Donnerstag, 23. Oktober 2014

Im Bett mit den Cazalets

Bei Manufactum gab es doch immer dieses von Trappisten gebraute Bier - Mönche, die ein Schweigegelübde abgelegt haben. Dieses Bier war abgesehen davon nicht besonders bemerkenswert. Und welchen Unterschied soll es machen, ob man beim Brauen ein Schwätzchen hält oder nicht? In den letzten zehn Tagen hättet ihr bei mir Trappistennudelauflauf, Trappistenschinkenbrot, Trappistenhühnchen und Trappistenkartoffeln mit Trappistenquark bekommen können, und das hat alles genau so geschmeckt wie immer. Einen Unterschied gab es aber schon: wenn ich nicht so viel zu erzählen habe, komme ich mehr zum Denken, und ich habe mir gedacht, während mein Sohn Hühnchen und Gurkensalat gegessen hat, dass ich gerne eine Idee nachmachen würde: die Idee von "Dinner - a love story"-Autorin Jenny Rosenstrach, ein Fresstagebuch zu führen. Also habe ich mir bei amazon ein hübsch in braunes Leder gebundenes Blanko-Buch bestellt, in das ich jeden Tag eintragen werde, was es zum Abendessen gab. Erstens, weil ich genau wie sie finde, diese eine echte Familienmahlzeit ist wichtig. Zweitens, weil es mich motivieren soll, wieder etwas abenteuerlustiger in der Küche zu werden. Drittens als schöne Erinnerung. Viertens, um den Überblick zu behalten, was wie ankam - die Desaster und die Volltreffer. Fünftens, weil das eine Sorte Tagebuch wird, die ich nicht eines Tages schamrot im Öfchen verbrenne. Sechstens, weil ich diesen ziemlich pompösen Hang zu Familientraditionen habe, und das könnte doch eine werden.

Siebtens, weil es mich davon ablenkt, dass mich diesmal die Aussicht auf die Geburt ziemlich nervös macht. Letztes Mal war ich doch so ruhig! Aber da wusste ich auch noch nicht, was auf mich zukommt. Diesmal weiß ich es nicht nur, ich habe auch (Dank der Klinik-Hebamme, an dieser Stelle noch mal ein herzlicher Gruß) deutlich mehr Schiss, dass etwas mit meinem Kind nicht in Ordnung sein könnte - abgesehen von den Füßchen. Und es dreht sich immer noch wie ein Brummkreisel. Mal liegt es quer, mal längs - so weit ich das beurteilen kann. Welche Rolle das spielen soll? Naja - ich würde wegen meiner Endometriose auch diesmal sehr gerne um einen Kaiserschnitt und die darauf folgenden neuen Verwachsungen drumherumkommen (die nicht passieren müssen, aber sehr gut passieren können, und ich habe keine Lust darauf, dass dieser Mist mir demnächst außer den Eileitern und Eierstöcken auch noch den Darm, die Blase und was noch alles abschnürt). Laut meiner Gynäkologin ist aber das UKE dann für mich die bessere Adresse, sollte das Baby immer noch quer liegen, wenn es so weit ist. Denn erstens machen sie in Altona bei Querlage wohl grundsätzlich einen Kaiserschnitt, und zweitens versuchen sie bei an der Bauchwand liegender Plazenta in diesem Fall auch keine äußere Wendung. Im UKE schon, und dort gibt es drei Oberärztinnen, die alle viel Erfahrung darin haben, querliegende Kinder vaginal zu entbinden, und von denen hat immer eine Dienst. Habe ich gesagt, ich weiß, was auf mich zukommt? Stimmt eigentlich nicht, ich habe nicht die geringste Ahnung, so lange dieses Baby nicht endlich mal eine Entscheidung trifft.
Jetzt habe ich also eine Überweisung für's UKE in der Tasche, aber keine Ahnung, was ich damit machen soll, denn das Kind ändert fast im Tagesrhythmus seine Meinung und seine Lage. Liegt es längs, ist Altona die erste Wahl. Liegt es quer, UKE. Eigentlich sollte das doch jetzt mal durch sein? Das Zappeln und Drehen (und das in die Blase treten)? Würde ich auf jede Drehung reagieren, dann hätte ich die letzten zehn Tage ausschließlich im Wartebereich dieser zwei fabelhaften Krankenhäuser verbracht, statt mich hier wie angeordnet auszukurieren. Was meine Stimme betrifft, hat der Arzt zu Inhalieren und Geduld geraten, und obwohl Geduld nicht meine starke Seite ist, wird es langsam. In den letzten 24 Stunden habe ich mich weg vom Hobbytrappisten hin in Richtung Dusty Springfield entwickelt. Inzwischen habe ich eine Theorie: ich bin in dem Moment wieder gesund, wenn ich mit der Cazalet-Saga durch bin. Fünf Bände gibt es, ich bin jetzt mit Band vier halb durch. Davon hatte ich schon erzählt, oder? Diese Bücher sind meine Lieblingsbuchentdeckung seit Game of Thrones, was jetzt einen völlig falschen Eindruck erweckt, denn sie sind auf vollkommen andere Art großartig. Erzählt wird die Geschichte einer großen Familie, der Cazalets. Band 1 beginnt zwei Jahre vor dem zweiten Weltkrieg, inzwischen ist der Krieg vorbei, die meisten der Kinder sind erwachsen, und obwohl es bestimmt zwölf Hauptfiguren und zwanzig Nebenfiguren gibt, habe ich inzwischen fast alle davon richtig gern. Wenn das so weiter geht, werde ich eines Tages sogar noch mein Herz für Raymond, Nora oder Neville entdecken. Ab und zu muss ich an Downton Abbey denken, obwohl die Cazalets nicht annähernd so reich sind wie die Crawleys - die aber fast den gleichen Effekt hatten: irgendwann mochte ich sogar O'Brien, Edith sowieso, und wenn der spröde Dorfdoktor und Cousin Isobel nicht irgendwann heiraten, werde ich das sehr, sehr persönlich nehmen. Und jetzt muss die Blogtante die Plapperbude schließen und weiterlesen, ich will schließlich irgendwann wieder gesund sein.

