Samstag, 1. Februar 2014

Januar ist eine gute Zeit für Neustarts, finde ich.

In einer blauen Stofftasche mit Apothekenlogo oben auf der Wäschetruhe liegen einige große weiße Schachteln. Darin mit Menogon gefüllte Ampullen, aufwendiger verpackt als Toffifee und deutlich teurer. Ich war auf dem Stuhl, der linke Eierstock sieht gut aus, der rechte hatte sich hinter der Endometriose versteckt, die Myome scheinen auch für meine Verhältnisse friedlich, und am dritten Zyklustag beginnt die nächste Runde. Jetzt ehrlich! Ganz bestimmt! Ich bin ein bisschen aufgeregt. Die Erwartungskirmes funktioniert auch wie in den Zeiten vor dem Don. "Eigentlich wäre das unverschämt, wenn wir jetzt noch mal ein Kind bekommen." "Und genau darum wird es klappen." "Ich wär mir da nicht so sicher, man wird nicht jünger... und die Endometriose zwickt auch wieder..." "Und genau DESHALB. Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwoher ein Fünfmonatsbauch her." "Das, meine Liebe, ist pillepalle, wie viel zu viele von uns erfahren mussten." "Also schön. Ihr bekommt kein Kind mehr. Dann wüsste ich aber gerne, was diese unattraktive 800-Euro-Tasche an deinem Arm macht." "Jaaaa... ich muss es eben wenigstens versuchen!" "Quatsch. Du gehst fest davon aus, dass das klappt." "Tu ich nicht! Allein schon deshalb, weil es dann garantiert nicht klappen würde!" "Weil du darauf hoffst, dass dieser sagenhafte Entspannungszauber jetzt auch bei euch wirkt. Der mit den Adoptivkindern oder den plötzlich doch auf natürlichem Weg Schwangeren, von denen es angeblich nur so wimmelt. Und an die Du angeblich nie geglaubt hast." "Hab ich auch nie! Wir hätten einfach gerne noch ein Kind, verdammte Axt! Auch, wenn die Chancen relativ beschissen stehen!" "Hm-hm." "Was guckst Du so? Guck nicht so!" Man braucht keine ernsthaft gespaltene Persönlichkeit, um so richtig wirr im Kopf zu werden. Man braucht auch keine Hormone. Allein die Anwesenheit von Hormonen im gleichen Haushalt kann schon vollkommen reichen.

Und dann das 5:2-Projekt! Ha!

Ihr reibt euch sicher schon die Hände? In Vorfreude auf die unvermeidliche Bauchlandung?

Reibt nur weiter. Denn nach Tag 1 kann ich sagen, ich glaube, das wird was.

