Mittwoch, 19. Oktober 2011

Kein Löffelchen für Flora

Jeder Tag fängt bei Null an, ganz frisch und unschuldig und mit allen Chancen, einen Preis für die perfekten 24 Stunden zu gewinnen. Nein, keine Angst, das wird kein Artikel über Klowand-Philosophie, sondern über mein Leben in den letzten Wochen mit Weightwatchers. Ich stehe jeden Morgen auf mit null Punkten auf der Uhr. Und es geht entsprechend perfekt weiter, zumindest von Montag bis Mittwoch: abends weiche ich meine Bircher-Muesli-Mischung aus organischen Flocken, Nüssen und Körnern in Milch ein, und die hübsche Plastikdose mit der Mischung nehme ich dann mit ins Büro, wo ich sie mit fast fettfreiem Joghurt, gefrorenen Beeren und einem Löffel Honig auffülle. Das ganze hat dann eine bestimmte Punktzahl. Welche, will ich nicht verraten, denn ich habe mir sagen lassen, dass Weightwatchers das Internet keine Sekunde aus den Augen lässt auf der Suche nach Leuten, die der Welt gratis das verraten, wofür sie selbst einen wenn auch bescheidenen Geldbetrag pro Monat nehmen. Und Hormonärger reicht mir an Stress, danke. Jedenfalls bin ich nach diesem Tugendbold-Frühstück immer noch im dunkelgrünen Bereich, wäre ja auch noch schöner. Aber dann. Dann kommt die Mittagspause, und man braucht nicht viel Überredungskunst, um mich zum Fischmann oder in das niedliche Schwedische Lokal mit den guten Köttbullar oder auf ein Schnitzel mitzuschnacken. Vor Ort versuche ich dann meistens noch, Vernunft walten zu lassen, ich lasse z.B. die letzten zwei Kartöffelchen auf dem Teller oder nehme Gurkensalat statt Kartoffelsalat, aber zurück am Schreibtisch und vor dem Programm kommt der Frust: WAS, das waren XX (große zweistellige Zahl einfügen) Punkte?!? Und schon ist der Tag im Grunde schon wieder im Arsch. Denn mir wird klar, dass ich mich heute Abend auf ein bisschen in Brühe pürierten Broccoli oder gedünstete grüne Böhnchen beschränken muss, wenn ich auch nur ein kleines Glas trockenen Weißwein zum Feierabend nehmen möchte. Zwar gibt es jede Menge Extrapunkte, aber die brauche ich für das Wochenende und für die Extras. Für einen Abend mit den Mädchen oder für solche Momente, in denen ich einfach nicht zu retten bin außer durch eine große Schüssel Popcorn oder die Hälfte von L.s Pizza. Dann sind da noch die Punkte, die ich mir mit Lilis Hilfe oder beim Joggen dazuverdiene. Aber irgendwie starte ich jede Woche Montag nach dem Wiegen voller Enthusiasmus, und schon Mittwoch habe ich im Grunde genommen die Schnauze voll. Ich weiß, das geht vorbei. Ich weiß, es ist nicht für immer. Ich weiß, ich freue mir einen dritten Eierstock, wenn ich irgendwann wieder in meine dünne Jeans passe. Ich weiß, ich muss nur erst ein Standardrepertoire entwickeln von lauter Gerichten, die nur Miniminipünktchen haben, aber sich trotzdem anfühlen wie echtes Essen, und die ich jederzeit aus dem Ärmel schütteln kann, auch mit der Karte vom Pizzaservice in Reichweite oder mit Zuckerschock vorm Kühlregal. Ich wünsche mir zwei Wochen allein nur mit mir und vielleicht noch L. und dem Hund, ohne Besuch und ohne Verabredungen, und dann sollen alle mal sehen, was für ein WW-Champ ich bin.
Und dabei ist das Programm doch sogar schon für solche wie mich gemacht, die Fresser, die eines Tages im Altersheim kein Foto ihrer Lieben auf dem Nachttisch stehen haben werden, sondern das Bild eines Brathühnchens. Für die unbeherrschten, die ständig denken, sie BRAUCHEN etwas, was sie in Wirklichkeit nur möchten. Wie ist das erst bei anderen Diäten? (Es gab mal einen Freund, der hat unter ziemlich demütigenden Umständen mit mir Schluss gemacht. Dieser Freund hatte damals im Job unter anderem den Auftrag, wöchentlich neue Radiowerbung für eine der ganz, ganz schäbbigen Zeitschriften für dumme ältere Frauen zu machen, die den Schlüssel zur Traumfigur ständig neu entdeckt. Nachdem die ganz schlimme Phase dieser Trennung vorbei war, zauberte mir das jeden Montagmorgen ein strahlendes Lächeln ins Gesicht, wenn zwei fröhliche Radiosprecherinnen sich zujuchzten „Hej! Hast du abgenommen?“ „Ja, du, und supereinfach! Mit der Ananasdiät!“ oder auch, eine Woche später, „Mensch Tina, du siehst ja zum Anbeißen aus!“ „Ja, stell dir vor, das kannst du auch: mit der Mettwurstdiät bzw. den neuen leichten Sommertortenträumen!" usw. Ach, das war schön.)

Ich halte euch auf dem Laufenden über meine Fortschritte.

3 Kommentare:

  1. Hey, Du schaffst es tatsächlich bis Mittwoch??? Ich breche täglich bereits mittags ein und stelle jeden Abend fest, dass ich meinen Körper nicht mal in diesem Punkt unter Kontrolle habe.

    Juli

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  2. Mädels,

    habt Ihr mal daran gedacht ab 15 h die Nahrungsaufnahme einzustellen? Mit Hilfe von Hypnose ist das super leicht. Man nimmt so in der Woche zwischen 0,5 bis 1 kg ab. Hat keine Heißhungerattachen mehr und selbst wenn man abends laufen war, ist da kein Hungergefühl.

    Ich bin seit dem 13.09. dabei uns habe bereits 4,1 kg abgenommen. Braucht jemand Tipps?

    LG
    S.

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  3. Soooo schön, zu lesen, dass es nicht nur mir so geht.

    Grundsätzlich finde ich WW eine ganz großartige Sache, die wirklich dabei hilft, das Essverhalten (wieder) in geordnetere Bahnen zu lenken. Aber nun tut sich schon seit Wochen nix mehr auf der Waage und ich habe immer weniger Lust, auf die Pizza und den hochfettigen Käse und die vielen, vielen Liter Cappuccino zu verzichten, die mich eigentlich so glücklich machen.

    Wünsche Dir trotzdem gutes Durchhaltevermögen!

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