Mittwoch, 15. Juli 2009

Nur falls ihr euch fragt

Tagsüber läuft schwanger sein bisher folgendermaßen: Ich wache auf, überlege kurz, ob mir schlecht ist oder nicht (nö), gehe ins Bad und sitze zum ersten von ca. 30 mal heute auf der Toilette, wobei ich inzwischen nur noch jedes zweite Mal nachsehe, ob ich blute. (Wenn ich nur noch jedes dritte Mal gucke, kauf ich mir ein Eis, mindestens!) Dann schlucke ich Folsäure und Schilddrüsentablette, gehe in die Küche und mache einen Strich auf meine Tafel: wieder einen Tag weiter. Und dann fängt mein Tag an, der in großen Zügen so ist wie vorher auch. Ich regele meinen Jobkram (dazu ein andermal), gucke nach emails, schreibe einen neuen Blogeintrag und treibe alles mögliche, alles wie immer.
Bis auf die Zupfmassage nach der Dusche. Eins der Mädchen hat mir dieses Bellybutton-Streifenfrei-Öl geschenkt, und jeden Tag knete ich meinen nassen Bauch, bis die paar Tröpfchen Öl verschwunden sind. Das soll zehn Minuten dauern, aber zehn Minuten schaff ich noch nicht. Zumal es schwierig ist, zu zupfen, wenn man so glitschig ist, weil man immer abrutscht. Also morgens fünf und abends fünf. Dann stehe ich so da im Bad, in dem ich mich sonst immer nur mit affenartiger Geschwindigkeit bewegt habe. Ich hab eine Schlafstörung, meistens bin ich nachts um zwei wieder wach und wälze mich bis halb sieben, da ist der Schlaf am Morgen sehr, sehr kostbar, so kostbar, dass ich am Ende runter war auf eine Viertelstunde fürs Bad inkl. Haarewaschen und zwei Minuten Zähne putzen UND Zahnseide, bevor ich in die Firma gerauscht bin. Egal. Inzwischen stehe ich da so rum und fühle mich schon fast meditativ, während ich glitsche und knete. Nach zwei Bauchspiegelungen in den letzten Jahren ist mein Bauch übrigens so oder so keine Augenweide, Nachtkerzenöl hin oder her; es gibt bestimmt Prilblumen, die hübscher wohnen.
Dann fällt natürlich jeden Abend das vertraute „Plopp“ weg, mit dem L. sonst gerne einen großartigen Wein für uns aufgerissen hat. Ab und zu gibt es ein alkoholfreies Hefe, aber weil mich das innerhalb von fünf Minuten zur Hüpfburg macht, spar ich mir das für Abende, an denen es gar nicht anders geht.
Dann kommt jeden Mittwoch mein Schwangerschaftskalender von Eltern.de, in dem heute z.B. unter anderem das hier stand:

Jetzt entwickelt sich Ihr Baby unglaublich schnell, legt täglich einen Millimeter zu. Es bilden sich die Knospen, aus denen Arme und Beine sprießen werden. Das Köpfchen bekommt langsam menschliche Züge; Augen, Nase, Lippen und Zunge bilden sich. Sogar die Milchzahnknospen im Kiefer sind schon da! Und: Ihr Kleines ist ständig in Bewegung und zappelt in seinem warmen Swimmingpool.

Die verarschen mich doch, oder? Milchzähne? Kleines, willst du den Sportteil?
Dann sind da noch die Brustübungen. Handflächen zusammenpressen, bis 30 zählen, Arme kreisen, Arme langsam hoch und runter. Man tut ja, was man kann.
Dann sind da die zwei-drei Minuten im Supermarkt und beim Gemüsetürken, in denen ich mich konzentrieren muss, damit ich nicht zuhause meinen Korb auspacke und dastehe mit Leberwurst, Rohmilchkäse und einer Schachtel American Spirit.
Und die (zum Glück kurzen) Momente, in denen ich die widerliche Eiweißpulverbrabbelplörre runterwürge. (L. findet das übrigens lecker. Wer IST dieser Mann?)
Aber den größten Teil des Tages denke ich kaum dran.
Und dann sind da diese Momente, meistens mitten in der allernormalsten Normalität, in denen mir plötzlich wieder einfällt, dass ich schwanger bin. Das sind tolle Momente.

Und dann wird es Abend, und ich bin spätestens um zehn hundemüde, als hätte ich den ganzen Tag lang Holz gehackt. Aber Schlaf? Nein. Die nächsten Stunden (so ca.6) vergehen damit, dass ich im Bett liege, nach Luft schnappe (das Schaf liegt meistens auch auf dem Hals), schwitze, alles juckt, und ich wälze mich hin und her wie bekloppt und könnte durchdrehen.
Und dann passiert das Wunder: so gegen vier schlafe ich ein. Und um acht bin ich wieder wach. Und zwar hellwach. Ist mir schlecht? Nö.

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