Sonntag, 16. Juni 2013

Die Lage im Großen und Runden.

37. Woche geht bisher so ähnlich wie 36. Woche. Der klitzekleine Teil meines Gehirns, der sonst für die Aufrechterhaltung von Ordnung, Sauberkeit und frisch gebügelter Wäsche zuständig ist, hat sich hormonbedingt etwas breiter gemacht als gewohnt und plädiert schwer dafür, dass Ndogo noch eine Weile bleibt, wo er ist, bis im Kinderzimmer alles auf Kante liegt. Der Teil meines Gehirns dagegen, der gerne atmet, Treppen steigt, rennt und sich bückt, hätte meinen Bauch lieber heute als morgen wieder für sich. (Wobei Bücken gar nicht der größte Teil des Problems ist. Wieder hochzukommen, das ist die Kunst.) Verstärkung bekommt er von dem Teil, der mittlerweile vor Neugier platzt, was das eigentlich genau für ein Kind ist, das da wächst.

Ich wiege 76 Kilo, das heißt ein Kilo weniger als noch vor einer Woche, und das liegt vermutlich auch daran, dass meine sonst beeindruckenden Scheunendrescher-Qualitäten gerade aus Platzmangel ein bisschen verkümmern. Je nachdem, ob man jetzt einen guten oder schlechten Tag vor der Schwangerschaft als Vergleichsgröße nimmt, würde das entweder bedeuten, ich hätte acht oder sechs Kilo zugenommen. Trotzdem höre ich fast immer als erstes "Mein Gott, der Bauch ist ja riesig!" sobald ich jemanden treffe, den ich lange nicht mehr gesehen habe.
Der Bauch wird immer wieder steinhart, was überhaupt nicht weh tut und auch so vorgesehen zu sein scheint. Dadurch wird es nur leider manchmal schwierig, zu ertasten, wo Würmchens Wirrkopf sich gerade befindet. Immer noch unten, wo er hingehört? Zwischen all dem Harten dachte ich zwischendurch auch schon mal, der Kopf wäre wieder oben. Oder hat Würmchen nur besonders dicke Knie? Oder Fersen? Oder einen stahlharten Knackpo? Zu wissen, dass es nun vielleicht doch kein Kaiserschnitt wird und wir uns doch auf eine normale Geburt einstellen können, umgibt jede Verhärtung, jedes Ziepen und jedes merkwürdige Vorkommnis in meinem Bauch mit einer ganz neuen Aura. Könnte es das schon sein? Gestern Abend, als wir mit L.s alten Freunden im Restaurant saßen, rauschte die Unterhaltung immer mal wieder minutenlang an mir vorbei, weil ich ganz deutlich merkte, dass da was war. War da was? Da war was. Es flutschte, drückte und zog jedenfalls ganz gewaltig. Und jedes Mal ging der ganze Film im Kopf los: Es geht los. Wir haben zwar bestellt, aber bisher gab es nur den Aperitif. Was jetzt? Vertrauen wir dem Kellner und lassen unsere Kreditkarte hier? Wär doch schade um den schönen Hirsch. (Essen ist mir wichtig, wie man in solchen Momenten merkt.) Dann war aber doch nichts, und hätte ich je den Plan gehabt, dass L. und sein Sohn am gleichen Tag Geburtstag haben sollen, dann sollte ich jetzt besser schnell damit anfangen, etwas Unvernünftiges zu tun. Die Auswahl an Verhaltensweisen, die quasi unmittelbar eine Sturzgeburt zur Folge haben, soll ja riesig sein. Tees! Einläufe! Alufolie!

Diese Woche ist die letzte Woche, während der Würmchen noch die Chance hat, als Frühgeburt zu gelten. Ist sie kommenden Freitag vorbei und er noch nicht da, zählt er als genau zum richtigen Zeitpunkt geboren. Inzwischen feiern wir L.s Geburtstag jeder auf seine Art: die Hunde mit Nickerchen auf dem Rasen in der Sonne, L. mit einem Stück Erdbeerbiskuitrolle und einem Glas Champagner als Frühstück im Bett, und ich mit meinem ersten Post im Schlafanzug seit Ewigkeiten. (Wer hätte gedacht, dass Mutterschutz so ungemütlich wird? Fast jeden Morgen muss ich ab sieben geduscht und angezogen sein, sonst kommen mir die Handwerker dazwischen.) Dazu dröhnen L.s neue Mozart-Opern-CDs durchs Haus, und zwar ausdrücklich nicht in der Absicht, aus Würmchen ein Wunderkind zu machen, sondern weil er heute Geburtstag hat.


