eine Hündin kastrieren zu lassen - Krebsvorsorge - funktioniert nur dann, wenn man es nach der ersten Hitze tut. Aber sie konnte einfach nicht. Und ich weiß noch nicht, wie ich die Unordnung in meinem Kopf beseitigen soll, die dadurch entsteht, dass meinem Hund die Eierstöcke entfernt werden, während ich Himmel und Hormone in Bewegung setze, um selbst ein Kind zu bekommen.
Ich weiß ja, das ist Quatsch. Eigentlich weiß ich das sogar genau. Wir sind keine Züchter, der Hund hat keine Papiere, und wenn sie jemals Junge bekommen sollte, dann würden wir da stehen mit acht kleinen Hündchen (oder elf oder dreizehn), die vermutlich niemand haben wollte und die wir nicht alle behalten könnten. Dann käme der Tag nach vielen, vielen Telefonaten und Emails mit Interessenten, die am Ende niemals auftauchen und schon gar nicht einen der Hunde wirklich mitnehmen würden, an dem wir sie ins Tierheim bringen müssten. Und das wäre vermutlich sogar dann so, wenn Lili zufällig mit einem anderen Airedale ins Gebüsch verschwinden würde, denn sie hat ja - wie erwähnt - keine Papiere, und wir sind - wie erwähnt - keine Züchter, und komischerweise scheinen viele angehende Hundefreunde auf so was Wert zu legen. Wollten wir das verhindern, dann würde das bedeuten, dass Lili mindestens zwei mal im Jahr für drei Wochen nicht von der Leine darf und keine Minute unbeaufsichtigt spielen kann. Wenn sie älter werden würde, würden die Hitzen vermutlich häufiger kommen und länger bleiben. Und irgendwann würde sie dann mit ziemlicher Sicherheit irgend eine Art von Hundekrebs bekommen, das bekommen sie leider fast alle, wenn sie keine Jungen bekommen und nicht kastriert sind. (Böse Gedanken. Böse Gedanken. Schert euch weg und vermurkst mir nicht meinen Samstagmorgen.)
Es könnte außerdem passieren, dass sie durch die Kastration ein bisschen ruhiger würde - kein Schaden, überhaupt kein Schaden in meinen Augen. Der Hund hat so viel Energie, dass es für acht Hunde reichen würde. Ich müsste in Zukunft nicht mehr beim Betreten des Parks wildfremde Hundebesitzer aus zweihundert Metern Entfernung anbrüllen "Rüüüdeee? Kastriiiiert?" und nicht mehr mit ansehen müssen, wie die angeblich kastrierten Rüden unter den wohlwollenden Blicken ihrer Herrchen versuchen, von allen Seiten meinen Hund zu besteigen.

Alles wäre besser, wenn sie kastriert ist. Und ich werde es ja auch machen lassen, komisches Gefühl hin oder her.

Aber irgendwie... versteht mich hier irgendwer?

3 Kommentare:

  1. Ach, na klar versteh ich Dich, liebe Flora. Ist auch einfach eine komische Vorstellung, den Hundi so "ausnehmen" zu lassen, ohne zu wissen, ob er das will oder nicht ... Tja, beim Thema Fortpflanzungsorgane sind wir alle etwas sensibel, verständlicherweise.

    Ich hab´s machen lassen damals bei meiner Hündin - hauptsächlich wegen der Krebsgeschichte. Nun ist der Wirbelwind schon 13 Jahre alt, von ihrer Power hat sie nix eingebüßt, sie ist nur ein wenig mehr Diva geworden. :o)

    Flora, danke für das tolle, tolle Buch. Das ist momentan so ein großer Trost für mich.

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  2. Ja, ja, ja...
    Du sprichst genau meine Gedanken aus. Auch bei meiner Hündin steht die Kastration an.
    Ich hatte jetzt gerade meinen 2. ICSI-Zyklus und dachte, wenn ich schwanger werde, kann ich unmöglich die Hündin kastrieren lassen.
    Ich hatte irgendwie Angst, das schlechte Omen fällt in Form einer Fehlgeburt auf mich zurück.
    Nein..., ich bin nicht abergläubisch.

    Leider hat auch die zweite ICSI nicht geklappt.
    Aber Flora,
    Dein Buch war und ist ein riesen Trost für mich, nicht aufzugeben.
    Ich habe es nach meinem Transfer am 22. Oktober gelesen. Vermutlich war ich eine der Ersten.
    Seitdem lese ich hier im Blog mit und bin froh, dass ich hier, anders als in den Foren mehr Buchstaben als Smilys sehe.

    Danke Elisabeth

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  3. Liebe Flora!

    Jedes Wort, das du schreibst kann ich komplett nachvollziehen. Ich habe mich schon so oft bei unserer Herzenskatze entschuldigt, dass ich sie komplett habe "ausnehmen" lassen, dies einige Tage fürchterlich schmerzhaft war und sie wegen mir nie Babies haben kann, weiss natürlich aber genau wie du, dass es das einzig sinnvolle war. Vielleicht sind wir KB-Frauen in dieser Beziehung einfach nicht "normal".

    Genauso wie meine Vorschreiberinnen möchte ich mich bei dir für dein Buch bedanken. Selten habe ich so gelacht und einige Minuten später wieder Rotz und Wasser geheult.

    Liebe Grüße, Chrissi

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