Dienstag, 25. September 2012

Vier Erkenntnisse zum Herbstanfang

1. Ich kann mir die Lunge aus dem Leib laufen, so lange ich weiterhin darauf beharre, zwei gebackene Camemberts und ein Blech Pommes mit Mayo wären ein angemessener Nachmittagssnack, wird das nichts mit Größe 36.

2. Mit mir und 90% aller Psychologen wird das vermutlich ebenfalls nichts. Gestern war unser letztes Adoptionsgruppentreffen. Und obwohl ich den gar nicht unsympathisch finde, ihm auch dankbar dafür bin, dass er seine Freizeit (vermutlich unbezahlt) für uns Adoptionseltern opfert und bestimmt neben all dem Kummer viel gelernt habe, war ich gestern schon wieder kurz vor Explosion. Und zwar an zwei Stellen: Stelle 1: Psychologe fragt, ob in unserer Gruppe Leute von der Behörde auch darum gebeten worden seien, ab sofort zu verhüten. Ich dachte, das wird jetzt ein Krösken über die bescheuerte Behörde. Aber als drei Paare belustigt nickten, sagte er: ja, das könnte er so nur unterstreichen, denn man würde es oft genug erleben, dass die Frau vier Wochen nach dem Einzug des Adoptivkindes plötzlich schwanger würde, und das wäre dann eine Katastrophe. Ich konnte mich nicht mehr halten: "Mal ehrlich, vielleicht bin ich da naiv, aber wo genau soll da die Katastrophe sein? Dann hat man eben zwei Kinder, ist doch toll!" Nein, nein, nein, so geht das nicht. Das Adoptivkind fühlt sich bedroht und als Kind zweiter Klasse, das geht dann nicht. Und dann? Abtreibung? Oder sein eigenes zur Adoption freigeben? Ich weiß es nicht, aber ich scheine auch wirklich gar nichts kapiert zu haben. Stelle Nr.2: in unserer Gruppe sitzt auch ein sehr nettes Paar, von allen von Herzen beglückwünscht und auch ein bisschen beneidet, bei denen der Anruf fast sofort kam und die jetzt schon einen gesunden Säugling zuhause haben. (Hut ab davor, dass die dann trotzdem noch kommen.) Zu denen gewandt hat er gestern erklärt, dass die Säuglinge direkt nach der Trennung von der leiblichen Mutter ja dermaßen traumatisiert wären, da könnte man sich drauf einstellen, dass sie Tag und Nacht schreien würden, sehr steif und unbeweglich wären, gleichsam erstarrt vor Schock... Das Paar konnte ihm nicht den Gefallen tun, das zu bestätigen: "Och, sie ist eigentlich total entspannt. Knöttert mal, wenn sie Hunger hat oder die Windel voll, aber sonst? Ganz fröhlich und entspannt." Darauf er: "Jaha, da gibt es die einen, die leiten das nach außen ab, und die anderen, die fressen das in sich hinein."
Eine Weile später hätte ich ihm das aber fast alles schon wieder verziehen, als er einräumte, er bekäme ja auch nur mit denen zu tun, bei denen es nicht so läuft. Genau! Sag ich doch! Na endlich. Nun ist alles wieder gut, und eine kleine Spende überweise ich heute auch noch. Und die nächste Spezialentwicklung in meinem Leben versuche ich wieder Psychologenfrei zu meistern. Ich bin da einfach... weiß auch nicht... schnell auf die Palme gebracht, habe eine Sollbruchstelle oder vielleicht auch einfach eine Allergie. Da können die nichts für, und ich auch nicht, aber wir gehen uns wohl besser aus dem Weg.

3. Ich bin absolut reif für diesen Herbst. Den großen schweren Specksteintopf habe ich schon aus dem Keller geholt, in dem werde ich demnächst den einen oder anderen Hirsch weichschmoren, und am Wochenende backe ich meinen ersten Zwetschgenkuchen für dieses Jahr. Im Büro bin ich schon von Kaffee auf Tee umgestiegen (mache ich immer spätestens im Oktober), ich habe wieder die dicken Bettdecken bezogen und die dünnen auf den Speicher gepackt, und gestern Abend gab es zum After-Psychotreff-Rotwein ein paar Minilebkuchen. Auf dem Morgenspaziergang heute hat Lili die ersten Kastanien geknackt. Sie mag den Herbst, ich auch. Meine Lieblingsjahreszeit hat angefangen, und ich springe jeden Morgen mir einem Gefühl aus dem Bett, als hätte ich Geburtstag.

4. Wenn ich das nächste Mal einen längeren Urlaub plane, dann häufe ich vorher Geld dafür an, nicht hinterher. Es ist ja schön und gut mit drei Wochen frei, aber als Selbständige folgt danach unausweichlich die Hölle, die jede Erholung sofort verbrennt: diesen Monat, der noch nicht zu Ende ist, werde ich fünf Rechnungen verschicken, und ich hatte tatsächlich seit dem Urlaub mit den Damen in der Heide keinen einzigen Tag, an dem ich nicht arbeiten musste. Jaja, der schöne Herbst ist da, aber noch mehr könnte ich mich drüber freuen, wenn ich morgens die Augen aufschlagen würden und mir in aller Ruhe zur ersten Tasse Tee überlegen könnte, wohin ich heute meine Hundespaziergänge mache, ob ich vielleicht noch ein paar Pflanzen bei Obi kaufe oder ob ich den Tag einfach nur abgesehen von Gassigängen auf dem Sofa am Feuer oder vorm Herd verbringe. Das wäre wirklich zu schön.

2 Kommentare:

  1. Hallo liebe Flora,
    ich moechte sehr gerne am Donnerstag zum ersten Mal zu Deinem Abkürzungsdamen-Stammtisch kommen. Ich habe leider gar keine Ahnung, wie man "richtig" Bescheid sagt bei einem Blog, aber vielleicht klappt es ja auf diese Art. Liebe Grüße! Sanne

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  2. Liebe Sanne, genau so: per Kommentar. Toll, ich freu mich auf Dich! Bis morgen!

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