Mittwoch, 23. Mai 2012

Psychoparalyse

Gerade in der Mittagspause: eigentlich bräuchte ich dringend, dringend was zum Anziehen. Aber die Vorstellung, bei dieser Affenhitze mehrere Kleidungsstücke hintereinander über meinen klebrigen Körper zu zerren, ist zu schrecklich. Dann kommt noch dazu, dass der Sommer mir überhaupt nicht steht, wenn ich mit meinem schweißglänzenden Gesicht, den Heuschnupfenaugen, den Sonnencremepickeln und diesem insgesamt kaputten Gesichtsausdruck vor einem Spiegel stehe, ist es egal, was ich anhabe, ich werde es nicht kaufen wollen, so grauenvoll sieht das aus. Also zu Thalia. Buchhandlungen sind so ein friedlicher Ort für die Mittagspause! Schattig und kühl außerdem. Zwischen ca. 800 Baby- und Schwangerschaftsbüchern gibt es ein bescheidenes kleines Buch über Adoption, geschrieben von zwei Psychotherapeuten, einer davon Psychoanalytiker. Ich nehme mir noch ein tonnenschweres Laufbuch und setze mich in die Leseecke. Zuerst wundere ich mich, wie man übers Laufen - das doch eigentlich die einfachste Sportart der Welt sein sollte - zwei Kilo Buch zustande kriegen kann. Abgesehen von "nicht verletzt oder krank laufen", "schön viel trinken", "nicht zu schnell und zu weit laufen am Anfang" und "in gute Schuhe und guten Sport-BH investieren" fällt mir so viel nicht ein. Aber ich bin ja auch nur eine Hormonbrumse, die ein bisschen fitter und dünner werden will. Noch nicht mal eine Pulsuhr habe ich! Vorerst komme ich, glaube ich, ohne diese Schwarte aus. Damit zum Adoptionsbuch. Kapitel 1 handelt von einem Mädchen, das mit 16 plötzlich zeitweise auf der Straße lebt, Drogen nimmt, die Eltern trauen sich nicht, dagegen anzugehen, dann verwüstet sie die Hütte, alles ist im Arsch. Aha. Die Erklärung dafür überfliege ich nur kurz, sie hat damit zu tun, dass es dem Mädchen bei seinen Adoptiveltern scheinbar zu gut ging. Kapitel 2 hat als Hauptfigur einen adoptierten Jungen, der noch mit 12 ständig in die Hose macht und seinen Eltern auf den Wohnzimmerteppich kackt. Auch dafür gibt es eine mega-einleuchtende, verschwurbelte und schlaubergermäßige Erklärung: die Adoptiveltern sind Akademiker. Meine Güte, hätte ihnen das nicht jemand vorher sagen können, dass das dann ja so kommen muss? Ich glaube, auch dieses Buch lasse ich erst mal liegen. Was ich jetzt gerne hätte, wäre ein Buch, in dem steht, was ich jetzt wissen muss, was für Probleme und Fragen auftauchen können, wie ich damit umgehe, und wenn es so ein Buch garantiert psychoanalysefrei gibt, dann ist es schon so gut wie gekauft. Hat jemand eine Idee?

6 Kommentare:

  1. Meine Empfehlung
    Adoption- alles was man wissen muss( Herbert Riedle )

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  2. 30 Euro für ein Taschenbuch ist zwar happig, aber ich hab's trotzdem bestellt - Danke für den Tipp!

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  3. Habe zwar keine Empfehlung, war aber heute auch bei Thalia, stimmt schön kühl dort... und 2 Wochen nach meiner ersten missglückten IVF bin ich mit schrägem Blick an den Schwangerschaftsbüchern vorbei, die natürlich relativ nahe am Eingangsbereich stehen, so dass man vorbei muss... Vor ein paar Wochen stand ich noch dort, hoffnungsvoll, die Bücher leicht andachtvoll blätternd, aber wir sehen uns bestimmt bald wieder... die Bücher und ich... ;-)

    Ach ja und kaufen wollte ich ein Kochbuch *gg*

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  4. Ich empfehle Dir unbedingt das Handbuch Adoption von Momo Evers und Ellen-Verena Friedemann. Es ist absolut realistisch, beleuchtet verschiedenste Situationen vor, bei und nach der Adoption bzw. Dauerpflege. Mit vielen unterschiedlichen Erfahrungen, Checklisten usw.
    LG- Juli

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  5. Also wenn es auch ein persönliches Gespräch tut, in dem man viel genauer auf deine speziellen Fragen eingehen kann, empfehle ich dir, mit dem PFAD-Landesverband Hamburg Kontakt aufzunehmen. Auch bei uns in Bayern gibt es diesen Verein für Pflege- und Adoptivfamilien. Die haben uns zu Hause besucht und haben alle Fragen beantwortet, die man sich im Jugendamt vielleicht nicht traut zu stellen. Man kann sich dort auch schon vor der Adoptionsbewerbung Rat holen und die Mitglieder sind alle selbst Betroffene, die nachempfinden können, welch wirre Gedanken uns im Kopf rumspuken.

    Liebe Grüße
    Jane

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  6. Gerade für Äthiopien ist dieser Roman, basierend auf einer wahren Geschichte, mal ein anderer Zugang zum Thema:

    "Alle meine Kinder - Ein Leben für die Waisen Afrikas" - von Melissa Fay Greene (Verlag blanvalet)

    Die Autorin hat selbst in Äthiopien adoptiert und gibt einen guten Einblick in das Lebensgefühl dort.

    Und wer noch mehr Infos aus erster Hand benötigt, kann sich auch gerne bei mir melden
    www.kinderwunschberaterin.de

    Liebe Grüße und alles Liebe

    Bettina

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