Freitag, 6. September 2013

Schöner, schöner Mist.

Die Oma kommt nicht wegen schlechter Laune, mit der sie uns nicht anstecken will. Läuft. Ich versuche es trotzdem, dann eben häppchenweise. Wie durch ein Wunder scheint Baby nämlich heute weniger quengelig und mamasüchtig zu sein als noch gestern, vorgestern und vorvorgestern. Also los, so lange dieses gespenstische Phänomen anhält.

Ich habe nachgedacht. Würmchen ist irgendwie keine schöne Bezeichnung für dieses ausgezeichnete Baby. Zumal er ja irgendwann auch wachsen wird. Und zumal ich immer noch keine Zeit gefunden habe, seinen echten Namen aus dem Blog zu entfernen. Also einfach wieder dahin zurückzukehren, kommt aber leider auch nicht in Frage, denn irgendwann (vielleicht sogar noch heute?) will ich das schon noch durchziehen. Anonym soll er aber auch bleiben, und ein möglicher Spitzname soll nicht zu viel Macht bekommen, denn sonst nennen wir ihn irgendwann selbst nur noch so, und wozu hat er so einen hübsch spitznamentauglichen echten Namen? Ich werde darum ab heute ausprobieren, ihn einfach jeden Tag anders zu nennen. Immer bei einem Jungsnamen, der garantiert sowas von nicht seiner ist. Heute ist dieser Name Jürgen. Hallo, Jürgen! Jürgen liegt auf dem Sofa, spielt mit seinen Händen und freut sich genau wie ich, dass er auf der Welt ist.

Oha. Jetzt freut er sich nicht mehr. Kurze Unterbrechung also und gleich Themenwechsel.

Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, nach dem Französischen Nervensägen-Buch kein anderes Ratgeberbuch mehr zu kaufen. Jetzt kommt unwahrscheinlicherweise Ratgebermuffel L. mit "Oje, ich wachse" vom Hundespaziergang zurück, es lag auf dem Grabbeltisch der Buchhandlung für drei Euro. Ich bin jetzt ca. auf Seite 90 und habe das Gefühl, große Teile des restlichen Buches kann ich jetzt schon vorhersagen: das Kind wächst und entwickelt sich in Schüben. Schübe bringen es voran, sind aber auch anstrengend und beunruhigend. Während der Schübe ist das Kind darum quengelig und braucht vor allem viel, viel Körperkontakt. Vor allem (so läuft es scheinbar mit Kindern...) mit Mama. Das bin dann wohl ich. Dazu sagen dann verschiedene Damen, die alle so gleich klingen, dass ich befürchte, die Autoren haben sie sich ausgedacht, Dinge wie "ich komme zu nichts mehr. Immer ist er auf meinem Arm. Das Gebrüll! Ich werde bald wahnsinnig. Gestern habe ich ihn deshalb ganz schön zackig auf den Wickeltisch gelegt. Da bin ich vor mir selbst erschrocken." Bevor jetzt einige schon wieder zu einem gepfefferten Kommentar ansetzen, ich will das Buch gar nicht zerreißen! (Dazu ist es auch zu dick.) Es wiederholt sich nur sehr viel, aber manche Wahrheiten kann man ja nicht oft genug wiederholen. Es kann gut sein mit den Schüben, kann sogar sehr gut sein, dass Jürgen gerade einen hatte. (Nachdem er eine Woche zu spät dran ist, müssen wir vom Timing der Schübe immer eine Woche abrechnen, das käme sogar hin.) Dann verdanken ich und meine Gorilla-langen Arme die letzten Tage diesem Schub. Jürgen schlug morgens um halb acht die Augen auf und fing an zu brüllen. Gut, dachte ich, er wird wohl Hunger haben? Kaum war der letzte Schluck Fläschchen unten, brüllte er weiter. Das einzige, was half, war entweder trockenstillen oder getragen, besungen und betanzt werden, und selbst so gab es Grund genug zum Weinen. Kommt mir jetzt nicht mit der Manduca, so schlau war ich auch, er war nicht gut zu sprechen auf die Manduca oder auf das Tragetuch. So ging es den ganzen Tag bis Abends um halb zehn. Dann allerdings hat er nach den Anstrengungen des Tages so richtig herrlich geschlafen wie ein Büroarbeiter in den Ferien auf dem Bauernhof: mindestens bis morgens um halb fünf. Wenn ich etwas aus dem Wiederholungsbuch gezogen habe, dann die tröstende Erkenntnis, dass so etwas nicht so bleibt und dass es nicht meine Schuld ist (verkorkste Bindung, nicht gestillt, da haben wir die Bescherung). Und das ist doch schon eine Menge. Aber nun ist trotzdem Schluss mit Ratgebern. Hörst du das, L.? Falls Du wieder mal hier rein liest?

