Donnerstag, 9. August 2012

Ferien, Teil 2

Diese Ferien verlaufen in mehreren Schüben, ähnlich wie eine Mondmission muss man sich das vorstellen. Schub 1 war London. Jetzt waren Phase 2 und 3 dran. Zwei Tage lang waren wir in Bamberg, an das uns irgend eine merkwürdige Muckelfreundschaft vermutlich lebenslang bindet - es könnte was mit dem guten Bier zu tun haben. Oder mit den Schäuferla. Oder mit den Klößen. Oder damit, dass es dort einen Raumausstatter namens Pornschlegel gibt. Oder mit dem netten Kino, in dem wir Sonntag nach langer Zeit mal wieder waren. Eigentlich wollte ich unbedingt "Moonrise Kingdom" von meinem Lieblingsregisseur Wes Anderson sehen, aber war nicht. Stattdessen waren wir notgedrungen in "Lady Vegas" von immerhin Stephen Frears, der schon so schöne Filme wie "Die Queen", "High Fidelity" oder auch "Peter's Friends" gemacht hat. Wie die intouch ganz richtig schreibt: manchmal geht's daneben. Nach acht Minuten haben wir uns angeguckt und trotz Kinodunkelheit sofort verstanden, nichts wie weg hier. Die nette Kinodame war ganz erschrocken, was denn los wäre? Nichts, alles gut, nur der Film wäre so schrecklich doof, haben wir bester Dinge geantwortet. Da hat sie uns zwei Freikarten aufgedrängt. Ich lasse normalerweise nicht viel auf Hamburg kommen, aber das würde einem hier nicht passieren. Ansonsten haben wir auf dem Keller gesessen (so nennt man das in Bamberg, wenn man erst einen niedlichen kleinen Berg besteigt und dann da oben unter Platanen oder Kastanien ein Bierchen trinkt), Schäuferla gegessen, sind über den Markt gebummelt, haben mir ein Dirndl gekauft (das wurde aber auch Zeit, als Wuchtbrumme ist man darin endlich mal klar im Vorteil), waren in der Regnitz schwimmen, was von außen ganz friedlich und idyllisch aussah, aber in Wahrheit erst gemütliches Gleiten mit dem Strom und dann flussaufwärts harter Überlebenskampf war, waren auf einem Fischfest und haben die frischesten Saiblinge der Welt direkt vom Grill gegessen, haben mehr Bier getrunken, ja nimmt der Spaß in dieser Stadt denn nie ein Ende? Vermutlich nicht, ich habe gelesen, man nennt Bamberg auch die "Stadt der schwangeren Männer", die leben immer so mit ihren Bierchen und ihrem guten Essen und der ganzen Gemütlichkeit. (Hier könnte die Horrorvision endlich doch noch wahr werden: alle, wirklich alle sind schwanger! Oder sehen wenigstens so aus.

Die einzigen fünf Minuten, in denen ich mich nicht recht wohl gefühlt habe, waren gleich am ersten Tag: L., erschöpft vom Flug und der Bahnfahrt, wollte für zwei Stündchen einfach nur im Hotelzimmer liegen und Olympia gucken. Ich dagegen konnte schon seit zwei Wochen an nichts anderes denken als an Schlenkerla Bierchen und Schäuferla und habe mich allein auf den Weg ins Wirtshaus gemacht. Es war proppenvoll, und ich durfte mich bei einer Herrenrunde dazusetzen. Jetzt ist mir auch bei früheren Besuchen bei aller Bamberg-Verehrung schon mal eine leichte, unterschwellige Feindseligkeit gegenüber Weibsleuten im Wirtshaus aufgefallen. Wir haben da nichts zu suchen, die wollen unter sich sein. Als appetitliche Kellnerin sind wir geduldet, vielleicht sogar erwünscht, aber sich da einfach so hersetzen, eine Zeitung entfalten, ein Bier trinken und es sich lustig machen, wo kommen wir denn da hin? Nach drei Minuten hat der älteste und versoffenste meiner Tischnachbarn mit schnarrender Stimme das Wort an mich gerichtet: "Ge, liest die Zeitung auch beim Sex?"
Also, wenn das die berühmte bayrische Herzlichkeit und Gastfreundschaft ist, die uns Hamburgern angeblich so abgeht, dieses superduper Miteinander im Wirtshaus, dann ist darauf geschissen. Aber für einen einzelnen humorbehinderten Alki und seine wiehernden Freunde kann ja nun nicht die ganze Stadt oder sogar das ganze Bundesland verantwortlich gemacht werden.

Aus Bamberg ging es bis zum Kragen mit gebratenem Schwein und Klößen gefüllt per Bahn weiter nach Bayreuth. Meine Schwiegermutter hatte uns Karten geschenkt für Tristan und Holländer: Phase Nr.3 dieser Mondmission. Und auch das war großartig. Nicht nur wegen der wunderschönen Musik, sondern auch, weil man sich extrem oberflächlich beömmeln kann über eine Parade der vermutlich miesesten Modeentscheidungen des Jahrhunderts, auch wenn wir erst 2012 haben. Mann, Mann, Mann. Trachtenjanker aus hellgrün changierender Seide? Dazu weinroter Hosenrock? Haken dran. Bodenlanges Neckholderkleid aus lila-grün-silbern gemustertem Polyester, aus dem seitlich 95% eines riesigen Busens quellen? Haken dran. Ein asymmetrischer Frack in pink? Jawoll!

Jetzt sind wir wieder zuhause, Lili kam eine halbe Stunde nach uns aus ihrem Urlaub in der Hundepension zurück, und eigentlich könnte ich jetzt gut noch zwei Wochen so vor mich hinmuckeln, wenn da nicht schon die gewaltige Vorfreude auf Phase 4 wäre: in die Heide mit den Mädchen, Männer- und Hundefrei.

Und dann habe ich gerade noch mal die Kommentare durchgeknuspert zum Stammtisch und habe den deutlichen Eindruck, es zieht sich zum 30.8. zusammen? Ja? Nein? Ich trag mir das jetzt jedenfalls so ein, wenn auch vorsichtshalber erst mal mit Bleistift.

4 Kommentare:

  1. Hach von Urlaub träume ich noch :) Das Geld wird grad anders angelegt in Spritzen usw... wie immer. Vielleicht sollte ich den Beruf wechseln :D

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  2. Was mir grad auffällt:
    Bamberg hat mit Bayern nichts zu tun! Das sind Franken da oben!! Wurden halt zusammen in ein Bundesland gepfercht, aber das das oft nicht so glatt geht, sieht man ja auch an anderen Beispielen...

    Jedenfalls KANN einem im Bamberg keine bayrische Herzlichkeit entgegenschlagen, per Definitionem nicht, Franken halt...

    Ich empfehle München ;-)

    liebe Grüße
    Bernstein

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  3. ...der 30.8. ist super!

    Gruß Karo

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  4. Nanana, Bernstein, wir wollen mal nicht frankenfeindlich werden hier... Sind ja nicht alle gleich, es GIBT also durchaus bayrisch, herzliche Franken genauso wie es SICHER auch brummige, unfreundliche Münchner gibt. Nichts für ungut...
    Ansonsten toller Reisebericht - habe sehr geschmunzelt.

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