Mittwoch, 30. Dezember 2015

Re: 24.-26.12.2015

Ich weiß, zu Weihnachten mögen wir Traditionen. Aber in diesem Blog hat sich eine Tradition eingeschlichen, die ich wirklich gerne wieder los wäre. Diese Tradition geht ungefähr so: erst herrscht Schweigen, wochenlang. Dann melde ich mich wieder und entschuldige mich erst mal umständlich, wieso hier so lange Schweigen geherrscht hat (als ob es ernsthaft jemanden jucken würde). Und dann gehe ich über zu einem Post, in dem alles mit allem verwurschtelt ist, denn zum ausführlich schreiben habe ich auch jetzt schon wieder keine Zeit. Ich fürchte, der einzige Weg aus diesem langweiligen Muster wäre, wieder alle paar Tage zu schreiben. Aus irgendwelchen Gründen kriege ich das aber nicht hin, und so bleibt es wohl noch eine Weile lang dabei (bis die Kinder imstande sind, sich selbst zu beschäftigen, anzuziehen und sich eine vernünftige Mahlzeit zuzubereiten?), dass ich hier alle paar Wochen angekrochen komme wie ein Schulkind, das beim Hausaufgabenschwänzen vergessen wurde. In meinem eigenen Blog! Erbärmlich, einfach nur erbärmlich.

Also los.

Weihnachten ist vorbei, und es tut mir leid, dass es dieses Jahr in diesem Blog nicht stattgefunden hat. Das lag wohl daran, dass es im wirklichen Leben so was von stattgefunden hat: wir hatten in der neuen Bude meine Eltern, meine Schwester mit Mann, meine Schwiegermutter und meinen Bruder zu Gast. Leider muss ich sagen, dass ich kein guter Weihnachtsmensch bin. Ich kriege jedes Jahr wieder ganz viel einfach nicht hin. Meine Deko-Bemühungen sind bestenfalls spärlich, schlimmstenfalls trashig. Ich schaffe vielleicht ein Drittel der Kekse, die ich eigentlich backen wollte. Die Geschenke kommen zum Glück von Amazon, Schande über mich, aber selbst dabei gerate ich noch ins Schwitzen. Jedes Jahr hält sich bis zur Bescherung hartnäckig das Gefühl, ich hätte jemanden vergessen. Ich schreibe keine Karten, und jede, die hier ankommt, treibt mir das Blut ins Gesicht. Ich wünschte, alle wären so schlampert wie ich mit Weihnachten, dann wäre es nicht schlimm. Oder es wäre mir einfach egal. Ist es mir aber nicht, im Gegenteil, auch durch 30 Jahre perfekte Weihnachten, von meiner Mutter scheinbar mit links organisiert, sind meine Erwartungen gewaltig. Schade nur, dass ich sie selbst erfüllen muss. "Was quengelt sie denn so", denken sich jetzt sicher viele. "Dann soll sie halt im Oktober eine Liste machen und ganz in Ruhe abarbeiten, und schon läuft es ohne Herzinfarkt oder Fusselhirnmeltdown". Damit habt ihr sicher Recht, der Tipp ist ein guter Tipp, wird mir aber trotzdem niemals etwas nützen. Ich weiß einfach, dass Weihnachten für mich immer so sein wird. Jetzt ist es vorbei, und ich bin froh darüber. Obwohl ich Weihnachten eigentlich mag! Versteh das einer. Wäre das ganze Jahr Weihnachten, dann wäre ich längst schizophren.

