Sonntag, 7. September 2014

A change of appetite

Es ist kurz nach sieben an einem Sonntag Abend, und die Blogtante hat babyfrei. Das kommt daher, dass L. heute morgen um kurz vor zehn das Haus in Richtung seiner Nerdsportart verlassen hat und erst so gegen 17 Uhr zurück war. In der Zwischenzeit war ich mit meinem Sohn zum ersten Mal bei Hagenbeck. Die Hits waren die Elefanten (er hat sie selbst mit Rohkost gefüttert), die kleinen friedlichen Tiere, die überall auf den Wiesen frei laufen, die Braunbären und die Paviane, bei denen ich ihn nur mit Mühe davon abhalten konnte, sich über die Mauer in den Graben zu stürzen. Endlich mal etwas, was er nicht von mir hat, Paviane können mich schon immer mal. (Gestern Abend kam er angekrabbelt wie der Blitz, als ich gerade auf dem Sofa selbstgerollte Sommerrollen gegessen habe, und hat sich nacheinander und mit Genuss die roten Chilistückchen aus der vietnamesischen Sauce gefischt, die ansonsten aus Knoblauch, Limette und viel Fischsauce bestand. Manchmal macht er mir Angst. Demnächst fängt er an, sich Hormonspritzen in den Bauch zu rammen und gründet einen Blog.) Der einzige Shit war, dass ich die Zeichen nicht richtig gedeutet habe und mit ihm in den langen dunklen Tunnel der Arktiswelt gegangen bin. Als wir auf der anderen Seite wieder ans Tageslicht kamen, war er tief und fest eingeschlafen. So tief und fest, dass mir irgendwann nichts anderes übrig blieb, als mit ihm zurückzufahren. Nächstes Mal andersherum, ich hätte ihm so gerne noch die Löwen gezeigt, denn der Löwe ist sein Liebling in “Gute Nacht, Gorilla” und in “Die kleine Maus sucht einen Freund”. Jedenfalls waren wir beide danach total erledigt, was sich bei meinem Sohn so äußert, dass er quengelt und im Sekundentakt auf den Arm und wieder runter will, und bei mir so, dass ich total erledigt bin. L. kam also nach Hause, ich habe ihm die müde Wurst in den Arm gedrückt, und jetzt habe ich frei. Das Beste ist, heute Nacht auch! Heute ist nämlich Papanacht, wir schlafen getrennt, und er bekommt das Baby. Manche fragen sich jetzt vielleicht, warum ich da überhaupt noch ein zweites Kind will. Doch, manche fragen sich das! Aber eine Papanacht kommt so ca. alle drei Wochen mal vor, der Rest sind Mamanächte.
Was mache ich jetzt mit meiner Freiheit? Ich mache mir Gedanken über Ernährung.
Die Sache ist die, ich würde wirklich manchmal gerne gesünder essen. Nicht nur für die Wampe, sondern auch, um mich fitter und seltener im Fresskoma zu fühlen. Folgende Faktoren stehen mir bisher im Weg:
Wenn ich in einem Kochbuch mit Mission lese, dass ich bald überhaupt keine Lust mehr auf Pasta, Kuchen und Schweinereien haben würde, werde ich unwirsch. Ich werde IMMER Lust auf Pasta, Kuchen und Schweinereien haben. Ich suche nach einem schönen Kochbuch mit gesunden Rezepten, die sich eins nach dem anderen in mein Repertoire schmuggeln und dort NEBEN Pasta, Schweinereien und Kuchen friedlich koexistieren. Ich habe nicht die Absicht, in einem Jahr Weißmehlmäßig clean zu sein. Die sollen mich in Ruhe lassen. Können wir jetzt bitte weiterblättern und wenigstens ein einziges Rezept finden, auf das ich tatsächlich Lust habe?
Ich lebe in einem Vorort, in dem gesunde Ernährung keinen guten Stand hat. Ein Blick in die Einkaufswagen meiner Nachbarn zeigt vor allem mit Glutamat gewürzte Schlemmer-Grill-Pfannen für 1,99, anderes Billigfleisch, Tiefkühlpizza und Schnaps. Zwischendurch gab es in unserem Supermarkt mal Biofleisch, das haben sie schleunigst wieder aus dem Programm genommen, nachdem ihnen der ganze schöne Kram vergammelt ist. Jetzt gibt es nur noch vier Sorten Biowurst, die hält sich etwas länger. Ich kaufe ja schon gegen ihr Verschwinden an, auch wenn ich sonst nicht so der Wursttyp bin! Trotzdem ist es abgesehen von Fleisch auch schwer, hier z.B. Topinambur, Bio-Orangen, Quinoa und solchen Kram zu kriegen.
Ich bin im Moment immer müde. Und wenn ich müde bin, dann leidet die Experimentierfreude in der Küche. Dann habe ich Lust auf Geschmack, den ich einschätzen kann und schon kenne, und auf Rezepte, für die ich im Schlaf einkaufe und die ich im Koma kochen kann. Keine gute Zeit für eine Umstellung, auch wenn vielleicht genau die Umstellung dafür sorgen würde, dass ich weniger müde wäre. Trotzdem ist die Schwelle gerade vergleichbar mit der von jemandem, der sich so fürchterlich unfit fühlt und jetzt aber trotzdem mit dem Laufen anfangen will. Eigentlich. Morgen. Vielleicht.

