Samstag, 25. August 2012

Drin.

Und damit beginnt die vielleicht längste Warteschleife der Welt. Seit dem Termin am Donnerstag bei uns zuhause sind wir offiziell in der Kartei Hamburger Adoptionswunscheltern. Wie das wohl wird? Kein Horchen auf merkwürdiges Blubbern im Bauch, kein Sprint auf die Toilette als 20 Minuten, um zu gucken, ob der schöne Traum vielleicht schon wieder ausgeträumt ist, kein Bluttest und kein "Weiß ich jetzt eigentlich genau, dass es geklappt hat, und trau mich nur noch nicht, mich richtig zu freuen, oder weiß ich genau, dass es nicht geklappt hat, und alles andere ist hormonell befeuerter Kokolores?"-Haschmich. Die einzige Parallele zur IVF-Warteschleife ist das Warten darauf, dass das Telefon klingelt. Was es theoretisch ab JETZT jederzeit tun könnte. Zwei Jahre lang bleiben wir in der Kartei, und laut Behördendame ist die Wahrscheinlichkeit im ersten Jahr größer als im zweiten Jahr.

Das war ein langer, ziemlich angenehmer und wirklich guter Termin, bei dem sie eine Menge Dinge gesagt hat, die mich jetzt noch beschäftigen. Nachts zwischen zwei und vier beschäftigt mich vor allem, dass sie uns jetzt zum Xten Mal erzählt hat, dass es z.B. bei einem Babyklappenkind noch ein halbes Jahr lang jederzeit passieren könnte, dass die leibliche Mutter sich berappelt und ihr Kind doch wiederhaben will - worüber dann allerdings noch mal ein Richter zu entscheiden hat. Der allerdings - sofern sie irgendwie imstande ist, sich zu kümmern - das Kind im Zweifel der Mutter zuschlägt, so sindse. Und davon, wie schwierig es sein kann, die Mutter, die oft in Zuständen jenseits unserer Vorstellungskraft lebt, dazu zu kriegen, zu einem Notartermin tatsächlich zu erscheinen. Auch das kann lange, lange dauern, und so lange das nicht passiert ist, kann immer noch jemand vor der Tür stehen und uns das Kind (das wir bisher noch nicht mal haben, also RUHIG BLUT, Flora) wieder wegnehmen. (Ich weiß nicht, ob ich mir gerade endlich mal einen dieser berühmten Shitstorms einfange, von denen man doch immer liest, aber ich finde, dieses fast schon Heiligsprechen der Verbindung zwischen leiblicher Mutter und Kind - egal was - in Deutschland ist mir ein bisschen gruselig. Nicht nur, dass die Behörden hier wirklich alles tun, um Leihmutterschaft unter wirklich allen Umständen zu verhindern und Paare zu sabotieren, die es im Ausland versuchen wollen, sondern ich fürchte, das trägt auch ein bisschen Mitschuld daran, dass so viele Mütter und Väter trotz ständiger Anzeigen von Nachbarn und Familie nicht daran gehindert werden, ihre Kinder am Ende verhungern zu lassen, mit Kissen zu ersticken oder im Müll elendiglich verrecken zu lassen. Nach dem, was wir am Donnerstag gehört haben, hätte sogar die Mutter, die ihr Baby damals in einem Koffer am Dammtorbahnhof ausgesetzt hat, noch Chancen, es sechs Monate später wiederzubekommen. Ich denke drüber nach, so fest ich kann, aber ich verstehe es nicht. Aber gut - diesem Problem wenden wir uns zu, wenn wir es haben.)

So viel dazu. Was mich allerdings zwischen morgens um sieben und abends um halb zwölf umtreibt, ist wesentlich erfreulicher: sie kam hier rein und sagte so ziemlich als Erstes, "so schön hat noch kein Adoptionsbewerber gewohnt, bei dem ich zuhause war. Das ist ja perfekt für Kinder." Und dann, am Ende, sagte sie das allerallerbeste: "Sie sind ja so unkompliziert, und Sie können sich so viel vorstellen, und Sie sind so flexibel und spontan, ich kann Ihnen natürlich nichts versprechen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie jetzt vergeblich auf ein Kind warten werden."

Liebe Dame, vor vier Jahren konnte ich mir das auch nicht vorstellen, da hab ich inzwischen EINIGES erlebt, was mich eines Besseren belehrt hat, aber gut - wenn Sie das so sagen, dann wird vielleicht ja was dran sein?

Wenn wir das nächste Mal in den Urlaub fahren, müssen wir vorher schon Bescheid sagen, nur für den Fall, dass in dieser Zeit ein Kind für uns auftaucht. Das ist alles sehr, sehr seltsam, schön und gewaltig. Als wir vorhin mit meiner Schwiegermutter besprochen haben, ob wir wohl nächsten Sommer mal alle zusammen nach Franken in die Oper fahren, habe ich mich schon wieder dabei erwischt, mir das alles folgendermaßen zusammenzuplanen: Also, dann fahren wir mit dem Auto, setzen die Hunde in der Heide in der Hundepension ab und die afrikanischen Zwillinge bei meinen Eltern in Süddeutschland. Kein Problem! (Ja, das habt ihr richtig gelesen. Ich habe die Kinder noch nicht und fange schon an, sie wegzuorganisieren.)

Was ist eigentlich dieses merkwürdige Blubbern, Zicken und Zucken in meinem Bauch?

4 Kommentare:

  1. Herzlichen Glückwunsch! Wieder eine Hürde überwunden!

    Ja kein In-sich-hinein-horchen, warten auf Zwicken und Zwacken...und wieder Warten! Aber hey, es geht weiter und das ist für den Moment die Hauptsache!

    Toi toi toi...

    Gruß Karo

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  2. Fein, fein!!! :-)

    Schoko

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  3. Ich lese jetzt schon eine Weile Deinen Blog und drücke Dir ganz fest die Daumen dass euer Wunsch ganz ganz bald in Erfüllung geht.
    Bei dem Bericht hat man das Gefühl ganz nah dabei zu sein obwohl wir uns gar nicht kennen. Vermutlich ist auch bei Deinen Lesern die Freude riesig wenn der Tag X endlich da ist :)

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  4. Das ist so ein schöne Nachricht. Ich drück Euch die Daumen und fiebere mit, wann das Telefon klingeln wird. Man, ist das aufregend! - birgit

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