Freitag, 22. April 2011

In einer Welt voller geschmackvoller Eierstöcke muss ich mir natürlich einen mit Swarovski zulegen

Ich hatte mal einen Freund, der wie kein zweiter die Kunst beherrschte, mir das Leben zu versauen. (Dass er es wurde und dann trotz vieler, vieler zergrübelter Nächte so lange blieb, lag daran, dass ich zuerst in einer Stadt studierte, in der Jungs entweder nicht zu haben oder Mitglied der Jungen Union waren oder schwäbelten oder alles zusammen - und dass ich dann da zwar wegzog, aber die nächsten Jahre so viel schuftete, dass ich nur nachts um drei zum Nachdenken kam, und um diese Uhrzeit bin ich zwar gut im Sorgenmachen, aber nicht im Nachdenken. So war das.) Während der drei unvergesslichen gemeinsamen Jahre hat er einige Male voller Süffisanz und Herablassung zu mir gesagt "Du willst eben unbedingt was Besonderes sein".
Auslöser war meistens, dass ich in seinen Augen Zicken machte oder irgend etwas anders sah als er. Und gemeint war das so: "Eigentlich, meine Kleine, bist du doch ein hundsgewöhnliches Ding, im Grunde langweilig. Aber weil du gern was Besseres und Interessanteres wärst, so wie ich es z.B. von Natur aus bin, hast du dir einige Attitüden zugelegt. Wie albern und lächerlich das ist! Aber weißt du, nicht nur DU bist im Grunde langweilig, sondern deine Schrullen sind es mindestens genau so sehr, also erspar mir und meinem Scharfsinn doch bitte das Theater, gähn, gähn, manchmal ist es ein bisschen ermüdend, so wahnsinnig intelligent zu sein wie ich."

Ich hätte nicht gedacht, dass dieser Moment in meinem Leben noch mal kommen würde. Aber gestern war er da: ich dachte an ihn und wünschte mir trotzdem, er wäre jetzt hier - um das hier zu hören! Von wegen Schrullen und Attitüden, gestern saß ich vor meiner Kinderwunschärztin, und sie erklärte mir zehn Minuten lang und gestützt auf zwanzigjährige Befruchtungserfahrung, dass ich in der Tat ETWAS GANZ BESONDERES BIN! Ha.

Sie sagte, sie hat noch nie erlebt, dass ein Eierstock so auf Hormonbombardements reagiert. Erst hat er sich nicht um fünf Monate Enantone geschert, dann hat er wie irre produziert, aber nach wenigen Tagen einfach alles halbfertig liegen lassen, und auch die Eizellen, die dabei herauskamen, waren so gut wie alle morphologisch auffällig. ("Eigentlich, mein Eierstock, bist du doch ein hundsgewöhnliches Ding, im Grunde langweilig. Aber weil Du gern was Besseres und Interessanteres wärst..." vielleicht wirken solche Kniffe ja bei ihm?)
Nachdem wir also die anatomischen Probleme wie Endometriose und das Barbamama-Myom in meiner Gebärmutter beseitigt haben, habe ich jetzt ein Eizellenproblem. Naja.
Einfach so weitermachen wäre also keine gute Idee, Aufhören aber auch nicht, und sie will nach dem Tiefkühlversuch - bei dem die eingefrorenen Eizellen übrigens ganz gut aussahen - unstimuliert weitermachen, und vielleicht sogar mal eine ICSI versuchen. Eine neue Abkürzung! Mein Befruchtungs-Paninibildchenalbum füllt sich langsam.

Blut habe ich auch dagelassen, und Dienstag Mittag gehe ich wieder vorbei zum nächsten Ultraschall. Irgendwann nächste Woche ziehen vermutlich die Tiefkühlwürmchen ein.

Eine Ereignis, das mir immer komplett unmöglich schien, tritt innerhalb von 24 Stunden zum zweiten Mal ein: Ich wünsche mir, wir hätten Stammtisch und mein Ex wäre da. Nur für fünf Minuten und dann auf Nimmerwiedersehen nicht mehr! Ich wäre währenddessen kurz die Nase pudern, und ihr könntet ihm mal in Ruhe oder gerne auch mit Nachdruck erklären, wie bescheuert genau der Vorwurf an eine Abkürzungsdame ist, mit aller Gewalt anders sein zu wollen als die anderen.

4 Kommentare:

  1. Ja ja, liebe Flora, schlimmer geht immer. Die Erfahrung durfte ich nun auch machen. Da meine Eileiter immer fleißig dicht gehalten haben, wollten wir sie nun mit unserer ersten IVF austricksen. Ha, waren wir zuversichtlich. Und dann: Nullbefruchtung! Herzlichen Glückwunsch, die Interaktion zwischen Ei und Samen ist gestört.
    Also: ICSI gehört auch für mich zukünftig zum Befruchtungs-Vokabular. Mal schaun, was sonst noch kommt. Killerzellen ...? Mich wundert nix mehr...
    Dennoch: Weitermachen! Und den Eiertanzblog lesen! Der hilft so. Danke Dir dafür. Was und wo wären wir ohne Deinen fantastischen, weisen Humor...

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  2. Bei verkorksten Eiern gibt's noch die 'PKD', mit der man diese aussortieren kann. Kostet aber extra!

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  3. Könnte es sein, dass Frau Doktor so von ihren kleinen Versäumnissen ablenken möchte? Man erklärt der Patientin einfach, dass sie ein Wunder der Natur ist und kaschiert damit die eigenen kleinen Schludrigkeiten.
    Killerzellen sind by the way ein Untertyp der weißen Blutkörperchen.
    Schöne Eiertage,
    Anne

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  4. Hallo,

    vieeeelen Dank für das Buch! Ich befinde mich gerade in Vorbereitung auf die 1. ICSI, weil meine HOrmone und das Sperma... alles Mist. Nachdem mein Arzt in der Kiwu-Klinik mich schimpfte, dass ich wohl in Bio nicht gut aufgepasst habe, weil ich nicht wusste dass so ein Ei mit Hülle gut 2 cm groß werden kann, habe ich beschlossen mich doch mal etwas mit den biologischen Vorgängen zu beschäftigen, aber bei Amazon haben mich alle anderen Bücher abgestoßen, dann stieß ich auf dieses Buch und DANKE!!! Ich möchte mich einfach nicht zu sehr mit allem biologischen vertraut machen, ich habe noch ein Leben neben der Klinik, ich möchte nicht jedes Detail wissen. Ich vertraue meinem Arzt, ich mache Akkupunktur, aber mehr... neee, dann hätte ich Medizin studiert! Danke! Gut, dass es auch noch andere Frauen gibt, die so ticken wie ich. Und sehr schön geschrieben! Super! DANKE!!!!

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