Danke, Wilma, das war nötig. Man kriegt es ja manchmal doch ein bisschen mit der Angst zu tun, was das alles mit uns macht.
Eine Frage, die ich mir ab und zu stelle, ist z.B. die, was passiert wäre, wenn ich nie erfahren hätte, dass ich empfängnisbehindert bin. Wenn ich also z.B. eine Weile lang versucht hätte, schwanger zu werden, und es hätte nicht geklappt, dann hätten wir uns entspannt und noch einen dicken Urlaub eingelegt, es hätte immer noch nicht geklappt, und so wären wir fröhlich zusammen auf die 40 zugesteuert und dann irgendwann auf die 45, und wenn die Leute dumme Fragen gestellt hätten, dann hätten wir gesagt, was sollen wir sagen, klappt vielleicht nächsten Monat. Wäre das so schlimm gewesen? Man weiß es nicht, und der Zug ist ja auch abgefahren, denn jetzt ist er nun mal da, der dusselige Kinderwunsch komplett mit einer ganzen Batterie an Kenntnissen, Hoffnungen und Sorgen, die ich so genau eigentlich gar nie haben wollte. Aus der Nummer kommen wir nicht mehr raus.
Was hab ich noch zu berichten? Dass ich vorgestern Abend beim Konzert nicht nur drei Bierchen hatte, sondern auch drei Fluppen, die ersten nach der Hochzeit. Und am nächsten Morgen schon wieder aufwachte mit den für mich typischen chemisch bedingten Schuldgefühlen, die in solchen Momenten ungefähr so schwer sind, als hätte ich am Vorabend nicht drei schon ewig bei uns herumliegende Lucky Lights angezündet, sondern drei junge Labradore. Und diese Schuldgefühle habe ich so dermaßen satt, dass ich wieder mal beschlossen habe, dass in Zukunft nicht mehr geraucht wird.
Es werden Wetten entgegengenommen. Wie lange halte ich das durch? Für immer? (Wer darauf ja sagt, muss sich vorstellen, dass ich ihm dieses dreckige Disney-Hexen-Lachen entgegenschleudere.)
Für eine Woche? Bis zum nächsten Mädchenwochenende (in zehn Tagen)?
Die Mädchen werden jetzt schon wieder genervt die Augen rollen, denn beim Rauchen bin ich eine echte Susi und Landplage. Ich schäme mich am nächsten Tag immer schrecklich und leide wie ein Hund, außerdem vertrage ich es einfach nicht gut (wie fast alle Gelegenheitsraucher) und kriege manchmal sogar Migräne danach, das hab ich dann davon. Deshalb (und weil ich so ein Schuld-Typ bin) nehme ich mir dauernd vor und schwöre feierlich, nie wieder zu rauchen. Nie wieder. Und dann kommt der nächste Abend. Oder auch ein Abend in einem Monat. Und dann fange ich an zu quengeln und nach den Packungen der anderen Mädchen zu schielen, und dann wissen sie schon, was die Stunde geschlagen hat. "Und morgen früh können wir uns das Affentheater wieder anhören wegen fünf Kippen."
Rauchen und Klappe halten oder nicht rauchen und Klappe halten und sich im Glanz der eigenen reinen Lungen sonnen. So geht das unter Erwachsenen. Nur die alberne Flora kann das nicht.
Vermutlich werden meine Aufhör-Pläne auch dadurch unterminiert, dass ich schon mal aufgehört hatte, richtig lange, und es war überhaupt nicht schwer, obwohl ich damals bei anderthalb Schachteln pro Tag und mehr war. An einem sonnigen Septembertag saß ich in meiner Lieblingsbar, guckte auf den Marktplatz meiner Studentenstadt, die ich damals schon gründlich satt hatte, und rauchte eine Zigarette, und plötzlich hatte ich die auch satt. Da habe ich sie ausgedrückt, die halb volle Schachtel dem netten Kellner Matthes geschenkt und bin meiner Wege gegangen. Eigentlich ohne den Plan, es für immer zu lassen, aber trotzdem gingen danach vier Jahre ins Land, ohne dass ich auch nur ein mal gezogen hätte. Dann kam ein mieses Jahr, in dem alles schief ging. Kranke Familie, toter Hund, Exfreund entpuppte sich als Psychopath, neuer Freund machte unter miesesten Umständen Schluss. Und da saß ich dann völlig fertig mit einer Freundin an der Alster, die Sonne ging unter, sie zündete sich eine Zigarette an, und ich zündete mir eine Zigarette an. Seitdem hatte ich nie mehr länger als ein paar Monate Ruhe. Wer einmal erlebt hat, wie leicht es sein kann, bildet sich für immer ein, das jederzeit wieder zu können, wenn er nur wirklich will, also nicht jetzt.
