Montag, 12. April 2010

90% schön, 10% anstrengend

Natürlich haben sie gefragt. Und ich weiß, wie zurückhaltend und vorsichtig sie sind, das heißt, das, was sie mich fragen, ist immer nur die Spitze des Eisbergs. Im Moment scheint ihr großes Thema "Behandlungen im Ausland" zu sein. Sie haben da jemanden in einer Talkshow sitzen sehen, der ist also so sagenhaft erfolgreich mit seiner Klinik... und sie haben da was gelesen... ich hab tief durchgeatmet und ihnen dann erklärt, dass das alles sein kann, dass aber Erfolgsquoten auf ganz unterschiedliche Arten zustande kommen. Manche Kliniken schicken alles weg, was ihnen zu alt oder zu krank ist, um sich ihre schöne Quote nicht zu vermasseln. Andere lassen länger brüten, und was dann noch da ist, hat bessere Aussichten. Und wieder andere... nein, ich bin dafür kein Experte, auch nicht annähernd, und ich versuche sogar, mich davon abzuhalten, zu viel darüber zu lesen und zu erfahren. Aber mein Hauptargument war: ich kann nicht auf den Druck, unter dem ich so schon stehe, noch den Druck packen, mich vier Wochen lang in der Tschechei oder sonstwo aufzuhalten, und dann klappt es am Ende vielleicht immer noch nicht. Ich hab einen Beruf, einen Mann, einen Hund, Freunde und jetzt auch noch ein Haus, die brauchen alle viel Zeit und viel Liebe. Ich will nicht Wochen in irgend einer Pension im Ausland verbringen, damit mir alle zwei Tage jemand Blut abnimmt. Ich will auch nicht Tage da verbringen. Ich will, dass es hier klappt. Wie bei genügend anderen Frauen auch. Und außerdem würde ich, wenn ich mir das aussuchen könnte, lieber nicht mit meinen Eltern darüber sprechen. Aber der Zug ist abgefahren, und jetzt ist es eben so. (Tun Frauen ohne solche Probleme das? Erzählen die ihrem Vater, wie oft sie letzten Monat im Bett waren und wann der Eisprung war, so dass er beruhigt sein kann, dass das schon noch was wird mit dem Enkel?) Ich kann noch nicht mal selbst sagen, wieso mich das so stresst. Sie selbst glauben offensichtlich, das ganz locker zu sehen, denn, wie meine Mutter bemerkte, sie haben ja noch zwei andere Chancen auf Enkelkinder. Räusper.

Gut. Aber nicht, dass ihr jetzt denkt, das wäre der Generationenworkshop "Kinderwunsch" gewesen. Nein nein, die meiste Zeit hatte ich Babyfrei. Wir haben den Schlüssel bekommen. Meine Eltern haben die Hütte inspiziert und waren teils begeistert, teils besorgt, wie das alles werden soll. Die Zone im Gehirn meines Vaters, die für Gartenarbeit zuständig ist, hat so geglüht, dass er vermutlich nachts im Dunkeln geleuchtet hat. Wir waren lecker essen, ich durfte nichts bezahlen, und meine Mutter hat mir ein fabelhaftes Sommerkleid und ein schönes neues Tuch zum Geburtstag gekauft, während mein Vater den Hund gehütet hat. Wir waren spazieren, haben auch über hundert andere Sachen geredet, und ich freu mich schon sehr drauf, wenn wir diesen Sommer mit L.s Mutter zu ihnen fahren und ich ein bisschen damit angeben kann, wie nett man es da haben kann.

Freitag, 9. April 2010

Seht ihr? Genau das meine ich.

Sowas wie gestern Abend passiert, wenn ich z.B. Vino Verde trinke. Leichten, portugiesischen Wein. Der hat nur 9%! Und schon sitze ich da und schreibe Blödsinn. Wieso ist Morgen denn immer der mieseste Tag von allen? So ein Quatsch! Vor allem, wo doch heute der Tag ist, an dem meine Eltern zu Besuch kommen und wir vor allem endlich und endgültig das Haus in Beschlag nehmen. Wir bekommen einen Schlüssel! Zum Haus! Und wenn es uns danach einfällt, die Wände lila zu streichen oder eine Badewanne in die Küche zu stellen, bitteschön! Das ist doch schön! Und der Tag danach, also morgen, ist auch alles andere als mies - z.B. deshalb, weil meine Mutter mit mir nachträglich Geburtstagseinkaufen geht. Es gibt also nicht den geringsten Anlass für Gemecker, wenn man mal davon absieht, dass ich mir über Nacht den Hals so verlegen habe, dass ich jetzt nur noch in eine Richtung gucken kann, in amerikanischen Filmen würde man sagen, auf zehn Uhr.

