Freitag, 20. Dezember 2013

Und wieder ein Grund, dankbar zu sein.

Manchmal geht es gut aus. Freunde von Freunden und andere Freunde von Freunden haben ihren Mut zusammengenommen und ein Pflegekind aufgenommen, und nach einigen Nervenkrisen und mit Sicherheit vielen schlaflosen Nächten, die nichts mit Babygeschrei und alles mit Bürokratie zu tun hatten, durften sie die kleinen Würmchen adoptieren und behalten, für immer, egal was. Und manchmal geht es so aus wie jetzt gerade in Hamburg. Gestern konnte ich immer nur denken: das könnten wir sein. Diese Leute aus Rotherbaum, die jetzt vermutlich die Welt nicht mehr verstehen und auch nie mehr verstehen werden. Wenn ich das wäre, müsste man mich besser für die nächsten Wochen irgendwo sicher verstauen, zu meinem eigenen Schutz, aber auch dem Schutz dieser Jugendamtmitarbeiter und zum Schutz dieses grauenvollen, assigen, gottverlassenen und widerlichen Elternpaares. Wann man mich gefahrlos wieder freilassen könnte, weiß ich allerdings auch nicht: wann ist so etwas vorbei? In zwei Monaten? In drei Jahren? Nie? Und ich hab Ndogo im Arm, der gerade jedes Mal wenn er mein Gesicht sieht freudig loskreischt, als wäre ich Take That, und habe das Gefühl, gerade fast von einem Panzer überrollt worden zu sein. Aber eben nur fast.

5 Kommentare:

  1. Ich kenne das Gefühl sehr gut. In meinem täglichen Arbeitsalltag als Sozialpädagogische Familienhilfe bin ich im Auftrag des Jugendamtes in "solchen Familien" und begleite auch häufig sogenannte "Familienrückführungen". Wir sitzen oft fassungslos im Team zusammen und fragen nach dem Warum. So oft machen wir Meldung ans Jugendamt, so oft werden Verfahren - aus unserer Sicht - unnötig in die Länge gezogen, hier noch mehr Kontrollbesuche, da noch eine dritte, vierte, fünfte Chance. Chancen, die die Kinder nicht haben. Manche Eltern sind hoffnungslos überfordert, aber bereit, mitzuarbeiten - das sind dann schöne Momente. Aber sehr oft geht einfach wertvolle Zeit fürs Kind verloren. In diesem Jahr hatten wir einen solchen Fall. Baby zur Pflegefamilie, mit vier Monaten zurück zur Herkunftsfamilie, und nun mit nem knappen Jahr wieder raus. Wie verkraftet das so ein Würmchen? Wie die Pflegeeltern, die das Kind zurück in ein nicht sicheres Zuhause geben müssen? Ich ziehe dermaßen den Hut vor den Menschen, die bereit sind, ein Pflegekind zu nehmen. Ich persönlich hätte dazu nicht den Mut. Zu oft habe ich gesehen, wohin die Kleinen zurück müssen, weil irgendein Richter sich von Momentaufnahmen blenden lässt. Da zählt dann kein Bericht vom Jugendamt, Einschätzung der Familienhilfe, sondern einzig und allein die Aussage der Rechtspflegerin, die sich bei einem angekündigten!!! Besuch eine Meinung gemacht hat. Da mag es Ausnahmen geben, aber meine Erfahrung in fünf Jahren SPFH sieht da leider anders aus. Jetzt nach der tragischen Entwicklung in Hamburg gibt es wieder einen Aufschrei - wir haben diverse Familien, die plötzlich wieder täglich kontrolliert werden müssen, obwohl Anfang des Monats "alles im grünen Bereich" war. Und wenn es ruhiger geworden ist, dann reicht "ab und an Bericht"! ich wünsche Euch Allen schöne Weihnachtstage.

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  2. Für die nicht Hamburger: was war denn da? Google hat mir auf die Schnelle nix gesagt...

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  3. http://www.abendblatt.de/hamburg/article123144703/Misshandlungen-von-Yaya-waren-lange-bekannt.html

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    1. Liebe Flora,
      solche Gedanken hat man natürlich sofort und auch mir ging diese Nachricht durch und durch. Trotzdem ist es mir wichtig, dass über das Thema Pflegekinder richtig informiert wird. Vermutlich hatten wir großes Glück bisher, was Kind, Gericht und Jugendamt angeht, das läuft nicht immer so. Aber ich möchte mich dafür einsetzen, dass mehr Leute diesen Schritt wagen und den Mut haben, ein Kind aufzunehmen. Habe leider keine Zeit für lange Ausführungen, aber z.B. wird in den Artikeln ja ganz allgemein von Pflegeeltern gesprochen. Es gibt aber einen Unterschied zwischen Bereitschafts- und Dauerpflege. Bei der Bereitschaftspflege ist klar, dass das Kind irgendwann zu den Eltern (oder in eine Einrichtung oder zu Angehörigen oder oder oder) zurückgeht. In dem Fall mit dem kleinen Mädchen kann ich mir vorstellen, dass sie Bereitschaftspflegeeltern waren, da sie ja anscheinend immer viel Kontakt zu ihren Eltern hatte, was bei Dauerpflege eher unüblich ist. Bei der Dauerpflege hat man auch keine Garantie, aber wenn man sich mit dem Jugendamt zusammensetzt, wird normalerweise genau besprochen, wie das Pflegeverhältnis sein soll: Ob und und wieviel Kontakt zu den Eltern, ob noch Gerichtsurteile und Gutachten über die Erziehungsfähigkeit ausstehen, ob eine Rückführung wahrscheinlich ist, usw. Bei uns lief bisher alles super, was ungewöhnlich ist, aber vielleicht ermutigt das andere, die, wie in diesem haarsträubenden Fall, automatisch so denken wie du (was nachvollziehbar ist), nämlich dass man sofort angst bekommt, dass einem auch so etwas passieren könnte, weil es ja nicht dein eigenes Kind ist und du auch gar nichts zu sagen hast und das Jugendamt so oft falsche Entscheidungen trifft (was ja auch leider oft stimmt...). Und dann traut man sich nicht mehr, über diese Möglichkeit nachzudenken, weil man glaubt, das Risiko sei viel zu gross, dass man das Kind wieder verliert. So, mir grapscht hier dauernd ein Zwerg in die Tastatur, ich geb es auf. Ganz frohes Fest und liebe Grüße von N. (weisst schon, oder?)

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    2. Liebe N. (ja, klar weiß ich), da hast Du natürlich auch wieder Recht... vermutlich war ich wieder mal mit meiner Reaktion einen zu früh und damit einen drüber. Es ist nur so... diese arme kleine Maus. Und dieser bescheuerte Vater. Und diese feige Mutter. Wer das liest mit einer jahrelangen Kinderwunschgeschichte im Hintergrund, kann an der Welt wirklich verzweifeln. Liebe Grüße und Dir auch ein frohes Fest, freu mich auf den Stammtisch!

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