Montag, 3. August 2009

Jetzt mal ehrlich

Es läuft nicht. Es läuft ganz und gar nicht. Seitdem ich Anfang Juni aus meinem festen Job ausgestiegen bin, hatte ich erst mal ein paar Wochen lang damit zu tun, meine Job-Seite auf die Reihe zu kriegen und mit Inhalten zu füllen. Da waren zum Teil Dateien aufzutreiben, die seit vier Jahren auf irgendwelchen Servern von Firmen rumlagen, bei denen ich längst nicht mehr arbeite. Dann waren da Anträge einzureichen und zu begründen, Beratungsgespräche runterzureißen (ein paar sinnvoll, ein paar auch eine dämliche Zeitverschwendung), und irgendwann war ich dann so weit und konnte allen, die es vielleicht interessiert, meine Dienste als Freiberuflerin anbieten. Da war es dann Ende Juni, und ich war bester Dinge. Denn in meinem Beruf ist es angeblich eine todsichere Sache, auf dem freien Markt zu arbeiten, ich hab eine Menge gute Arbeiten vorzuweisen, alle, mit denen ich gesprochen hatte, bevor ich mich entschieden hatte, haben mir versichert, gerade ich müsste mir also ü-ber-haupt keine Sorgen machen.

Dann hatte ich all meine Akquise-Mails rausgeschickt und eine Menge freundliche Antworten bekommen. Ein paar waren auch zuerst ein bisschen verwirrt, weil sie mich nicht erkannt haben, ich habe nämlich im Februar bei der Hochzeit L.s Namen angenommen. Aber am Ende hatte ich ein ganzes großes Postfach voller Antworten, in denen sinngemäß immer wieder stand: das sieht ja alles ganz toll aus, wir schreiben dich auf unsere Liste freier Mitarbeiter, sobald wir was haben, melden wir uns sofort bei dir und freuen uns schon drauf.
Super, ich mich auch!

Und seitdem: gähnende Leere. Ein einziges sinnvolles Angebot hatte ich bisher, das ich auch mit Kusshand angenommen hätte, weil es mir innerhalb weniger Tage so viel eingebracht hätte wie sonst ein Monat in meinem alten Job, aber da war ich natürlich gemäß dem ewigen Flora-Naturgesetz bei meinen Eltern, also 700 Kilometer vom Einsatzort entfernt, und hatte Arzttermine, die ich nicht verschieben konnte, vor allem aber die Auflage, möglichst den ganzen Tag keinen Finger zu rühren, um nicht das Würmchen zu verlieren.

Und dabei hätte ich so große Lust, richtig reinzuhauen. Geld ist erst mal nicht das Problem, auch wenn ich ehrlich zugebe, dass ich es schon ganz geil fände, jeden Monat einen dicken Batzen davon nach Hause zu bringen. Aber ich langweile mich. Den Blog zu schreiben, ist jeden Tag fast das Netteste, was ich tue, sonst sind da Zeitungen (Fragt mich was. Los, fragt mich was, irgendwas, was mit dem Kongo oder der Stammzellendiskussion oder dem Unfug zu tun hat, den die CSU gerade aus Ranschmeiße in Sachen Europapolitik anrichtet. Interessiert euch nur so mittel? So ein Pech, so geht es mir inzwischen auch langsam.) Es ist ja nicht so, dass mir (noch dazu, seitdem ich 80 Prozent des Tages im Bett verbringen soll) nichts einfällt, womit ich mich beschäftigen könnte. Aber ich will keine Beschäftigung mehr, Beschäftigungen sind würdelos, ich will Aufgaben. Ich will einen Job. Diese Ferien sind blöd. Ich kann noch nicht mal am Strand sitzen, mir die Lunge rausrennen, Bier trinken oder schwimmen gehen, es ist wie sechs Wochen Sommerferien und nur Regen.

Und jetzt erscheine vor meinem inneren Auge ich selbst in einer Art Schuluniform, mit Brille und einem Zeigestock in der Hand, das heißt, verkleidet wie Susanne Klickerklacker, das klügste Mädchen der Welt aus der Sesamstraße, und zwischen uns entspinnt sich folgender Dialog:
Ich: „Was für ein schöner Mist.“
Susanne Klickerklacker: „Jepp. Aber wer hatte seinen alten Job so dermaßen gestrichen satt, dass er vermutlich vor lauter Frust und Wut höchstens eine Wespe geboren hätte?“
Ich: „Ich.“
Susanne Klickerklacker: „Und wer musste deshalb unbedingt kündigen, egal was?“
Ich: „Ich.“
Susanne Klickerklacker: „Und wer wusste ganz genau, dass er sich schwanger erst mal nicht um einen festen Job bewerben kann?“
Ich: „Ich.“
Susanne Klickerklacker: „Und wer hat immer gesagt, dass es eine ganze Weile dauern kann, bis das freie Arbeiten anläuft, aber DANN wird es so toll werden, dass er an die alten Zeiten nie wieder denkt?“
Ich: „Ich.“
Susanne Klickerklacker: „Und wer sollte deshalb jetzt gefälligst abwarten und die Klappe halten?“
Ich: „Du.“

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