Na, freut ihr euch auch so auf mein iphone wie ich? Das kann ja heiter werden. Oder mies, ganz mies.

Donnerstag, 8. April 2010

Morgen. Immer der mieseste Tag von allen.

Der Hund bekommt langsam einen Kopf, der genau so dick und wollig ist wie meiner. Sie wühlt sich mit ihren Welpenwackelzähnen in einen Stock, ich wühle mich mit der Hand über ihre Hundemöhre. So sitzen wir auf der Wiese und haben es schön zusammen. Gestern Nacht hat sie ihren ersten Backenzahn verloren, L. hat die ganze Nacht auf etwas Stacheligem gelegen und im Halbschlaf nicht genug Energie aufgebracht, um nachzusehen, was das ist. Das war der Zahn. Eltern von Menschenkindern schaffen für sowas wie Milchzähne vermutlich kleine Döschen an, wir haben den Fund erst mal ins Bücherregal gelegt.
Morgen bekommen wir den Schlüssel zu unserem Haus. Ab dann können wir jederzeit rein und rausspazieren, ganz wie es uns passt, ohne dass die Maklerin mitkommt (nicht, dass wir jemals was gegen ihre Anwesenheit hatten, sie ist sehr nett). Eigentlich könnten wir schon dieses Wochenende dort campen, aber meine Eltern kommen zu Besuch, und die sind nicht die weltleidenschaftlichsten Camper. Aber hinfahren werden wir, eine Flasche köpfen vermutlich auch, und der Hund darf zum ersten Mal die Runde durchs Haus drehen, ohne dass wir panisch sind, sie könnte einen Pisch setzen. Die alte Hundemöhre.
Ich hoffe, meine Eltern sind friedlich, was den Kinderwunsch betrifft. Wenn sie das hier jemals lesen, will ich jetzt schon sagen, ich weiß, ihr wollt eigentlich immer friedlich sein. Ihr wollt keinen Druck machen, mir zeigen, dass ihr mich unterstützt, und auf keinen Fall den Eindruck erwecken, ihr würdet die Minuten bis zum ersten Enkelkind zählen. Ich weiß, ich weiß, ich weiß. Der Druck entsteht vermutlich auch eher in mir als von euch aus. Aber aus irgend einem Grund hat er trotzdem mit euch zu tun. Bitte keine Diskussion über Adoptionen oder Eizellenspenden oder auch Leihmütter. Wäre es nicht schön, wenn wir uns alle für ein Wochenende vorstellen könnten, ihr wüsstet nicht, was mit mir nicht stimmt, sondern wir würden einfach alle zusammen still vor uns hinhoffen, dass das irgendwann klappt, ohne dass wir drüber sprechen müssen?

Ach, hat ja keinen Sinn. Also, herzlich willkommen. Und sagt ruhig, was euch zu Adoptionen sonst noch so einfällt. Ich hab euch sehr gern.

Mittwoch, 7. April 2010

Vorsätze zum Umzug. Teil 1.

Ich werde ein Fahrrad an diese Station stellen, die schon fast da ist, wo ich meistens hin muss. Das Fahrrad wird sicher genug sein, dass ich nicht seinetwegen sterbe, und oll genug, dass ich nicht heule oder fluche, wenn es geklaut wird.

Ich werde abends nicht um acht im Schlafanzug auf dem Sofa liegen und Super Mario spielen, den Zeit-Stapel durchackern oder mir L.s Law and Order-DVDs ansehen, sondern ich werde mit meiner Latzhose irgendwas bohren oder anstreichen. Immer. Jeden Tag. Bis es irgendwann gut ist.