Montag wollte ich ja eigentlich anfangen. Montag war ich aber dick erkältet, und da hatte mein massiger Körper genug mit anderen Dingen zu tun. Dienstag war auch nicht besser. Mittwoch treffen einige Damen und ich uns immer, um erst den Bachelor und dann, so lange das noch geht, das Dschungelcamp zu gucken, dazu gibt es Chips und Alkohol, also Mittwoch auch nicht. (Das ist ja eine der Stärken dieser Diät, dass sie so flexibel ist!) Donnerstag hatte ich den Kühlschrank noch voller Sachen, die weg mussten. Aber gestern, Freitag, habe ich meinen ersten Fastentag geplant, durchgezogen und überlebt. Auch L. hat ihn ohne blaues Auge überstanden. Wobei ich sagen muss, dieses Fasten ist eigentlich kein echtes Fasten. 500 Kalorien waren nämlich erlaubt, zu verteilen so, wie es mir beliebt. Es gab kein FX-Passage-Salz am frühen grauen Morgen, entsprechend keine brutale Darmentleerung. Es gab keine Schwächeanfälle, keine Kopfschmerzen, kein Zittern und keine Probleme, immer noch mit Essen umzugehen. Ich hatte meine 500 Kalorien so verteilt:
Frühstück: 100 Gramm Hüttenkäse (den ich sonst nicht mit der Kneifzange anfasse, aber ich dachte, der bringt mich in diesen Diät-Mood, der auch wichtig ist - macht also gleich morgens ein für allemal klar, dass heute anders ist als sonst) und ein Apfel. Mittags: anderthalb Möhren, in Stifte geschnitten (damit es nach mehr aussieht und sich anfühlt, als würde ich für mich kochen), gedippt in ein bisschen Sojasauce mit zwei Tröpfchen Sesamöl. Abends: 100 Gramm geräucherte Putenbrust, dazu zwei Chicoree trocken in der Pfanne gebraten und dann mit Chili und Zitronensaft geschmurgelt. Dazu scharfen Senf. Zwischendurch ganz viel Kräutertee, Ingwertee und Wasser. Und das ging gut! Ich habe nicht die Tapete von den Wänden gefressen, ich habe im Gegenteil gestern im Lauf des Tages das Essen fürs Wochenende geplant und dafür einen Schweinekrustenbraten nach Nigellas Methode mariniert. Ich habe den Lauch gekocht, den es dazu geben soll. Und ich habe einen Zitronenkuchen gebacken. Alles ohne abgekaute Nägel. Ich war auch nicht zu schwach, um den Don zu tragen, mir war nicht schlecht, ich war nicht aggressiv, sondern habe L. sogar vom Einkaufen mehrere Sorten Schokolade mitgebracht und neidlos überreicht (sogar ein bisschen hämisch, wenn ich ehrlich bin. L. macht sich einen Riesenspaß draus, mich zu piesacken und zu sabotieren, wann immer ich irgend eine Art von Diät anpacke. Und nach ca. zwanzig sarkastischen und bösartigen Bemerkungen darf ich mir wohl auch mal denken "Süßer, Schnuppi, iss du nur deine Schokolade, und wir sehen ja dann am Stichtag, wer die Wette gewonnen hat."), ich habe nicht an dem ganzen Projekt gezweifelt und versucht, mich selbst vom Weg abzubringen mit Plänen wie "Und wenn ich einfach jeden Tag auf den X-Trainer gehe?". Ich wusste nämlich die ganze Zeit: morgen darf ich wieder normal essen. Und das war gut zu schaffen. Zwischendurch hatte ich sogar ab und zu das GUTE Fastengefühl: die Klarheit im Kopf, mehr Energie und das Selbstvertrauen, das daraus kommt, wenn man erlebt, dass man eigentlich ziemlich wenig unbedingt haben muss. Wenigstens für eine Weile. Entweder Montag oder Dienstag mache ich den zweiten Tag. Und das Fressplanmaschinchen rattert. Kennt ihr Shirataki-Nudeln? Shitaraki-Nudeln? Oder wie auch immer? Die hatte ich neulich schon mal. Die sehen aus wie Glasnudeln, haben eine etwas ulkige Konsistenz, sind aus einer Pflanze und haben praktisch keine Kalorien, weder Fett noch Kohlenhydrate, fühlen sich aber einfach an wie eine neue Sorte Asia-Nudeln. Montag (oder Dienstag) nehme ich ein Pöttchen Hüttenkäse und einen Apfel mit ins Büro und außerdem eine Tupperbox mit einem kalten Salat aus gebratenem Pak Choi, Garnelen, Chili, Limette und Shirataki/Shitaraki-Nudeln. Klingt eigentlich ziemlich lecker, bis auf den Hüttenkäse.

Es hat sogar so gut geklappt, dass ich sogar jetzt, wo ich wieder dürfte und die Küche aus allen Nähten platzt vor Lieblingsessen, noch nichts gegessen habe. Ich bin um acht aufgewacht und hatte Lust auf schwarzen Tee und meinen Rechner ohne den Don im Hintergrund. Also habe ich den schlafenden L. und den schlafenden Don mucksmäuschenstill zurückgelassen und bin auf Socken ins Wohnzimmer gehuscht. Neben mir steht eine Tasse Tee. Kein Kuchen, kein getoastetes Roggenbrot mit Rinderschinken, kein Ei, kein Stinkekäse, keine Orangenmarmelade auf gesalzener Butter. Ich könnte! Aber ich tu's nicht. Das will echt was heißen.

Natürlich muss dieses ganze Programm sich daran messen, ob ich auf die Art abnehme oder nicht. Wenn nicht, dann war es das natürlich. Sobald eine befruchtete Eizelle in meinem Bauch ist, natürlich auch. Aber bis dahin finde ich das zumindest im Moment noch ganz spannend. Und es stimmt: schon nach einem Tag fasten bekommt Essen einen neuen Glanz. Ich war ein bisschen in die Phantasielosigkeit und Routine abgerutscht. Gestern habe ich zum ersten Mal wieder Kochbücher gewälzt, sabbernd über einzelnen Seiten gebrütet und Pläne geschmiedet.

2 Kommentare:

  1. Flora, du bist so lässig :-) ich liebe Deinen Blog

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  2. Ich kenne die Scheißtasche mit der Märchenfigur... in anderen Läden hätte man längst die goldene Kundenkarte und den roten Teppich ausgerollt bei den Beträgen. Flora, ich habe evtl. die beste BB Creme gefunden, gibt es im Alsterhaus (gleich vorne in der Nähe von Molton Brown) und ist von Franzosen: Filorga - BB perfect. mm

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