Weihnachten und Kinder, das war allerdings immer ein dickes Thema für mich, als ich noch keine hatte und es auch nicht so aussah, als würde ich mal welche bekommen. Darum schreibe ich heute mal darüber, wie es denn tatsächlich so ist. Dieses Jahr war das erste, in dem sowohl Michel als auch Kalle imstande sind, zu verstehen, dass hier gerade etwas Besonderes im Gange ist, und dass jetzt der Moment ist für große, staunende Kinderaugen. In Michels Fall allerdings auch immer für blitzschnell arbeitende Kinderbeinchen. Es ist nicht zu fassen, wie schnell dieses Kind krabbelt. Eben saß er noch staunend an meiner Seite, jetzt wieselt er schon pfeilschnell auf den Baum zu. Auch Kalle staunt zwar nach Kräften, aber sieht sich die Sache dann lieber genauer an. Mein erstes Zwei-Kinder-Weihnachten läuft also vor allem so, dass ich versuche, die Kinder nach Kräften von Weihnachten fern zu halten. Von den Kerzen, vom Baum, vom Adventskranz, von der Deko, von den hübschen Erzgebirgs-Figürchen, die am Baum hängen und die ein Hochzeitsgeschenk meiner Eltern waren, von denen also jede einzelne eine Bedeutung hat und noch bei meinen Urenkeln am Baum hängen soll, wenn da nicht irgend eine zukünftige Endometriose oder die dusselige islamistische Revolution dazwischenfunkt. Auch von den Keksen muss ich sie fernhalten, von diversen auf Tischchen verteilten Rotweingläsern, von den Handys der Weihnachtsgäste und von feinen neuen Strumpfhosen. Meistens haben sie nicht beide das gleiche Ziel vor den großen, staunenden Augen, darum wünsche ich mir vom 24. bis zum 26. eigentlich durchgängig, ich wäre ein Tintenfisch, auch wenn das die traditionelle Suche nach einer schönen, heilen und sauberen Strumpfhose noch weiter erschweren würde. Komischerweise ist das auch dann so, wenn man wie ich eine Verwandtschaft aus lauter Babysittern hat und alle ständig springen, um die Kinder von Gefahren und Versicherungsfällen fernzuhalten. Ja, zwischendurch ist es genau so, wie ich mir das immer vorgestellt habe: wenn Michel hingerissen an einem Traditionskeks knabbert und es schafft, sich mit dem staubtrockenen Ding trotzdem von Kopf bis Antirutschsocke einzuschmieren. Oder wenn Kalle seine neue Ikea-Kinderküche (Geschenk von Oma und Opa) in Betrieb nimmt und als erstes "Weihnachten" kocht. Aber ohne Kinder war wesentlich mehr Zeit, die Weihnachtsmomente zu bemerken, zu genießen und zu verdauen. Ich weiß auch nicht, was passieren müsste, damit ich mich wohlig aufs Sofa kuscheln würde, mit einer Tasse Weihnachtstee in der Hand, und deutlich fühlen und denken würde: das hier, das ist jetzt Weihnachten, wie schön. Hier ist das Haus voller Leute, die auf die Kinder aufpassen, und zwar gerne, das Essen ist größtenteils längst vorbereitet, alle reißen sich ums Tischdecken und Spülen und Hund ausführen - was denn noch? Vermutlich Downton-Abbey-artige Zustände. Wie gesagt: meine eigenen Weihnachtserwartungen werde ich wohl nie erfüllen, und so lange das so ist, wird für mich immer der Stress die alles übertönende Note sein. Dumme, dumme Flora.

Lerne ich denn gar nichts?

Doch, ab und zu schon. Dazu morgen.

Bis dahin wünsche ich Euch das, was ich Euch jedes Jahr wünsche. Solltet ihr es inzwischen bekommen haben, dann wünsche ich Euch ersatzweise dieses Jahr nachträglich einen klaren Kopf, blitzschnelle Reflexe, ein heiteres Gemüt, ein paar Plätzchenrezepte in petto, die sich innerhalb eines Kindermittagsschlafs umsetzen lassen und einen kippsicheren Weihnachtsbaumständer.

Ach ja: in meiner Familie wurde bei entsprechendem Anlass heiß diskutiert, ob Riesling tatsächlich ein gutes Fleckenmittel für Rotweinflecken ist. Ist er.


4 Kommentare:

  1. Mich interessiert es sehr- also warum hier wochenlang nix los war. Aber entschuldigen brauchste dich nicht.
    Ich will nur sagen: ich schau hier oft vorbei und freu mich über jeden neuen Eintrag.
    Und Weihnachten gegenüber habe ich genau diese Gefühle! Hätte es aber nicht so lustig formulieren können.
    Rutsch gut rein!

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  2. Ich schaue hier auch nach wie vor regelmäßig rein und würde mich über häufigere posts sehr freuen.

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  3. Warum haben alle nur diese klischeehafte Vorstellung von Weihnachten im Kopf mit Plätzchenduft, Tee und besinnlicher Atmosphäre??? Eigentlich ist es doch klar, dass das mit 2 Kleinkindern und Großfamilie in Haus nicht stattfindet, oder? Aber warum zermarterst du dich dann trotzdem? Gleichwohl realitätsfern wie destruktiv..kopfschüttel

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    1. Aber Dein Post macht es natürlich besser...

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