Ich werde dem Hund fabelhafte Spaziergänge spendieren. Wir werden stundenlang durchs sturmgepeitschte Moor laufen. Oder wenigstens stundenlang durch den sturmgepeitschten Park. Ich werde Stöckchen werfen und so lange Zeit haben, bis Lili und der andere Hund sich lange genug über die Wiese gejagt und in die Ohren gezwickt haben werden. Ich werde nicht der Versuchung nachgeben, noch ein bisschen länger am Rechner zu sitzen und den Hund nur kurz in den Garten zu lassen. Jedenfalls nicht öfter als morgens ganz früh und abends ganz spät.

Ich werde den riesigen Einbauschrank nicht dazu missbrauchen, jeden alten Scheiß aufzuheben. Unterwäsche mit Löchern, Socken ohne Sohle, Jeans in Größe 27 und Tops in Größe 34 haben in meinem Kleiderschrank keine Existenzberechtigung.

Ich werde mehr Zeit damit verbringen, dafür zu sorgen, dass es schön wird, als damit, davon zu träumen, wie schön es mal werden könnte.

Ich werde mich nicht gruseln. Nicht, wenn L. nicht da ist, nicht im Keller, nicht im Dunkeln, nicht auf dem Dachboden. Ich werde keine irren Phantasien entwickeln darüber, wie genau der alte Sack gestorben ist und wo und wie man ihn gefunden hat. Ich werde mir nicht einbilden, dass sich Gesichter an den Scheiben des Wintergartens zeigen, und ich werde keine komischen Geräusche hören.

Ich werde Obstbäume pflanzen.

Ich werde Rosen pflanzen.

Ich werde lernen, was ich tun muss, damit es ihnen gut geht.

Ich werde die Nachbarn kennenlernen, und wenn ich sie blöd finde, sofort wieder vergessen, dass es sie überhaupt gibt.

Ich werde Leute zum Essen einladen.

Ich werde in jedem Zimmer irgendwas haben, womit ich Musik hören kann.

Ich werde lernen, keine Angst mehr vor Kreissägen zu haben. (Vielleicht der schwierigste Punkt auf der Liste.)

Ich werde mich nicht drum scheren, dass die Nachbarschaft vermutlich nicht viel von meinem Kleidungsstil hält.

Ich werde endlich die Fotos entwickeln lassen, rahmen und aufhängen.

Wenn jemand für L. anruft, werde ich aufschreiben, wer es war und was er wollte.

Ich werde Rechnungen nicht mehr auf einen Stapel werfen und vergessen, sondern verdammt noch mal endlich meinen Kram in Ordnung bringen und in Ordnung halten.

Ich werde jeden Tag mindestens zwei Stunden arbeiten. Auch Samstags und Sonntags. Zwei Stunden kommen euch wenig vor, aber wir warten mal ab, bevor wir die Zahl hochschrauben.

Ich werde an meinem Schreibtisch sitzen und Sachen schreiben.

Wenn jemand aus der Familie sagt "guck mal, ich hab hier diese fabelhafte Lampe/Kommode/Blumenampel/Guillotine, die sieht doch toll aus, wollt ihr die nicht haben für euer Haus?" dann werde ich sagen "das ist nett, aber nein Danke. " Ich werde mich bei jedem Teil, das wir ins Haus tragen, fragen, ob das wirklich schön ist und wir es brauchen. Wenn nicht, dann bleibt es draußen.

Ich werde ein Kräuterbeet haben und es pflegen.

Ich werde versuchen, ein paar Traditionen zu erfinden und mich an sie zu halten. (Bei meiner Lieblingstante gab es z.B. die Tradition, dass wochentags alle Abends einen kleinen roten Apfel auf ihrem Kissen finden, den sie vor dem Einschlafen noch essen können. Am Wochenende kriegen alle eine Tasse Tee mit einem selbst gebackenen Keks ans Bett. Ihr fragt euch, wieso das meine Lieblingstante ist? Solche Traditionen will ich auch.

