Montag, 5. Januar 2015

Eigentlich zwei Monate.

Zwar ist Michel heute nacht vor zwei Monaten geboren, aber wir verschieben den Geburtstagspost auf morgen oder übermorgen. Denn morgen ist der eindeutig größere Tag: morgen fahren wir mit ihm nach Altona, und der Gips kommt ab. Ich kann es kaum erwarten, bis er ihn los ist. Babys wachsen blitzschnell, und ein Gips, der vor vier Wochen noch genau passte, ist jetzt presswurstartig eng. An einem Ende quillt sein Beinchen über den Rand, am anderen Ende fünf dicke Zehen, die zu Anfang noch kaum aus dem Ende herauslugten. Das sieht nicht gut aus und muss sich noch deutlich schlechter anfühlen.
So sieht der Plan aus: wir bringen Kalle in die Kita, sagen Bescheid, dass es später werden könnte mit dem Abholen, und fahren ins Krankenhaus. Dort warten wir und überbrücken die Wartezeit mit tödlich süßen Cappuccinos aus dem Automaten. Wenn wir dran sind, schnibbelt der Orthopädietechniker unter Aufsicht der Ärztin den Gips ab (was mich immer nervös macht, obwohl dabei nichts passieren kann - Riesenschere direkt an Babybein, nicht gut), und ein hörbares Aufatmen wird durch den Raum gehen. Ich packe ihn in seinen ersten langbeinigen Strampler, der Fußsack, den er bisher getragen hat, kommt in die Handtasche, und sie passen ihm zum ersten Mal seine Schiene an: ein kleines cooles Snowboard mit extrem uncoolen Schuhen, die drehbar darauf montiert sind. Sie werden uns noch erklären, worauf wir beim An- und Ausziehen achten müssen, und dann packen wir unser frisch geschientes Ex-Klumpfußbaby in den Maxicosi (nur eine von vielen Dingen, die ohne Gips leichter werden) und lassen die Trümmer des inzwischen grau verfärbten, an einigen Stellen mit neonorangefarbener Stillkacke verschmierten Gipses zurück. Soll er doch sehen, wo er bleibt.

Und dann wird gebadet! Zum ersten Mal! (Vorher war der Nabel noch dran, und an Tag sechs seines Lebens kam der Gips ans Bein. Das Wasser wird ungefähr so grau werden wie die Gipstrümmer.) Und wir erwarten mit Hochspannung, ob er sich dann wohler fühlt. Denn bisher ist er eher nicht so sonnig gestimmt. Um genau zu sein, habe ich gestern beim Googeln herausgefunden, dass er ohne Probleme in den Club der Schreibabys aufgenommen würde: um da reinzukommen, muss ein Baby mindestens drei Wochen lang an mindestens drei Tagen in der Woche insgesamt mindestens drei Stunden lang schreien. Das schafft er, kein Problem für ihn, egal, wie mütterlich ich ihn schunkele, stille und beglucke. Bisher glaube ich aber feste daran, dass der blöde Gips Schuld ist, der mit Sicherheit drückt, juckt und scheuert. Sollte er nach morgen immer noch so knötterig sein, dann mache ich einen Termin beim Osteopathen.