Dann hab ich noch zu berichten, dass die liebe Blogkollegin Schoko NL zu Besuch war. Und obwohl ich eigentlich diese amerikanische TV-Sitte nervtötend finde, immer aus allem irgend eine Lehre zu ziehen, habe ich trotzdem genau wie aus dem Wiederholungsbuch auch daraus etwas gelernt: dass es ganz schön schön ist, zwei Kinder zu haben, die im Alter dicht beieinander sind, die sich gern haben und zusammen Quatsch machen und ein ganzes Haus mit Gequieke und Gekicher füllen können. Ich hatte Schokokuchen gebacken (welchen auch sonst?), mich schrecklich gefreut und hoffe jetzt, dass das nächste Treffen nicht wieder erst in vier Jahren stattfindet. Hat jemand Erfahrung damit, wie kinderfreundlich Amsterdam als Reiseziel ist? Ich könnte mir vorstellen, sehr? Und ich glaube, ich werde nicht mehr so sehr lange warten mit dem Anruf bei meiner Kinderwunschärztin.

Tatsächlich planen wir die erste Flugreise mit Jürgen in eine Stadt, die ich als praktisch kinderfrei in Erinnerung habe: nach Wien. In den letzten Jahren war ich bestimmt vier, fünf Mal in Wien, und ich kann mich nicht daran erinnern, Menschen mit Kinderwagen oder Tragegeräten in Restaurants oder Kaffeehäusern gesehen zu haben. Anders als z.B. in Kopenhagen, wo man als Abkürzungsdame vor lauter Kinderwagen ganz rote Augen bekommt, scheinen viele Wiener ihre Kinder zuhause aufzubewahren. Oder vielleicht hatte ich damals noch kein Auge dafür? Tragischerweise ist uns auch erst nach dem Buchen klar geworden, dass unsere Lieblings-Wien-Unternehmungen alle mit Baby nicht funktionieren. Weder werde ich stundenlang mit ihm bei Prückl sitzen können (es wird mit viel Freude geraucht) noch im Akademietheater. Also werden L. und ich uns abwechseln, einer schiebt mit ihm den Ring entlang und durch die Parks oder lümmelt sich bei schlechtem Wetter im schicken Hotelzimmer oder im Museum, der andere nutzt die Zeit, um sich mit dem schönen Wiener Essen und der schönen Wiener Kultur druckzubetanken. Liebe Damen aus Österreich, hat vielleicht für diese Reise eine einen Tipp?

So viel erst mal von mir und Jürgen.








17 Kommentare:

  1. Das ist wohl ein bisschen doof, aber ich hab auch schon eine Weile nach einem geeigneten Blognamen für euren Nachwuchs nachgedacht und bin letztendlich bei Florian gelandet - in Anlehnung an Flora.

    Die Schoko

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    1. Gratulation, Schoko, freut mich hier zu lesen, daß es bei Dir inzwischen 2x geklappt hat. Ich habe Dein Blog früher öfter gelesen, bis Du es privat gemacht hast. Fand ich zwar schade, aber vollkommen verständlich.
      K aus CA

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  2. Du brauchst keine Ratgeber, Du hast doch uns ;;;)

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  3. Liebe Flora!
    Ich habe wie du im Herbst 2008 zu IVFen angefangen und habe jetzt auch einen 8 Wochen alten Wurm Zuhause. 1000Mal Danke für diesen brillianten Blog!!!

    Ich bin aber nicht nur Flora-Fan der 1.Stunde, sondern auch eine waschechte Wienerin! Mit Milch und jetzt auch ob deiner Urlaubsortswahl Stolz geschwellter Brust kann ich sagen, daß auch wir uns munter vermehren!

    Hier ein paar Tipps für Wien:

    Schönbrunn ist DER Klassiker für Extreme Kinderwagenshiebing! Da gibt's die Gloriette (feines Frühstück), den Zoo, die Bimmelbahn, den Irrgarten und, wenn Fritz ein bisserl größer ist, die Kinderzauberflöte im Marionettentheater.
    Das Museumsquartier (MQ) zum Bummeln, Rasten, Museumbesuchen oder einfach nur Einkehren.
    Daneben gleich die Mariahilfer Straße zum Shoppen oder gegenüber das Kunsthistorische und Naturhistorische Museum.
    Der Prater mit dem Riesenrad (auch das ist kinderwagenfest).
    Die Donauinsel.
    Die Kärtnerstraße und der Graben beim Stephansdom.

    Alles Liebe und viel Spaß!