Die Venusfliegenfalle unter den Gastgebern

Morgen Abend kommen die Mädchen. Das heißt, um genau zu sein, wäre heute auch schon Mädchenabend gewesen, allerdings Mädchensportabend, und weil in letzter Minute noch eine Mail kam, nach der ich ein paar Texte schon heute Abend rausschicken muss, damit mein Kunde sie morgen früh lesen kann, und nicht erst morgen Nachmittag wie gedacht, werden die Mädchen ohne mich auf Matten stehen und versuchen, sich nicht im Spiegel dabei anzugucken, wie sie ihr Powerhouse anspannen (oder was auch immer man mit seinem Powerhouse macht). Jedenfalls, morgen Abend kommen sie, und während ich poste, gleichzeitig über die Texte nachdenke und den Hund hüte, kocht auf dem Herd die Bolognese, mit der ich sie morgen dafür entschädigen will, dass ich heute gekniffen habe. Und ich überlege mir, wie das alles werden soll im neuen Haus. Das Haus ist wirklich, wirklich weit draußen. Wenn ich jetzt das eine Mädchen besuche, dann geht das so: ich ziehe meine Jacke an, stecke den Schlüssel ein, steige aufs Fahrrad und bin zehn Minuten später bei ihr. In vier Wochen geht besuchen so: ich ziehe die Jacke an, laufe sieben Minuten zur Ubahn, warte vermutlich fünf Minuten, dass sie kommt, fahre dann 20 Minuten und laufe noch mal fünf Minuten zu ihr. Das ist nicht direkt eine Weltreise, aber anders ist es schon. Ich mache mir auch keine Sorgen, dass ich die Fahrt nicht oft genug schaffe. Wenn ich mir wieder einen Job in der Stadt suche, dann werden die Mädchenabende die Abende sein, an denen ich einfach ein bisschen länger am Rechner sitze und noch was fertig mache, und dann gehe ich erst zu einem der Mädchen und dann nach Hause in die Wildniss da draußen. (Ziehe ich vorher die Jacke an? Vermutlich schon!) Was mir Sorgen macht, ist vielmehr, ob die Mädchen sich oft genug aufraffen können, zu mir zu kommen. Wenn nicht, könnte ich es ihnen noch nicht mal verdenken, man zieht schließlich nicht in die Stadt, um sich dann 20 Minuten in die Dusselsubahn zu setzen. Und spät nachts das Gleiche noch mal. Um dafür zu sorgen, dass sie es trotzdem tun, gibt es nur einen Weg: ich muss in den nächsten Wochen daran arbeiten, die weltbeste Gastgeberin zu werden. Es soll ihnen so dermaßen gut gehen bei mir, dass sie vollkommen vergessen, dass später noch eine Ubahn auf sie wartet (wenn sie Glück haben) oder eine Nacht auf meiner Gästecouch. Ich muss einfach besser werden. Besser kochen, besser backen, besser aufräumen, ich muss mir CDs brennen und Playlists machen, damit die Musik die Mädchen einfach von den Sitzen reißt, ich muss Fluppen in den Lieblingssorten der Gäste parat haben, ich muss Lieblingsweine anbieten, ich muss das Frühstück des Jahrtausends anbieten, und Lili wird auch enorm busy sein in den nächsten Wochen, denn Lili muss die Tricks draufhaben, die die Herzen der Gäste zum Schmelzen bringen. Das sind doch Aufgaben! Und ausgerechnet jetzt soll ich arbeiten, Hallo?

Dienstag, 6. April 2010

Ch-Ch-Ch-Changes

Vor langer Zeit (so fangen immer Posts über frühere schmerzliche Erlebnisse an, und dieser hier ist da keine Ausnahme) hatte ich mal einen Freund. Mit dem lief es so lala. Ich war zwar verknallt, aber skeptisch, denn erstens hatte er nie Zeit für mich, zweitens waren da einige Merkwürdigkeiten, und drittens... ich weiß auch nicht. Eines Tages sagte er mir, dass es da eine andere gäbe, nur könnte er sich leider nicht entscheiden. Ich heulte, hörte wieder auf zu heulen und sagte, gut, dann sollte er sich eben entscheiden. Dann bin ich in ein Taxi gestiegen und nach Hause gefahren. (Ich weiß, der starke Frauen-Liebes-Kodex würde jetzt ganz klar vorsehen, ihm was zu husten, aber ich konnte irgendwie nicht.) Ich machte mich rar (erbärmliche Übung, aber ich war verwirrt, doof vor Kummer, und das war mein schwacher Versuch, zu kämpfen). Ich hatte Geburtstag, er rief noch nicht mal an und wurschtelte sich hinterher doch irgendwie raus. Dann kam der Tag, an dem ich mit einem Freund bei einem Konzert war und hinterher nichts mehr mit trinken wollte, sondern zum Bus gegangen bin. Und an der Bushaltestelle stand er, knutschend, mit der anderen. Es stellte sich heraus, dass Die Andere nicht, wie in meiner Phantasie, eine femme fatale mit ungeahnten Qualitäten war, sondern eine Kollegin von mir, die ich irgendwie.. naja... also, ein bisschen gestaunt habe ich schon. Ich stieg in meinen Nachtbus, sie setzte sich mit einem Plumps neben mich und fragte fröhlich, wie es sonst so läuft bei mir. Ich habe noch ein bisschen mehr gestaunt.