Schon ca. zweihundert Mal habe ich jetzt den Rat gehört oder gelesen, dann zu schlafen, wenn das Baby schläft. Mangels Baby praktizieren wir heute eine Abwandlung: sich dann einfach mal keine Sorgen zu machen, wie um Himmels Willen das alles nur werden soll, wenn die Sorgen sich schlafen gelegt haben. Wenn ein laues Lüftchen ums Haus und durch die Fenster weht, die neuerdings auch Kipp können, wenn der Rhododendron blüht, wenn der Kühlschrank voller Roter Grütze und Kuchen ist und wenn der Tag so dermaßen geburtstagsfein ist, wie man sich das nur wünschen kann.

11 Kommentare:

  1. heute habe ich auf meinem blog (tipps zum schwanger werden für frauen über 35) auf ihre seite ganz oben verlinkt und sie herzlich empfohlen.
    aber was passiert wenn das baby kommt? :))))
    hoffentlich werden sie weiter schreiben?!
    ich wünsche ihnen alles gute eine tolle geburt!

    frauen mit langzeit kinderwunsch haben es bei der geburt leichter, denke ich...selbst die stärksten schmerzen sind immer noch angenehmer als die zeiten der fruchtlosen versuche und behandlungen...

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    1. Ich glaube, darüber gibt es geteilte Meinungen - die während der Geburt und die hinterher ;))

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    2. Darüber gibt es in der Tat geteilte Meinungen. Wieso sollten Abkürzungsdamen den Schmerz angenehmer finden als die erfolglosen Versuche?
      Natürlich ist man unendlich dankbar, dass man das erleben darf aber Schmerz ist Schmerz und Schlafentzug ist Schlafentzug. Ich selbst habe mich nämlich dafür verurteilt, dass ich in der ersten Zeit -v.a. nach dem 2. Kind- einfach nur am Ende war. Dabei hätte ich doch frohlocken müssen mit 2 gesunden Kindern.
      Wie auch schon unter einem vorherigen Post geschrieben wird man die Abkürzungszeit immer im Herzen haben und unendlich dankbar sein, dass es noch geklappt hat. Das heißt aber nicht, dass man mit einem extrem trotzenden Kleinkind und einem niemals schlafenden Baby sich immerfort ins Gedächtnis ruft, dass das verglichen mit der Kinderwunschzeit nichts ist. In gewissen Punkten wird wohl einfach auf "reset" gedrückt.
      So sehe ich das. Liebste Grüße, Eumelberta

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    3. Diese Paleo Mama überschwemmt gerade sämtliche Kinderwunsch Blogs und Foren mit Werbung für ihren Blog. Auf diesem strotzt es nur so vor Halbwissen und unbegründeten Bemerkungen. Das nervt. Bitte ignorieren.

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    4. Krass, habe gerade reingelesen. Zuerst wird Angst geschürt und in ein paar Wochen kommt wahrscheinlich die perfekte Paleo-Diät um die Ecke. Für 180 Euro plus Versand.
      Grüße aus Sri Lanka
      Emma (die auf keinen Fall die Geburt verpassen will, egal wie schlecht das Netz hier ist!!)

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  2. Alu. Vor Ewigkeiten habe ich mal einen Stapel Ratgeber für Frauen mit Kinderwunsch durchgeackert. Zwei davon waren von einer Amerikanerin geschrieben worden, die ernsthaft die These vertrat, man könnte seine Aussichten steigern, wenn man keine Alufolie verwendet und nichts isst, was in Alufolie eingewickelt war. Seitdem ist Alufolie mein Platzhalter für jede Sorte windigen Ratgeberschmuh.

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    1. Das muss ich unbedingt meinem Arzt erzählen, der behauptet doch glatt es liegt am Sperma meines Mannes... Und dabei muss ich nur eine Rolle Alufolie aus meinem Küchenschrank entfernen... Hät mir das doch mal jemand früher gesagt! :-))))

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    2. Bitte?? Alufolie? Hallo?! Das sag ich meiner Schwiegermutter, ich wusste, irgendwie kann ich ihr irgendwann für den Mist die Schuld geben. Sie hat mit Sicherheit früher zuviel Alufolie benutzt und uns immer viel zuviel in Alufolie verpackte Essensdinge mitgegeben. WO kann ich mein Geld zurückverlangen ;0).

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  3. Grandios geschrieben mal wieder ;-)

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