Was habe ich sonst noch zu erzählen?
Ich war zur Nachsorge bei meiner Gynäkologin, und jetzt habe ich ein Rezept für Krankengymnastik in der Tasche. Mein Beckenboden ist matsche, da gibt es nun keinen Zweifel mehr (obwohl das Pipiproblem in letzer Zeit deutlich besser geworden ist, der Himmel weiß warum). Mit normaler Rückbildungsgymnastik oder Mami-plus-Baby-Pilates wie in meinem Fitnessclub soll ich mich nicht aufhalten, das kann ich machen, wenn die Krankengymnastik durch ist. Heute telefoniere ich also mal ihre Liste durch und gucke, wer für mich bequem gelegen ist und Zeit für mich hat.
Gestern war ich zum ersten Mal seit ewigen Zeiten alleine mit dem Hund auf einem längeren Spaziergang. Die Sonne schien, das Tier war glücklich, und ich auch. Mir kamen unzählige Kinderwagen entgegen, und ich habe keinen Blick auf die Insassen geworfen und war einfach nur froh, mal eine Stunde nicht Mutti zu sein, sondern nur Frauchen. Das hat gut getan, und als ich mit Tatzenabdrücken auf der Jacke wieder nach Hause kam, habe ich mich schrecklich gefreut auf die zwei Würmchen.
L. hat endlich das versprochene Scart-Kabel organisiert, so dass ich jetzt in kurzen Pausen (oder zum Stillen) die siebte Staffel 30Rock ansehen kann, mein kleiner Ausflug ins Ersatz-Arbeitsleben. Ich will gar nicht drüber nachdenken, dass diese Staffel die letzte ist. Was mache ich ohne Liz Lemon? Vermutlich wieder bei Staffel 1 einsteigen, zwei Schwangerschaften und zwei Stillnebel haben bestimmt 70% von allem, was ich schon gesehen habe, wieder gelöscht.
Und ich lese ein Kochbuch für Familien: "Dinner. A love story", das Buch zum Blog, der sich auch in meiner Blogroll findet. Zwar ist es noch längst nicht so weit, dass wir uns zu viert an einen Tisch setzen, aber ich habe Spaß dran, Pläne zu machen und von Zeiten zu träumen, wenn dieser ganze Fläschchenkram im Keller verschwunden ist. Das wird er nämlich eines Tages sein, ganz sicher.
Und das alles zusammen fühlt sich gut an, fragt mich nicht wieso (seit wann ist Krankengymnastik eine gute Nachricht?). Aber es wird alles, ganz bestimmt.

3 Kommentare:

  1. Hallo Flora, das gipsfreie Leben wird bestimmt wunderbar... Ich hatte mal einen Sommergips und hätte mich stundenlang kratzen können (wenn der Gips nicht im Weg gewesen wäre).
    Also, das kann garantiert das Geknöter erklären - drücke Dir die Daumen!

    Was die Krankengymnastik angeht - ich mußte leider die Erfahrung machen, dass sich der Beckenboden einen feuchten Kehrricht für die 10h Krankengymnastik interessiert hat. War aber auch ein Physio-ER.
    Ja, Männer haben auch einen Beckenboden. Aber sie brauchen ihn nicht so wie wir - keine Ahnung, ob die Übungen deshalb nicht intensiv genug waren, oder einfach wegen anderem Körpergefühl für mich falsch beschrieben wurden. Such Dir also auf jeden Fall eine Frau!
    Erst als ich wieder meine normalen Quäl-Pilates (nicht die weichgespülte Mama&Baby-Version) aufnahm (die ersten 3 h mit Tena-Lady... ja...) - war der Spuk ratze-fatz vorbei.
    Callanetics ist bestimmt auch klasse - da fängt ja jede Übung mit Beckenboden suchen und anspannen an, scheints. Gibt es aber nicht mehr häufig.

    ToiToiToi auch für den Beckenboden!

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  2. Ich kann das gut verstehen, habe mich auch sehr über die Beckenboden-Physio gefreut. Mir hat es schon viel gebracht, auch wenn es nach mittlerweile fast zwei Rezepten immer noch nicht optimal ist.
    Ich würde Dir empfehlen, Dir unbedingt eine auf den Beckenboden spezialisierte Physiotherapeutin zu suchen. Ich bin über ein Telefonat mit Franziska Liesner (die "Mein Beckenbodenbuch" geschrieben hat) an eine Empfehlung für eine gute Physiotherapeutin in meinem Stadtteil gekommen.

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  3. Probiere es mal mit Vaginal-Konen, das wirkt wahre Beckenboden-Wunder.

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