Montag, 26. April 2010

Pyjama als Arbeitskleidung

Es ist 9 Uhr 12. Der Rest der arbeitenden Bevölkerung ist seit mindestens einer Viertelstunde am Schreibtisch, das pompöse "Bonnnnnggggg" des Apple-Startgeräusches hallt durch die Büros. Und ich sitze hier zuhause und bin noch im Nachthemd. Das heißt nicht, dass ich nichts zu tun hätte, im Gegenteil! Heute ist ein ziemlich knüppeldick gefüllter Arbeitstag für das Projekt, auf dem ich gerade gebucht bin. Und dann ist da noch das Baby, das heute dringend meine Aufmerksamkeit braucht. Und der Hund. Aber für den Moment tue ich so, als müsste ich nicht gleich duschen und dann mit Lili raus, sondern als wäre ein alter Traum wahr geworden: der Traum, im Schlafanzug zu arbeiten. Versteht mich nicht falsch, ich bin eigentlich kein Faultierchen. Im Gegenteil, ich kann einen ziemlichen Bienenfleiß entwickeln. Aber ich tue das gerne mit allen Anzeichen äußerlicher Faulheit. Als ich noch genau wie die anderen Hasen jeden Tag, oft auch am Wochenende, ins Büro schleppen musste, habe ich mir oft ausgemalt, wie herrlich das alles sein könnte. Wahnsinnig produktive Tage im Bett und auf dem Sofa. Ich wollte mit einer Kladde und einem Stift in der Sauna liegen und tiefenentspannt brüten. Oder im Park liegen, ein Stück Quiche mümmeln und dazu das Pensum von drei Tagen schaffen. Ich wollte Mittagspause machen, wann ich das für richtig halte, und Kontakt mit Kunden, die aus schlechter Laune eine Verhandlungsstrategie gemacht haben, möglichst komplett vermeiden. Ich wollte Pasta essen beim Italiener um die Ecke, der so nett aussieht und immer schon um 19 Uhr schließt. Gibt es irgendwen, der nicht manchmal von sowas träumt?

Es ist 9 Uhr 20. Ich frage mich, was die Hasen alle gerade machen. Ich frage mich das sogar ziemlich häufig. Drängeln sie sich gerade um die Kaffeemaschine? Erzählen sie sich ihr Wochenende? Gehen sie "erst mal" eine rauchen? Verflixt.

Gut, damit zum nächsten Traum. Es gibt doch Bürogemeinschaften, wo sich junge, kommunikative Freiberufler in Großstädten zusammenrotten, sich die Miete und den Drucker teilen und sich gegenseitig in ihrer Arbeit beflügeln und befruchten. Wie wäre eine Bürogemeinschaft mit Sofas und Schlafanzügen? Eine Art bezahlte Pyjama Party?

1 Kommentar:

  1. Auch ich bin selbständig und kann den Zweispalt gut verstehen. Ich bin zwar auch sehr produktiv, wenn ich alleine zu Hause bin, und arbeite manchmal auch ohne Murren bis spät nachts, aber der normale Kontakt zu Kollegen fehlt ab und an schon ein bisschen.

    Und dann denke ich an meine Freiheit, nur die Aufträge anzunehmen, die ich will, Pausen und freie Tage zu nehmen, wann ich will, und dort zu arbeiten, wo ich will. Und schon stelle ich fest, dass ich den schönsten Job der Welt habe und niiiiieeee wieder angestellt sein möchte.

    Flora, wir haben es einfach gut!

    Jane

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