Donnerstag, 5. April 2012

Besondere Kennzeichen

Beim Anziehen eines Pullovers schlüpfe ich zuerst in die Ärmel, dann in den Rest. Beim Ausziehen mache ich es dagegen wie die anderen Jungs: erst im Nacken packen, dann über den Kopf ziehen, dann auch aus den Ärmeln schlüpfen. (Meinen Ex-Chinamann würde das nicht überraschen.) Ich halte es im Kopp nicht aus, wenn in meiner Nähe jemand einen Apfel oder eine Banane isst. Das Geräusch - genau wie das Schaben von künstlichen Fingernägeln über egal welche Oberfläche - macht mich fertig und bringt mich dazu, an der nächsten Ubahn-Station den Waggon zu wechseln. Fängt jemand im Flugzeug neben mir damit an, bin ich doomed. Obwohl ich extrem konkrete Vorstellungen dazu habe, wie welches Gericht gekocht werden sollte, und inzwischen fast drei Meter Kochbücher besitze, muss ich zugeben, dass ich Miracoli mit Miracoli-"Parmesan" genau so gerne esse wie eine ausgefuchste, mit Liebe gekochte Napoli-Sauce. Ich gucke englische Filme und Serien lieber im Original, versuche aber, das nicht zu oft zu sagen, weil ich das bei anderen als sicheren Wichtigtuer-Indikator vermerken würde. Mit meinem ältesten Freund bin ich erst seit dem Studium befreundet. Ich habe kein räumliches Sehen. Meine zweiten Zehen sind deutlich länger als die dicken Onkel daneben. Trotz meiner krummen Füße (geerbt von Mutter und Oma) habe ich keinerlei Schwierigkeiten, 12 Stunden am Stück auf High Heels unterwegs zu sein (nicht von Mutter und Oma geerbt). Ich würde gerne mal zu Fuß von Hamburg nach Rom laufen, ohne den geringsten religiösen Hintergrund (und nicht auf High Heels). Ich würde auch gerne mal auf einem Islandpferd um Island herumreiten. Wie Harry in "Harry und Sally" lese ich immer den Schluss des Buchs zuerst, und zwar aus dem gleichen Grund: was, wenn ich morgen vom Bus überfahren werde und nie erfahre, wie es ausgeht? Obwohl mein Hund gerade mal erst zwei Jahre alt ist, habe ich jetzt schon Angst davor, was passiert, wenn er stirbt. In jedem Urlaub kaufe ich mir einen Lippenstift. Mein einziges Parfum ist Quelques Fleurs, das ich mir von einer Freundin abgeguckt habe, die die erstaunliche Großzügigkeit beweist, mir das nicht übel zu nehmen. Als kleines Mädchen hatte ich eine Bande imaginärer Freunde namens großer Werlus, kleiner Werlus, Kätzchen Mischkasch, Peter und Anke. Zum Glück haben meine Eltern mich machen lassen.

Ich bin im Endspurt für den Adoptionslebenslauf. Persönlich soll er sein. Sie wollen einen Eindruck bekommen, was ich für eine bin. Wer hätte gedacht, was für ein Knochenjob das ist?

3 Kommentare:

  1. hey flora, der text aus diesem blogeintrag ist doch schon perfekt für den adoptionslebenslauf:-)

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  2. faszinierend ehrlich.

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  3. Hallo Flora,
    ich kenne es nur zu gut. Eigentlich schreibst du genau wer du bist wie ich es auch getan habe. Würde man aber anderen genau erzählen wer man ist oder soll man sich nicht in das Licht stellen in dem Sie einen sehen wollen?
    Ich habe mich gegen das gute Licht entschieden was vielleicht leichtsinnig war aber wir haben in 13 Tagen den Termin mit unserer Beraterin und ich denke, dass Sie beim Hausbesuch (und Sie hat den Lebenslauf schon) eh merkt, dass wir WIR sind :D

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