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  4. Ich glaub ja nicht an diese Schübe, zumindest nicht nach Wochen. Aber es ist auch hier das einzige Buch, das mein Mann auch gelesen hat und er findet es toll.
    Falls Du doch noch mal was lesen willst, es gibt durchaus ein paar empfehlenswerte Bücher.
    Toll das ihr Städtereisen plant. Wir sind so viel verreist, aber unseren jährlichen Städtetrip haben wir ausfallen lassen und denken im Nachhinein, dass es am einfachsten gewesen wäre, als unser Sohn noch nicht so mobil war.

    Lieber Gruß

    Nauka

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  5. "O je ich wachse" fand ich aus vielerlei Gründen, nicht nur der Redundanzen wegen, haarsträubend und langweilig. Hervorragende Verwendung fand es aber als erstes Baby-Buch: Unzählige Seiten zum Herausreißen, Abkauen und raschelndem Zerknüllen. Mein Kleiner hatte mächtig Spaß :-) Als einzig für mich auszuhaltende Babyentwicklungslektüre entpuppte sich "Babyjahre" vom Schweizer Kinderarzt R. Largo.

    Liebe Grüße,
    G.

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  6. Genau, was brauchst du Ratgeber, du hast uns:)
    Dieses Wort Schub, kann ich schon garnicht mehr hören, jeder hat mal einen schlechten Tag, warum nicht auch Babys?
    Es gibt Mamas, die zählen die Tage bis zum nächsten Schub und bis er wieder vorbei ist, schrecklich!
    Ich habe schon mal irgendwo einen netten Spruch gehört, bringe ihn aber nicht mehr ganz zusammen, sinngemäß ging es darum, wer alles auf den Schub schiebt, ist unfähig auf das Baby einzugehen....

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  7. Bei uns hat das mit den Schüben meist ziemlich gut hingehauen, unser Zwerg scheint sich im Großen und Ganzen brav an das Buch zu halten ;-)
    Ich finde aber, Du hast den Schmöker treffendst charakterisiert, liebe Flora :-)
    Für mich war und ist auch das "Babyjahre" von Remo Largo wesentlich wertvoller - und um Lichtjahre besser zu lesen. Super spannend fand ich auch "Born to be wild - Kinder verstehen" von Herbert Renz-Polster - das ist auch kein Ratgeber im eigentlichen Sinnde. Der gute Mann (auch Kinderarzt) betrachtet das Verhalten unsere lieben Kleinen aus evolutionsbiologischer Sicht und erklärt warum und wieso und weshalb sie sich so verhalten wie sie es tun, auch wenn es dafür heutzutage in den überaus meisten Teilen der Welt gar keinen Grund mehr dafür gibt (z.B. der Klassiker "alleine einschlafen").

    Jürgen ist jetzt ca. 6 Wochen alt, oder? Ich erinnere mich gut an seine 6. Lebenswoche - an dem Mittwoch hat er auch geschrieen und geschrieen und geschrieen, egal was ich getan und versucht habe. Ich war mit den Nerven fix und alle und sass irgendwann nur noch selbst heulend mit ihm im Wohnzimmer. Zu allem Überfluß kam auch noch eine Mail mit einer Freundin, deren Zwerg 4 Tage jünger ist - mit einem Foto, wie er sie an dem Tag zum ersten Mal gelächelt hat. Das hat mir komplett den Rest gegeben - hatte meiner nämlich noch nicht getan. Erst hinterher habe ich dann im Largo-Buch gelesen, dass die Zwerge mit ca. 6 Wochen ihren "Schreihöhepunkt" haben. Zumindest bei uns wurde es danach dann auch tasächlich langsam besser. Und am nächsten Tag kam dann das ersehnte erste Lächeln :-)
    Drücke Dir die Daumen, dass es bei Euch auch so ähnlich läuft und Jürgen seine gute Laune findet!

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  8. Hallo Flora,
    schön, dass Du wieder da bist :-). Hinsichtlich Eures geplanten Wienaufenhalts hier ein paar Tipps für eine (kulinarische) Tour mit Baby: Bei schönem Wetter kann ich Euch die Rooftopbar im Hotel Lamee wärmstens empfehlen, allerdings öffnen die erst um 16.30 für Nicht-Hotelgäste. Die Aussicht ist echt ein Hit *love It*. Schöne Aussicht und Eignung bei Schlechtwetter gibt es in der Bar im Hotel Sofitel (im Restaurant stimmt das Preis/Leistungsverhältnis leider nicht). Dann kann ich Euch für einen gemütlichen Bummel am Samstag Vormittag den Karmelitermarkt mit seinen kleinen und feinen Lokalen (z.B. Madiani, Wulfisch und Marktachterl) und "Schmankerln" empfehlen. Da wird es von Familien mit Kids nur so wimmeln ;-). Ebenfalls im II. Bezirk und sowohl für den Abend als auch untertags bestens geeignet sind das Cafe Ansari und das Mochi in der Praterstrasse. Wenn ihr dann noch nicht müde seid, empfehle ich einen Spaziergang im Augarten (der neue Konzertsaal das Muth hat vielleicht eine interessante Vorstellung für Euch) mit anschließendem Besuch im Restaurant/Cafe Decor.
    Ich wünsche Euch viel Spaß und einen schönen und erholsamen Urlaub!!
    Liebe Grüße aus Wien
    G.

