Samstag, 30. März 2013

Um nicht zu sagen, vom Leben durchweg enttäuscht

Gestern schrieb eine mir bisher fremde Dame, ich wäre neurotisch und verbittert. Neurotisch kann ich selbst nicht beurteilen, aber verbittert? Gerade bin ich so fröhlich, wie man nur sein kann. Ich bin so fröhlich, dass ich sogar dem Schnee vor dem Fenster liebevolle Blicke zuwerfe. Ich sitze nämlich in der Heide auf dem Sofa mit der zweiten Tasse Tee des Tages und male mir schön bunt aus, wie herrlich das alles wird, wenn wir erst mit Würmchen herkommen. Um meiner Phantasie auf die Sprünge zu helfen, gibt es hier Stapel alter Fotoalben, in denen L. dabei zu sehen ist, wie er schwimmt, spielt, Kindergeburtstage feiert, Ostereier sucht oder skeptisch seine Weihnachtsgeschenke betrachtet. Unter einer dicken Schneehaube ruht im Moment noch das Schwimmbad, in dem Würmchen irgendwann mal unter Lilis strengen Blicken und meiner Anleitung Schwimmen lernen wird. Die bemoosten Kiefern neben der Auffahrt geben irgendwann mal die perfekte Kulisse für Würmchens Playmobil-Indianerspiele ab. Und von den Kühen, die am Fuß der Wiese über den Zaun lugen, wird er mal lernen, was Geduld und Sanftmut sind.

Guckt nur auch mal hin, Hunde! Da könnt ihr euch was abgucken. Meine Schwiegermutter hat der Hütte jetzt so lange keinen Besuch mehr abgestattet, dass das Wild hier das Ruder übernommen hat. Überall im Schnee ziehen sich kreuz und quer die Spuren von Rehen, Dachsen, Wildschweinen und Hasen, und wenn ich den Hundegang durch den Wald nicht auf dem Bauch zurücklegen will, dann muss ich brüllen und die beiden Zugmaschinchen tüchtig in den Nacken kneifen. Ihr altes Frauchen war sehr skeptisch wegen Momos neuem Epilepsie-Medikament, aber wenn sie das sehen würde, wäre sie beruhigt: keine Spur von Tran oder Müdigkeit.

Was war noch? Ich bin inzwischen bei Rezept Nr.14 und denke langsam, ich sollte einfach reumütig zu Nigella zurückkehren. Das Geheimnis zwischen uns ist nicht nur, dass ich ihre Kochbücher von allen am liebsten lese, sondern ich kann auch blind darauf vertrauen, dass ihr schmeckt, was mir schmeckt. Rezept Nr. 14 war ein Schokoladenkuchen aus dem New York Times-Kochbuch. Das ist das mit Abstand dickste und vollste Kochbuch in meiner Sammlung, und darum fällt es mir vielleicht manchmal etwas schwer, es anzugehen. Aber wednesday chef Luisa hat so geschwärmt von Evelyn Sharpe's French Chocolate Cake! Dazu besteht er auch noch aus gerade mal sieben Zutaten (Eier, Butter, bittere Schokolade, Zucker, eine Prise Salz, ein Esslöffel Mehl und Schlagsahne als Garnitur), und Luisa hatte nicht nur selbst gesagt, sondern auch noch mehrere Zeuginnen angeführt, die alle einhellig der Meinung waren, dies wäre der leckerste Schokoladenkuchen ihres Lebens. Und das Rezept hatte eins dieser Zaubertrick-Elemente, die mich immer dazu kriegen, es auszuprobieren: Nach 15 Minuten backen sollte man den Ofen ausmachen, einen Löffelstiel in die Ofentür klemmen und den Kuchen so zu Ende garen lassen. So etwas liebe ich. Wir waren bei Nachbarinnen eingeladen, ich hatte noch Heidelbeeren und Himbeeren zum Garnieren, alle anderen Zutaten auch, und tadaaa:



fertig war der ca. siebenundzwanzigbeste Schokoladenkuchen meines Lebens. Ziemlich trocken, ziemlich bitter und ziemlich... da kann man auch mal verbittert sein, oder? Ach Nigella, und dabei sind in deinen Kochbüchern noch mindestens zwölf Schokokuchenrezepte versteckt, die ich noch nicht angerührt habe! Wird Nr.15 eins davon?

1 Kommentar:

  1. Der beste Schokokuchen ist der von Delicious Days! Dazu Vanilleeis, himmlisch!!

    Viel Spass noch in der Heide!
    Hope

    AntwortenLöschen