Sonntag, 22. Juni 2014

Stegosaurier vs. Glitzereinhörner: 2:0.

Zwei Jungs. Wirklich zwei Jungs. Gewachsen in und geschlüpft aus diesem bleichen, launischen Fusselbauch voller Myome und Endometriose. Wenn mir das jemand vor drei oder zwei Jahren gesagt hätte... wobei: einige von Euch haben das gesagt. Es gab immer wieder welche, die mir geschrieben (oder gesagt) haben, sie hätten das im Gefühl, das würde schon noch, ganz bestimmt. Und dann war ein Teil von mir gerührt über so viel Hoffnung und gute Wünsche für mich und wollte das auch gerne glauben, und ein anderer Teil dachte "Sei bloß still, du vertreibst es sonst noch: die kleine Chance, dass ich vielleicht irgendwann sogar bis Ende vierter Monat schwanger bin statt nur dritter." Und hab mich gar nicht daran zu denken getraut, es könnte vielleicht ja doch noch, aus Angst vor dem, was passiert, wenn nicht.

Zwei Jungs! Zweimal Piratenpflaster, zwei paar dreckige Turnis im Hausflur, zweimal kaputte Fußballknie, zweimal "Bagger!", zweimal "Guck mal, Mama, eine Kröte, wie süß!".

Wobei: genau so war ich auch. Und ich bin ja, wie sich jetzt herausstellt, doch kein Junge.

Zwei Jungs also. Zwei kleine Kerlchen, die sich im Schlaf an der Hand halten, und der Kleine macht dem Großen alles nach, auch die guten Sachen. Zweistimmiges Krakeelen aus dem Kinderzimmer Sonntags morgens um halb sieben, und kurz darauf der Räuber Hotzenplotz in Festival-Lautstärke. Ich komme wirklich und wahrhaftig zu meinem Zelt im Garten, jeden Sommer, so lange die zwei ihrer alten Mutter diesen schrulligen Wunsch erfüllen wollen. Ich sehe Böhnchen auf dem Feuer gekocht zum Abendessen ("Wie Cowboys!" "Ächz. Jaja, Mama."), Schlafsäcke, Taschenlampen, Spukgeschichten, und wer weiß? Vielleicht kommt Lili als Wachhund mit und ringelt sich ans Fußende. Zwei meiner Mädchen haben schon gesagt, ich wäre eindeutig eine Jungsmama, und vermutlich bin ich das. Ich habe wenig Geduld mit Glitzereinhörnern und anderen pinkfarbenen Marketingkniffen, vielleicht kommt es ja daher. Ich weiß jetzt schon, ohne auch nur eine Minute nachzudenken, was die Jungs bis zu ihrem zehnten Geburtstag zu Weihnachten bekommen können. (Würde das jetzt ein Mädchen, hätte es einfach das Gleiche bekommen, das ist die traurige Wahrheit. Ich wäre wohl auch für ein Mädchen eine Jungsmama gewesen, zackbumm.) L. wird auf seine alten Tage noch die Kunst lernen müssen, Baumhäuser zu bauen. Stabile Baumhäuser. (Machen Jungs das heute noch? Oder überhaupt Kinder? So wie wir früher Butzen bauen im Freien, Feuerchen machen und Kartoffeln darin braten, Stöcke schnitzen, sich nachts rausschleichen, um Gespenster zu jagen, Verstecken im Dunkeln spielen und Fußball spielen im Garten, wenn es ganz doof läuft auch in Sandalen, mit dem Apfelbaum und dem Kirschbaum als Tor?). Ich sehe mich schon gerührt am Fenster stehen und L. hinterhergucken, der mit seinen zwei Jungs zum HSV geht (dann vermutlich zum Abstiegsspiel gegen Wattenscheid). Wäre es ein Mädchen geworden, dann hätte ich es nicht gezwungen, sich für Fußball zu interessieren, aber ich hätte doch kleine, nicht sehr subtile Schubser in Richtung Stadion und weg von Eiskunstlauf und der Musical-AG gegeben. Schrecklich wäre das gewesen für mein kleines Mädchen! Alle anderen aus der Klasse hätten den rosa Scout mit Feen oder Prinzessinnen gehabt, nur meine Tochter hätte einen mit Raketen oder Dinosauriern gehabt, nur um ihrer blöden Ollen einen Gefallen zu tun. Und das als Ex-Freak-Kind, das eigentlich genau weiß, wie mies das ist, die einzige zu sein, egal um was es geht. (Vermutlich wäre ich zur Vernunft gekommen und hätte mich an die Leine genommen, aber es hätte mich Anstrengung gekostet, und Kinder kriegen ja angeblich alles mit - die Anstrengung hätte die Kleine gerochen.) Was für ein großes, großes Glück für Würmchen II, ein Junge zu werden. Und was für ein großes, unverhofftes, unerhörtes Glück für uns.

(Schreibt die Blogtante, die noch vor etwas mehr als einem Jahr mit Recht Haue bekam, weil sie tagelang eingeschnappt war, dass Huckleberry kein Mädchen ist. Ihr hattet wieder mal Recht, Recht, Recht: das ist das, was passiert, wenn man schon einen Jungen hat.)

4 Kommentare:

  1. herrlich! herzlichen glückwunsch!

    ich habe selbst drei söhne. darunter zwillinge nach ICSI. ich bin glücklich und dankbar. ich hätte gerne eine tochter gehabt. sollte nicht sein. mir fehlt nichts im leben. meine eigene welt ist rosa genug.

    ich musste mir in den schwangerschaften aber viel anhören... "oh, kein mädchen, schade..." war da noch das netteste. es gibt tage da nervt mich das mehr oder weniger.

    ich gratuliere dir von herzen! jungs sind toll!

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  2. Ach, schön, freut mich, dass Du Dich freust! Am Ende wird es bei mir auch kein kleines Schwesterchen, sondern ein kleiner Bruder für meinen geliebten Sohn. Die können dann zusammen all die schönen Dinge tun, die Du beschreibst. Ich mag Mädchen halt einfach gern und hätte gern eins gehabt, aber wenn es nicht sein soll, dann weiß ich, dass ich so oder so die glücklichste Mama der Welt sein werde. Mir wurde auch schon gesagt, ich sei so eine Jungs-Mama. Was immer das heißt, wahrscheinlich stimmt es.
    Alles Gute wünscht
    die Tina (an 12+1 mit ???)

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  3. Perfekt so wie es ist. Ansgar und Waldemar werden die allerbesten Brüder. Zwei kleine Jungs, ziemlich schön!

    Ich habe ein Mädchen und einen Jungen und ich finde sie bisher beide ziemlich großartig so wie sie sind. Und auf pinke Glitzereinhörner müssen vermutlich beide verzichten, so lange ich es beeinflussen kann ;-).

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  4. ich dachte auch immer, dass ich eine jungsmama bin und dann kam ein mädchen... und zwar ein richtiges mädchenmädchen... mit tüllrockvorliebe und nagellackfaible... glitzereinhörner stehen auch hoch im kurs - und was soll ich sagen... ich bin begeistert! so ist das wahrscheinlich: man liebt was kommt! jetzt soll es ein junge werden und ich kann es mir noch gar nicht vorstellen, wie das wohl sein wird...

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