5 Kommentare:

  1. Ich wünsche dir weiterhin eine gute Besserung!!

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  2. Hallo Flora, wegen der Krankenhäuser: verlass Dich auf Dein Bauchgefühl. Ich bin 2mal in das rational "falsche" Krankenhaus gegangen weil ich in meinem Innersten wusste, dass ich das nicht möchte. Im Nachhinein betrachtet war es dann goldrichtig. Bei beiden Geburten kam es zu nicht vorhersehbaren Entwicklungen mit denen das jeweils andere KKH - lt. Aussage meiner FÄ im Nachhinein - völlig überfordert gewesen wäre.
    Ich drück Dir die Daumen.

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  3. Gute Besserung weiter, liebe Flora!

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  4. Geh ins UKE, dort hast du dich aufgehoben gefühlt. Die haben sicher bessere Experten dort falls dein Kind etwas zusätzliches haben sollte und machen sicherlich zuviel Buhei um die Geschichte, da die öfter Kinder mit Fehlbildungen sehen und Ahnung haben.
    Den Termin in Altona würde ich direkt ein -zwei Tage nach Geburt vereinbaren, dauert i.d.R. lange so etwas und Erstbehandlung müsste eine Uniklinik auch machen können.
    Nach meiner Erfahrung würde ich mich nicht darauf verlassen, dass dein Kind eine feste Position einnimmt. Ich hatte auch so ein Drehkind bis zum Schluss, lag dann richtig als ich leichte aber nicht richtige Wehen hatte und dann wurde die Geburt eingeleitet.
    Meld dich ruhig im UKE an, dann kannst du auch die Frage klären, ob die wirklich äußere Wendung machen, wenn bereits Wehen da sind. Bei mir hieß es nicht unter Wehen wg VW-Plazenta. Äußere Wendung war dann sinnlos, da er sich ja immer noch weiter drehen konnte, das Risiko der Wendung war mir dann zu hoch

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  5. ich meine auch nicht dass Altona zwingend die bessere Wahl ist. Grade bei BEL, Zwillingen und wasweißich werden doch immer alle ins UKE geschickt. Die machen das bestimmt gut.
    Ich mag jedenfalls kein zweites Mal nach Altona, sooo toll war es dort wirklich nicht.

    Gruß
    eine Abkürzungsdame mit Geburtshaus / Elim als Plan A/B ;))

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