Das war alles nicht schön, ein ganz gewaltiges Schlamassel und Stoff für viele unvergessliche Mädchenabende. Für vielleicht mehr Mädchenabende, als meinen Mädchen lieb war.

Aber am übernächsten Tag bin ich losgegangen und hab mir meinen ersten richtigen Handyvertrag besorgt. Schluss mit Prepaid, jetzt war es Zeit, erwachsen zu werden und der Welt die Zähne zu zeigen.

Seitdem war ich viele, viele Jahre lang Kunde bei einem Handyanbieter, über den ich mich oft geärgert habe bis zur Weißglut. Die lustigen und teuren Werbekampagnen dieses Anbieters kamen und gingen, aber mein Empfang (mitten im Hamburg, durch drei Jobwechsel und drei Umzüge nicht beeinflusst) blieb beschissen. Er war sogar so beschissen, dass die Verbindung auch gerne mal abriss, während ich mit der Beschwerdestelle meines Anbieters telefonierte. Das werteten die vermutlich dann als "Zielperson legt wütend auf" und kümmerten sich weiter lieber um neue, noch witzigere Kampagnen.

Inzwischen ist mein Liebesleben frei von solchen Pleiten. Auf L. lass ich nichts kommen. Aber trotzdem hab ich gekündigt und bei einem neuen Anbieter unterschrieben. (Zeit, erwachsen zu werden und so.) Und nun steht uns ein neues Familienmitglied ins Haus: ein iphone in Weiß. Ich weiß, ich weiß, schwarz ist schicker, und wieso gibt es bei uns eigentlich nicht diese bunten iphones? Eins in Dunkelgrün oder Schokobraun z.B.? Egal, meins ist weiß, weil alle, die ich kenne, ein schwarzes haben, und das iphone auch ohne Verwechslungsgefahr schon genug Tücken birgt. Ich zittere jetzt schon vor den blödsinnigen facebook-Einträgen, die ich irgendwann nachts um drei in der Bar zum letzten Schlückchen posten werde. Aber ich zittere auch vor fürchterlichen Posts, denn bei mir reicht oft schon ein Glas Wein, und ich lass es einfach laufen. Und das mir, wo ich niemanden kenne, der sich so oft, so lange, so gründlich, so abgrundtief und so nachhaltig schämt wie ich.

Also. Wenn ihr ab nächster Woche mal einen Post lest, bei dem ihr denkt "Huch" oder auch "Naja" oder "Igitt", dann kann ich nicths dafür. Schuld wird mein Telefon sein. Und mein ewig unerfüllter Wunsch, erwachsen zu werden. Ich entschuldige mich jetzt schon in aller Form, vorbehaltlos, für alles, was da schief gehen könnte.

Hornbach statt Petit Bateau

Letzte Woche noch kalte Füße und Gejammer über den Abschied von dieser Wohnung, und nach vier Tagen in der Heide komme ich zurück und bin unwirsch. Wie fast immer, wenn man irgendwo auszieht, hab ich das Gefühl, die Wohnung klebt an mir und lässt sich nicht abschütteln. Ich würde am liebsten morgen umziehen. Oder wenigstens schon mal den Schlüssel haben und Sachen machen. Ich will in einer Latzhose durch leere Räume stratzen und Sachen anmalen. Ich will Kisten schleppen und Löcher graben. Ich will so lange raus und rein und treppauf und treppab laufen, bis das Haus mir in die Knochen übergegangen ist. Genau so, wie ich inzwischen blind durch diese Wohnung tapsen und trotzdem die Lichtschalter treffen kann, will ich das auch im neuen Haus können. (Dazu ist es erst mal nötig, dass auch überall Lichtschalter sind, aber das ist eine andere Geschichte.) Ich will mit Bohrern bohren, mit Schrubbern schrubben und mit Dampfreinigern dampfen. Ich will das Klingelschild des alten Sacks abschrauben und dafür unseres anschrauben. Ich will unbedingt diese erste Nacht im neuen Haus, in dem wir noch nur eine Matratze und ein paar Kerzen und zwei Schlafsäcke und den Hund haben. Die soll bitte jetzt sein, heute Abend. Ich will ich will ich will. Und mittendrin dann auch noch der Job. Und das Geheimprojekt. Merkt ihr was? Wenn eine höhere Macht die Absicht hätte, mir mal für eine Weile Ferien vom Kinderwunsch zu spendieren, dann hätte sie es nicht besser anstellen können.