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  9. Hallo Flora...

    Du meinst, er hat von morgens halb acht, bis abends halb zehn durchgebrüllt?

    Irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen - das wären doch 14 Stunden Dauergeschrei gewesen?

    Also, nicht daß ich jetzt denke Du übertreibst, aber - ich kann mir das garnicht vorstellen, er müßte doch vorher schon vor Erschöpfung weggeklappt sein? Oder wie spielt sich sowas ab?

    Du machst mir grade Angst!
    Zwerg ist doch noch keine 2 Monate...

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    1. Nein, er hat nicht die ganze Zeit gebrüllt, mach Dir keine Sorgen - es war nur so, dass er die ganze Zeit knötterig war und immer dann brüllte, wenn ich ihn mal für einen Moment ablegen wollte, und wenn es nur für einen kurzen Sprint aufs Klo war. Und auf dem Arm und an der Brust hat er immer noch Grund genug zum Brüllen gefunden. Und selbst das, 14 Stunden Brüllen mit hart erschleppter Unterbrechung, schlaucht gewaltig... vor allem, wenn man noch nicht so sehr an Babies gewohnt ist und es immer noch zumindest emotional persönlich nimmt und auf sich bezieht, wenn jemand die ganze Zeit weint. Uff... Und dass es ihn müde macht, hätte ich mir auch schon früher erhofft als abends nach Spielfilmende. War aber nicht, die Kräfte reichten.

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    2. Das Brüllen ist derart nervenzerfetzend, daß selbst Mitarbeiter von Schreiambulanzen nach 4 Stunden Schluß haben. Man hält es einfach nicht aus. Ist wohl die Kombi aus Lautstärke, Hilflosigkeit und irgendeinem Urinstinkt, dem wir zu verdanken haben, daß Babygebrüll kaum jemanden kalt läßt. Das kann man jetzt positiv oder negativ bewerten *g*

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    3. Hm, setzt aber nicht irgendwann der Effekt ein: Du, Baby, jetzt reicht es mir. Ich lege Dich jetzt in Dein Bett, Du bist sauber, frisch gefüttert, alles gut...Türe zu, und dann kannst Du brüllen, bis ich von der Toilette runter und aus der Dusche wieder rauskomme?
      Also, so als Selbstschutz, bevor ich so rammdösig bin, dass ich total abdrehe.

      Ich kann es mir einfach nicht vorstellen, daß ich nicht irgendwann die Nase so voll haben würde.

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    4. Wenn man völlig fertig mit den Nerven ist, wird das sogar empfohlen, bevor man was Dummes tut. Das Baby an einen sicheren Ort legen und mal 5 Minuten raus gehen und durchatmen. Wenn jemand anderes aufpaßt, sogar so weit weg, daß man das Gebrüll auch nicht noch leise hört. Das bringt dann nämlich auch nichts.
      Wenn man das Baby noch irgendwie beruhigen und die Nerven dafür aufbringen kann, sollte man natürlich dies tun. Denn das Baby schreit ja nicht aus Trotz, oder weil es seine Eltern ärgern will. (Auch wenn es sich wirklich so anfühlt).
      Leider kann man nicht immer rauskriegen, was genau denn jetzt wieder falsch ist (und sei es eine drückende Hosennaht am Rücken).

      Na klar hat man öfter die Nase voll, aber man fängt jeden Tag wieder mit (relativ) guten Nerven von vorne an. Und irgendwann wird es besser, versprochen!

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  10. Ich empfehle das Cafe vom Dschungel (Kindertheater) im Museumsquartier (vulgo MQ) -Das Cafe ist ziemlich basic aber die Umgebung ist nett und im Cafe sind alle mit Kindern dort, da fällt man nicht auf.
    http://www.dschungel-cafe.at/

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  11. Flora, ich bin so froh, dass du wieder schreibst! Habe gerade die dritte negative IVF hinter mir und du bist der Grund, weshalb ich noch immer an diese KIWU-Nummer glaube.

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