All das werde ich aber erst mal ignorieren und habe mir vorgenommen, in den nächsten vier Wochen zehn neue Rezepte auszuprobieren, die gesund sind oder mir wenigstens so vorkommen. Als erstes Kochbuch suche ich mir dazu “A change of appetite” von Diana Henry aus. Sollte das gut laufen, dann gibt es im Oktober wieder zehn und ein neues Kochbuch.
Die Sommerrollen waren übrigens aus “A change of appetite”. Zählt das schon? Die waren gut. Fotos gibt es keine. Der Knoblauchkater hält allerdings bis heute an und hat mich die ganze letzte Nacht in eine schwitzige, schwüle zähe Wolke gehüllt wie in ein mit Fanta Knoblauch getränktes Laken. Nächstes Mal einfach ein bisschen langsamer mit dem Dip, meint ihr? Ich werde es auch meinem Sohn ausrichten.










5 Kommentare:

  1. "Plenty" von Ottolenghi kann ich wärmstens empfehlen. Allerdings verlangen die Rezepte zum Teil nach eher ausgefallenen Zutaten. Liebe Grüße!

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  2. Gegen den Knoblauchgeschmack habe ich letztens eine Limo namens "Papatürk" in HH getrunken. Limetig-minziger Geschmack mit Chlorophyll, soll gegen Essensgerüche wirken. Geschmacklich sogar ganz lecker. >Schleichwerbung-Ende> Ich müsste wohl auch mal ein paar neue Gerichte ausprobieren, aber der Elan fehlt mir irgendwie...

    Ich finde es immer wieder witzig, was kleine Kinder gerne essen, woran man als Erwachsener nicht im Leben gedacht hätte.

    ach ja, zu dem Treffen in HH melde ich mal vorsichtig Interesse falls Neulinge zugelassen werden. Gerne am WE und gerne Brunch. Rauch-und Alkoholfrei sowieso gerne.

    LG
    Kaya

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  3. Ach ja das kenne ich zu gut. Wenn man mal 2 Stunden für sich hat, dann macht man eigentlich gar nichts richtig, weil man das Gefühl hat, nichts von dem was man gern täte ist in 2 Stunden zu schaffen. Also verdödelt man die Zeit. Aber ich finds auch einfach mal geil nur Luftlöcher zu glotzen und nichts zu denken. ;) Wenn es klappt. Ganz liebe Grüße aus Dänemark

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  4. Und übrigens, Papanacht ist super. Wir nennen die Arbeitsteilung hier "Wer hat Nachtschicht & Frühdienst" und wechseln uns am WE immer damit ab. Eine Nacht Mama, eine Nacht Papa. Seit er nicht mehr gestillt wird. Und das beste ist, der der Nachtschicht hat, steht mit dem Kleinen auf (wir weigern uns vor 7 aufzustehen und es hat die ersten 8 Monate geklappt!) und der der Nachtfrei hatte, darf noch bis ca. 8:30-9:00 schlafen - mit Ohrstöpseln ist Pflicht sonst lohnt sichs ja nicht. Himmlisch. Und ja, auch ich möchte ein 2. Kind. Man darf es sich aber ja alles wohl so angenehm wie möglich machen solange es geht? ;) Super eure Papanacht und wohlverdient.

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  5. Zum Ausprobieren von neuen Rezepten mit wenig Planungsaufwand habe ich 2 Vorschläge:
    Ein Bio-Gemüse-Abo (dann unbedingt die Variante mit Rezepten nehmen) Das ist frisch, regional, saisonal, bio usw. Und spannend was es abseits des 08/15 Gemüse so alles gibt. Haben da viel Leckeres entdeckt, das ins Alltagsrepertoire aufgenommen wurde.

    Oder das 'Kochhaus'-Konzept mit teilweise exotischen Zutaten, die dann aber in der richtigen Menge am Rezeptstand bereitliegen. Da lasse ich mich ab und zu nach einem langen Bürotag verführen...

    Stammtisch finde ich super, allerdings kann ich Sept/Okt nichts zusagen

    LG
    Nina aus HH

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