Donnerstag, 27. April 2017

Hipp Hipp, Hurra

Als ich gestern abend mit meiner brüllenden Tochter im Kinderwagen zum Mädchenabend gelaufen bin, habe ich nachgedacht. Und dann habe ich einen Entschluss gefasst: ab heute füttere ich zu. Dafür gibt es auf Anhieb so viele gute Argumente, dass mir das Argument, von dem vermutlich viele hier denken, es wäre für mich das Wichtigste, erst irgendwann viel später eingefallen ist. Hier ein kleiner Überblick:

1. Mein Baby wird zur Abwechslung mal satt. Sie ist mit 3.250 Gramm zur Welt gekommen, bei der U3 fast fünf Wochen später hatte sie 3.700. Das ist wirklich nicht viel, auch wenn man ihr (wie ihr Kinderarzt) zugute hält, sie wäre eben "der elegante Typ". Ich finde es schwer, hungriges Babygebrüll auszuhalten, vor allem, wenn sie nach vielen, vielen Stunden Dauerstillen immer noch panisch hackt und sucht und einfach nie, nie, nie zufrieden ist.

2. Im Moment verbringe ich täglich ca. 20 Stunden mit Stillen. Das geht nicht. Ich habe schon versucht, mit einem Schnuller dagegen anzugehen - genauer gesagt, mit inzwischen vier verschiedenen Typen von Schnullern. Sie will keinen Schnuller, sie will trinken. Ihr könnt euch leicht ausrechnen, wie viel Zeit mir auf diese Weise zum Schlafen, Essen, Duschen, Aufräumen oder einfach mal Spaß haben bleibt, auch wenn ich zugeben muss, was Netflix-Serien angeht, bin ich gerade auf dem allerallerneuesten Stand.

3. Noch viel wichtiger als Aufräumen usw. ist aber, dass ich für Kalle und Michel im Moment überhaupt keine Zeit habe. Aus der Kita kommen schon erste Beschwerden, die Jungs wären ja völlig durch den Wind. Ihre Mama gibt es jetzt nur noch mit kleinem Anhängsel am Oberkörper, auf dem Boden sitzen und spielen, kuscheln oder toben ist nicht mehr, auch wenn ich das ständig verspreche: "Gleich bauen wir eine Burg, ich muss nur hier noch schnell..." und dann sind wieder 20 Stunden des Tages einfach weggesaugt.

4. Die Jungs drehen nicht nur in der Kita durch, sondern auch zu Hause. Und was soll ich sagen: so richtig schön, harmonisch und innig kann das Stillerlebnis auch für Klara nicht sein, wenn Mama dabei zunehmend in Stress und Panik gerät und brüllt "Kalle, nicht da hoch! Michel, stell das hin! Hör auf zu beißen! Kalle, nicht hauen jetzt! Lieb sein! Michel, nicht mit Sachen werfen! Wehe! Ich zähl jetzt bis drei!" Usw. usf. Nicht nur, dass ihre Mutter nicht mehr zur Verfügung steht, ihre Mutter ist auch zu einem Psychowrack geworden. Und alles, seitdem die kleine Schwester auf der Welt ist. Na, haben wir da die Grundzutaten für eine harmonische Geschwisterbeziehung versammelt? Haben wir, oder?

5. Schlaf. Und zwar nicht nur für mich, sondern auch für Klara.

6. Den ganzen Krempel (Flaschen, Sterilisiergerät...) hab ich sowieso schon hier herumstehen.

7. Ich höre nicht auf zu stillen, sondern es gibt nur ab sofort mehrmals täglich nach dem Stillen auch ein Fläschchen. Es sei denn, ich habe etwas getrunken oder ein halbes Kilo rohe Zwiebeln gegessen, dann können wir auch mal eine Nacht nur mit Flaschen überbrücken.

8. Ich erinnere mich noch dunkel an die letzten beiden Male, als der Stillkrampf in dem Moment deutlich milder wurde, als ich mich entspannt und mir mit Fläschchen geholfen habe.

9. L. kann sie auch mal füttern. Verdammt noch mal, die Jungs können sie auch mal füttern (unter Aufsicht natürlich). Und Mamas Soloprogramm ist damit beendet. Es wird höchste Zeit, dass Klara auch den Rest der Familie mal kennen lernt.

10. Ich kann auch mal ohne Baby los.

Hätte ich noch einen letzten Anstoß gebraucht, dann war es der Heimweg vom Mädchenabend zwei Stunden später und diese Nacht. Nachdem ich sie auf der Mädchencouch weitere zwei Stunden gestillt habe, habe ich sie irgendwann eingepackt und bin nach Hause gefahren. Auf dem Weg hat sie bis drei Häuser vor unserem Eingang durchgebrüllt. Dann war sie gerade lang genug eingeschlafen, um in die dunkle Wohnung zu kommen, in meinen Schlafanzug zu steigen und mich abzuschminken. Und dann hat sie bis drei Uhr früh weiter getrunken, während ich zunehmend verzweifelt bin. Babys sind eben manchmal so, ich weiß, aber wenn eine Lösung so klar auf der Hand liegt, sollte man sie zumindest mal ausführlich ausprobieren.

Gerade habe ich ihr die erste Flasche gemacht. Sie hat vier Schlucke genommen, dann hat sie mich zum ersten Mal angelächelt (Ich weiß. Ich würde einem Werbetexter auch nicht trauen, der mir so einen Babynahrung-Vignettenfilm-Klischee-Schmuh erzählt. Aber so ist es gewesen, genau so.) und ist dann eingeschlafen.

4 Kommentare:

  1. Liebe Flora,

    die Ammen früher waren nicht nur zu Deko.
    Klar,die Vollstecker,weil es sich nicht schickte zu stillen.
    Aber die normalen Leute hatten für diese Fälle eben Tanten,Nachbarinnen u.s.w.
    Schön,dass Du dich da so entspannst.
    Hunger muss bei uns hier heutzutage ja zum Glück keiner mehr haben!
    Wenn es sich für Dich nicht richtig anfühlt,dann wird es wohl auch nicht richtig sein.
    Also so viel Urinstinkte darf man einer 3fachen Mutter doch durchaus zutrauen.
    Und ein zufriedenes Babylächeln ist glaube ich kein soooo schlechtes Zeichen.��

    AntwortenLöschen
  2. Goldrichtig! Meine 2 Cents zu diesem Thema habe ich gerade vor zwei Tagen in den Topf geworfen: https://wuenschekindereltern.wordpress.com/2017/04/25/stillen-oder-noch-einmal-das-gleiche-bitte/
    Ich wünschte, ich könnte sagen, dass ich es bei einem dritten Kind gleich so machen würde (Stillen, dann Zufüttern). Kann ich leider nicht. Ich zweifel deswegen wirklich sehr an mir, bin aber froh zu lesen, dass auch andere immer wieder die Finger auf der Herdplatte haben. Guten Hunger, kleine Klara ;)
    LG

    AntwortenLöschen
  3. Würde ich beim nächsten mal genau so machen. Dir eine entspannte Babyzeit! Schöne Grüße aus Schleswig-Holstein

    AntwortenLöschen
  4. War bei mir bei allen drei Kindern genauso wie bei Dir. ja, es sit nun mal wahr, manche Frauen haben zuwenig Milch und müssen zufüttern, auch wenn die Wahrheit immer wieder verleugnet wird.Und es ist gar nicht schlimm. Solidarische Grüße von einer anderen Dreifachmutter mit ähnlicher Stillgeschichte.

    AntwortenLöschen