Freitag, 2. April 2010

Aufbruchstimmung

Ich packe meine Sachen und bin raus, mein... äh...

Gleich brechen wir auf. Die Sonne strahlt, das tut sie sicher auch in der Heide, aber ich hab zu tun. Allerdings verbietet mir niemand, mich mit meinem Rechner auf die Wiese zu setzen oder ins Bett. Es wird also eine gemütliche Art von Stress. Und ich werde nebenbei bestimmt noch irgendwie dazu kommen, einen Osterbraten anzusetzen, mit Lili durch den Wald zu streifen, Feuerchen zu machen oder ein Glas Wein zu trinken. Aber ich weiß noch nicht, ob ich auch zum Posten komme, zumal das auf L.s iphone immer zehnmal so lange dauert. Darum seid nicht böse, wenn ich mich erst Montag wieder mucksen sollte. Frohe Ostern, ihr Hasen!

Donnerstag, 1. April 2010

Runter die Teetassen, hoch das Glas

Wenn ich abends von meinem Balkon gucke, dann sehe ich ein altes rumpeliges Gebäude, das sich einstöckig in unserem großen Hof duckt. (Natürlich sehe ich es auch tagsüber, es wird nicht um Mitternacht abgebaut.) Jedenfalls ist es Abends schummerig beleuchtet, und in dem Schummerlicht sehe ich Gestalten, die extatisch durch die Gegend hüpfen. Es muss eine Form von Nia sein oder so, ich spiel jetzt mal Musik, und ihr tanzt eure Gefühle. Ich hab Respekt vor den Leuten, die das tun, denn ich selbst könnte das nie. Ich muss schon verklemmt kichern, wenn ich nur Walzer tanzen soll. Manchmal muss ich sogar beim Pilates verklemmt kichern.

Jedenfalls sitze ich gerade auf dem Balkon, sehe den Menschen zu, die ihre Gefühle tanzen, und trinke ein Glas Champagner, den uns die Maklerin am Dienstag nach dem Notartermin überreicht hat. Ich hab nämlich was zu feiern.

Nach der kurzen Auftragslawine im Januar, die mich sogar dazu gebracht hat, für jemanden, der mich chronisch zu spät bezahlt, eine zusätzliche Nachtschicht einzulegen, damit ich das alles schaffe und mir ja nichts durch die Lappen geht, hat der Ansturm im Februar schon deutlich nachgelassen. Um nicht zu sagen, um 90 Prozent. Trotzdem sah es immer noch hoffnungsvoll aus, ganz viele Jobs haben gewunken, aber über das freundliche Winken ist es leider nie hinausgegangen. Anfangs hatte ich das Telefon immer noch neben mir liegen, sogar auf dem Klo, für den Fall, dass es klingelt und ich gebucht werde. Aber es hat nie geklingelt, und irgendwann habe ich es zu L.s großem Zorn ständig liegengelassen, wenn ich mit dem Hund draußen war. Gestern hat es im Bücherregal gelegen und geklingelt, während Lili gerade einem Stöckchen nachrannte. Aber es hat zum Glück noch mal geklingelt, und dann noch mal und noch mal, und gerade war ich bei einem Treffen mit einem Auftraggeber, und nun sieht es so aus, dass ich tatsächlich, wahr und wahrhaftig gebucht bin, und zwar, wenn es gut läuft, für einen ganzen Monat mit einem großartigen Auftrag. Einem Auftrag, bei dem ich so viele Freiheiten und Möglichkeiten habe, mir die Zeit viel freier einteilen kann als sonst und trotzdem noch Zeit habe, andere Dinge zu tun, die ähämm, z.B. mit dem Geheimprojekt, dem Hund, L. und den Mädchen zu tun haben. Das ist doch mindestens ein Grund für Champagner. (Sehr aufmerksame und strenge Leser werden jetzt anmerken, vielleicht sei ja mein Drang zu Champagner und anderen teuren, aber schönen Dingen, sobald sich mal ein Silberstreif am Horizont zeigt, Teil des Problems. Ja nun...)

