Sonntag, 22. April 2018

So ein Theater

Zu Schulzeiten hatte ich eine Freundin, deren Vater sich niemals angeschnallt hat. Auch der Rest der Familie sollte das seiner Meinung nach nicht tun. "Früher", fand er, hätte das niemand getan und es wäre ja schließlich nichts passiert. Seine große Angst war, einen Unfall zu bauen, das Auto fängt Feuer, und durch klemmende Gurte verbrennen dann alle bei lebendigem Leibe. Gleichzeitig war die Gurtverweigerung wohl auch eine Trotzreaktion - er wollte der Welt beweisen, dass er sich jedenfalls nicht verrückt machen lässt und lässig über solchen einengenden Vorschriften wie der Gurtpflicht steht. Ein bisschen wohl außerdem ein ziemlich paradoxer Beweis der eigenen Unverwundbarkeit - guckt mal, was ich mache, mir kann nämlich nichts passieren. Meine Schwiegermutter hat manchmal ähnliche Anwandlungen - nicht, wenn es um Gurte geht, aber in vielen anderen Bereichen. "Ich hab das immer so gemacht, und nie ist was passiert. Da wird ja heute so ein Theater gemacht".

Gestern hatte ich die Jungs in der Badewanne, die Kleine stand angezogen dabei und durfte ihren großen Brüdern zusehen. Ich saß direkt neben der Wanne auf dem Klodeckel und überwachte das Ganze, ohne zu blinzeln. Auf einmal plumpste die Kleine über den Rand und versank kopfüber im vielleicht zehn Zentimeter tiefen Wasser, wo sie in Schockstarre verfiel. Ich hab sie sofort gegriffen und rausgezogen, sie fing an zu brüllen, aber bis auf einen nassen Strampler ist nichts passiert. Wäre ich in diesem Moment nicht im Raum gewesen, sondern kurz nebenan, um schon mal ein Ersatzhandtuch zu holen, wäre sie ertrunken. Hätte ich nicht neben der Wanne gesessen, sondern wäre mal eben am Waschbecken gewesen, um im Spiegel nach Petersilienresten zwischen meinen Zähnen zu suchen, vielleicht auch. Vielleicht wäre sie sogar ertrunken, wenn ich zwar auf dem Klodeckel gesessen hätte, aber kurz eine SMS beantwortet hätte, so gruselig lautlos und äußerlich undramatisch ging das vor sich. Bei Babys reichen wirklich wenige Sekunden. Das Schlimme dabei ist, dass ich schon manchmal tatsächlich kurz nebenan war. Nicht, wenn die Kleine in der Wanne ist, ich bin doch nicht bescheuert, aber wenn die Großen darin waren schon. Nie lange und nie zum Spaß, sondern nur, um zum Beispiel die Tür zu öffnen oder ans Telefon zu gehen. Das werde ich von jetzt an lassen. Und Euch will ich - falls Ihr auch so eine kleine Wurst zuhause habt - jetzt noch mal eindringlich davor warnen. (Und das als jemand, der dieses ewige Gewarne unter Müttern, dieses Drohen mit Todesfällen in der nur eine Geschichte entfernten Umgebung, ganz schrecklich findet. Aber es ging mir durch und durch. Und zum Glück habe ich ja in Verbindung damit keine Horrorstory zu erzählen, sondern nur eine Geschichte, die sich zu einer Horrorstory hätte entwickeln können.) Und jetzt habe ich mich auch wieder beruhigt und alles ist zum Glück gut ausgegangen. Kinderbaden ist übrigens auch so eine Sache, von der meine Schwiegermutter findet, man sollte das nicht so eng sehen. Tja nun.

Damit zuuuum Stammtisch! Die Reaktionen waren ja etwas verhalten bzw. gemischt, zwei Damen hatten aber den Finger für den 3. Mai gehoben. Jetzt finde ich Stammtisch zu dritt noch ein bisschen klein - damit sind wir nur eine Abkürzungsdame von einem Blind Date entfernt, und sollte sich eine Dame verspäten oder es sich anders überlegen, sitzen wir da tatsächlich zu zweit und können uns tief in die Augen schauen. Darum würde ich nun doch noch ein bisschen warten und den Juni anpeilen. Da habe ich auch noch jede Menge Donnerstage frei, das Wetter ist vielleicht auch etwas zuverlässiger, falls wir draußen sein wollen, und bis dahin habe ich hoffentlich einen Durchbruch in meiner aktuellen Jobkrise geschafft, was mich wesentlich entspannter einen Abend verjuxen lassen würde, statt zuhause am Rechner zu sitzen und mit angstgeweiteten Augen an einer Bewerbung zu arbeiten. Was meint Ihr?

8 Kommentare:

  1. Juni klingt gut! Wenn mein Mann dann nicht gerade auf Dienstreise ist (er hatte heute so etwas angedeutet, dass er im Juni irgendwann unterwegs sein wird) bin ich sehr gerne dabei!
    LG Ines

    AntwortenLöschen
  2. Ich verstehe deine Ertrinken-Angst total - ich habe das schon von vielen Leuten gehört (Kleinkind + Gartenteich), und ich habe inzwischen 2 meiner 4 Kinder vor dem Ertrinken bewahrt:
    1 5jähriger Kind im Ferienhaus-Pool, das glaube es könne schwimmen
    1 4jähriges Kind das von seiner Schwester in aller Unschuld (während ich mal kurz das Handtuch geholt und ihm noch nicht die Schwimmflügel drangemacht hatte) schon mal im Schwimmbad ins Wasser gelockt wurde, um schon mal zu spielen.
    Beide wären ertrunken, still und leise. Echt gruselig, das.

    AntwortenLöschen
  3. Das ist ja richtig blöd mit deinem Job. Ich kann jetzt nur interpretieren, aber du warst als Freiberufler in deiner Agentur? Oder was ist passiert, dass du in so kurzer Zeit doch nicht wieder an deinem Schreibtisch sitzen kannst? Ich will hier jetzt nicht mit Arbeitsrecht anfangen etc., dass wird schon alles korrekt abgelaufen sein, aber das ist echt kurzfristig und ich wüsste gar nicht, was ich machen würde, wenn sich alles so schnell ändert. Wirklich schwierig.

    AntwortenLöschen
  4. Im Juni bin ich dabei! Freue mich auf den Stammtisch!
    Liebe Grüße
    Fanny

    AntwortenLöschen
  5. Ich wäre am 3. die Nummer 4 gewesen... �� Aber ich kann auch bestimmt im Juni! Liebe Grüße TinaSausHH

    AntwortenLöschen
  6. In Ordnung, ich warte dann auf neue Terminvorschläge und würde mich freuen wenn es klappt.
    C - noch ohne Kinder und mit Abkürzung

    AntwortenLöschen
  7. Ich wäre auch dabei, wenn es zeitlich passt.

    AntwortenLöschen
  8. Was ist los?? Gibt es einen anderen Blog irgendwo, von dem nur ich nichts weiß?? Ich vermisse deine Geschichten...

    AntwortenLöschen