Die Homonferien haben erst dann begonnen, wenn du nicht mehr an die Hormonklausuren und Hormonhausaufgaben denkst. Insofern war gestern der erste Tag der Hormonferien. Endlich.
Ich war bei American Apparel, weil es da war und es anfing zu schütten, und eigentlich war der Plan, mich mit abschätzigen Blicken zwischen den Kleiderständern herumzudrücken, entnervt zu fauchen und hochnäsig "Aua, mein Stilempfinden" murmelnd wieder zu gehen. Wer in den letzten 12 Monaten mal in dem Laden war, hat vermutlich genau wie ich gedacht: Nee nee nee, american apparel hat sie nicht mehr alle. Alles hängt voll mit Dingen, die schon beim ersten Mal schlimm waren, wir alle waren doch froh und dankbar, dass die 80er endlich vorbei und tot sind. Darum war niemand überraschter als ich, als ich eine halbe Stunde später mit einer Tüte am Arm den Laden verlassen habe. In der Tüte befand sich ein Jeansrock und ein Einteiler aus flatterigem Jeansstoff, ein trägerloser Overall mit Pumphosen, in dem ich aussehe wie fünf Kilo leichter. Jetzt brauche ich noch ein paar rote Schuhe mit Keilabsatz, dann kaufe ich mir ein olles Seidentuch, und wenn wir dann im Urlaub sind, dann verkleide ich mich abends am Pool als das Wesen aus einer amerikanischen Fernsehserie der 70er. Vielleicht fliege ich sogar in dem Ding?
Vor diesem Hormontraumurlaub liegt aber noch ein zweiter: ich genieße gerade die letzten Minuten himmlischer Ruhe. Denn gleich, wenn L. aufgewacht ist, fangen wir damit an, uns aufzubrezeln für die Hochzeit, auf die wir heute nachmittag gehen, und morgen früh, nach voraussichtlich drei Stunden Schlaf, breche ich mit Lili auf in den Schwarzwald, wo ich mit meinem ältesten Freund eine Woche wandern und Spätzle essen will. Nichts davon wird weight watchers erfahren, wenn ihr mich nicht verpetzt. Und diese Woche wird eine Woche Dauergeschnatter sein. Bergauf, Bergab, beim Essen, beim Kochen, beim Ausruhen, beim Lesen, beim Bewundern verschiedener Aussichten: Schnatter, schnatter, schnatter. Über Arbeit, über Politik, über Leute, die wir kennen, über Musik, über Essen, über noch mehr Essen, über unsere Spezialthemen und über Stadtklatsch. Ich freue mich auf eine Woche in Gesellschaft eines Menschen, in dessen Leben und Konversation Kinderwunsch nicht die allerallerallergeringste Rolle spielt.
Außerdem habe ich eine neue Buchreihe entdeckt, die meine Körperhygiene empfindlich beeinträchtigen, weil ich unter die Dusche die Bücher nicht mitnehmen kann: A Song of Ice and Fire von George R.R. Martin. Ein Blick auf die geschmacklosen Cover von Band 1 bis 4 reicht, und es ist klar, Ojemine, das ist ja Fantasy. Also ein Genre, dessen Zielgruppe vor allem aus dicken Trekkies besteht. Aber diese Bücher sind einfach großartig. Es gibt Intrigen, jede Menge Figuren, in die man sich sofort verliebt (und die leider trotzdem erbarmungslos und ohne Vorwarnung hingemetzelt werden wie die Fliegen), es ist allerschönster Schwartenstoff, und ich bin gerade erst mit Band 1 fertig geworden. Noch warten drei Bände auf mich, jeder davon ist so um die 1000 Seiten dick, und der fünfte erscheint Mitte Juli. In der Welt dieser Bücher wird es Winter. Ich freue mich halb doof darauf, in meinem 70s-Outfit bei 30 Grad im Schatten am Pool zu liegen und mich durch Schwarten zu wühlen, in denen es nur um Eis, Schnee, Wölfe, Berge, Wildnis, Schwerter und die klaftertiefen Gewölbe uralter Burgen geht.
Und wenn jetzt eine sagt, Jeansoveralls ohne Träger, Schundliteratur und Wandern, das ist doch alles nichts, dann würde ich ihr empfehlen, sich schnell die (gar nicht mal so teuren) ersten drei Staffeln von 30Rock auf DVD zu bestellen. Irgendwo in Staffel zwei habe ich einmal so lachen müssen, dass mir ein kleines Stück Schneidezahn abgebrochen ist. Wenn das nicht erstrebenswert ist, was dann?
One Meal Fits All
vor 1 Tag