Während der Schwangerschaft war es übrigens wieder ein Kinderspiel. Körperlich abhängig bin ich also nicht, sondern einfach nur zu doof.
Übrigens ist die Zigarette-Industrie im Gegensatz dazu überhaupt nicht doof, sie kennt solche Susis wie mich mit ihren Schuldkomplexen genau. Und bevor die Schuld die Oberhand gewinnt und wir es doch schaffen, aufzuhören, hat sie sich American Spirit ausgedacht. Mit Indianer drauf, ohne zusätzliche Schadstoffe drin, und dazu auch noch ziemlich lecker. Und man fühlt sich auch nicht ganz so mies am nächsten Tag. Davon verschmöke ich jetzt also so ca. acht Schachteln im Jahr. Es gibt vermutlich sogar Ärzte, die sagen würden, das ist ok. Nur ich quäle mich damit.
Ihr merkt übrigens, ich bin scheinbar übern Berg. Wenn ich hier keine anderen Sorgen habe als "ich rauche so gern, aber eigentlich sollte ich nicht, aber naja, vielleicht ist es ja doch nicht so schlimm", dann kann es mir sonst nicht allzu dreckig gehen. Und dann fragen sich manche von euch vielleicht auch noch "Macht sie jetzt ernsthaft in ihrem Unfruchtbarkeits-Blog Werbung für eine Zigarettenmarke? Hallo??"
So eine bin ich dann wohl scheinbar.
War ich. So eine war ich dann wohl mal. Denn nun ist ja wieder mal Schluss. Zum Segen diesen Babyprojektes und zu meinem eigenen Seelenfrieden.
Wir werden sehen.
Und Mädchen, kein Wort. Ich verspreche auch, ich hab diesmal für den Notfall meine eigenen dabei.
invisible apple cake
vor 4 Tagen
Unglaublich...Du sprichst mir wieder einmal mit jedem Wort sowas von direkt aus der Seele...(rauchen..nein..ja..vielleicht..nur jetzt mal..dann nicht mehr..geht ja auch ohne..deshalb ist eineoderauch2oder3 oder so..jetzt mal "erlaubt"..dann doch wieder das schlechte Gewissen..wenn der Abend und der Rausch :-) vorbei ist..und dann bis zum nächsten Mal..) und ich dachte schon, nur ich wäre so selten seltsam ;-)
AntwortenLöschenManchmal wäre es toll wenn man das Kopfkino mal auf Pause stellen könnte...egal in welchen Lebensbereichen.
Viele Sonnenstrahlen, Tina
bin ja sowas von gespannt...
AntwortenLöschendicken kuss,
deine r.
Wie HERRLICH das Leben sein könnte, wenn man von Zigaretten keinen Krebs bekäme. Es gibt diesen Woody Allen-Film "Der Schläfer", da fällt er nach einer OP ins Koma und wacht in 300 Jahren wieder auf, und inzwischen haben sie herausgefunden, dass Brokkoli Gift für uns ist und man besser dran ist, wenn man nur von Fast Food lebt. Ich glaube, das ist mit Zigaretten genau so, nur verrät es uns niemand. Wir werden hier nach Strich und Faden verarscht. So ist das nämlich.
AntwortenLöschen(L. hat sich in den Flitterwochen eine Bild-Zeitung gekauft, in der stand, Bierschinken wäre gesünder als Hülsenfrüchte und Erdbeeren. So viel dazu. Und wieso gibt es von American Spirit keine Mentholzigaretten?)
Na dufte, kleine R., und nun rückst du für eine Woche hier an, die Schmök-Versuchung auf zwei Beinen!
AntwortenLöschenHihihihi. Wie ich mich darauf freue.
Übrigens ist das Dööfste an American Spirit erstens, dass es sie nicht in Menthol gibt, und zweitens, dass sie immer aus der Packung fallen und dann ganz traurig, zerkrümelt und verknickt in der Tasche liegen, und spät nachts versucht man dann trotzdem noch, die Trümmer zu rauchen.
Hoppla, Menthol war doppelt.
AntwortenLöschenHach, über Fluppen schreiben ist fast so schön wie fluppen rauchen.
Bisher besteht der Bann übrigens noch.
P.s. :-) Gern geschehen!
AntwortenLöschenHerzlichst, Wilma