Ich trinke also darauf, dass ich endlich wieder beschäftigt bin, und zwar gut und sinnvoll und interessant.
Und darauf, dass das Konto endlich wieder geflutet wird.
Darauf, dass ich mich nicht mehr fühle wie Klein-Doofi mit meinen hochfliegenden Selbständigkeitsträumen. Das ist schön, denn Klein-Doofi und unfruchtbar zusammen ist doch ein bisschen fies.
Darauf, dass ein sehr, sehr feiner Kerl, mit dem ich ganz, ganz früher mal zusammengearbeitet habe, im richtigen Moment an mich gedacht hat.
Und darauf, dass das Leben doch scheinbar ziemlich nett zu mir ist. Wenn dieses ewige "Genau in dem Moment, wenn du nicht damit rechnest" auch langsam schon klingt wie ein schlechtes Skript.

Cheers, ihr Abkürzungshasen!

Ich leg mich mal kurz auf die Couch.

Zwei Tage danach habe ich Pläne. Ich habe Emails geschrieben an Personal-Agenturen, ich freu mich auf zwei Urlaube (eigentlich sogar drei), ich habe ein Osterwochenende in der Heide vor der Nase, der Hund kriegt eine neue Frisur, und heute muss ich unbedingt noch eine kleine feine Seite fertig machen. Gestern kam außerdem ein Anruf, und wenn alles gut geht, dann hab ich ab demnächst wieder einen Monat lang gut (und gut bezahlt) zu tun. Und dann ist da ja auch noch das Geheimprojekt.

Es ist fast, als hätte es das nicht gegeben: die Spaziergänge mit Hand auf dem Bauch durch den Garten, bei denen ich dem Würmchen gezeigt habe, wie das da draußen so ist im Frühling. Die kleine, klammheimliche Vorfreude, die manchmal eben doch kam. All das, was ich mir in meinem Fusselhirn so ausgedacht habe. Nun bleiben wir doch erst mal nur zu zweit, und ich frage mich manchmal: müsste das nicht doller weh tun? Versteht mich nicht falsch, ich bin in keiner Weise verrückt nach Schmerzen. Aber was ist denn los mit mir?

Ein paar Gründe hätte ich schon. Zum Beispiel den, dass ich mir wirklich vor dem Test Sorgen gemacht habe, wie das bloß werden soll mit einem neuen Job, und den brauche ich wirklich dringend, sonst drehe ich noch durch. Oder den, dass uns demnächst ein Umzug ins Haus steht, und nach dem Umzug fängt der Stress erst an, denn die Kapitänshütte ist in einem ziemlich grauenvollen Zustand, und das heißt: es wäre besser, wenn ich in den nächsten Monaten nicht so viel Zeit mit hochgelegten Füßen und einem Tässchen Fenchel-Anis-Kümmeltee verbringen muss, sondern Löcher Bohren, Kisten schleppen, Türen streichen und Dielen schleifen kann. Dann ist da noch der dicke Grund, dass ich schon dran gewöhnt bin, dass es nicht klappt. Jedenfalls noch nicht. Das sind alles gute Gründe, und sehr vernünftige Gründe.

Aber... aber... aber...

Nichts aber.

Ich habe beschlossen, dass der Kinderwunsch jetzt erst mal Pause hat bis zum Sommer. Bis dahin dürfen Jobwunsch, Umzugswunsch, Nestbauwunsch, Urlaubswunsch, Sportwunsch und Spaßwunsch ran. Und wenn der Sommer dann kommt, dann werde ich so dermaßen durchgesportelt, entspannt, entgiftet, gesund ernährt und glücklich sein, dass das nächste Würmchen gar nicht anders kann als bleiben.