Habe ich geschrieben, Igittigitt, ein Junge, den stecken wir am besten in einen Sack und ertränken ihn in der Regentonne? Oder verkaufen ihn an einen durchreisenden Rummel? Kann ich mich nicht dran erinnern, aber ich habe auch nicht das dollste Gedächtnis dieser Tage. Habe ich geschrieben, jede, die hier jemals mitgelesen hat, hat ein Zwangsabo von der schlimmsten Jamba-Sorte bis an ihr Lebensende abgeschlossen und muss jetzt immer weitermachen, komme, was wolle, egal, wie doof ich inzwischen geworden bin? Kann ich mich auch nicht dran erinnern. Aber mach was, Würmchen schlägt mir nun mal auf die Konzentration, ist also alles möglich.
Wir genießen noch für ein-zwei Stunden die Ruhe bei meinen Eltern, bevor wir uns auf den Heimweg machen. Sie freuen sich so auf ihr Enkelkind, dass es ihnen schon zu den Haarwurzeln herausquillt. Und ich werde umsorgt wie eine schwangere Bienenkönigin, kriege ein Sofa samt Decke und Kissen ganz für mich, während der Rest der Familie um mich herumkauert, muss hier keinen Finger rühren, noch nicht mal das Tier spazierenführen, und finde, das könnte ruhig noch ein paar Tage so weitergehen. Tut es aber nicht, heute Abend ist wieder alles beim Alten. Und das alte ist: der Bauch wächst weiter, Würmchen tritt und boxt immer mal ein bisschen - immer noch nicht schlimm (es hieß immer, das fühlt sich an wie ein Goldfisch, der wild im Bauch herumschwimmt. Nur, dass meinem Goldfisch gerade ein kleines Geweih gewachsen ist.), sondern jedes Mal ein Grund zu Staunen und Freude. Und trotz all dem - trotz der seltsamen Lebensmittelvorschriften, obwohl ich die einzige bin, die kein Glas Cognac vor sich stehen hat, obwohl ich eine deutlich gekennzeichnete Schwangerschaftshose trage und obwohl ich offiziell im sechsten Monat bin, gibt es immer noch große Strecken des Tages, an denen das nicht wirklich real sein kann. Fünf Monate seit dem Test putzen eben vier Jahre Spritzen nicht einfach so weg. Vier Jahre, in denen ich mir immer größte Mühe gegeben habe, ehrlich im Blog zu sein und einfach zu schreiben, nicht wie sich diese ganze Kinderwunschsache nach allem, was man so liest und hört, so anfühlen sollte, sondern wie ich sie erlebe. Und wenn ich nach einem Jungsultraschall jetzt ein paar Tage brauche, um mich von meinem vier Jahre lang gehegten und gepflegten kunterbunten Mädchentraum zu trennen und den Jungstraum genau so farbenprächtig auszuschmücken, dann liegt das vielleicht auch daran, dass mich nicht ein Konferenzraum voller Disney-Kreativer und Nonnen ausgedacht hat. Versteht mich nicht falsch: ich kann sofort nachvollziehen, dass das manche Abkürzungsdame erzürnt und enttäuscht. Es erzürnt und enttäuscht diese Abkürzungsdame hier ja selbst. Aber ich verspreche euch, das würde hier nach kurzer Zeit sehr, sehr langweilig werden - nicht zuletzt für mich - wenn ich ab jetzt ausschließlich und jeden Tag schreiben würde, wie wunderbar herrlich alles in jeder Hinsicht ist und dass wir dem Schicksal täglich auf Knien danken. Vor vielen, vielen Jahren habe ich mal in mein Tagebuch geschrieben, wenn doch nur K. wieder mit mir zusammen sein wollte, dann hätte ich in meinem ganzen Leben nie wieder etwas zu meckern oder irgend einen Wunsch. Ein paar Monate später wollte K. mit mir zusammen sein, woraufhin ich nicht nur entgegen meinem Versprechen nicht aufgehört habe, zu meckern und zu wünschen, sondern sieben Jahre später sogar eigenhändig mit ihm Schluss gemacht habe. So viel zum Thema: Träume werden wahr, und von diesem Moment an gilt: Mundwinkel streng nach oben. Ich habe damals auch schwer mit mir und meiner mangelnden Glücksausdauer gehadert, aber es war eben nun mal so, wie es war. Ist euch das noch nie passiert?
Im übrigen möchte ich jetzt noch mal ausdrücklich - zwischen den Zeilen scheint nicht zu reichen - schreiben, dass ich hier über einen Gefühlszustand spreche, der inzwischen in der Vergangenheit liegt und noch nicht mal ganze drei Tage angehalten hat. Ich freue mich inzwischen und minütlich immer noch mehr auf meinen kleinen Knirps. Ich freue mich wie wild auf ihn! Ich habe vor lauter Vorfreude kaum noch Platz für ein anderes Gefühl gerade, abgesehen vielleicht von der allgemeinen großen Verwirrung und ab und zu der Sehnsucht nach einem Salamibrot.
One Meal Fits All
vor 18 Stunden