Samstag, 2. Juni 2012

Servicewüste Eiertanz

Liebe Abkürzungsdamen und vor allem liebe eifrige Kommentatorinnen,

heute muss ich mal kurz was erklären und mich vielleicht auch entschuldigen. Viele schreiben mir hier einfach nur wunderbare Dinge, Nettigkeiten, Lob und Anteilnahme, und ich freu mir einen dritten Eierstock, wenn ich das lese. Andere wollen etwas wissen und warten dann teilweise Monate auf eine Antwort. Auf die komme ich gleich noch mal zurück. Und dann gibt es wieder welche - sehr, sehr wenige, und die meinen das auch bestimmt nicht böse - die schaffen es irgendwie, mir einen Kommentar genau im falschen Moment zu unterbreiten. Also mir in einem Moment zu schreiben (was sie natürlich nicht ahnen können), in dem ich gerade fürchterlich dünnhäutig, innerlich unsortiert und überhaupt nicht darauf vorbereitet bin. Eigentlich ist dieser Blog für mich eine große Stütze und hat seinen Zweck, mir dabei zu helfen, den Kopf während der Kinderwunschzeit über Wasser zu behalten, voll erfüllt. Tut er immer noch jeden Tag. Aber es gab auch Momente, da lief er mir furchtbar quer. Zum Beispiel damals, beim ersten und bisher auch zum Glück einzigen Kommentar, den ich jemals gelöscht habe: als mir eine schrieb, dass es mir verhältnismäßig gut ginge, würde eben bedeuten, dass ich mir ein Kind in Wahrheit gar nicht wirklich wünschen würde. Damals saß ich gerade im Enttäuschungs-Erholungs-Urlaub mit L. in New York und wollte nicht zwei ganze Tage abwechselnd vor Wut, Entrüstung und Rechtfertigungsdrang schäumen. Drei mal habe ich angesetzt zu einem Antwortkommentar mit dem wackligen Hotel-WLAN, dann habe ich gedacht "Meine Urlaubszeit kriegst du nicht, du Empathie-Günther" und den Kommentar einfach simsalabim gelöscht. So blöde wurde es nie wieder (bis auf den Troll damals, aber über Trolle kann ich zum Glück lachen), aber manchmal hatte ich nach dem Lesen eines Kommentars noch das Gefühl, ich wäre beim Schwimmen im lauen Mittelmeer plötzlich an eine Feuerqualle geraten. So genau konnte man das gar nicht immer begründen, war aber so. Nun gibt es zwar Haifischwarnungen, aber so viel ich weiß keine Quallenwarnungen, wobei mir Haie im Zweifel fast noch lieber sind als Quallen, und überhaupt, wusstet ihr eigentlich, dass jährlich viel mehr Haie durch Menschen... jajaja, rollt nur mit den Augen! (Für Quallen gilt vermutlich das Gleiche.)... aber, wo war ich: die Quallen haben doch dem Urlaubsgefühl im lauen Wasser ziemlichen Abbruch getan. Ich wollte nicht mehr um kurz vor Mitternacht, eingemuckelt mit L. auf dem Sofa vorm Feuer und mit einem Glas Wein in der Hand, plötzlich von einer Feuerqualle erwischt werden. Oder mit meinen Mädchen irgendwo bei griechischen Schweinereien und Getratsche. Oder mitten in einer Präsentationsvorbereitung, im Zahnarztwartezimmer vor der Wurzelbehandlung oder im ICE "Gude Laune" nach Frankfurt.

Darum habe ich irgendwann letzten Winter an einem langen, dunklen, stürmischen Abend beschlossen, dass eine Änderung einzutreten hat: so wichtig der Blog mir immer noch ist, er sollte nicht mehr Tag und Nacht unkontrolliert in meine Badebucht eindringen können. Darum habe ich an diesem Abend die Kommentarfunktion so umgestellt, dass ich die Kommentare nicht mehr per Mail auf eine meiner zwei Alltags-Adressen bekomme (die beide sowohl auf das fest installierte Mailprogramm meines Rechners als auch in mein iphone münden), sondern sie werden an eine neue Adresse eigens zu diesem Zweck geschickt. Alle paar Wochen versuche ich, da reinzugucken, außerdem natürlich, wenn ich gerade schreibe - dann lese ich gerne auch mal die Kommentare der letzten fünf Posts durch. Aber die Kommentare sind jetzt längst nicht mehr so präsent, oder besser, jetzt entscheide ich, wann ein guter Moment ist, um sie zu lesen und wann ich eine eventuelle Qualle, die sich zwischen all die tollen, freundlichen, lustigen, klugen und Mut machenden Kommentare gemischt hat, mit einem Lächeln wegstecken kann.

Und so kommt das, dass ich in letzter Zeit leider immer öfter Antworten schuldig bleibe auf Fragen, die doch eigentlich innerhalb von 24 Stunden zu beantworten sein sollten. Bitte seid nicht böse. Ich gebe mir Mühe. Ich verspreche es. Und ich wollte mich wieder mal bedanken: liebe Nicht-Quallen, kann sein, dass der Blog eine große Stütze für mich ist. Aber ihr seid es bestimmt noch mehr.

Und um die guten Vorsätze gleich umzusetzen: Das Buch heißt Adoption und ist von Herbert Riedle, Barbara Gillig-Riedle und Brigitte Riedle. Leider für ein Taschenbuch mit fast 30 Euro ganz schön teuer, aber ich hab das Gefühl, das ist es wert.

3 Kommentare:

  1. liebe flora,
    das ist es ja. wenn man seine gefühle öffentlich macht, hat man plötzlich eine ziemlich große angriffsfläche für feuerquallen. das geht aber auch ohne internet. wenn man zum beispiel real life freundinnen vom kiwu erzählt und die dann leider so viel einfühlvermögen wie eine kuh besitzen. dann kann man die kommentare auch nicht mal auf ein drittemailkonto verbannen, dass man nur in guten zeiten liest - sondern bekommt's in echtzeit ab. insofern hat ein blog ja auch was gutes. und wie du sagst, es gibt viele nicht-quallen und tolle stützen. und das ist genau das, was man in der wartezeit bis zum kind am dringendsten braucht. weiterhin alles liebe und danke, dass du so offen mit deinen gefühlen und gedanken bist.

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  2. liebe flora,
    wenn es eines gibt, was wir alle gut gebrauchen können,dann ist abgrenzung und slebstbestimung- wir sind doch genut fremdbestimmt durch vorgegenene zyklen, minutengenaue termine für spritzen usw, also. herzlichen glückwunsch zur kommentar-entscheidung, du liest wann du magst oder auch nichtt, fertig aus..ich freu mich auf jeden blogtext. wann immer er kommt und wenn du gard bei einem evrsuch bist, aber ich nicht in der stimmung zu lesen ob es evt klappt, na dann schau ich auch nicht rein, ganz selbsbestimmt und bitte so soll es ja wohl auch für dich möglich sein..
    liebe grüße

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  3. Vielen dank liebe Flora! Ich habe gerne gewartet auf deine Antwort. Alles liebe Silvia

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